In der landwirtschaftlichen Ausbildung können viele praktische Arbeiten und Maßnahmen oftmals nur direkt am Tier vermittelt werden. Auch in der überbetrieblichen Ausbildung liegt der Schwerpunkt auf einer praxisnahen Vermittlung von Tierwohl und Tiergesundheit. Dennoch gibt es Maßnahmen, wie zum Beispiel das Enthornen von Kälbern, die den Auszubildenden in Schulungssituationen nur in Einzelfällen oder theoretisch demonstriert werden. Hier setzt das Projekt „SilA“ an. Beteiligt ist auch das Lehr- und Versuchszentrum Futterkamp.
Das Projektteam von „SilA“ entwickelt multimediale Lehreinheiten, in denen das Enthornen von Kälbern und das Nottöten von Schweinen an verschiedenen Stationen für die Auszubildenden ansprechend und vielfältig erläutert werden. Dabei kommen VR-Brillen mit interaktiven Lernmodulen aus 360°-Panoramen, ein Multifunktionstisch mit verschiedenen digitalen Modulen sowie sensorgestützte Demonstratoren zum Einsatz. Diesen realitätsnahen Modellen kommt eine besondere Bedeutung zu, da die Maßnahmen hier beliebig oft und ohne Einschränkungen durch Tier- und Arbeitsschutz durchgeführt werden können. So kann den Auszubildenden der richtige Umgang mit den Tieren und den Arbeitsmaterialien praktisch aufgezeigt werden.
Von Futterkamp bis nach Triesdorf
Die Projektbearbeitung erfolgt durch die Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfahlen am Standort des Versuchs- und Bildungszentrums Haus Düsse. Um das Projekt auch anderen überbetrieblichen Ausbildungszentren zur Verfügung zu stellen, wurden drei Lernort-Kooperationen am Projekt beteiligt. Hierzu zählen das Lehr- und Versuchszentrum Futterkamp in Schleswig-Holstein, das Lehr- und Versuchsgut Köllitsch in Sachsen sowie die landwirtschaftlichen Lehranstalten Triesdorf in Bayern.
Durch einen regelmäßigen fachlichen Austausch kann das Projektteam strukturelle Besonderheiten und unterschiedliche Anforderungen berücksichtigen. Alle beteiligten Lernort-Kooperationen haben das Ziel, diese multimedialen Lehreinheiten in Zukunft auch in ihrer überbetrieblichen Ausbildung einzusetzen. Um einen hohen Praxisbezug bei der Entwicklung der Demonstratoren und der Lehreinheiten sicherzustellen, hat das Projektteam zwei Praxisbeiräte ins Leben gerufen, einen für die Schweine- und einen für die Rinderhaltung. Die Beiräte setzen sich aus engagierten Betriebsleiterinnen und -leitern und Ausbilderinnen und Ausbildern zusammen.
Die Zusammenarbeit mit den Praktikern macht deutlich, dass in den Betrieben gute Standardroutinen zur Vermittlung der im Projekt adressierten tierschutzsensiblen Maßnahmen umgesetzt werden und eine umfangreiche theoretische und praktische Anleitung der Auszubildenden erfolgt. Um das Fachwissen und die Fertigkeiten der tierschutzsensiblen Arbeiten noch praxisnäher vermitteln zu können, sollen für die geplanten Lehreinheiten vor allem praktische Anschauungsmodelle und wie bisher eine angeleitete Demonstration in den Ställen der überbetrieblichen Ausbildungszentren zur Anwendung kommen.
Virtuelle Realität im Klassenzimmer
Die Lehreinheiten im Projekt setzen sich aus drei Stationen zusammen. Zu Beginn werden die theoretischen Inhalte mithilfe eines interaktiven Displays vermittelt. Hier finden die Auszubildenden die Inhalte sortiert und thematisch aufbereitet, um sich in Gruppenarbeit oder selbstständig über das Thema zu informieren. Anschließend wird das Wissen mithilfe der VR-Brillen überprüft und gefestigt. Mit den VR-Brillen finden die Auszubildenden sich in einer virtuellen Realität (VR) wieder, die aus 360°-Panoramen besteht. Hier lernen sie interaktiv auf ganz unterschiedlichen Wegen. Sie bekommen Lerninhalte unter anderem über 360°-Videos vermittelt, müssen Fragen beantworten oder bewegen sich per „Point & Click“ durch den Raum. Durch diese unterschiedlichen Zugänge können die Lernenden selbstgesteuert und an ihre individuellen Bedürfnisse angepasst die Inhalte erarbeiten.
Lernen an lebensnahen Modellen
Nach dem Erlernen der theoretischen Inhalte probieren die Auszubildenden das Gelernte am Demonstrator aus. Dieser besteht aus drei Einheiten: dem Modellkopf, dem Demonstratorstab und einer App. Die Bewegungsabläufe der Enthornung oder des Nottötens können mit dem Demonstratorstab am Modellkopf trainiert werden. Für die Entwicklung des Stabes wurden die Eigenschaften verschiedener Enthornungs- und Bolzenschussgeräte untersucht und einbezogen. Eine Rückmeldung und Korrekturanweisungen der Bewegungen erfolgen über eine App. Dabei werden die erforderlichen Bewegungen grafisch dargestellt und Ampelsysteme genutzt. So lernen die Auszubildenden im Beisein des Ausbilders die richtigen Handgriffe und Bewegungsabläufe. Diese können wiederholt werden, bis der Auszubildende sie sicher beherrscht. Eventuell vorhandene Ängste der Auszubildenden können so abgebaut werden, da sie die Handgriffe am Modelltier richtig lernen können, bevor sie den Prozess der Enthornung am lebenden Tier durchführen.
Fazit
Durch den Demonstrator sowie die Unterrichtseinheit können die Auszubildenden eigenständig Fakten- und Sachwissen erwerben und die erworbenen Fähigkeiten in spezielle Praxissituationen übertragen. Anhand der neuen digitalen Technologien können sie noch besser auf ihren Berufsalltag vorbereitet werden.
Durch den Einsatz von Demonstratoren werden Eingriffe am Tier effetkiv erlernt und ihre Durchführung geübt. Die gewonnene Erfahrung kommt den Tieren in der landwirtschaftlichen Praxis zugute und verbessert den tierwohlgerechten Umgang mit ihnen. Trotzdem bleiben eine Anbindung an die praktische Umsetzung im Stall und eine gute Anleitung der Auszubildenden unerlässlich.