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Schon seit vielen Jahren ist die Landjugend Schwansen auf der Suche nach einem Vereinsheim. Parallel zu den Vorbereitungen für die 72-Stunden-Aktion im September 2021 kam die Idee auf, das alte, rund 50 m² große Klärwerksgebäude samt einem 1 ha großen Gelände in der Gemeinde Winnemark zu nutzen.
Seit 2018 wird die Anlage mit Baujahr 1982 von der Ortsentwässerung Nordschwansen nicht mehr benötigt. Die Idee wurde mit Begeisterung im Vorstand angenommen, und so stellte Sandra Fülling Mitte Juli 2021 eine Bauvoranfrage zur Nutzungsänderung des Betriebshauses der ehemaligen Kläranlage an den Kreis Rendsburg-Eckernförde. Nachdem die positive Rückmeldung kam, ging die verwaltungsaufwendige Arbeit los. Zur Unterstützung kamen Nicola Busse und Jan Andresen dazu, denn nun mussten Zeichnungen, Anträge, Texte und Formulare zusammengetragen werden, sodass der Bauantrag Ende November 2021 gestellt werden konnte.
Jan Andresen hatte von der Förderung von Kleinprojekten in der AktivRegion Schlei-Ostsee gehört und sofort alles Notwendige in seiner Freizeit organisiert. Bis zum 15. Januar 2022 musste der Antrag samt Unterlagen bei der Geschäftsstelle der AktivRegion in Böklund vorliegen. Allerdings war eine Baugenehmigung Voraussetzung – so wurde das Zeitfenster immer enger. Aber der Kreis Rendsburg-Eckernförde gab rechtzeitig grünes Licht. Der Antrag wurde persönlich just in time in Böklund abgegeben, und die Zeit des Hoffens begann.
Ende März war es dann so weit, die Landjugend erhielt den Zuschlag. Die Freude war groß, und die Arbeitsdienste konnten beginnen. Bis zum 31. Oktober 2022 mussten alle geförderten Arbeiten erledigt und abgerechnet sein, sodass der Verwendungsnachweis der AktivRegion vorlag. Von Mitte April bis Ende Oktober waren rund 30 Mitglieder, einige Eltern und etliche Sponsoren für die Deckung des späteren Bewirtschaftungsaufwandes sowie Unterstützer an diesem Großprojekt beteiligt.
In den folgenden Monaten wurden Schulferien und Wochenenden genutzt, um das lang ersehnte Vereinsheim herzurichten. Bemerkenswert war, mit wie viel Eifer, Geschick und Freude die Mitglieder zum Teil neben ihrem Schulabschluss, ihrem Schul- oder Arbeitsalltag und den jährlichen Landjugendveranstaltungen ihr Großprojekt meisterten. In unterschiedlicher Anzahl von zwei bis zwölf fleißigen Handwerkern wuselten sie Stunde für Stunde herum. Für die Verköstigung wurde von den Müttern und Omas gesorgt.
Es gab eine Menge von Aufgaben zu bewältigen. Zu Beginn musste erst einmal die Zuwegung wiederhergestellt und sichtbar gemacht werden. Gebäude und Gelände wurden entrümpelt und die Innenräume hergestellt. Das Dach wurde gereinigt und der Außenbereich befestigt. Gestrichen wurde sowohl außen als auch innen. Die Schmutzwasserentsorgung und Frischwasserversorgung mussten wiederhergestellt werden, genauso die Elektrik. Ein Terrassenelement wurde eingebaut, Estrich geschüttet und Fliesen verlegt. Sogar eine Mini-PV-Anlage wurde angebaut. All das und noch viel mehr wurde in diesem doch relativ kurzen Zeitraum erledigt. In den letzten zwei Wochen wurden aus den Wochenenddiensten tägliche Abenddienste, denn im Endspurt musste noch einiges erledigt werden.
Zufrieden und überglücklich wurden alle Helfer und Sponsoren zum 30. Oktober 2022 eingeladen und mit Dankesworten und -gesten bedacht. Es war wirklich überwältigend, mit welcher Unterstützung der Landjugend Schwansen aus allen Richtungen geholfen wurde. Man bekam so viele positive Rückmeldungen: Damit hatte niemand gerechnet.
160 Akteure aus den Bereichen Landwirtschaft, Politik und Gesellschaft trafen sich im Rahmen der IGW zu einem Austausch in der Vertretung des Landes beim Bund in Berlin. dabei ging es auch um Foodtrends und die damit verbundenen Veränderungen. Auf dem Podium diskutierte auch die Präsidentin des LandFrauenverbandes, Ulrike Röhr, mit. Sie plädierte für viel mehr Verbraucheraufklärung zum Thema ausgewogene und regionale Ernährung, denn dieses Basisdenken gelte für jeden Ernährungstrend.
Im Fokus der Veranstaltung standen der Vortrag der Foodtrendexpertin Hanni Rützler. Sie betonte, dass Foodtrends nur in Wohlstandsgesellschaften entstünden. Sicher war sie sich aber auch, dass künftig mehr Lebensmittel auf Pflanzenbasis gefragt seien.
In der anschließenden Podiumsdiskussion griff LandFrauenpräsidentin Ulrike Röhr diesen Gedanken auf und betonte, dass diese Veränderungen auf jeden Fall auch für die Verbraucher begleitet werden müssten.Nur durch Wissen über die Ernährung sei der Verbraucher in der Lage, selbst zu entscheiden. LandFrauen stünden seit Jahren dafür, Hauswirtschaft als Alltagskompetenz anzuerkennen und wertzuschätzen. Außerdem fordere der LandFrauenverband weiterhin, das Fach Verbraucherbildung in allen allgemeinbildenden Schulen verpflichtend einzuführen.
Der Ausbau großer Freiflächen-Photovoltaikanlagen (FFPV) in Schleswig-Holstein boomt. Doch die Kritik an ihrem Ausbau wächst durch die steigende Flächenkonkurrenz zur landwirtschaftlichen Produktion gleich mit. Rund 70 Interessierte folgten vergangene Woche im Bildungszentrum für Natur, Umwelt und ländliche Räume (BNUR) in Flintbek einer Informationsveranstaltung mit dem Bauernverband Schleswig-Holstein (BVSH).
„Die Landwirte in Schleswig-Holstein waren schon immer Pioniere und Wegbereiter der Erneuerbaren Energien“, erklärte Wolfgang Stapelfeldt, Vorsitzender des Ausschusses für Nachwachsende Rohstoffe und Erneuerbare Energien des BVSH. Diese seien zwar wichtiger Betriebszweig, um das Einkommen zu stabilisieren, doch bringe ihr ungebremster Ausbau auch Probleme mit sich. Die Bundesregierung forciere nun diesen Ausbau, nachdem man sich hierzulande zu sehr auf günstiges Gas aus Russland verlassen hätte, so Stapfeldt. Beim Thema Photovoltaik befinde man sich in Schleswig-Holstein, im Gegensatz zur Windkraft, allerdings „eher im hinteren Feld“.
Verlust landwirtschaftlicher Fläche vermeiden
„Die Flächenknappheit ist eine der großen Sorgen der Betriebe in Schleswig-Holstein“, führte Stapelfeldt aus. Etwa 50 % der landwirtschaftlichen Flächen seien nicht im Eigentum der wirtschaftenden Berufskollegen, sondern verteilten sich auf Landeigentümer außerhab der Landwirtschaft. Grundsätzlich gebe es vonseiten des BVSH keine Blockadehaltung gegen die FFPV, „wenn es geschafft wird, möglichst wenig wertvolle Ackerböden in Anspruch zu nehmen“. Vorrangig solle der Ausbau daher auf Dächern, Gewerbebauten und Konversionsflächen erfolgen. Darüber hinaus sollten vorzugsweise ertragsschwache Standorte bebaut und auch das Thema Schutzgebiete angesprochen werden, wenn die Aufstellung mit den jeweiligen Schutzzielen vereinbar sei. Stapelfeldt erklärte, beim Bau einer FFPV-Anlage dürfe es zudem nicht zu einer zusätzlichen Flächeninanspruchnahme für naturschutzrechtliche Ausgleichsmaßnahmen kommen. Die Steuerung des Ausbaus über B- und F-Pläne überfordere zudem viele Gemeindevertreter, was dazu führen könne, dass infrage kommende, besonders geeignete Flächen ungenutzt blieben.
Welche rechtlichen Hürden bei der Planung eines Solarparks zu bedenken sind, erläuterte Dr. Lennart Schmitt, Leiter der Umweltabteilung des BVSH. „Wir befürchten einen Run auf die Flächen längs der Autobahnen und Schienenwege“, erklärte der Jurist.
Gute Kommunikation als Daueraufgabe
Neben Hinweisen rund um das Planungs-, Steuer-, Bau- oder auch Pachtrecht hatte Schmitt einen grundsätzlichen Rat an potenzielle Planer: „Daueraufgabe ist eine gute Kommunikation mit Bürgern und Gemeinden.“ Werde sie nicht mitbedacht, könne dies schnell zu Problemen führen. Von besonderer Relevanz für die Landwirtschaft sei die Neuerung, dass für bestimmte Flächen im Außenbereich baurechtliche Hürden herabgesetzt und gleichzeitig ein Erstrecken der Privilegierung durch flankierende Anpassungen im Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) erfolgt seien.
Wolfgang Stapelfeldt Foto: jhDr. Lennart Schmitt Foto: jhInes Marquardt; Steuerberaterin SHBB; Foto: jhHans-Heinrich von Maydell Foto: jhThies Jensen Foto: jhRené Nissen Foto: jh
Hans-Heinrich von Maydell, Syndikusrechtsanwalt in der Rechts- und Sozialberatung des BVSH, verwies auf den weiten rechtlichen Rahmen, in den ein FFPV-Projekt gestellt werden müsse, und erläuterte, worauf Flächeneigentümer bei der Verpachtung achten sollten. Die Vertragsunterlagen seien nicht immer ausgewogen und nicht alles sei nach eigenem Wunsch abänderbar, weshalb stets eine Prüfung und umfassende Beratung notwendig seien. „Ohne Steuerberater geht es nicht“, gab von Maydell zu bedenken. Eigentümer müssten sich die Frage stellen, was in Bezug auf die vorläufige Planung passiere, wenn später Änderungen einträten. So müsse etwa bereits zu Beginn mitbedacht werden, dass naturschutzrechtliche Ausgleichsmaßnahmen womöglich nicht umkehrbar seien, wenn nach Ablauf der Vertragszeit wieder eine landwirtschaftliche Nutzung auf der Fläche angestrebt werde.
Auf die steuerlichen Fallstricke von FFPV-Anlagen bei Umsatz-, Einkommen- und Grundsteuer sowie bei Bewertung und Erbschaftsteuer wies Ines Marquardt, Steuerberaterin der SHBB Steuerberatungsgesellschaft, hin. Die Option zur Umsatzsteuerpflicht vermeide Diskussionen um steuerpflichtige und steuerfreie Anteile. Marquardt riet, freiwillig eine Regelversteuerung von 19 % zu wählen. Je nach Bewertung der FFPV-Fläche als landwirtschaftliches oder als Grundvermögen und je nach Zeitpunkt der Verpachtung (vor oder nach dem Bewertungsstichtag; durch den Erblasser oder den Erben) könnten ungünstigenfalls hohe Erbschaftsteuern fällig werden.
Für René Nissen und Thies Jensen von der Wattmanufactur aus Galmsbüll haben richtig geplante, gebaute und betriebene FFPV-Anlagen das Potenzial, Mehrwerte in allen beteiligten Bereichen zu schaffen. Beide stellten die ökologischen Maßnahmen im Solarpark Klein Rheide sowie der Moor-PV-Anlage in Lottorf (das Bauernblatt berichtete in Ausgabe 18/2022) vor. Nissen regte die Einführung einer „neuen EEG- und GAP-förderfähigen Flächenkategorie“ für extensive Agri-PV an und warb für einen Neubeginn der Diskussion: „Wir müssen uns fragen, wo die PV-Anlagen hinsollen, und nicht, wo sie nicht hinsollen.“
Sie erinnern sich vielleicht: Der Schlammpeitzger ist ein seltener kleiner Fisch, der das Zeug hat, Baumaßnahmen an Flüssen zu verhindern. Der lustige Name verleitet zu Überlegungen, was das Tierchen wohl tut, wenn es „den Schlamm peitzigt“. Vor Kurzem hat das schleswig-holsteinische Umweltministerium (MEKUN) den neuen Abfallwirtschaftsplan (AWP) verabschiedet. Was dieser für die Entsorgung von Klärschlamm vorsieht, könnte auch mit einem solch kuriosen Wort wie „peitzgen“ beschrieben werden – gleichermaßen unverständlich, allerdings nicht so lustig.
Ein Schwerpunkt des Teilplans Klärschlamm im AWP ist die Verpflichtung zur Rückgewinnung von Phosphor, in der Tat ein wichtiges Anliegen. Phosphor ist das Grundelement für Dünger und weltweit ein knappes Gut, die größten Vorkommen liegen außerhalb Europas, vor allem in Marokko und China. Es muss vorgesorgt werden, dass die Bestände nicht mehr und mehr verloren gehen. Ab 2029 müssen zunächst die größten, ab 2032 auch die mittelgroßen Kläranlagen ihren Klärschlamm einer Phosphorrückgewinnung zuführen. Dies erfolgt im Zuge der Verbrennung des Schlamms.
Nun ist Klärschlamm für nicht Vieh haltende landwirtschaftliche Betriebe ein willkommener Dünger, erhalten sie ihn doch gratis von benachbarten Kläranlagen, die froh sind, ihn auf diese Weise loszuwerden. Der Schlamm darf dabei natürlich festgelegte Schadstoffgrenzwerte nicht überschreiten. Die gute Nachricht: Klärwerke mit unter 50.000 Einwohnerwerten dürfen auch weiterhin an Landwirte liefern. Auch die Ausbringung auf den Feldern führt ja den im Klärschlamm enthaltenen Phosphor einer Wiedernutzung in Kreislaufwirtschaft zu.
Die schlechte Nachricht: Die Menge des für die Landwirtschaft verfügbaren Klärschlamms wird sich deutlich verringern. Schon in den vergangenen zehn Jahren hat sich diese Menge fast halbiert, die Menge des thermisch verwerteten Klärschlamms etwa verdoppelt. Für 2032 prognostiziert das MEKUN, dass die Menge des landwirtschaftlich ausgebrachten Klärschlamms nur noch ein Drittel des Wertes von 2013 betragen wird. Die betreffenden Betriebe werden also entsprechend Dünger einkaufen müssen.
So weit kann man diese Entwicklung als Diktat der Notwendigkeit verstehen. Die Krux dabei: Bisher gibt es noch gar keine technische Möglichkeit der Phosphorrückgewinnung in Schleswig-Holstein. In Kiel ist eine Monoverbrennungsanlage für Klärschlamm mit Rückgewinnungstechnik in Planung, eine ohne diese Technik in Stapelfeld im Bau. Nun kommt die aktuelle Nachricht, dass die Planung der Kieler Anlage vorerst gestoppt wurde. Die Kosten seien drastisch gestiegen und machten den Bau unwirtschaftlich, so die Betreiber. Der Markt werde beobachtet, sobald die Preise sänken, werde man wieder loslegen. Das MEKUN gibt sich zuversichtlich, dass das rechtzeitig klappt.
Was abzusehen ist: Klärschlamm wird in weit höherem Ausmaß als jetzt auf Reisen in auswärtige Verbrennungs- und Rückgewinnungsanlagen gehen. Dass dies ökologische Nachteile verursacht, dafür sieht sich das Umwelt(!)-Ministerium nicht zuständig und verweist auf die Verantwortung der Klärschlammerzeuger. Dass dies zusätzliche Kosten verursachen wird und wie diese umgelegt werden sollen – auch da hebt das MEKUN die Hände: Sache der Kommunen!
Die ganze im Kern sinnvolle und notwendige Angelegenheit zielt von hinten durch die Brust ins Auge: Erst wird eine Bestimmung erlassen, dann fehlen die technischen Voraussetzungen, am Schluss müssen die Betreiber sehen, wie sie klarkommen, und das wird teuer und unökologisch. Man könnte auch sagen: Hier wird Klärschlamm gepeizigt. Das versteht man nicht? Eben!
Klärschlamm wird bislang bevorzugt als Dünger auf landwirtschaftlichen Flächen ausgebracht, vor allem von nicht Vieh haltenden Betrieben. Dies wird künftig weit weniger möglich sein, denn ab 2029 gilt die Rückgewinnungspflicht von Phosphor aus Klärschlamm.
Klärschlamm ist ein Abfallprodukt, das es in sich hat. Da er den wichtigen Pflanzennährstoff Phosphor enthält, gebunden in Phosphat, eignet er sich gut als Dünger, besonders für Ackerbaubetriebe. Deshalb ist die Landwirtschaft ein willkommener Abnehmer von Klärschlamm meist nahe gelegener, kleiner Kläranlagen, größere Anlagen transportieren ihn auch über weitere Strecken. Bedingung ist, dass der Klärschlamm entsprechende Grenzwerte von unerwünschten Stoffen wie Arzneimitteln, Chemikalien oder Reifenabrieben nicht überschreitet.
Der Rückgang und seine Gründe
Über Jahre hinweg betrug der Anteil der landwirtschaftlichen Entsorgung von Klärschlamm gut 70 %. Diese Bezugsquelle wird in Zukunft weit weniger zur Verfügung stehen. Ab 2029 gilt allgemein die Rückgewinnungspflicht für Phosphor in den Kläranlagen. Das Ministerium für Energiewende, Klimaschutz, Umwelt und Natur Schleswig-Holstein (MEKUN) hat den entsprechenden Abfallwirtschaftsplan (AWP) Mitte Dezember verabschiedet.
Das gesamte Klärschlammaufkommen in Schleswig-Holstein bewegte sich in der vergangenen Dekade zwischen 70.000 und 80.000 Mg (Megagramm = t), wobei der stärkste Rückgang um rund 10.000 Mg von 2016 auf 2017 zu verzeichnen war (siehe Tabelle). Der Anteil des landwirtschaftlich ausgebrachten Klärschlamms – bis dahin zwischen 50.000 und 55.000 Mg – sank sogar von seinem Höchststand um rund 20.000 auf rund 37.500 Mg und stieg seitdem wieder leicht an.
Zu dem Zeitpunkt griff nicht nur die neue Klärschlammverordnung, sondern auch die neue Düngeverordnung. Vor allem das weitreichende Herbstdüngeverbot auf Ackerland, aber auch die pauschale 20%ige Reduktion des Düngebedarfes sorgten für eine sinkende Abnahme von Klärschlamm durch Landwirte.
Löwenanteil der großen Anlagen
Ab 2029 dürfen Kläranlagen der Klasse 5 – also mit mehr als 100.000 EW (Einwohnerwerten) – ihren Klärschlamm nicht mehr landwirtschaftlich ausbringen, sondern müssen ihn verbrennen und dabei den Phosphor vor der Verbrennung oder aus der Asche entnehmen. Ab 2032 gilt dies auch für Anlagen mit mehr als 50.000 EW (Klasse 4b). 17 Anlagen der landesweit 782 gehören diesen beiden größten Klassen an, hier fallen bisher rund 70 % des gesamten Klärschlamms von Schleswig-Holstein an. Die 68 Kläranlagen mit mehr als 10.000 EW produzieren sogar mehr als 93 % des Klärschlamms.
2021 hat der Anteil der thermischen Entsorgung den der landwirtschaftlichen erstmals überschritten, und dies, obwohl weiterhin hauptsächlich außer Landes verbrannt werden muss. Es wird prognostiziert, dass das gesamte Klärschlammaufkommen in Schleswig-Holstein bis 2032 auf rund 63.000 Mg leicht zurückgeht. Für die landwirtschaftliche Ausbringung sollen dann, nur noch vonseiten kleinerer Kläranlagen, aber nur noch rund 14.000 Mg zur Verfügung stehen – bloß etwa ein Drittel des Tiefstwertes von 2017 und ein Viertel des Höchstwertes von 2016.
Das Ausbringen von Klärschlamm auf landwirtschaftlichen Flächen ist dann zwar weiterhin erlaubt – handelt es sich dabei doch um eine Art „Rückgewinnung“ von Phosphor durch Kreislaufwirtschaft –, aber die Landwirte können künftig bei Weitem nicht mehr so viel beziehen wie bisher. Wenn sie den für den Dünger erforderlichen Phosphatanteil auf andere Weise beziehen, wird dies vermutlich zusätzliche Kosten verursachen, deren Höhe noch schwer abzuschätzen ist. Klärschlamm erhalten sie hingegen kostenlos oder sogar mit einer Abnahmeentlohnung.
Derzeit werden 40,5 % des Klärschlamms in Schleswig-Holstein landwirtschaftlich ausgebracht, 58,9 % verbrannt (2021) – dies allerdings hauptsächlich außerhalb des Bundeslandes, da noch nicht genügend Verbrennungskapazitäten bestehen. Und je größer die Anlagen, desto weiter sind auch die Entfernungen zum Acker.
Zwei neue Großverbrennungsanlagen
Zur Verbrennung in großem Maßstab sollen zwei Monoverbrennungsanlagen in Kiel sowie in Stapelfeld im Kreis Stormarn gebaut werden. Grundsteinlegung in Stapelfeld war im November 2022. Diese beiden Anlagen sollen laut MEKUN in der Lage sein, den gesamten Klärschlamm in Schleswig-Holstein zu verbrennen. Eine Phosphorrückgewinnung aus der Asche ist allerdings nicht in der Stapelfelder Anlage vorgesehen, nur in der Anlage in Kiel. Die wird in die dort bereits vorhandene Müllverbrennungsanlage integriert – ein Leuchtturmprojekt, das die gesamte Verwertungskette abdeckt.
Nun kam vor zwei Wochen die überraschende Meldung: Die Planung des Neubaus in Kiel wird vom Betreiber aus finanziellen Gründen für vorerst zwei Jahre gestoppt. Die Kosten für den Bau seien unerwartet stark gestiegen. Der Markt werde beobachtet, wenn die Preise genügend fielen, werde mit der Planung fortgefahren. Die gesetzliche Vorgabe zur Phosphorrückgewinnung begrüßt die Branche, das gebe Investitionssicherheit.
Das MEKUN gibt sich zuversichtlich: „Sollte sich die Stadt Kiel in zwei Jahren für den Bau der Anlage entscheiden, würde sie immer noch vor 2029 fertiggestellt werden können.“
Mehr Schlamm wird auf Reisen gehen
Das Klärwerk Bülk der Stadt Kiel in Strande ist eines der größten in Schleswig-Holstein. Derzeit wird der Klärschlamm von dort rund 500 km weit zu einer Verbrennungsanlage gefahren.
Was aber, wenn nicht? Dann ist davon auszugehen, dass Klärschlamm künftig in noch größerem Umfang als bisher auf Reisen gehen muss. Auch sollen Zwischenlager ausgebaut werden, die insgesamt 59 % der jährlich anfallenden Klärschlammmenge in Schleswig-Holstein aufnehmen könnten.
Auf die Frage, ob der zu erwartende erhöhte „Reiseumfang“ von Klärschlamm nicht auch ökologische Nachteile mit sich bringe, antwortet das MEKUN, die Entscheidung, welcher Entsorgungsweg unter Einhaltung der Vorgaben der Klärschlammverordnung der geeignete Weg sei, obliege den Klärschlammerzeugern. Das Umweltministerium habe darauf keinen Einfluss. Für vermutlich zusätzlich anfallende Kosten dieser Maßnahmen sei die jeweilige Kommune verantwortlich.
Landwirtschaftliche Ausbringung weiter möglich
Das Umweltministerium betont, dass für Kläranlagen unter 50.000 EW auch künftig die landwirtschaftliche Klärschlammverwertung zulässig sei. Außerdem können die bei der künftig vorgeschriebenen Rückgewinnung anfallenden phosphorhaltigen Aschen direkt als Düngemittel oder Ausgangsstoff für Düngemittel verwertet werden.
In der Klärwerkbranche geht man hingegen davon aus, dass landwirtschaftliche Ausbringung in der Zukunft faktisch kaum mehr vorkommen werde – wegen der allgemeinen Schadstoffbelastung.
Online kann der Abfallwirtschaftsplan heruntergeladen werden unter https://t1p.de/mdpbj
Er ist allerdings auf dem Stand von Januar 2021, und Werteerfassungen sind meist nur bis 2018 berücksichtigt.
Der dänische Fleischhersteller Danish Crown (DC) muss aufgrund der schwierigen Marktsituation und gesunkener Exportmöglichkeiten von Schweinefleisch nach China Kosten einsparen und Mitarbeiter entlassen.
Wie das Unternehmen am Montag mitteilte, hat sich seit dem Sommer 2021 die Marktrealität durch die geringeren Importe der Volksrepublik und die Folgen des Ukraine-Kriegs mit Inflation und Kaufzurückhaltung der Verbraucher spürbar verschlechtert. Deshalb müsse DC nun einen neuen Weg gehen, um die Ziele der Feeding-the-Future-Strategie zu erreichen, was auch den Abbau von 150 Stellen bei Angestellten sowie Kapazitätsverringerungen in Deutschland beinhalte.
„Diese dramatischen Veränderungen sind innerhalb kürzester Zeit eingetreten. Wir können die Markttrends zwar nicht ändern, dafür aber an unserem eigenen Geschäft arbeiten“, erklärte DC-Vorstandschef Jais Valeur. Die eigene Strategie basiere auf einem stabilen und starken Markt mit positiven Aussichten; nun sei alles auf den Kopf gestellt. Zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit und Sicherstellung des Kapitals für geplante Investitionen müssten nun Kosten gesenkt und Prozesse verschlankt werden. Laut DC wird angestrebt, jährlich Kosten in Höhe von 50 Mio. € einzusparen. Dies soll unter anderem durch eine Straffung von Funktionen erreicht werden, vom Verkauf über die Produktion und Servicefunktionen bis hin zur Verwaltung. Die zukünftigen Aktivitäten in den Produktionsstätten und Schlachtbetrieben des Konzerns hängen laut DC hochgradig von der Marktentwicklung ab.
Der erste Schritt zur Effizienzsteigerung sei kürzlich in Deutschland mit der angekündigten Schließung der Produktionsstätte in Boizenburg erfolgt. Den rund 200 Beschäftigten dort werde soweit wie möglich eine Beschäftigung in einer der anderen Produktionsstätten des DC-Konzerns angeboten.
Mecklenburg-Vorpommerns Landwirtschaftsminister Dr. Till Backhaus (SPD) bedauerte die Standortschließung. Diese sei auf die dramatische Entwicklung im Schweinebereich mit deutlichen Bestandsrückgängen und ungelösten Fragen zum Umbau der Tierhaltung zurückzuführen. „Ich habe Bundesagrarminister Cem Özdemir (Grüne) bei einem persönlichen Gepräch im Dezember nochmals auf die Folgen dieser Politik hingewiesen“, erklärte Backhaus.
Nächster Schritt bei DC ist laut Konzernführung die Verringerung der Schlachtkapazitäten des Schlachtbetriebs in Essen (Oldenburg) um bis zu 40 % bis zum 1. Mai. Danach werde der Konzern die künftigen Kapazitäten festlegen. An den Investitionen in Großbritannien will der dänische Fleischkonzern hingegen festhalten. AgE
Deutschland wird sich bei den Verhandlungen zur Überarbeitung der europäischen Industrieemissionsrichtlinie (IER) für eine deutliche Anhebung des Schwellenwerts für die Zahl von Großvieheinheiten (GVE) in der Rinderhaltung einsetzen. Das hat Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) beim Agrarrat am Montag in Brüssel deutlich gemacht.
Nach den Vorstellungen der Bundesregierung sollen Betriebe ab 300 GVE in den Anwendungsbereich der novellierten Richtlinie fallen; der Vorschlag der Kommission sieht dagegen die Grenze schon bei 150 GVE vor.
300 GVE passend
„Das ist ein realistischer Vorschlag“, so Özdemir zur Position der Bundesregierung. Gebraucht würden realistische Zahlen, die sich an den nationalen Gegebenheiten orientierten. 300 GVE sei passend für Deutschland, weil dann die kleinbäuerliche Landwirtschaft „auf jeden Fall“ außen vor bleibe. Grundsätzlich steht der Grünen-Politiker hinter der Ausweitung der Richtlinie. Auch die Aufnahme der Rinderhaltung sei angesichts ihres Beitrages bei den Methan- und Ammoniakemissionen „sachgerecht“. Dem berechtigten Anliegen dürfe aber durch Schwellenwerte, die nicht auf Akzeptanz stießen, kein Schaden zugefügt werden. Berücksichtigt werden muss laut Özdemir auch das Verhältnis von Kosten und Nutzen. Änderungen an der Richtlinie dürften die in der Tierhaltung dringend erforderlichen Investitionen für einen besseren Umwelt- und Tierschutz nicht erheblich erschweren. Auch strukturelle Fragen hinsichtlich des Mehraufwandes für mittelständische Betriebe und mögliche Folgen für den ländlichen Raum müssten berücksichtigt werden. Der Vorstoß, die Schwellenwerte des Kommissionsvorschlages zu überarbeiten, wird von einer breiten Mehrheit der Mitgliedstaaten befürwortet, darunter auch Frankreich, Spanien und Österreich.
Weitgehend unbeeindruckt von den Einwänden der Ressortchef zeigte sich EU-Umweltkommissar Virginijus Sinkevicius. Ihm zufolge hat sich die Kommission für die „ausgewogensten“ Schwellenwerte entschieden und dabei auch das Verhältnis von Kosten und Nutzen berücksichtigt. Betroffen seien weniger als ein Fünftel der tierhaltenden Betriebe in der EU.
Einsatz der Krisenreserve
Zum möglichen Einsatz der Krisenreserve im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) äußerte sich EU-Agrarkommissar Janusz Wojciechowski. Laut dem Polen könnten die Gelder dazu verwendet werden, den Landwirten in den EU-Mitgliedstaaten, die direkt an die Ukraine angrenzen, unter die Arme zu greifen. Bulgarien, Rumänien, Polen sowie Ungarn seien nämlich besonders von ukrainischen Agrarlieferungen betroffen, die zollfrei über die EU-Solidaritätskorridore auf den Binnenmarkt gelangten, konstatierte der Agrarkommissar.
Gleichzeitig stellte er fest, dass die Kommission an den seit Sommer vergangenen Jahres geltenden Handelserleichterungen für die Ukraine festhalten wolle. „Brüssel ist mit Kiew weiterhin solidarisch“, betonte Wojciechowski.
Schärfere Transportvorgaben
„Anspruchsvolle“ Vorschläge zu der für dieses Jahr geplanten Novellierung des EU-Tierschutzrechts hat die zuständige Gesundheitskommissarin Stella Kyriakides angekündigt. Für die Zypriotin steht an vorderster Stelle, dass die neuen Vorgaben das Tierwohl in der Europäischen Union und auch global deutlich verbessern müssten. Dies gelte vor allem für das Tiertransportrecht, betonte Kyriakides.
Zuvor hatte Portugal im Rat eine Erklärung vorgestellt. In dieser wird die Brüsseler Behörde gemahnt, Lebendtiertransporte nach Drittstaaten nicht pauschal zu untersagen. Unterstützt wird dieser Vorstoß von Frankreich, Spanien, Rumänien, Griechenland sowie Irland, Litauen und Lettland. Die portugiesische Agrarressortchefin Maria do Céu Antunes warnte auch grundsätzlich vor zu vielen Einschränkungen und Verboten in Sachen Tiertransport. Wichtig sei, den Anforderungen eines funktionierenden EU-Binnenmarktes gerecht zu werden. Zudem sind der Sozialistin zufolge Alternativen zum Transport von Lebendtieren stärker zu fördern.
Derweil konstatierte Özdemir, dass „die Lücken beim Thema Tierschutz“ dringend zu schließen seien. Das gelte gerade auch für die Tiertransporte.
GAP: Minister fordern mehr Einbindung
Die Agrarminister der Mitgliedstaaten sollten bei sämtlichen Entscheidungen mit Auswirkungen auf die Landwirtschaft mit am Tisch sitzen. Das ist die Kernforderung eines „Kompetenzbriefs“, den 16 Ressortchefs auf Initiative Österreichs an die schwedische Ratspräsidentschaft geschickt haben.
„Wir haben derzeit die Situation, dass in verschiedensten EU-Ratsgremien Entscheidungen und Themen diskutiert werden, die die Landwirtschaft betreffen, aber am Ende des Tages ohne die Expertise der Land- und Forstwirtschaft entschieden werden“, kritisierte der Wiener Landwirtschaftsminister Norbert Totschnig. Vornehmlich im Blick hat er dabei die Umwelt- und die Klimaschutzpolitik. Der ÖVP-Politiker verwies auf die Versorgungssicherheit in Europa. Diese sei seit dem Angriff Russlands auf die Ukraine ein Thema von absoluter Priorität. „Da können nicht gleichzeitig Dossiers in Diskussion stehen, die eine Reduktion der land- und forstwirtschaftlichen Fläche vorsehen“, so Totschnig. Das würde bedeuten, die Versorgung mit Lebensmitteln, Nachwachsenden Rohstoffen oder Erneuerbaren Energien zu verringern.
Neben Österreich haben auch Finnland, Griechenland, Italien, Kroatien, Lettland, Litauen, Luxemburg, Malta, Polen, Rumänien, Slowakei, Slowenien, Tschechien, Ungarn und Zypern den Brief unterzeichnet. AgE
Im Bundesgebiet wurde zuletzt von einem ausgeglichenen Kartoffelmarkt berichtet. Dies gilt sowohl für die Verarbeitungsware als auch für den Frischmarkt. Das Preisniveau bleibt verglichen mit vielen Vorjahren auf erhöhtem Niveau stabil. Weder von der Käuferseite noch von den Produzenten kamen Impulse, die eine Änderung zuließen. In Westeuropa kam es hingegen teilweise, anders als hierzulande, in der vergangenen Woche zu Preisaufschlägen.
Die Kartoffelernte 2022 fiel mit 10,26 Mio. t rund 1 Mio. t (–9,3 %) kleiner aus als im Vorjahr. Damit ergibt sich dennoch ein Selbstversorgungsgrad von 143 %. Hintergrund war neben den zum Teil schwierigen Witterungsverhältnissen auch die reduzierte Anbaufläche. Ein Nord-Süd-Gefälle mit besseren Ernteergebnissen im Norden und weniger guten Erträgen im Süden spiegelt die Situation in der Saison 2022/23 wider. Entsprechend werden auch innerhalb des Bundesgebietes Kartoffeln in andere Regionen gefahren werden. In einigen EU-Nachbarländern gab es bedingt durch Wetterkapriolen ebenso ernüchternde Ernteergebnisse. Die EU-27 erzielte eine Erntemenge von 45,7 Mio. t (–4 Mio. t gegenüber Vorjahr), wobei in Nordeuropa die Erntemengen größer und südlich von Polen die Erntemengen kleiner ausfielen als gewöhnlich. Damit werden in den Importländern auch Kartoffeln aus anderen EU-Nachbarländern wie beispielsweise Frankreich fehlen.
Aktionsware fördert Absatz
Derzeit laufen häufig Kartoffelwerbeaktionen. Verschiedene Lebensmitteleinzelhändler und Discounter beteiligen sich. Dabei werden dem Verbraucher Kleingebinde, aber auch größere Netze für kleines Geld angeboten. Ein 2,5-kg-Beutel kann in dieser Woche für 1,59 €, sprich 0,64 €/kg, erworben werden. Ein 5-kg-Netz wird mit 2,99 €, also für 0,60 €/kg verkauft. Diese Verkaufsaktionen regen die Nachfrage an. Es wird im Zusammenhang mit den Werbeaktionen der vergangenen Wochen von gestiegenen Absatzmengen berichtet. Angeboten werden dabei auch Partien, die eine eingeschränkte Lagerfähigkeit aufweisen. Die hohen Temperaturen nach dem zwischenzeitlichen Wintereinbruch im Dezember mobilisieren die Kartoffeln in den Normallagern. Auch wenn hierzulande der größere Anteil der Kartoffeln in gekühlten Lagern liegt, kommt es zur Auslagerung.
Parallel zu den stabilen Preisen für Speisekartoffeln erzielt Frittenrohstoff in den Benelux-Ländern zunehmend höhere Kurse. Auch der April-Kontrakt an der Börse in Leipzig zieht daher an. Gestützt von den Preisen in den Nachbarländern, speziell Belgien, erreicht der Terminmarkt bald die Marke von 30 €/ dt. Am belgischen Markt werden gezielt freie Mengen nachgefragt. So ist auch davon auszugehen, dass der Anbau sich ausdehnen könnte. Aus den Niederlanden wird berichtet, dass verbesserte Konditionen bei den Vertragsverhandlungen und Aussichten auf Boni verlockender sein könnten als beispielsweise der preislich zurzeit schwächelnde Getreideanbau.
Export läuft langsam an
Zum Jahresende 2022 rechneten Marktteilnehmer mit Lageraufschlägen für Kartoffeln aus den Kühllagern ab etwa Ende Januar. Zu Beginn der 4. KW 2023 hat sich diese Erwartung nicht bestätigt. Sicherlich hat der eine oder andere Hoffnung, dass es im Februar noch zu Aufgeldern kommen kann. Marktbeteiligte sprechen aber auch schon davon, dass die Erntemengen 2022 für die aktuelle Saison ausreichen könnten und die Preise dementsprechend bis zum Start der Frühkartoffelsaison nicht weiter steigen. Dem gegenüber steht das langsam anlaufende Exportgeschäft. Länder Ost- und Südosteuropas fragen Kartoffeln nach. Bisher lagen die Preisvorstellungen zwischen deutschen Produzenten und den Importeuren zu weit auseinander. Höchstens Partien mit geringer Qualität habe man zu den geforderten Kursen abgegeben. Seit vergangener Woche wird von einer Steigerung der Exporttätigkeit berichtet. Zudem gehen Marktbeteiligte davon aus, dass mehr ägyptische Frühkartoffeln den Weg nach Ost- und Südosteuropa finden werden, deren Versand derzeit anläuft.
Um „Transformationsprozesse in Krisenzeiten“ ging es gestern (26. Januar) bei der 73. Hochschultagung der Agrar- und Ernährungswissenschaftlichen Fakultät der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel (CAU). Obwohl die Plenarvorträge im Internet gestreamt wurden, kamen mehr als 150 Interessierte persönlich ins Audimax der CAU.
Von Prof. Matin Qaim, Agrarökonom an der Universität Bonn, erfuhren die Besucher, dass weltweit rund 830 Mio. Menschen hungern. Die meisten davon lebten in Asien (55 %) und Afrika (37 %). „Auf diese beiden Kontinente müssen wir schauen“, betonte Qaim. Der Anteil der Hungernden habe zwar seit 1945 kontinuierlich abgenommen, seit 2005 stagniere dieser Wert jedoch bei zirka 10 % der Weltbevölkerung. Nährstoffdefizite wiesen zudem mehr als ein Drittel der Weltbevölkerung auf. Das seien vor allem Menschen, die sich gesunde Ernährung nicht leisten könnten.
Zu Unrecht verteufelt
Qaim erinnerte daran, dass die Preise für Weizen bereits vor Kriegsausbruch in der Ukraine hoch waren. Das liege an einem zu geringen Produktionswachstum bei steigender Nachfrage. Dazu kämen hohe Energiepreise und „Schocks“, wie die Corona-Pandemie, Kriege und Klimawandelfolgen. „Wenn die Produktion sinkt, gibt es eine Flächenausdehnung, vor allem im globalen Süden, – oft verbunden mit Abholzung – was wir eigentlich nicht wollen,“ erläuterte der Bonner Hochschullehrer.
Ihm zufolge wirkt der Klimawandels deutlich negativer auf die Regionen der Welt, die schon jetzt die meiste Armut und den meisten Hunger aufwiesen. Richtung Nordpol erwarte man wegen der Erderwärmung hingegen Ertragssteigerungen. Qaim folgerte: „Man muss unsere Verantwortung für die Produktion von Lebensmitteln hinterfragen und auch die Folgen für Migrationsbewegungen im Blick haben.“
Er räumte ein, dass intensive Landwirtschaft negative Umweltauswirkungen hat. Allerdings führe diese auch dazu, dass insgesamt weniger Fläche gebraucht werde. „Der Landnutzungswandel ist der größte Faktor für die Treibhausgasemissionen der Landwirtschaft. Das gilt auch für Artenvielfalt“, unterstrich Qaim. Ertragssteigerungen blieben daher das „A und O“. Die Frage sei: Wie bekommen wir Ertragssteigerungen hin, während wir gleichzeitig weniger Mineraldünger und chemischen Pflanzenschutz verwenden?
Chancen sieht er in neuen Technologien der Pflanzenzüchtung. Nach Stand der Wissenschaft liefere die Nutzung von Gentechnik – wo sie angewendet werden dürfe – 22 % Mehrertrag bei einem um 37 % reduzierten Pestizideinsatz. Die Nutzenwirkungen für Gentechnik seien in Entwicklungsländern deutlich größer, als in Industrieländern.
Vor allem in Europa hemmten bislang massive Akzeptanzprobleme. Nicht weil es nicht zuverlässig funktionieren würde, sondern weil es keinen politischen und gesellschaftlichen Willen gebe. Qaim appellierte: „Ich sehe nicht, dass wir die Ziele des Green Deal erreichen können, ohne die neuen genomischen Verfahren einzusetzen.“ Bio allein sei jedenfalls nicht die Lösung. Man würde nur Umwelt- und Klimaeffekte auslagern, da weniger exportiert und mehr importiert würde.
Arbeiten im Kriegsland
Hans Wenzl hat 2003 in der Ukraine einen Ackerbaubetrieb mit 1.500 ha übernommen. Der Betrieb liegt auf der Luftlinie zwischen Kiew und Odessa, zirka 200 km südlich der ukrainischen Hauptstadt. Durch kontinuierliches Wachstum bewirtschaftet der Betrieb heute mehr als 4.000 ha. Wenzl berichtete: „Ich habe es damals nicht fassen können, dass die Russen in die Ukraine einmarschiert sind.“ Dass der russische Präsident Wladimir Putin wirklich einen Krieg entfacht, sei undenkbar gewesen. Man habe dann im Team der Unternehmensführung entschieden, weiter zu arbeiten. „Vier Männer von uns gingen zum Militär. Jetzt sind sie an der Front“, schilderte Wenzl. Trotz des Krieges habe die Vermarktung der Ernteprodukte relativ gut geklappt. Zahlungsmittel bei der Vermaktung von Zuckerrüben sei aktuell Zucker. „Wir können entscheiden, ob wir den selbst vermarkten oder an die Zuckerfabrik verkaufen“, erläuterte Wenzl. Weitere wichtige Kulturen im Betrieb seien Weizen, Raps, Sonnenblumen und Mais. Zudem gebe es zwei Saatzuchtstationen vor Ort, eine von Limagrain, eine von Bayer.
Die Sonnenblumen bleiben nach Wenzels Angaben im Land. Raps und Weizen würden hingegen in Richtung Odessa zum Teil in den Export vermarktet. Mais werde auch international vermarktet. Im vergangenen Jahr seien die Preise trotz des Krieges sehr gut gewesen. Auch in diesem Jahr ist Wenzl bisher zufrieden. Die Transporte nach Odessa und auch über das schwarze Meer funktionierten erstaunlich gut. Die Großhändler hätten gekauft. Dünger ist laut Wenzl sehr teuer geworden. Aufgrund des Krieges bestünden aber die größten Probleme für die meisten Betriebe in der Ukraine bei der Beschaffung von Diesel.
Wenn Druck zu Angst wird
Ihre Erfahrungen aus einem ganz anderen Themenfeld berichtete Karen Hendrix. Die Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie beschäftigt sich mit psychischen Belastungen von Landwirten. Früher seien ihre Patienten überwiegend zwischen 45 und 60 Jahre alt gewesen. Aktuell kämen aber immer mehr junge Bauern zu ihr, die den Betrieb ihrer Eltern übernommen haben und massive Zukunftsängste hätten. Als Beispiel erzählte sie von einem Schweinehalter, der sich von allen Seiten bedroht fühle, von Dokumentationspflichten, Kontrollen und gesellschaftlichem Druck. Dazu komme die Angst um die wirtschaftliche Perspektive. „Kein Landwirt will derjenige sein, der einen viele hundert Jahre alten Betrieb aufgibt“, so Hendrix. Nach den Erfahrungen aus ihren Gesprächen führe das oft zu suizidalen Gedanken. Die Ärztin berichtete von einer Studie nach der 46 % aller Landwirte unter psychische Belastungen leiden. Das seien deutlich mehr als in der Normalbevölkerung.
„Was Landwirte auffrisst, ist die zunehmende überbordende Bürokratie“, erklärte Hendrix. Problematisch sei zudem die kritische Darstellung der Landwirte in den Medien, zum Beispiel als Umweltvergifter und Tierquäler. Das gehe schon in der Schule los, wenn Landwirtskinder von ihren Mitschülern diskriminiert würden. Dazu komme, dass Städter oft gar nicht mehr genau wüssten, was eine moderne Landwirtschaft ausmacht.
Auch Schulden seien „ein wahnsinnig großer Anlass für Depressionen“. Diese Last könne zum Beispiel zu Schlafproblemen führen. Ein neues Problem seien Wölfe. Ein Schäfer, der auf seiner Koppel mit 20 verletze und angefressen Schafe auffand sagte wörtlich zu ihr: „Das halte ich nicht mehr aus.“ Ein klares Signal für psychische Belastung ist laut der Expertin sozialer Rückzug. „Wenn man nicht mehr ausgeht, die Post nicht mehr geöffnet“, beschreibt Hendrix. Irgendwann würden dann die Tiere nicht mehr ordentlich versorgt.
Die Ärztin rät, dass man sich in solchen Situationen jemandem anvertraut. Sie betonte: „Es funktioniert nicht, wenn der Lack nach außen glänzt, aber der Motor kaputt ist.“ Sich mit anderen auszutauschen sei oft schon eine große Hilfe.
Prof. Matin QaimHans WenzlKaren HendrixProf. Simone FuldaWerner SchwarzUte VolquardsenProf. Georg Thaller. Fotos: rq
Zitate
Prof. Simone Fulda, Präsidentin der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel: Neben Forschung und Lehre arbeitet die Agrar- und Ernährungswissenschaft intensiv an Technologie- und Wissenstransfer.
Werner Schwarz (CDU), Landwirtschaftsminister: Agrarpolitik ist wissensbasierte Politik. Schleswig-Holstein hat aktuell den Vorsitz der Agrarministerkonferenz. Themen sind dort die Umsetzung der Vorschläge der „Borchert-Kommission“ und die Gemeinsame Agrarpolitik nach 2027. Es braucht attraktive Programme, um die Landwirte aus den Direktzahlungen heraus in die Honorierung von Nachhaltigkeitsleistungen zu bekommen.
Ute Volquardsen, Präsidentin der Landwirtschaftskammer: Die Wertschätzung für Lebensmittel ist gestiegen. Da die Produktion auf den Betrieben teurer geworden ist, steigen auch die Preise für unsere Produkte.
Prof. Georg Thaller, Dekan der Agrar- und Ernährungswissenschaftlichen Fakultät: Das Thema „Transformationsprozess in Krisenzeiten“ wurde schon vor dem Beginn des Krieges in der Ukraine gewählt. Es gab also bereits multiple Krisen, die dieses Thema hervorgebracht haben. Immer weniger Agrar-Studierende haben einen direkten Bezug zur Landwirtschaft. Wir müssen deshalb in die Schulen und unsere Themen in den Sozialen Netzwerken mehr und besser platzieren.
Wegen eines erneuten Streiks der Post an vielen Standorten in Schleswig-Holstein kann es in dieser Woche abermals zu Verzögerungen bei der Zustellung des Bauernblattes kommen. Damit Printabonnenten dennoch zeitnah das Bauernblatt lesen können, steht auch die aktuelle Ausgabe als kostenfreier Download zur Verfügung.