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Neue Ideen für alte Hausformen

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Haubarg, Geesthardenhaus, Hallenhaus, Katen – jede Region ist geprägt von dem für sie typischen Baustil vergangener Zeiten, basierend auf damaligen, meist landwirtschaftlichen Arbeits- und Wohnzwecken. Für heutige Verhältnisse spielen sie kaum mehr ein Rolle und werden zunehmend durch moderne, oft auch ausländische Bauweisen verdrängt. Wie lässt sich regionale Baukultur für zeitgemäße Wohn- und Nutzungsarten weiterentwickeln, um sie zu erhalten? Mit dieser Frage beschäftigt sich das Projekt „Bordesholmer Haus“, in dem Fachhochschulstudenten drei verschiedene Nutzungskonzepte entwickelten.

Regionale Baukultur neu denken, alte Werte neu entdecken – das sind die Ansätze des Projektes. „Dabei geht es nicht darum, Vorhandenes zu kopieren, sondern mit Blick auf Funktion und Nachhaltigkeit weiterzuentwickeln“, erklärt der Bürgermeister der Gemeinde Sören und stellvertretender Landrat des Kreises Rendsburg-Eckernförde, Manfred Christiansen, als Initiator und Leiter des Projektes.

Die Idee dazu entwickelte sich bei ihm unter anderem aus einer China-Reise vor einigen Jahren. „Ich besuchte den Drei-Schluchten-Staudamm im Jangtsekiang und erfuhr vor Ort von der Problematik der Einwohner, die durch Zwangsumsiedlung in höhere Bergregionen unter anderem ihre ursprüngliche Behausungen und somit ihre Heimat verloren, da die neuen Zweckbauten nicht denen ihrer heimatlichen Umgebung entsprachen. Gleichzeitig reiste mein Sohn mit einer Wirtschaftsdelegation durch Japan und lernte die Weiterentwicklung japanischer Baukultur mit neuen Baustoffen kennen“, erinnert sich Christansen. Nach einem Erfahrungsaustausch stellte sich ihm die Frage: „Warum nicht auch über die Weiterentwicklung des Bordesholmer Hauses nachdenken?“ Dabei soll es beim Um- oder Neubau in erster Linie darum gehen, regionaltypische Bau- und Stilelemente des Hauses aufzugreifen und diese mit neuen Techniken und Materialien zu einem den heutigen Ansprüchen angepassten Bau- und Nutzungskonzept weiterzuentwickeln, also Altes mit Neuem zu verbinden. Niemand wolle mehr in eine Kopie eines alten Bauernhauses ziehen, „aber wenn wir es schaffen, die regionaltypische Architektur mit neu geschaffenen Werten zu verbinden, tragen wir damit zum Erhalt ­wertvoller Baukultur bei“, so Christiansen.

Ihm falle immer öfter negativ auf, wie Menschen beim Hausbau im ländlichen Raum unter anderem versuchten, ihre Urlaubserinnerungen an Schweden, die Toskana oder andere Länder zu verwirklichen, oder immer mehr Stadthäuser auf dem Dorf Einzug hielten. „Dadurch schwindet die Identität. Doch birgt das Streben nach einem Leben auf dem Land auch die Chance, zum Beispiel durch die kommunale Bauleitplanung, das regionale Bauen wieder in den Vordergrund zu stellen“, schlägt Christiansen vor.

Das Projekt „Bordesholmer Haus“ sei dafür als Start- und Beispielprojekt angelegt und diene als Denkanstoß und Impuls für ähnliche identitätsstiftende Vorhaben im Land. „Eventuell lässt sich daraus sogar ein Schleswig-Holstein-Design entwickeln“, so Christiansen. Gefördert wird es durch den Kreis Rendsburg-Eckernförde und private Sponsoren. Projektträger und -begleiter ist das Amt Bordesholm.

Blick von der Grootdör über die Diele mit den seitlichen Stallungen bis hin zur Feuerstelle

Hervorgegangen aus dem Niedersachsen- oder auch Hallenhaus, entwickelte sich im alten Amt Bordesholm eine eigene Form, die sich seit dem 18. Jahrhundert als Bordesholmer Haus in der Region verbreitete. Kennzeichen des Hauses sind unter anderem die klar gegliederte, einfache Bauweise in Fachwerk mit einem hohen Reetdach, unter dem auf der ganzen Länge des Hauses die Ernte- und Futtervorräte lagerten, mit einem großen Eingangstor (Grootdör) und dem vorspringenden, meist dreigeteilten Brettergiebel. Unter dem Dach waren Wohnen und Viehhaltung, wie damals üblich, vereint. Durch die Grootdör betrat man die große Diele oder auch Tenne, an deren Seiten die Tiere in den Kübbungen (Mistgängen) standen, am Ende der Diele befand sich die Feuerstelle. Als Rauchhaus hatte das Gebäude zunächst keinen Schornstein. Dadurch war das Gebäudeinnere ständig vom Rauch des offenen Herdfeuers (Flett) erfüllt. Der Rauch zog über die Grootdör, kleine Windaugen im Giebel sowie durch Undichtigkeiten im Reetdach ab. Der Rauch konservierte das Gebälk, machte darin aufgehängte Schinken und Wurst haltbar, trocknete das auf dem Dachboden gelagerte Futter und Heu und hielt Schädlinge fern, war aber auf Dauer der Gesundheit der Bewohner nicht zuträglich, deren Wohnräume sich hinter der Feuerstelle befanden. Schlafkojen für Bedienstete befanden sich in der Tenne hinter den Boxengängen der Tiere. Ein Schwippbogen (zentrale Feuerstelle mit Bilegger) sorgte später für Rauchabzug und ein rauchfreies Heizen der Wohnräume. Aus dieser baulichen Grundform des Gebäudes entwickelte eine studentische Arbeitsgruppe der Fachhochschule Kiel Vorschläge für Kommunalbauten, die neben den eben genannten Aspekten in einer Broschüre anschaulich dargestellt werden. Eine Idee ist es, den Bautyp „Bordesholmer Haus“ zu einer erlebnisorientierten Markthalle zu entwickeln. Ein weiteres Konzept schlägt die Umwandlung in ein Begnungshaus mit multifunktionaler Nutzung vor, in einer dritten Idee wird das Haus als nachhaltiges Tagungs- und Veranstaltungszentrum für individuelle Weiterbildungen dargestellt mit weiteren Nebengebäuden, Garten und einer Tiny-House-Siedlung. Für die Umsetzung der Konzepte könnten EU- und nationale Förderprogramme genutzt werden.

„Diese Ideen können in aktuelle Planungen von kommunalen und privaten Bauvorhaben einfließen“, so der Projektleiter. Auch Mischformen wären denkbar. „Ebenso sollten die Gemeinden beim Aufstellen von Flächennutzungs- und Bebauungsplänen prüfen, ob sie regionale Stilelemente zur begrenzten Übernahme mit vorschlagen wollen“, erklärt Christiansen.

Einfache Unterkunft für die Bediensteten
Fotos: Iris Jaeger
Die Milchkammer war tiefer gelegt
Zentrale Feuerstelle
Eines der Zimmer im Wohnbereich des Bordesholmer Hauses
Die gute Stube, rauchfrei beheizt durch einen Bilegger 
In den Abseiten des Hauses standen die Tiere 


Krisenmut beweisen

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Unser Agrarsystem befindet sich seit vielen Jahren in einer politischen Krise – das ist ein Zeichen des Wohlstandes, das muss man sich leisten können. Diese Krise hat inzwischen dazu geführt, dass unsere Tierhaltung nicht mehr konkurrenzfähig ist. Und wir sehen, wie der Ackerbau in dieselbe Situation gerät. Die Landwirtschaft hat darauf eine doppelte Antwort gefunden: investives Abwarten und gezielter Dialog mit Schützerverbänden, der Politik und der Gesellschaft.

Entscheidend ist nun, wie die Bundesregierung die Ergebnisse der Dialoge umsetzt. Und genau da liegt das Risiko. Denn leider wähnt sich die Berliner Agrarpolitik immer noch in einer Zeit des günstigen Überflusses – nicht nur an Lebensmitteln, sondern auch an Bauern. Nicht Boden, Wasser oder Kapital, sondern Landwirte sind die aktuell knappste Ressource, wenn es darum geht, Ergebnisse der Dialogprozesse mit Leben zu füllen – und die Menschen satt zu machen.

Politisches Zögern ist als Instrument der Zeitenwende groß in Mode. Auch Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne), der sich bei anderen gesellschaftlichen Themen sehr geradlinig und klar zeigt, knüpft hier leider nahtlos an die Politik seiner Vorgängerin an: Das Einzige, was bewegt wird, sind Papiere, aus denen Papiertiger entstehen. Das können wir uns nicht leisten. Denn diejenigen, die investiv abwarten, werden weniger. Immer mehr devestieren und nehmen sich dauerhaft aus dem Spiel.

Was tun? Auf vielfältige Krisen braucht es eine vielfältige Antwort. Diese kann nicht dauerhaft darin bestehen, Krisen wegzufinanzieren. Vielmehr muss die Fähigkeit zur Krisenbewältigung gestärkt werden. Dazu brauchen wir ein System, das uns erlaubt, mit den ständigen Schwankungen gesellschaftlicher, politischer und medialer Art umzugehen. Statt daran zu ermüden, sollte ein solches System unsere Kräfte stärken, so wie ein Immunsystem durch den Kontakt mit Bakterien und Viren „trainiert“ wird.

Noch sind Bauern bereit. Doch die Politik muss jetzt Mut und Mittel investieren:

1. Wir brauchen eine faktenbasierte Rechtsetzung, die Natur- und Marktgesetze nicht außer Acht lässt.

2. Wir brauchen einen Ansatz, der gesellschaftlich trägt. Diesen Ansatz gibt es. Ihn zu ignorieren, wäre schädlich.

3. Die Politik muss ihre Zielkonflikte lösen und strategisch statt tagespolitisch denken und handeln.

Die Hoffnung, dass ein grüner Agrarminister und eine grüne Umweltministerin gemeinsam etwas bewegen, trügt bisher. Doch darf die Schadensminimierung nicht die beste aller Optionen sein. Wenn die Not am größten ist, schlägt die Stunde der Mutigen. Die Zukunftskommission Landwirtschaft (ZKL) hat es gezeigt. Cem Özdemir muss seinen Mut nun beweisen, gegenüber einer kleinmütigen Koalition – und einem Ministerium, dessen Vorschläge immer mutloser werden, siehe den „Rohrkrepierer“ Haltungsformkennzeichnung als aktuelles Beispiel. „Zukunft wird aus Mut gemacht“, meinten die Grünen schon zur Bundestagswahl 2017. Es wird Zeit.

Sönke Hauschild Foto: bb

Biokraftstoffe vom Acker bleiben Streitobjekt

Innerhalb der Bundesregierung gibt es weiterhin keine einvernehmliche Position zur Zukunft der Biokraftstoffe vom Acker. Das Bundesverkehrsministerium lehnt die Initiative von Umweltministerin Steffi Lemke (Grüne) nach wie vor ab, aus der Förderung der Biokraftstoffe auszusteigen und die Biokraftstoffquote schrittweise auf null zu senken. Demgegenüber hält das Umweltressort an seiner kritischen Haltung zu Biokraftstoffen fest.

Eine Annäherung beider Seiten hat es in den bisherigen Gesprächen dem Vernehmen nach nicht gegeben. Eine ursprünglich für den 2. November geplante Kabinettsbefassung mit einer Änderung des Biokraftstoffquotengesetzes ist offenbar bereits vom Tisch. Ob es noch zu einer Einigung kommen kann oder der Vorstoß der Umweltministerin trotz der Unterstützung durch ihre Kabinettskollegen Dr. Robert Habeck und Cem Özdemir (beide Grüne) im Sande verläuft, vermag derzeit niemand in Berlin zu sagen. Zumindest deuten die Zeichen derzeit nicht auf einen Kompromiss.

Beitrag zur Senkung der Treibhausgasemissionen

Das Bundesverkehrsministerium und sein Chef Dr. Volker Wis­sing (FDP) machen kein Geheimnis daraus, dass sie an den Biokraftstoffen aus Anbaubiomasse festhalten möchten. Sie verweisen auf deren spürbaren Beitrag zur Senkung der Treibhausgasemissionen. Eine Absenkung oder gar ein Auslaufen der Biokraftstoffquote würde die ambitionierten Klimaziele unterlaufen, die jedes Ressort in seinem Bereich erbringen muss, so die Befürchtung im Ministerium für Digitales und Verkehr. Dabei spielt auch eine Rolle, dass der Klimaschutzbeitrag der Biokraftstoffe mittelfristig kaum durch E-Fahrzeuge kompensiert werden könnte.

Den Stand der regierungsinternen Abstimmung wollte das Bundesverkehrsministerium auf Nachfrage nicht kommentieren. Ein Sprecher wies jedoch darauf hin, dass bislang kein Referentenentwurf des Umweltministeriums vorliege. Eine Ressortabstimmung scheint damit allein aufgrund der knappen Zeit bis Anfang November unrealistisch.

„In Zeiten einer sich weltweit verschärfenden Ernährungssituation ist es aus unserer Sicht nicht vertretbar, weiter große Mengen an Agrokraftstoffen aus Nahrungs- und Futtermitteln im Verkehrsbereich zu fördern“, erklärte hingegen ein Sprecher des Umweltressorts. Seinen Angaben zufolge sind die Beratungen darüber, inwieweit die Förderung dieser Agrokraftstoffe weiter begrenzt und heruntergefahren wird, innerhalb der Bundesregierung noch nicht abgeschlossen. „Deutschlands Klimaziele und die Verkehrswende erreichen wir besser mit dem Ausbau der Elektromobilität“, betonte der Sprecher.

Außerdem stünden in den kommenden Jahren immer mehr fortschrittliche und abfallbasierte Agrokraftstoffe – unter anderem aus Gülle, Stroh oder auch Altspeise­ölen sowie Grüner Wasserstoff – als nachhaltigere Optionen zur Verfügung. Der Sprecher verwies auf den Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine, der die Verletzlichkeit und Abhängigkeit der fossilen Energieversorgung, aber auch der weltweiten Lebensmittelversorgung schmerzhaft vor Augen führe.

Effekte durch indirekte Landnutzungsänderung

Die hohe und steigende Nachfrage nach Agrargütern zur Ernährung einer wachsenden Weltbevölkerung müsse gedeckt werden, so der Sprecher. Die sich daraus ergebenden Preissteigerungen bei Lebensmitteln spürten vor allem die Menschen in ärmeren Ländern, aber auch die Menschen in Deutschland. Die Förderung von Biokraftstoffen aus diesen Rohstoffen verstärke die Nachfrage. „Agrarflächen sind weltweit begrenzt, und wir brauchen die Flächen dringend für die Ernährung“, betonte der Ministeriumssprecher. Ihm zufolge ist der Anbau von Energiepflanzen indirekt mit zusätzlichen Emissionen verbunden: „Wenn Energiepflanzen auf bestehenden Agrarflächen angebaut werden, muss die Nahrungsmittelproduktion ausweichen, meist in Wald- und Moorgebiete.“ Im Zuge dieser „indirekten Landnutzungsänderung“, gingen wichtige CO2-Senken verloren. Diese Effekte seien weltweit feststellbar und würden in der Ökobilanz der Kraftstoffe nicht berücksichtigt. Die Klimaschutzwirkung von Agrokraftstoffen aus Nahrungs- und Futtermitteln werde daher zu Recht seit vielen Jahren angezweifelt.

Klimawandel macht Waldumbau notwendig

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Im Mittelpunkt der Mitgliederversammlung des Schleswig-Holsteinischen Waldbesitzerverbandes in der Kammerhalle in Rendsburg standen vor dem Hintergrund des Klimawandels und damit zunehmender Extremwet­tereignisse Fragen der zukünftigen Baumartenwahl und der waldbaulichen Strategien.

MdL Heiner Rickers (CDU), der Vorsitzende des Umwelt- und Agrarausschusses des Schleswig-Holsteinischen Landtages, betonte in seinem Grußwort die Notwendigkeit der wirtschaftlichen Nutzung des Waldes als wesentliche Säule der Nachhaltigkeit.

Die forstpolitische Sprecherin der SPD-Landtagsfraktion, Sandra Redmann, erklärte, in der laufenden Legislaturperiode würden die Weichen dafür gestellt, welche Mittel zukünftig im Wald zur Verfügung stehen. Sie kündigte an, zum Jahresende ihren Platz im Verwaltungsrat der Schleswig-Holsteinischen Landesforsten zu verlassen; sie bleibe aber forstpolitische Sprecherin ihrer Fraktion.

Der Fraktionsvorsitzende von Bündnis 90/Die Grünen, MdL Lasse Petersdotter, betonte die besondere Bedeutung des Waldes für den Klimaschutz. 60 % des Waldes in Schleswig-Holstein, nämlich sowohl der Anteil an Fichte als auch der Buchenanteil, seien stark gefährdet.

Der forstpolitische Sprecher der FDP-Landtagsfraktion, Oliver Kumbartzky, übte Kritik an der neuen Regierungskoalition. Diese setze zu stark auf „Naturwald“ und zu wenig auf die aktive Holznutzung. Gerade diese verhindere nicht nur Importe aus Regionen, in denen nicht nachhaltig gewirtschaftet werde. Auch liege die wesentliche Klimaschutzleistung des Waldes in der Substitution klimaschädlicher, weil CO2-intensiver Bau- und Rohstoffe durch heimisches Holz.

Als neugewählter Präsident des Schleswig-Holsteinischen Bauernverbandes betonte Klaus-Peter Lucht die besondere Lage Schleswig-Holsteins als Gunststandort sowohl für die Land- als auch für die Forstwirtschaft. Die Vorgabe einer Nullnutzung laufe dem aber ebenso zuwider wie widersinnige europarechtliche Vorgaben. Wer Nutzungseinschränkungen fordere, so Lucht, müsse die Frage beantworten, wo die benötigten Ressourcen an anderer Stelle ebenso nachhaltig erzeugt werden könnten.

Vorstand und Geschäftsführer des Schleswig-Holsteinischen Waldbesitzerverbandes (v. li.): Dietrich Ebeling (2. Vorsitzender), Klaus Rühmann, Hans-Caspar Graf zu Rantzau (Vorsitzender), Christian Magnus Petersen, Conrad Hinrich von Donner, Hans-Joachim Harder und Jens Fickendey-Engels (Geschäftsführer)

„Wohlleben-Ideen sind wenig hilfreich“

Das neu gebildete Landwirtschafts- und Forstministerium (MLLEV) sehe sich auch als Ministerium der Urproduktion, erklärte dessen neue Staatssekretärin Anne Benett-Sturies. Um dieser Verantwortung gerecht zu werden, müsse man sich von romantisierenden Bildern lösen. Ein „Bullerbü-Bild“ der Landwirtschaft sei ebenso wenig hilfreich wie die „Wohlleben-Ideen“ für die Forstwirtschaft. Es sei die Verantwortung der Waldpolitik, dies zu kommunizieren.

Die Staatssekretärin formulierte das Ziel, die Wälder in Schleswig-Holstein für die Zukunft widerstandsfähig und klimaresilient aufzustellen. Mit einem Privatwaldanteil von über 51 % sei die Gemeinschaftsaufgabe Agrarstruktur und Küstenschutz (GAK) dafür das wesentliche Instrument der Förderung. Weiter solle auch das Instrument der Waldpflegeverträge in Schleswig-Holstein etabliert werden.

Konstruktiver Dialog statt Ideologie

Hans-Caspar Graf zu Rantzau, Vorsitzender des Waldbesitzerverbandes

Der Vorsitzende des Waldbesitzerverbandes, Hans-Caspar Graf zu Rantzau, äußerte die Sorge vor einem zunehmenden Demokratieproblem in Deutschland. Die Freiheit jedes Einzelnen sei ein wertvolles Gut und nicht selbstverständlich. Es brauche Mut, sich für die Freiheit einzusetzen. Freiheit lebe auch von konstruktiver Kritik und Kontroverse. Ideologische Vorbehalte stünden aber vielfach einem konstruktiven Dialog entgegen. Weil zunehmend Ideologie und Wunschvorstellungen die öffentliche Meinung und Diskussion bestimmten, habe der Waldbesitzerverband mit der Publikation „Waldblatt“ ein Gegenwicht gesetzt. In diesem Jahr sind bereits drei Ausgaben erschienen.

Graf Rantzau sprach ausdrücklich die Entscheidung des Europaparlaments zur Erneuerbare-Energien-Richtlinie (RED) III zur Definition von forstlicher Biomasse, ihrer Förderfähigkeit und der Anrechenbarkeit als Erneuerbare Energiequelle an. Ideologie wolle verhindern, dass Holz den Wald verlässt. Stattdessen werde sogenannten Naturwaldmodellen das Wort geredet, obwohl wissenschaftlich nachgewiesen sei, dass nachhaltig bewirtschaftete Wälder in der Biodiversität überlegen seien. Großflächige Nutzungseinschränkungen im Wald widersprächen auch dem Generationenvertrag. Der Wald könne mit seinen vielfältigen Leistungen dauerhaft nur bestehen, wenn er wirtschaftlich auf soliden Füßen stehe.

Brennholz zur Verfügung stellen

Dabei betonte Graf Rantzau auch die besonderen Klimaleistungen des Waldes, die vor allem auf dem Substitutionseffekt der Holzverwendung beruhten. Die Verwendung heimischen Holzes als Baustoff diene auch der Sicherung der wirtschaftlichen Unabhängigkeit und müsse daher in jeder Hinsicht intensiviert und gefördert werden. Zum Thema Brennholz äußerte der Vorsitzende deutliche Kritik an Forstbetrieben wie dem Stadtwald Lübeck, die ihrer Verpflichtung zur Versorgung ihrer Bürgerinnen und Bürger mit dem Rohstoff Holz als Brennholz nicht nachkämen. Die Brennholzversorgung sei auch eine soziale Leistung des Waldes. In diesem Sinne appellierte Graf Rantzau an alle Waldbesitzer, gerade in diesen Zeiten das in schleswig-holsteinischen Wäldern ökologisch und nachhaltig erzeuge Holz auch als Brennholz zur Verfügung zu stellen.

Die aktuell größte Herausforderung, so Graf Rantzau, zeige sich in den enormen Waldschäden der vergangenen Jahre mit bundesweiten Waldverlusten von inzwischen rund 500.000 ha. Gerade die für Schleswig-Holstein bestimmende Buche sei in zunehmender Gefahr. Bei der Suche nach geeigneten weiteren Baumarten für die zukünftige Stabilisierung unserer Wälder dürfe es keine ideologischen Vorbehalte geben. Die willkürliche Einengung des Begriffs der standortheimischen Baumarten auf die nacheiszeitlich in Schleswig-Holstein vorkommenden Spezies sei angesichts der Natur- und Klimageschichte des Landes wissenschaftlich nicht haltbar und überholt.

Waldumbau und Baumartenwahl

Dr. Thomas Böckmann, Leiter der Nordwestdeutschen Forstlichen Versuchsanstalt

Im Mittelpunkt der folgenden Fachvorträge standen Fragen des weiteren Waldumbaus und der Baumartenwahl. Der Leiter der Nordwestdeutschen Forstlichen Versuchsanstalt in Göttingen, Dr. Thomas Böckmann, verwies auf die durch die Dürreextreme der vergangenen Jahre entstandenen Freiflächen. Bei dem zu erwartenden Anstieg der Durchschnittstemperaturen für Schleswig-Holstein von mindestens 2 bis möglicherweise bis zu 4 oder 6 K bis zum Jahr 2100 bestehe die größte Herausforderung in der veränderten Niederschlagsverteilung und der Verfügbarkeit von Wasser während der Vegetationsperiode.

Der Klimawandel, so Böckmann, werde zu veränderten Produktionsgrundlagen, Produktionsrisiken und Ertragsaussichten führen und die Anpassungsfähigkeit der Baumarten vielerorts überfordern. Angesichts der Langfristigkeit der forstlichen Produktion und der Unsicherheiten der Klimaprojektionen verbiete sich allerdings jegliche Form von Aktionismus und Panikmache. Allerdings werde ein „Weiter-wie-bisher“ vielerorts nicht funktionieren. Den Schlüssel sieht die Versuchsanstalt in einer aktiven Anpassung des standortgemäßen Waldumbaus an den Klimawandel durch die Stabilisierung der vorhandenen Waldbestände, die Senkung und Verteilung der Risiken sowie den weiteren standortgerechten Waldumbau.

Holz als Rohstoff, so Böckmann, werde durch CO2-Wende, Energiekrise, Holz als Baustoff et cetera weiterhin an Bedeutung gewinnen und müsse auch zukünftig in ausreichender Menge national bereitgestellt werden. Dabei stehen mit Douglasie, Küstentanne und Roteiche schon jetzt Baumarten zur Verfügung, die die Fichte zukünftig ersetzen können, weil sie auf gleichen Standorten trockenheitsunempfindlicher sind und trotzdem gutes Wachstum versprechen. Vertiefende Forschungen im Bereich der Herkünfte und der Genetik bei alternativen Baumarten, die für den Klimawandel geeignet sein könnten, seien dabei dringend erforderlich.

Bei der Walderneuerung auf Freiflächen müsse „Qualität vor Quantität“ gelten. Dafür, so Böckmann, stünden außer Buche und Tanne viele heimische, eingeführte und auch bewährte alternative Baumarten zur Verfügung. Der Wald substituiert auch rund 15 % der Treibhausgasemissionen in Deutschland. Wichtiger als die Anpassung des Waldes an den Klimawandel sei daher eine weiterhin konsequente Reduktion der Treibhausgasemissionen. Dies sei aber eine Aufgabe für die gesamte Gesellschaft und nicht nur für die Waldbesitzer. Dabei spricht sich die Nordwestdeutsche Forstliche Versuchsanstalt auch für einen Ausgleich von Ökosystemleistungen aus. Diese seien keine Almosen oder Spenden zur Krisenbewältigung, sondern eine längst überfällige Honorierung von Leistungen der Waldbesitzenden.

Bedeutung der Forstbaumschulen

Armin Vogt, Vorsitzender des Bundesverbandes Deutscher Forstbaumschulen

Der Vorsitzende des Bundesverbandes Deutscher Forstbaumschulen, Armin Vogt, verwies auf die besondere Bedeutung der Forstbaumschulen. Diese seien der Garant für die Versorgung aller Forstbetriebe mit qualitativ hochwertigem Pflanzmaterial. Ohne dieses seien der notwendige Waldumbau und der Wiederaufbau nicht zu schaffen. Dabei, so Vogt, hätten die Forstbaumschulen ausreichende Produktionskapazität, um den Waldumbau und die Wiederbewaldung zu unterstützen. Probleme ergäben sich aber aus der Unberechenbarkeit der Planung für die Zukunft. Weiter forderte Vogt eine ausreichende Verfügbarkeit von sicherem forstlichen Saatgut für die Zukunft. Dies gelte sowohl für die heimischen Baumarten wie auch für die bewährten Gastbaumarten. Es bestehe, so Vogt abschließend, eine verstärkte Verpflichtung, dafür zu sorgen, dass das gewünschte und passende sowie gleichfalls ökologische, wirtschaftliche und legale Vermehrungsgut in den Wald gelange.

Marktkommentar, Marktlage und Markttendenz KW 4322

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Auch acht Monate nach Beginn des Krieges in der Ukraine beherrscht das Thema die Märkte, insbesondere den Getreidemarkt. Die Ukraine als einer der global wichtigsten Lieferanten für Mais und Weizen wie auch Ölsaaten konnte zwar Monat für Monat mehr Waren ausführen, dennoch könnte damit jederzeit Schluss sein. Das Ausfuhrabkommen, das im Juli unter Mithilfe der Vereinten Nationen und der Türkei geschlossen wurde, läuft in wenigen Wochen aus. Ob es eine Verlängerung gibt, das ist die große Frage. Jede Nachricht, die eine Zuspitzung des Kriegsgeschehens und damit eine Entfernung von dieser Möglichkeit bedeutet, führt zu steigenden Terminmarktkursen. Darauf reagiert der Markt besonders sensibel, denn ein erneuter Ausfall ukrainischer Lieferungen würde das Angebot am internationalen Markt merklich verknappen und den Bedarf an russischer Ware erhöhen. Die Sorge davor hat an der Matif die 350-€-Marke beim Weizen und fast auch beim Mais wieder in greifbare Nähe rücken lassen. Die Vereinten Nationen meldeten in der vorigen Woche eine Wiederaufnahme der Verhandlungen rund um das Getreideabkommen. Zunächst reagierten die Börsenhandelspreise mit einem optimistischen Abschwung. Doch schon mit der ersten Meldung über das Stocken der Verhandlungen ging es preislich wieder aufwärts.

Stand der Abwicklung

Die Umsetzung des Getreideabkommens wird von den Vereinten Nationen (UN) begleitet und dokumentiert. Eine Liste über alle Verladungen zeigt, dass über 370 Bestellungen in den Häfen von Chornomorsk, Odessa und Pivdennyi bearbeitet wurden. Etwa am 21. Oktober gingen Mais nach China und Italien, Weizen nach Bangladesch und in die Türkei sowie Sonnenblumenöl in die Türkei. Insgesamt wurden mehr als 10 Mio. t Waren verschifft, fast die Hälfte Mais, dann Weizen, dann Raps und auch gut 1 Mio. t Sonnenblumenöl und -schrot. Das ist viel, wenn man die Kulisse und die fehlenden Häfen bedenkt. Aber es ist lange nicht das, was die Ukraine in den letzten Jahren exportiert hat, nämlich bis zu 6 Mio. t Waren pro Monat. Und es ist offenbar auch weniger, als es sein könnte. Die Schiffe passieren einen besonderen Kontrollpunkt in Istanbul, wo die Ladung von Vertretern der am Abkommen beteiligten Länder geprüft wird. Den russischen Inspekteuren wird dabei ein bewusst langsames Arbeiten vorgeworfen und eine Behinderung der gesamten Abwicklung. Immerhin würden nach ukrainischen Angaben rund 165 Frachtschiffe am Bosporus in der Warteschlange liegen und auf Kontrolle warten. In den drei aktiven ukrainischen Häfen sei zuletzt nur ein Drittel der Kapazität ausgenutzt worden.

Verlängerung oder nicht?

Für Russland bedeuten die ukrainischen Exporte Marktkonkurrenz, beide Länder können die Importeure von Thailand bis Jemen beliefern. Jede Schiffsladung nimmt außerdem Druck aus dem internationalen Markt. Das kann auf globaler Ebene die Preise schmälern – zum Nachteil der großen Exporteure. Auch der europäische Marktfruchtanbau profitiert von hohen Preisen, solange diese die Kostenanstiege überkompensieren. Manche kritische Stimme sieht hier eine Verbindung zu den sehr schleppend laufenden Landexporten aus der Ukraine in die EU; es gäbe Hebel zur Beschleunigung. Andererseits ist man nach der ernüchternden Maisernte in der EU (–28 % zum Vorjahr) auf Importe angewiesen und auch auf jeden Impuls zur Abbremsung der Inflation, etwa geringere Rohstoffpreise. Die ukrainischen Behörden und einige Marktteilnehmer halten eine Verlängerung des Abkommens für unwahrscheinlich. Das Stocken der wiederaufgenommenen Verhandlungen geht auf dasselbe Argument wie seit Wochen zurück: Von russischer Seite wird eine Lockerung der Sanktionen gefordert, welche sich auf den russischen Agrarsektor auswirken. Dieses russische Druckmittel ist relativ, weil die Zurückhaltung von Handelspartnern gegenüber Russland viel eher auf die komplexe Gesamtlage zurückgeht als auf einzelne Sanktionen. Es kann jedoch zu einer moralischen Zwickmühle werden. Andere Marktteilnehmer hingegen sehen einen offenen, sicheren Fahrkorridor auf dem Schwarzen Meer auch für Russlands Zwecke als unverzichtbar an und können sich deswegen nur eine Verlängerung vorstellen.

Marktlage für die Woche vom 24. bis 30.10.2022

Getreide: Die laufenden Exporte aus dem Schwarzmeerraum haben die Weizenkurse unter Druck gebracht.

Raps: Die Matif-Rapskurse konnten sich zuletzt schwach behaupten. Importe aus der Ukraine drücken hierzulande die Kurse.

Futtermittel: Durch die US-Sojaernte haben die Terminkurse und die Sojaschrotnotierungen hierzulande nachgegeben.

Kartoffeln: Für die ersten ausgelagerten Partien werden erhöhte Kurse verlangt. Das Angebot an frischer Ware geht zurück.

Schlachtrinder: Hierzulande blieben die Kurse in der Vorwoche unverändert. Überregional wurden die Bullenpreise erhöht.

Schlachtschweine/-sauen: Der Basispreis wurde in der Vorwoche deutlich reduziert. Die Schlachtungen wurden reduziert.

Ferkel: Auch die Ferkelkurse wurden zum Wochenbeginn deutlich herabgesetzt, um die Nachfrage zu beleben.

Milch: Während viele Meiereien die Auszahlungspreise nochmals erhöht haben, gibt es auch die ersten Preisabschläge.

Schlachtlämmer/-schafe: Das Angebot übersteigt die aktuell ruhige Nachfrage. Die Kurse wurden nochmals reduziert.

Markttendenz für die Woche vom 31.10. bis 6.11.2022

Getreide: Trotz des schwachen Eurokurses ist die Exportnachfrage vorerst gering. Futtergetreide ist hierzulande gesucht.

Raps: Man rechnet mit einem weltweit knapp ausreichenden Pflanzenölangebot. Auch die Rohölpreise tendieren fest.

Futtermittel: Nach dem jüngsten Preisanstieg geben die Rapsschrotkurse wieder etwas nach. Das Angebot bleibt knapp.

Kartoffeln: Man rechnet weiterhin mit einem ausreichenden Angebot. Die Sonderangebotsaktionen im LEH laufen aus.

Schlachtrinder: Weiterhin prägen die geringen Stückzahlen den Handel. Die Schlachter wehren sich gegen höhere Preisforderungen.

Schlachtschweine/-sauen: Auch weiterhin übersteigt das Angebot die Nachfrage. Die Ablieferungen haben sich erhöht.

Ferkel: Die saisonüblich ruhige Nachfrage hat sich durch die Lage am Schweinemarkt zusätzlich reduziert.

Milch: Die Preise tendieren stabil bis leicht schwächer. Die Anlieferung liegt über der Vorjahreslinie.

Schlachtlämmer/-schafe: Aus GB kommt günstiges Lammfleisch ins Land. Weitere Preisabschläge sind hierzulande möglich.

Save the date: Fahrt zur IGW

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Nach zwei Jahren geht es vom 21. bis 24. Januar wieder nach Berlin zur Internationalen Grünen Woche (IGW). Der Landjungendverband bietet erneut 50 Plätzen an, damit Lajus aus Schleswig-Holstein an einem umfangreichen Programm teilnehmen können. Es warten interessante Themen und Veranstaltungen mit Landjugendgefühl auf euch. Ob in Schapptüch zum Landjugendball, mit offenem Ohr zum Junglandwirtekongress mit dem Titel „Laborfleisch? – Konkurrenz, Chance oder Tod der Tierhaltung?“ oder mit ordentlich Tanzlaune zur Landjugendfete der Niedersächsischen Landjugend – all das und vieles mehr steht im Januar auf dem Programm. Die Anmeldung startet am Mittwoch, 3. November, um 12 Uhr. Die Anmeldung erfolgt ausschließlich über die Homepage unter https://landjugend-sh.ddns.net/aktivitaeten Anmeldeschluss ist der 1. Dezember, es gilt das Windhundverfahren.pm

Körnermaisernte auf Fünfjahrestief

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Die diesjährige Körnermaisernte wird nach aktueller Schätzung des Deutschen Raiffeisenverbandes (DRV) die niedrigste seit dem Dürrejahr 2018 sein. Der DRV bezifferte die deutsche Körnermaisernte auf 3,54 Mio. t; das wären 20,2 % weniger als 2021. Das Bundeslandwirtschaftsministerium hatte die Körnermaisproduktion Ende August auf ein ähnlich niedriges Niveau veranschlagt. Der DRV sprach von einem „enttäuschenden Ernteergebnis“.

Bereits in der vorhergehenden Prognose vom August war der Verband von lediglich 3,61 Mio. t Körnermais ausgegangen. Der Mais litt unter der großen Trockenheit und Hitze im Juli und August. Oft sind die Bestände in die Notreife gegangen und teilweise sogar vertrocknet. Deshalb hätten nur selten ertragsstarke Maiskolben ausgebildet werden können, so der DRV. Erschwerend hinzu kämen nun die hohen Trocknungskosten, auch wenn der Mais wegen der große Hitze in diesem Jahr deutlich trockener eingefahren werden konnte.

Der DRV weist darauf hin, dass der Körnermais in der laufenden Vermarktungssaison auch global knapp sein dürfte. Das amerikanische Landwirtschaftsministerium (USDA) beziffert die weltweite Maisnachfrage in seiner aktuellen Oktober-Prognose für 2022/23 auf rund 1,175 Mrd. t; damit würde die erwartete Erzeugung um etwa 6 Mio. t oder 0,5 % übertroffen. Außerdem rechnen die Washingtoner Fachleute mit einer Abstockung der globalen Maisbestände bis Ende 2022/23 um 5,8 Mio. t auf 301,2 Mio. t. Auch in den USA wird die Maiserzeugung in diesem Jahr voraussichtlich deutlich geringer als im Vorjahr ausfallen. Die USA sind der größte Maisproduzent der Welt.

Derweil dürften die Bauern in der Ukraine trotz des dortigen Krieges nach Einschätzung des DRV eine „überraschend gute Ernte“ einfahren. Die Exporte ukrainischer Ware durch den Korridor im Schwarzen Meer sowie über alternative Routen über die Donau, mit Lkw oder Eisenbahn erreichten sogar fast das Vorkriegsniveau. Allerdings seien die zukünftigen Lieferungen aus der Schwarzmeerregion mit großer Unsicherheit behaftet. Das Abkommen über Exporte durch das Schwarze Meer läuft Ende November aus. Noch ist es fraglich, ob und unter welchen Bedingungen es verlängert wird. Sollte der Seeweg erneut blockiert werden, werden weltweite Versorgungsengpässe nicht ausgeschlossen. age

Globale Getreidebestände werden weiter abgebaut

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Das weltweite Getreideaufkommen in der laufenden Vermarktungssaison dürfte den Vorjahresrekord nur geringfügig verfehlen. Davon geht der Internationale Getreiderat (ICG) aus, der die betreffende Menge in seinem Oktober-Bericht weiterhin auf voraussichtlich 2,256 Mrd. t taxiert. Dies wären lediglich 34 Mio. t oder 1 % weniger als die 2021/22 eingefahrene Rekordmenge.

Im Einzelnen setzten die Londoner Experten ihre Prognose für die Maiserzeugung 2022/23 um 2 Mio. t auf jetzt 1,166 Mrd. t nach unten. Damit würde das Vorjahresniveau um 51 Mio. t oder 4 % verfehlt. Deutlich weniger Mais wird vor allem für die Ukraine, die Europäische Union und die USA erwartet. Allerdings werde die unter dem Strich kleinere Maisproduktion voraussichtlich durch den Zuwachs bei der Gerste ausgeglichen. Indes beließ der IGC seine Prognose für die Weltweizenernte 2022/23 bei 792 Mio. t; das wären 10 Mio. t oder 1 % mehr als im Vorjahr.

Außerdem nahmen die Londoner Fachleute ihre Voraussage für den weltweiten Getreideverbrauch in der laufenden Vermarktungssaison zurück, und zwar um 3 Mio. t auf 2,271 Mrd. t. Demnach würden 22 Mio. t oder 1 % weniger als 2021/22 nachgefragt. Der Abschlag entfällt vor allem auf Mais, dessen globaler Bedarf nun auf voraussichtlich 1,188 Mrd. t taxiert wird. Im vergangenen Wirtschaftsjahr hatte die betreffende Menge bei 1,191 Mrd. t gelegen. Dagegen dürfte die Weizennachfrage nach Einschätzung des Getreiderates nur um 2 Mio. t auf 784 Mio. t zurückgehen.

Im Einklang mit seiner Produktions- und Verbrauchsvorhersage rechnet der Getreiderat unter dem Strich in der laufenden Saison mit einem Abbau der globalen Getreidebestände um 16 Mio. t oder 3 % auf 584 Mio. t. Das wäre der sechste Rückgang in Folge. Dabei wird für den Bestand an Mais eine Abstockung von 22 Mio. t auf 258 Mio. t erwartet. Dagegen prognostiziert der IGC für Weizen eine Aufstockung der weltweiten Lagermenge um 8 Mio. t auf 286 Mio. t.

Den Welthandel mit Getreide sieht der IGC für 2022/23 jetzt bei 408 Mio. t, was im Vorjahresvergleich einem Rückgang um 16 Mio. t beziehungsweise 4 % entsprechen würde. Im Einzelnen wird dabei für den globalen Handel mit Mais eine Abnahme um 7 Mio. t auf 172 Mio. t prognostiziert und für Weizen ein Rückgang um 5 Mio. t auf 192 Mio. t. age

Arbeitsverhältnis ist ein Geben und Nehmen

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Fachkräftemangel, Arbeitszeitgesetz, Arbeitsverträge, digitale Bildung und der neue Weiterbildungskalender waren nur einige Themen des Fachausschusses Arbeitnehmerberatung der Landwirtschaftskammer, der Anfang Oktober in Rendsburg zusammenkam.

Solveig Ohlmer

Als neues Mitglied im Ausschuss wurde Dinah Soglowek von der Rinderzucht Schleswig-Holstein (RSH) eG begrüßt und als Gast Alice Arp, Rechtsanwältin, angestellt beim Arbeitgeberverband. Den Vorsitz hatte wie gewohnt Arno Carstensen, Vizepräsident der Landwirtschaftskammer, der diesmal auch über die Arbeit der Landwirtschaftskammer berichtete.

Solveig Ohlmer, selbst Teil des Teams, stellte das neue Team der Arbeitnehmerberaterinnen bei der Landwirtschaftskammer vor. Neu dabei ist Alina Block als Vertreterin für Sabine Magens. Die Dritte im Bunde ist Jane Kröger. Insgesamt bietet die Landwirtschaftskammer eine volle Stelle Arbeitnehmerberatung an, die die drei untereinander aufteilen. Abbildung 1 beschreibt die einzelnen Tätigkeitsbereiche.

Arbeitnehmerzahl in der Landwirtschaft wächst

Jane Kröger zeigte, dass der Anteil an sozialversicherungspflichtig Beschäftigten 2021 erneut gestiegen ist. Der kontinuierliche Anstieg setzte sich also weiter fort, wenn auch mit plus 0,6 % weniger als noch im Jahr 2020. Zirka 15.000 Menschen sind sozialversicherungspflichtig in der Land- und Forstwirtschaft sowie im Gartenbau beschäftigt. Die Zahl der Betriebe liegt bei rund 4.500 (siehe Abbildung 2).

Recht stabile Ausbildungsvertragszahlen

Erfreulich ist die Zahl der neu geschlossenen Ausbildungsverträge, die sich weiterhin recht stabil erweist. Anders als in anderen Berufsgruppen könne der Agrarbereich noch mit passablen Nachwuchszahlen aufwarten, sagte Jane Kröger. Von insgesamt zwölf Agrarberufen sind in den beiden ausbildungsstärksten bei den Landwirten und Landwirtinnen 339 (Vorjahr 362) neue Ausbildungsverträge (Stand Ende September) zu vermelden und im Beruf Gärtner/Gärtnerin immerhin 203 (Vorjahr 217). Man könne froh sein, dieses Niveau zu halten, war man sich einig, und die Landwirtschaftskammer sei auch weiterhin sehr aktiv in der Bewerbung der Grünen Berufe und in der Nachwuchswerbung. Jane Kröger berichtete über die vielen Termine im Rahmen von Jobmessen, wo man mit einem Stand präsent gewesen sei und Gespräche geführt habe – endlich wieder in Präsenz. Zudem werde in Schulen für die Berufsausbildungsmöglichkeiten immer wieder Agrarbereich geworben.

Die Broschüre „Grüne Berufe“ wurde aktualisiert. Diese Informationen finden sich wie auch die Broschüren zu den einzelnen Berufsbildern der zwölf Grünen Berufe auf der Homepage der Landwirtschaftskammer unter www.lksh.de unter Bildung. Auch zunehmend digital werden die Grünen Berufe beworben. Demnächst werde ein Imagefilm über den Beruf Hauswirtschaft vorgestellt. Darüber wird weiter im Bauernblatt und in den Sozialen Medien berichtet werden.

Erfolgreiche Onlinetage für Arbeitnehmer

Zusammen mit den Landwirtschaftskammern Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen fanden in diesem Jahr, initiiert von der Kammer Schleswig-Holstein, erstmals Onlinetage für Arbeitnehmer im Agrarbereich statt. Diese wurden gut genutzt und von Vizepräsident Arno Carstensen begleitet. Auf der Agenda standen Themen wie Absicherung und Rente, Arbeitssicherheit und Arbeitszeit. Die Arbeitnehmerberaterinnen berichteten dem Ausschuss, dass die Hemmschwelle für Arbeitnehmer, sich auch online fortzubilden, dadurch weiter abgebaut werden könne. Dazu zählt auch, die Kommunikation zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer zu verbessern. Das erfolgreiche Format der Onlinetage soll im kommenden Jahr fortgesetzt werden. Die Termine und Themen stehen bereits fest (siehe Tabelle 1).

Weiterbildungskalender erscheint

Der neue Kalender der Weiterbildungsinhalte erscheint Ende Oktober. Dabei geht es um Themen aus Landwirtschaft, Einkommensalternativen – und erstmalig integriert auch Themen des Gartenbaus. Eine Onlineversion findet sich dann auch auf der Homepage der Landwirtschaftskammer.

Für die Wissensvermittlung in der Ausbildung sei man dabei, eine digitale Lernplattform aufzubauen. Auch in Sachen digitaler Bildung geht es also weiter voran.

Martina Johannes, Geschäftsführerin des Ausschusses und Leiterin des Fachbereiches Bildung, berichtete von der Unterausschusssitzung des Bildungsausschusses, der kürzlich im Rahmen des Projektes „Best SH” von den Projektverantwortlichen gezeigt bekam, wie beispielsweise künftig mit VR-Brillen im digitalen Klassenzimmer das Enthornen von Kälbern geübt werden kann. Dank der Brille können Azubis im virtuellen Stall am virtuellen Tier die Methode des Enthornens quasi als Trockenübung kennenlernen. Bis die Anwendung aber praxisreif sei und in der Aus- und Weiterbildung eingesetzt werden könne, werde es noch einige Zeit dauern, so die Prognose von Johannes.

Rechtliche Fragen und Gedankenaustausch

Alice Arp, Rechtsanwältin beim Bauernverband Schleswig-Holstein, war als Vertreterin für den Arbeitgeberverband Land- und Forstwirtschaft im Ausschuss zu Gast. Sie sprach über gesetzliche Änderungen im Bereich Arbeitnehmerbeschäftigung und die Auswirkungen auf den Agrarbereich. Ihr Ziel ist es, den Wissenstransfer zu verstärken und das Bewusstsein für die Aufgaben (Rechte und Pflichten) eines Arbeitgebers zu schärfen. Sie berichtete, dass im Rahmen ihrer Tätigkeit vor allem Fragen zur Gewinnung von Arbeitskräften, zu Fachkräftemangel, Saisonarbeitskräften, auch in anderen Sprachen, Mindestlohn, Wohnraum sowie Kündigungsmöglichkeiten an sie gestellt würden. Dies deckt sich auch mit den Erfahrungen der Arbeitnehmerberatung der Kammer.

Alice Arp

Sie berichtete dem Ausschuss weiter über die Umsetzung der EU-Richtlinie 1152 zu den Arbeitsbedingungen in nationales Recht. Sinn und Zweck sei es, die geltenden Arbeitsbedingungen transparent zu machen. Neu sei dabei, dass im Arbeitsvertrag zum Beispiel Vergütungsbestandteile und deren Auszahlungsart einzeln aufgelistet und beschrieben werden müssen. Auch der Hinweis, dass eine Kündigung schriftlich erfolgen muss, sowie die entsprechenden Fristen müssen aufgeführt werden; hier ist ein Verweis auf die gesetzlichen Regelungen ausreichend. Bei befristeten Verträgen muss die Probezeit angemessen sein, wobei der Gesetzgeber offenlässt, was das genau heißt. Wenn Mindest- oder Höchstarbeitszeiten vereinbart werden (hierzu besteht kein gesetzlicher Zwang), dürfen bei vereinbarten Mindestarbeitszeiten maximal 25 % mehr an Arbeitsleistung gefordert werden und bei einer vereinbarten Höchstgrenze maximal 20 % weniger, erklärt Alice Arp.

Transparenz bei der Arbeitszeiterfassung

Alice Arp sprach sich für klare Regeln bei der Arbeitszeiterfassung in der Praxis aus, damit Arbeitgeber und Arbeitnehmer Klarheit haben, was gilt. Damit könnten Probleme vermieden werden, so die Anwältin. Ohnehin bestehe bereits auf Basis der Beitragsverfahrensverordnung die Pflicht, dass für jeden Arbeitnehmer die tatsächliche Wochenarbeitszeit erfasst werde, was auch für die mitarbeitenden Familienangehörigen gelte. Die Pflicht der Dokumentation kann dabei an den Arbeitnehmer delegiert werden. Zudem bestünden Verpflichtungen aus dem Arbeitszeitgesetz und dem Mindestlohngesetz, erklärte Alice Arp dem Ausschuss.

Seit Oktober gilt ein Mindestlohn von 12 € pro Stunde. Im Bereich Landwirtschaft laufen aktuell die Tarifverhandlungen. Es werden hier Anpassungen der einzelnen Lohngruppen wie auch bei der Auszubildenden- und Praktikantenvergütung erwartet.

Soziale Konditionalität ist Teil der GAP

Zum Abschluss ging die Rechtsanwältin auf den Stand der Diskussion zur „sozialen Konditionalität“ bezüglich der Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) ein. Der neue Gesetzentwurf sieht demnach vor, dass diese soziale Konditionalität ab 2025 cross-compliance-relevant wird. Das heißt, arbeitsrechtliche Vorgaben müssen eingehalten werden, sonst drohen Kürzungen der EU-Beihilfen.

Ausschuss Arbeitnehmerberatung: Vizepräsident Arno Carstensen, Martina Johannes, Geschäftsführerin des Ausschusses, Anja Greggersen, Karen Clausen-Franzen und Dinah Soglowek (v.li.)

Wesentliche Punkte sind laut Alice Arp die Einhaltung der verpflichtenden Vorgaben für Arbeitsverträge (was muss darin stehen?) sowie Vorgaben zum Arbeitsschutz und bezüglich Arbeitsmitteln. Der Bauernverband bietet dazu einen Hof-Check in der Beratung an, der an die neuen Vorhaben angepasst sein wird, sobald sie feststehen.

Alice Arp zog das Fazit, dass die soziale Konditionalität für Deutschland inhaltlich nichts an den bereits bestehenden Pflichten der Arbeitgeber ändere. Der Ausschuss vereinbarte eine Fortsetzung des fachlichen Austausches.

Leitfaden zum Arbeitsvertrag vorgestellt

Jane Kröger

Abschließend stellte Jane Kröger den umfänglichen Leitfaden zu einem Arbeitsvertrag in der Landwirtschaft vor, der auch auf der Internetseite der Kammer abgerufen werden kann. Dieser wurde gemeinsam mit den Kammern Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz erstellt. Er dient als Muster für zu schließende Arbeitsverträge, ist aber aufgrund der Individualität jedes Betriebes nicht als Blaupause direkt zum Ausfüllen gedacht. Hier der Link zum Leitfaden für Arbeitsverträge: https://t1p.de/3p704

Arbeitgebern und Arbeitnehmern stehen die Landwirtschaftskammer und der Arbeitgeberservice des Bauernverbandes hier mit ihrer jeweiligen Beratung zur Verfügung. Alice Arp, Arbeitgeberberatung, ist erreichbar unter: Tel.: 0 43 31-12 77-26 beziehungsweise a.arp@bvsh.net, und das Team der Arbeitnehmerberatung ist telefonisch erreichbar unter Tel.: 0 43 31-94 53-211 und -217 sowie per ­E-Mail unter jkroeger@lksh.de und ­sohlmer@lksh.de

Zum Abschied gab‘s die Juleica

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Das letzte Mal trafen sich am vergangenen Wochenende die Teilnehmenden der Seminarreihe „Rund um die Landjugend 2022“ (RudL). In Kiel stand dabei unter anderem der Erste-Hilfe-Kurs auf dem Programm, der eine wichtige Komponente zum Erwerb der Jugendleitercard (Juleica) ist.

Dabei wurde Wissen aufgefrischt, wiedererworben und einige praktische Bezüge zur ehrenamtlichen Arbeit in den Ortsgruppen hergestellt. Nach einer Stärkung kamen am Abend alle noch einmal zusammen, um sich mit der Prävention des Missbrauchs von Sucht- und Rauschmitteln zu beschäftigen. Nachdem alle den Tag überwiegend im Sitzen verbracht hatten, machten sich nach dem interessanten und interaktiven Vortrag von Jaenne Albert alle zu Fuß auf in die Stadt, um den Abend bei Pizza, Pommes und einem Feierabendgetränk ausklingen zu lassen.

Mit der nun vollendeten Teilnahme an der Seminarreihe stand am Sonntag die Beantragung der Juleica an. Zudem wurden am Vormittag Bienenwachstücher hergestellt, ein Video geschnitten und Feedback-Gespräche mit Bildungsreferentin Michelle und der ehrenamtlichen Teamerin aus der Kreislandjugend Rendsburg-Eckernförde, Marlies, geführt. Die beiden hatten als Seminarleiterinnen auch alle Wochenenden der RudL-Reihe gestaltet. Besonders spannend war für die Teilnehmenden, die Briefe zurückzubekommen, die sie beim ersten Rudl-Seminar in Sorgbrück geschrieben hatten. So war dieser Vormittag von viele lustige Erinnerungen, aber auch von Momenten des Innehaltens und Nachdenkens geprägt. Vor dem Mittagessen gab es noch ein Quiz mit Fragen zu einigen Inhalten des gesamten Kurses, bei dem alle sehr gut abschnitten. Nach der Mittagspause schlich sich langsam das Gefühl des Abschieds ein, welcher unaufhaltsam näherrückte. Mit der Seminarreihe „Rund um die Landjugend“ geht eine schöne und spannende Zeit zu Ende, in der sich ab Tag eins das unvergleichliche Landjugendgefühl eingestellt hatte. Aus Lajus, die aus allen Teilen Schleswig-Holsteins kommen und die sich zuvor nicht kannten, wurden Freunde. Mit diesem Gefühl und einem Dankeschön für diese Zeit wurde Abschied genommen – natürlich in der Gewissheit, dass sich alle bei Veranstaltungen der Laju wiedersehen werden.