Mitten im Ostholsteinischen Hügelland, weitab jeden Verkehrslärms, liegt der Ferienhof Radlandsichten nordwestlich von Malente im Kreis Plön. Weitab kann man ruhig wörtlich nehmen, denn fast 1 km fährt man von der öffentlichen Straße über den privaten Spurplattenweg, bis man das idyllisch gelegene Haupthaus erreicht.
1549 wurde der Hof erstmals in den Kirchenbüchern erwähnt, seit neun Generationen wirtschaftet die Familie Schumacher hier. Derzeit wohnen drei Generationen auf dem Hof, Senior Gerd Schumacher auf dem Altenteil füttert noch regelmäßig Tiere im nahe gelegenen Wildpark und führt Jugendliche und Touristen auf Touren durchs Auenland.
Familienbetrieb im Wandel
Die landwirtschaftliche Tätigkeit teilen sich Vater Frank und Sohn Ralf Schumacher. Da es einen Bonus für Junglandwirte gibt, hat der Junior als Geschäftsführer 51 % des Betriebes übernommen. „Ich darf ab und an noch mal Trecker oder Mähdrescher fahren“, meint Frank Schumacher lächelnd dazu. 100 ha Eigenland hat der Hof, weitere 70 ha sind zugepachtet. Zusammen mit den Höfen Osterkamp und Papke sind es 300 ha, die in einer GbR und einem Maschinenring bewirtschaftet werden. „Wir müssen so keine Fremdarbeitskräfte beschäftigen“, erklärt Frank das Konzept. „Auch unsere Jungs sind alle schon groß und helfen mit. Außerdem können wir uns gegenseitig auf den Höfen vertreten, wenn mal einer krank wird oder Urlaub machen will.“ Und natürlich ist die erforderliche Technik zu dritt besser bezahlbar.
Angebaut werden die Feldfrüchte Raps, Weizen, Gerste und Ackerbohnen. Vor 15 Jahren hat Familie Schumacher die Milchwirtschaft eingestellt und aus den Ställen Ferienwohnungen gemacht. Lediglich im Sommer wird für die umliegenden Milchviehbetriebe Pensionsvieh auf den Wiesen und Weiden aufgenommen. Für die Nachbarn bauen Schumachers auch Mais an.
Der Ferienhofzweig auf dem Hof hat schon eine lange Geschichte. Bereits nach dem Ersten Weltkrieg waren in Bad Malente viele Kriegsversehrte untergebracht und auch die Angehörigen mussten Platz finden. Seitdem gab es auf dem Hof immer mehr Urlaubsgäste, die sich in der ruhigen Landschaft erholen. „Um den Betriebszweig haben sich aber immer die Frauen gekümmert“, berichten die Schumachers aus der Familiengeschichte. „Oma hatte immer sehr viel Spaß daran, weil es hier doch oft sehr einsam war.“ Immerhin sind aus den ehemaligen „Zimmern mit fließendem Wasser am Ende des Flurs“ nun voll ausgestattete Ferienwohnungen mit zwei Bädern und Küche geworden. Fünf Familienwohnungen und vier Doppelzimmer bieten reichlich Platz.
30 Jahre lang, von 1989 bis 2019, gab es auch das Hofcafé „Bauernstübchen“, das seit 2020 allerdings nur noch für Gesellschaften ab 15 Personen zu Feiern öffnet. Und schließlich gibt es für die Kinder Ziegen, Schweine und Shetland- und Haflinger-Ponys sowie den großen Friesen Odin. Zusammen mit einem Hochseilgarten hat man sich also breit aufgestellt. Dazu kommt noch der Einsatz der Maschinen für andere Landwirte und im Winterdienst für Gemeinden und Kaufleute.
Nachhaltigkeit seit Jahrhunderten
„Wir sind konventionell orientiert“, sagt Frank Schumacher, „aber ich kann diesen ganzen medialen Druck über böse Landwirte nicht mehr hören.“ Wer wirtschafte denn nachhaltiger als eine Familie, die seit mehreren Hundert Jahren ihren Boden pflegt? Man müsse gemeinsam mit Bürgern und Landwirten nach Lösungen suchen. So haben die Schumachers schon 2014 den in Warschau verliehenen Ostseebauernpreis bekommen. Damals ging es um den überwiegend biologischen Abbau von Pflanzenschutzmitteln in Retentionsteichen. Immer wieder arbeitet man mit Universitäten zusammen, selbst Doktorarbeiten sind hier schon entstanden.
Erfreulich war eine Studienarbeit über die Bodenerosion: „Eigentlich haben wir keine Erosionsproblematik hier“, freut sich Schumacher über das Ergebnis. Aber auch negative Erfahrungen musste man beim Probieren und Umsetzen wissenschaftlicher Vorschläge machen: „Mit der Winterbegrünung haben wir einmal Tausendfüßler gezüchtet, die uns die Maiskeimlinge weggefressen haben.“
Ein neues Forschungsprojekt zusammen mit den Universitäten betreibt Ralf Schumacher. Der Agrarwissenschaftler mit dem Bachelor of Science ist vom System Direktsaat überzeugt: „Jede Bodenbearbeitung kostet Wasser und Energie“, erklärt er. „Außerdem unterdrückt eine gute Zwischenfrucht unerwünschte Beikräuter.“ Bei seinem System des „Ugly Farming“ wird die Folgesaat mit einer besonders schweren Drillmaschine direkt durch die Grünschicht der Zwischenfrucht gedrillt.
Dazu bedarf es scharfer Rollmesser, die die Drillreihen aufschneiden und, besonders im hügeligen Land, einer starken Zugmaschine, um die spezielle Drillkombi zu ziehen. „Das sieht zwar für einen Altbauern hässlich aus, daher der aus England stammende Begriff Ugly Farming, aber die Zwischenfrucht stirbt im Winter ab und hinterlässt dabei ihre Reste als Stickstoffdünger für das Getreide im nächsten Jahr“, erklärt Ralf Schumacher das System. Auch andere Erfahrungen hat er schon gemacht: „Bockshornklee als Untersaat stinkt den Erdflöhen und vertreibt sie“, berichtet er und ergänzt: „Linsen schmecken Schädlingen besser als Raps und dienen daher bei uns als Opferpflanze, um den Raps zu schützen.“
Preisverleihung im Kieler Landeshaus
Für all diese Bemühungen haben Schumachers am Dienstag den Umweltpreis der Wirtschaft im Kieler Landeshaus verliehen bekommen. Dazu begrüßte sie Landtagspräsidentin Kristina Herbst (CDU), Umweltminister Tobias Goldschmidt (Grüne) sprach ein Grußwort. Die Laudatio hielt Dr. Philipp Murmann, Präsident der Studien- und Fördergesellschaft der schleswig-holsteinischen Wirtschaft: „Der landwirtschaftliche Betrieb der Familie Schumacher in Bad Malente leistet durch kontinuierliche Weiterentwicklung einen wichtigen Beitrag als Bindeglied zwischen der gelebten Praxis und der wissenschaftlichen Forschung. Er zeigt praktikable Ansätze, wie sich umweltverträgliche Landbewirtschaftung durch konsequente Maßnahmen zur Reduzierung von Stickstoffdünger und Pflanzenschutzmitteln bei gleichzeitiger Erhöhung der Artenvielfalt mit einer konventionellen, zukunftsorientierten Landwirtschaft vereinbaren lässt.“ Das Beispiel der Familie Schumacher belege, dass auch konventionelle Landwirtschaft einen Beitrag zum Natur- und Umweltschutz leisten könne.
Der Präsident des Bauernverbandes Schleswig-Holstein (BVSH), Klaus-Peter Lucht, gratulierte Familie Schumacher herzlich zur Verleihung des Umweltpreises. „Die Familie wird dem Anspruch, ihre Arbeit so zu gestalten, dass sich eine ökologisch nachhaltige Arbeitsweise und konventionelle Landwirtschaft nicht widersprechen, gerecht. Der Betrieb räumt so mit manchem Vorurteil auf und steht für viele andere landwirtschaftliche Betriebe“, hob Lucht hervor. Der BVSH-Präsident freute sich, dass Familie Schumacher in dieser Haltung auch als ambitionierter und innovativer Mittler zwischen Theorie und Praxis fungiert. So beteiligt sich die Familie seit vielen Jahren an Forschungsprojekten, beispielsweise mit der Fachabteilung Hydrologie der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel.
Neben Familie Schumacher erhielt auch die Hansewerk Natur GmbH aus Schönberg den diesjährigen Umweltpreis der Wirtschaft. Das Unternehmen leistet mit dem Holzpelletsheizwerk einen innovativen und wegweisenden Beitrag zur Erreichung des Unternehmenszieles, bis 2030 die Wärmeversorgung seiner Kunden vollständig klimaneutral zu gestalten.
Der Umweltpreis der Wirtschaft wird seit 1984 verliehen und zählt laut Veranstaltern zu den ältesten und renommiertesten seiner Art in Deutschland. Seit 1984 hat die Studien- und Fördergesellschaft die Auszeichnung 76-mal verleihen können. „Wir freuen uns über diese hohe Zahl an Preisträgern, die ein Beleg für die Bedeutung des Umwelt-, Klima- und Ressourcenschutzes in unserer Wirtschaft ist“, so Murmann bei der Preisverleihung im Landeshaus. Ein Video über den Ferienhof Radlandsichten ist im Internet abrufbar unter t1p.de/nw90y
Auf dem Betrieb ist zudem ein Grüne-Berufe-Videoclip der Landwirtschaftskammer über die Hauswirtschaft entstanden, den es hier zu sehen gibt.