Über die Bedeutung der Bodenstruktur mit Blick auf zukünftige Ackerbaustrategien wird zunehmend diskutiert. Hierbei stehen besonders Anpassungsmaßnahmen an die zu erwartenden klimatischen Veränderungen im Mittelpunkt der Betrachtungen. Es ist mittlerweile klar, dass die landwirtschaftlich genutzten Böden zukünftig gleichzeitig in der Lage sein müssen, bei Starkregenereignissen große Wassermengen in kurzer Zeit aufzunehmen und in Trockenperioden Wasser sowie die darin gelösten Nährstoffe pflanzenverfügbar zu speichern. Um dieser Herausforderung begegnen zu können, sind Veränderungen beziehungsweise Anpassungen der Bodenbearbeitungsverfahren erforderlich.
Die optimale Bodenstruktur ist standortspezifisch in Abhängigkeit von den Bodeneigenschaften (unter anderem Bodenart, Bodentyp, Grund- oder Stauwassereinfluss) zu definieren.
Wie sieht eine optimale Bodenstruktur aus?
Im Mittelpunkt der Überlegungen sollte hierbei die Funktionalität des Porensystems, das sämtliche physikalischen, chemischen und biologischen Eigenschaften beeinflusst, stehen. Eine ausgewogene Porengrößenverteilung, die sowohl Wasserspeicherung als auch eine ausreichende Sauerstoffversorgung gewährleistet, ist ebenso bedeutsam, wie eine kontinuierliche Verbindung der Poren zwischen Ober- und Unterboden. Mit einer hohen Funktionalität sind aber nicht nur die Speicherung und der Austausch von Wasser-, Gas- und Nährstoffvorräten verbunden, sondern auch die Zugänglichkeit der Speicherorte. Nur wenn sämtliche Bodenkompartimente unter Einbeziehung des Unterbodens zugänglich sind, kann eine optimale Ressourceneffizienz erreicht werden.
Ausgeprägte Phasen der Bodenruhe notwendig
Um diesen Zustand optimaler Bodenstruktur zu erreichen, sollte folgender Grundsatz berücksichtigt werden: Bodenbearbeitungsstrategien müssen bodeninterne Strukturierungsprozesse (unter anderem Quellung/Schrumpfung, biologische Aktivität) anregen, erhalten und stärken. Da jeder Eingriff in den Boden durch Bodenbearbeitungswerkzeuge diese Prozesse teilweise unterbricht oder gar rückgängig macht, sollten künftige Bodenbewirtschaftungsstrategien ausgeprägte Phasen der Bodenruhe umfassen.
Dies erfolgt einerseits durch Anpassungen der Fruchtfolge wie Sommerungen, Zwischenfrüchte, überjährige Nutzung von Kleegrasbeständen und andererseits durch reduzierte Bodenbearbeitungsintensitäten. In diesem Zusammenhang sind besonders pfluglose Bodenbearbeitungssysteme zu nennen. Zahlreiche Untersuchungen haben gezeigt, dass die Anwendung pflugloser Bodenbearbeitung die Entwicklung eines funktionalen Porensystems fördert. Abbildung 1 zeigt die Auswirkungen über 25-jähriger kontinuierlicher Anwendung pflugloser Bodenbearbeitung: Der Anteil luftführender Poren (Grobporen) besonders in 30 cm Bodentiefe wird deutlich gefördert und gleichzeitig die gesättigte Wasserleitfähigkeit verbessert. Weiterführende Untersuchungen haben gezeigt, dass damit auch die Durchwurzelung und biologische Aktivität wie beispielsweise Regenwurmtätigkeit und mikrobielle Umsetzungsprozesse bis in tiefe Bodenschichten erhöht werden konnten. Neben der verbesserten Funktionalität und Aktivität der Bodenstruktur werden durch pfluglose Bearbeitungssysteme zudem die Bodenstabilitätseigenschaften positiv beeinflusst.
Nicht schneiden, fräsen oder kreiseln
Nicht jedes Bearbeitungsgerät ist im Rahmen pflugloser Systeme gleichermaßen für alle Standorte geeignet. In Abhängigkeit von der Art des mechanischen Eingriffs und den Bodeneigenschaften kommt es zu unterschiedlich funktionalen beziehungsweise stabilen Struktureinheiten. Bedeutsam hierbei ist, dass besonders von schneidenden oder rotierenden Werkzeugen erzeugte Struktureinheiten instabile Oberflächen aufweisen. Deshalb sind besonders auf schwereren Standorten Werkzeuge beziehungsweise Gerätekombinationen, die den Boden partiell anheben und damit oft „natürliche Bruchstellen“ induzieren, besser geeignet. Es ist zu bedenken, dass mit jedem Bodenbearbeitungsgang die Stabilität der erzeugten Bruchstücke sinkt und damit die Gefahr von Verschlämmung oder Bodenverdichtung steigt.
Pfluglose Systeme ohne Glyphosat?
Unter Praktikerinnen wird die Diskussion hinsichtlich einer erfolgreichen Realisierung reduzierter beziehungsweise pflugloser Bodenbearbeitungssysteme oft direkt mit der gleichzeitigen Anwendung von Totalherbiziden, wie Glyphosat, verknüpft. Unter der Annahme, dass bestehende Anbausysteme ohne weitere Anpassungsmaßnahmen zukünftig auf die Anwendung von Totalherbiziden verzichten müssen, sind diese Aussage und dieser Zusammenhang sicherlich richtig. Wenn aber gleichzeitig mit dem Verzicht auf die Anwendung von Totalherbiziden unter anderem die Fruchtfolge, Düngung und Bodenbearbeitung angepasst werden, dann können auch pfluglose Anbausysteme zukünftig erfolgreich etabliert werden. Zahlreiche Beispiele in der Praxis auf den unterschiedlichsten Standorten belegen diese Tatsache. Allerdings gibt es keine „Patentrezepte“, die einfach „nachgekocht“ werden können, sondern jede Betriebsleiterin und jeder Betriebsleiter muss sich intensiv mit dem Standort, dem bisherigen Anbausystem und der jeweiligen Ausgangssituation auseinandersetzen, um pfluglose Bearbeitungssysteme ohne den Einsatz von beispielsweise Glyphosat realisieren zu können.
Fazit
Die Intensität der Bodenbearbeitungssysteme muss zukünftig kritisch überdacht werden. Anforderungen der Bodenfruchtbarkeit und die Herausforderungen des Klimawandels erfordern zunehmend extensivere Anbausysteme. Dies betrifft einerseits die Anwendung von Dünge- und Pflanzenschutzmitteln, aber andererseits auch die Wirkung von Bodenbearbeitungssystemen. Resiliente (widerstands- und kompensationsfähige) Landnutzungssysteme erfordern eine hohe Funktionalität der Bodenstruktur. Diese lässt sich in vielen Fällen nur durch die langfristige Anwendung von pfluglosen Bearbeitungsverfahren oder -systemen mit ausgeprägten Perioden der Bodenruhe realisieren.