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EuroTier-Nachlese 2022

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Aufgrund der Pandemie konnte die EuroTier 2021 nur über eine digitale interaktive Plattform stattfinden. In diesem Jahr öffnete sie in Hannover wieder ihre Tore – nach dem Motto: „Innovationen für die globale Tierhaltungsbranche“. Zu der größten Weltmesse dieser Branche waren 1.800 Aussteller aus 57 Ländern gekommen. In gewohnter präsenter Atmosphäre war der Besucherstrom größer als die Vorhersagen angedacht hatten.

In den vier Tagen kamen 106.000 Besucher zur EuroTier, aus insgesamt 141 Ländern. Für die Besucher selbst ist es wieder einmal ein Highlight gewesen, die Exponate in Augenschein nehmen zu können und, wenn möglich, direkt anzufassen.

Trotz der anhaltend katastrophalen Marktlage und der Preismisere, die für alle Schweinebetriebe existenzbedrohend ist, wurden die Foren zu den brisanten Themen gut besucht: von der neuen Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung und dem Verbot der Fixierung über die Belegungsphase bis zu den Bewegungsbuchten im Abferkelstall. Aber auch weiterführende Informationen und Gespräche zur Haltung von Schweinen waren ein großer Bestandteil der Vorträge und Anfragen der Besucher. Von guter konventioneller Stallhaltung plus Außenausläufen für die Schweine über die normale Abferkelbucht hinaus bis zum Gruppensäugen mit Auslauf während der Laktationsphase war alles dabei. Einige Vorträge, die sich auf das Thema Einstreu konzentrierten, rundeten die Haltungsfragen ab. Selbstverständlich kamen die Themen um die Tiergesundheit und den Ringelschwanz in Bezug auf das Kupierverbot nicht zu kurz.

Untermauert wurden diese Themen mit den Programmen beziehungsweise Apps zum Livestock-Management. Managementprogramme für die Tiergesundheit sind nicht mehr wegzudenken. Aber: Der Mensch bleibt der Bediener der Technik!

Hochdruckreiniger mit heißem Wasser

Die Firma Stadiko präsentierte auf der EuroTier einen Hochdruckreiniger mit einer Heißwasserfunktion. Der Reiniger selbst benötigt einen Stromanschluss von 400 V und hat zum Beispiel einen Motor mit einer Kraft von 7,5 kW, um mindestens 25 l/min Wasser bei 150 bar durch die verschiedenen Reinigungslanzen einzuhalten. Die Heißwasseraufbereitung läuft über einen 90-kW-Heizöl-Durchlauferhitzer. Dieser braucht laut Firmenangabe 8 bis 9 l Heizöl pro aktiver Arbeitsstunde. Der geringe Stromverbrauch für die Heißwasserunterstützung wird von der 400-V-Zuleitung abgenommen und auf 200 V heruntergebrochen. Wenn die volle Wassermenge über die Reinigungslanzen nicht abgenommen werden kann, ist der Druckausgleich im unteren Rahmengestell des Hochdruckreinigers zu finden. Das gesamte Gerät steht auf Vollgummirädern, um ein Nachfüllen mit Luft zu vermeiden. Zudem ist die gesamte Hochdruck-Warmwassertechnik auf ein Gestell gebaut, um sie mit einer Palettengabel transportieren zu können.

Der Vorteil dieser Heißwasserreinigung liegt in der schnelleren Reinigungszeit, aber auch darin, den Keimdruck ab 30 °C und die desinfizierende Wirkung ab 60 °C zu erwirken. Das ersetzt kein Desinfektionsmittel, aber die Oberflächen können besser gereinigt und vordesinfiziert werden.

Der Heißwasser-Hochdruckreiniger von Stadiko ist fest auf einem Palettensystem montiert, um diesen auch mit vorhandener Großtechnik zu transportieren. Fotos: Christian Meyer

Wie funktioniert Cloud- Management?

Die Firma Prüllage Systeme verfolgt den Ansatz, alle Steuerungs- und Regelprozesse eines Stalls für Schwein und Huhn mit nur einem Regelsystem zu lösen. Die neue Steuerung Melarecon sorgt für das korrekte Klima, übernimmt das Füttern der Tiere, erfasst den Wasserverbrauch, steuert das Licht und kann noch vieles mehr. Die Ergebnisse der ablaufenden Prozesse können komfortabel über einen Touch-Bildschirm vor Ort eingesehen und die Anpassung von Einstellungen vorgenommen werden. Auch die Cloud-Plattform (SolidBlue) kann von jedem Endgerät Einsicht gewähren und Steuerung ermöglichen. Die Plattform bietet jedem Landwirt einen eigenen, separierten Speicher, um alle anfallenden Mess-, Verbrauchs- und Managementdaten dauerhaft zu sichern. Auch die Auswertung sämtlicher Daten erfolgt über dieselbe Plattform.

Entsprechende Schnittstellen, auch API genannt, ermöglichen die Anbindung weiterer Dienste. So können die Daten für den Mast- oder Sauenplaner bereitgestellt werden. Der Vorteil ­dieses Cloud-Management-Systems ist, dass kein Verlust von Daten entsteht – ob von Management- oder von Verbrauchsdaten. Wenn Fehler angezeigt werden, kann ein sofortiges Handeln von überall aus über einen Web-Browser gestartet werden. Nicht jedes Problem kann mit dem Cloud-Management behoben werden, aber die Aufmerksamkeit wird auf das Problem gelenkt.

Die Firma Prüllage zeigt auf der Bildschirmoberfläche des Cloud-Managements eine 3-D-Ansicht vom Stallinneren. Dort sind Sensoren installiert, die sich auf der Bildoberfläche widerspiegeln. Durch klassische Ampelzeichen kann ein schneller Überblick gegeben werden.

Das nützliche Eckenrad

Das Eckenrad mit dem Eigennamen pig-o-bello plus hat unter den Herstellern von Förderecken schon gewissen Neid aufgebaut. In einer Förderecke wird über ein Kugellager ein Eckenrad geführt. Die Eckenräder haben oftmals auch weitere Bezeichnungen wie Mitnehmerrad oder Umlenkrolle. In seltenen Ausführungen werden die Eckenräder über einen eigenen Motor angetrieben, den sogenannten Eckantrieb, der für Förderketten aber relativ selten genutzt wird und fast nur für kleine Förderkreise und wenig Füllleistung gedacht ist.

Das Eckenrad pig-o-bello plus von der Firma Witte Lastrup steht für Gründlichkeit und Sauberkeit in den Ecken der Förderanlagen und erhält daher den besonderen Eigennamen.

Der Aufbau des Eckenrades ähnelt dem Radaufbau eines Fahrrades. In der Mitte des Rades befinden sich das Kugellager mit oder ohne Antrieb, dann die Speichen, um den Druck zur außen liegenden Felge abzuhalten. In der automatisch drehenden Felge wird die Förderkette oder das Förderseil um die Ecke geführt.

Das Eckenrad wird mit einer entsprechenden Schutzkappe geschlossen. Nach außen sind die Ecken speziell abgedichtet, aber in den Innenräumen zwischen den Speichen kann es immer wieder zum Verfüllen der Zwischenräume kommen. Das Besondere an dem Eckantrieb der Firma Witte aus Lastrup ist die Verfüllung von Kunststoff zwischen den Speichen. Laut eigenen Angaben wird dadurch die Verschleppung von Futter zwischen den Speichen verhindert. Eine Ansammlung von Futterresten, die langfristig zur Schimmelpilzbildung führen, kann verhindert werden. Bei Stroh- beziehungsweise Heuanlagen werden die Fasern nicht mittig in die Eckenräder gezogen, und so wird verhindert, dass die Ecken verstopfen. Der Transportfluss wird leichter, da die Ketten im Innenraum leer bleiben.

Selbstfangsystem in der Abferkelbucht

Der neuartige Selbstfang-Ferkelschutzkorb der Firma Big Dutchman ermöglicht den Ferkel führenden Sauen einen Rückzug in die Abferkelbucht.

Die Firma Big Dutchman hat die Abferkelbucht für ihr Gruppenhaltungssystem Agilo der Ferkel führenden Sauen weiterentwickelt. Der Ferkelschutzkorb in der Abferkelbucht ist mit einer Selbstfangfunktion ausgerüstet. Durch den neuen Selbstfangmechanismus schließen sich die rückwärtigen Türen des Schutzkorbes, sobald eine Sau den Stand betritt. Für weitere Sauen ist dann das Betreten des Ferkelschutzkorbes beziehungsweise der Bucht nicht möglich. So kann die Sau im Ferkelschutzkorb, wenn sie möchte, ungestört die Ferkel säugen, ruhen oder Futter aufnehmen. Selbstverständlich kann die Sau den Ferkelschutzkorb jederzeit wieder verlassen, um in den aktiven Bereich der Ferkel führenden Sauen zu gelangen.

Das vordere Bedienelement des neuartigen Ferkelschutzkorbes besteht aus zwei schmalen Türen, die über eine Kupplung mit den jeweiligen hinteren Türen verbunden sind. Im geöffneten Zustand stehen die vorderen Türen in den Schutzkorb hinein und werden durch eine eintretende Sau einfach an die Seitenteile des Ferkelschutzkorbes geschoben. Die hinteren Türelemente schließen dann automatisch, und die Sau steht geschützt im Ferkelschutzkorb. Durch eine zentrale Funktion lassen sich alle Ferkelschutzkörbe nach Betreten der Sauen automatisch schließen und wieder öffnen, sodass die Sauen den Bewegungsbereich aufsuchen können.

Trennung von Kot und Harn

Vor einigen Jahren waren die ersten Schieberanlagen unter den Schweinespalten zu finden. Auch am Lehr- und Versuchszentrum Futterkamp wurde 2006 eine Mist-Schieberanlage unter den Spalten im Wartestall eingebaut. Auf der jetzigen EuroTier hat die Firma Kari eine weiterentwickelte Ausführung, eine sogenannte Kot-Harn-Trennung, vorgestellt.

Ein Güllekanal muss gebaut werden, um eine kleine Menge Gülle im Kanal zu lagern und dadurch auch eine Fließfähigkeit der Gülle zu erreichen. Durch die Fließfähigkeit kann die Gülle aus dem Stall über Schieber oder Stöpsel abgelassen werden.

Bei einer Schleppentmistung mit oder ohne Kot-Harn-Trennung kann unter den Spalten eine Fläche als Funktionsboden ausgearbeitet werden. Der Funktionsboden ist gleichzusetzen mit dem bei den alten Handentmistungssystemen: Auf dem leichten Schrägboden in Richtung Jaucherinne wurde zweimal täglich mit Forke und Schaufel der Mist auf die Schubkarre geladen und auf den Misthaufen gebracht. Die Flüssigkeit wurde von den Tieren durch Rinnen abgeführt und lief in die Jauchegrube.

Genau dieses Verfahren wird durch die Kot-Harn-Trennung ersetzt beziehungsweise abgelöst. Unter den einzelnen Spaltenbereichen befinden sich Funktionsböden. Früher waren es Kanäle, die bei diesem System nicht mehr gebraucht werden. Der Funktionsboden hat in der Mitte eine tie­fergelegte Abflussrinne. Die Seitenflächen haben eine mindestens 2%ige Neigung zur Rinne. Der darüberlaufende Schieber nimmt Flüssigkeit über einen Löffel mit und gewährt dadurch die Kot-Harn-Trennung. Der große Vorteil der Kot-Harn-Trennung liegt in den geringeren Emissionen. Es liegen viele Forschungsergebnisse weltweit und auch in Deutschland vor und werden im kommenden Jahr publiziert. Dieses Thema ist spannend – auch im Hinblick auf Stall-Außenausläufe. Die Anerkennung der Höhe der Emissionsminderung muss über die TA-Luft noch bestätigt werden.

Die Firma Kari kann bereits praktische Erfahrungen mit dem Einbau von Kot-Harn-Trennungen in Schweinestallungen vorweisen; erste gute Ergebnisse konnten gesammelt werden.

Fazit

Viele Firmen haben ihre Produkte für die Schweinehaltung neu- oder weiterentwickelt und auf der EuroTier 2022 zeigen können. Die Investitionsbereitschaft in der Schweinehaltung ist aufgrund der schlechten Preise gering. Die Erzeugerpreise müssen steigen, damit Entwicklungsschritte in der Schweinehaltung auch gemacht werden können. Viele Aussteller nutzen jetzt die Chance, ihre Produkte von der EuroTier 2022 in der Bau- und Energielehrschau am Lehr- und Versuchszentrum Futterkamp zu präsentieren. Aber auch neu- und weiterentwickelte Produkte werden wieder am Versuchsstandort im Praxisstall eingebaut und erprobt. Die Erkenntnisse werden dann in Veröffentlichungen, in die Beratung und andere Veranstaltungen einfließen.

„a mentsh is a mentsh“

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„Schalom und Moin! Hereinspaziert!“ – mit diesen Worten ­werden Besucher des Jüdischen Museums in Rendsburg künftig begrüßt. Derzeit wird das ­Museum umfangreich saniert, die Ausstellung komplett neu überarbeitet. Worauf sich die Besucher nach der Wiedereröffnung im Frühjahr 2023 ­freuen können, erklärten Museumsleiter Jonas Kuhn und die wissenschaftliche Mitarbeiterin Rebecka Schlecht bei einer Baustellenführung ­Mitte November.

Es riecht nach frischer Farbe, alle Räume in der ehemaligen Talmud-Tora-Schule, sowohl im Erd- als auch im Obergeschoss, sind leergeräumt und warten auf ihre neuen Bestimmungen. Und die werden bunt und farbenfroh sein, wie das Leben selbst, interaktiv und kurzweilig. Weg vom ursprünglich musealen Charakter, „soll es wohnlich zugehen, das passt zu dem Haus“, so der Museumsleiter.

Eine große Rolle spielen Partizipation und Inklusion. Menschen mit Behinderungen werden in den Räumen des neuen Ausstellungsbereichs zu den Exponaten und den geplanten Stationen Zugang haben und durch Ertasten, Audio- und Videodarstellungen teilnehmen können. Um das Obergeschoss besser erreichen zu können, wurde ein Fahrstuhl installiert. Die Museumsbesucher können sich in den verschiedenen Themen der Ausstellung immer wieder interaktiv auf das jüdische Leben und die Menschen, die sich dahinter verbergen, einlassen, ohne dass es langweilig wird. „Uns ist aber auch der wissenschaftliche Anspruch hinsichtlich der Geschichte, Fakten und Informationen sehr wichtig, fundiert und ausgewogen, so viel wie nötig, so wenig wie möglich, um genug Wissen zu vermitteln, um die Hintergründe zu verstehen, aber gleichzeitig nicht zu ermüden“, so Jonas Kuhn. Neben der Aufarbeitung der Vergangenheit wird es vor allem die Gegenwart sein, die eine große Rolle spielt in dem neuen Konzept, und immer wieder werden es Jüdinnen und Juden selbst sein, die zu Wort kommen, die ihr Leben damals und heute zeigen. Jüdische Perspektiven sollen sichtbar gemacht und dadurch neue Perspektiven und Blickwinkel den Besuchern vermittelt werden.

Neue Ausrichtung

„Das Problem, das Jüdinnen und Juden heute ganz oft benennen, ist, dass sie auf die Schoah, auf Israel und Antisemitismus reduziert werden. Sie wollen aber in ihrer Vielfältigkeit und nicht nur als Opfer gesehen werden“, erklärt Jonas Kuhn. „Somit stellte sich uns die Frage: Was können wir Menschen anbieten, um jüdisches Leben heute zu verstehen?“ – Das ist auch der zentrale Leitgedanke der neuen Ausstellung. Und so lädt das Museum in Rendsburg die Besucher ein, „jüdische Geschichte und Gegenwart zu entdecken. In unserer Ausstellung bieten wir historische Fakten, neue Einblicke, und ungewohnte Perspektiven. Als ein nichtjüdisches Team übergeben wir immer wieder Jüdinnen und Juden das Wort. Wir haben mit vielen Menschen diskutiert und ausgewählt, was wir für die Ausstellung wichtig und interessant finden. Schaut euch unsere Auswahl kritisch an! Macht euch ein eigenes Bild!“, lautet es in dem Raumtext. Eine Aufforderung, die ernst gemeint ist. „Nur weil wir diese Auswahl getroffen haben, heißt das nicht, dass sie nicht hinterfragt oder durch weitere Vorschläge ergänzt werden kann“, sagt Kuhn.

Nicht infrage stand, dass es für die Ausstellung einen neuen Schwerpunkt brauchte. War sie in der Vergangenheit mit der Kunst im Fokus auf kulturelle Bildung ausgerichtet, soll sie jetzt mit Gegenwartsbezug aktuelle Themen aufgreifen und damit in die Gesellschaft zurückwirken, um auf diese Weise auch zur Normalität von jüdischem Leben beizutragen.

Entwicklung einer Vision

Aus diesem neuen Schwerpunkt entwickelte sich eine Vision mit den bereits genannenten Aspekten: farbenfroh, innovativ, partizipativ, kreativ, diversitätssensibel, vermittlungsorientiert, kurzweilig, mit wissenschaftlichem Anspruch. „Das geht aber nicht ohne die Unterstützung und Mitwirkung von Externen“, so Kuhn. Wie solle man ansonsten als ein nichtjüdisches Team über Jüdinnen und Juden erzählen, ohne sie einzubeziehen? Auf diese Weise standen dem Museumsteam ein wissenschaftlicher Beirat, eine Fokusgruppe mit Vertretern jüdischer Institutionen, eine Fokusgruppe mit Vertretern von Interessengruppen von Menschen mit Behinderungen sowie die Geschichts-AG des Gymnasiums Heide-Ost zur Seite.

In unzähligen Gesprächen, Diskussionen, Beratungen und konstruktiven Auseinandersetzungen mit allen Beteiligten wurden die inhaltlichen Konzepte sowie die Gestaltungsentwürfe des Planungsbüros Whitebox aus Dresden entwickelt, diskutiert, verworfen, neu erstellt, erweitert und dann externen Gruppen sowie weiteren Experten vorgestellt. Bei der gestalterischen Umsetzung der Ideen konnte das Planungsbüro mit außergewöhnlichen und neuen Formaten unterstützen, die das Leben und Wirken der Jüdinnen und Juden in Schleswig-Holstein, aber auch in ganz Deutschland lebendig veranschaulichen. Und auch die Hinweise der Fokusgruppen hätten so manch neue Erkenntnis gebracht, „auf die wir im Leben nicht gekommen wären, vor allem aus der Perspektive eines Menschen mit Behinderungen“, so Kuhn. Großes Lob richtete er auch an die Heider Schüler, die ihre Freitagnachmittage und somit ihre Freizeit opferten, um mitzugestalten. Alle seien bis heute am Ball geblieben. Für diese Form der Kulturvermittlung wurde das Jüdische Museum im Oktober von der Commerzbank-Stiftung im Rahmen von „ZukunftsGut 2022“ mit einem Preis ausgezeichnet.

Jonas Kuhn und Rebecka Schlecht stellten das geplante Konzept für das Jüdische Museum vor.
Foto: Iris Jaeger

Aktuelle Themen im Fokus

„In der zukünftigen Ausstellung werden daher Themen wie Flucht und Migration, der gesellschaftliche Umgang mit Antisemitismus und Rassismus, die Handlungsspielräume von Jüdinnen und Juden in Geschichte und Gegenwart, Identitäts- und Geschichtspolitik und jüdische Gegenwarten in einer pluralen Gesellschaft im Fokus stehen. Die Besucher, die in der Mehrheit nichtjüdisch sind, sollen inklusiv und diversitätssensibel zu einem Nachdenken über die eigene Geschichte und die eigene Position innerhalb der gegenwärtigen Gesellschaft angeregt werden. Dazu gehört auch die Reflexion des gesellschaftlichen Umgangs mit Geschichte sowie der Wahrnehmung der heutigen Gesellschaft“, fasst Jonas Kuhn die wesentlichen Punkte des umfangreichen Konzepts zusammen.

Jüdischsein heute in Schleswig-Holstein und in Deutschland, dargestellt in der ganzen Vielfalt, die das jüdische Leben mit sich bringt – damit zeige man etwas, das anderswo nicht gezeigt werde, „damit haben wir ein Alleinstellungsmerkmal“, freut sich der Museumsleiter.

Info

Das Jüdische Museum in Rendsburg befindet sich in der einzigen ursprünglich erhaltenen Synagoge aus der Zeit vor der Emanzpation und ist ein bedeutendes Baudenkmal. Es ist der einzige Ort in Schleswig-Holstein, an dem museal die Verfolgung von Jüdinnen und Juden während der NS-Zeit vermittelt und umfassend über jüdische Geschichte, Gegenwart, Religion, Identität und Kultur informiert wird. In den Räumen der Synagoge und denen der ehemaligen Talmud-Tora-Schule befanden sich bis zur Neugestaltung drei Dauerausstellungen. Auf der Frauenempore und im benachbarten Versammlungszimmer werden die jüdische Religion hinsichtlich der Feiertage im Jahreslauf, im Haus und im Leben des Judentums vermittelt. Im Obergeschoss der ehemaligen Talmud-Tora-Schule wurden bedeutende Werke von Künstlerinnen und Künstlern gezeigt, die in der NS-Zeit als Juden verfolgt wurden (zum Beispiel Max Liebermann, Felix Nussbaum oder Ludwig Meidner). 1991 wurde das Museum durch zwei Häuser, die an den Innenhof angrenzen, erweitert.

Weihnachtsbäume trotz Inflation erschwinglich

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Die Weihnachtsbäume werden nicht teurer. Diese erfreuliche Nachricht hatte Dr. Jörg Engler bei der Saisoneröffnung von Kammer und Produzenten auf dem Betrieb Ansgarius der Familie Fölster. Und noch eine gute Nachricht hatte Kammerpräsidentin Ute Volquardsen in Willenscharen bei Neumünster im Gepäck: Auch wenn es im Sommer vielfach trocken war, den Bäumen konnte die Witterung nichts anhaben. „Die Qualität stimmt“, sagte sie.

Dr. Jörg Engler ist der Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft (Arge) Schleswig-Holsteinischer Weihnachtsbaumproduzenten und sagte über den gastgebenden Hof Ansgarius: „Der Betrieb von Familie Fölster ist ganzjährig und besonders in der Weihnachtszeit stark in der Direktvermarktung von Produkten und Dienstleistungen aufgestellt. Er repräsentiert fast alle der in Schleswig-Holstein ansässigen Weihnachtsbaumerzeuger jeder Größenordnung, für die ebenfalls die Direktvermarktung ihrer Bäume ein wichtiges betriebliches Standbein ist. Alle diese Erzeuger sind Familienbetriebe, die zumeist auf eine lange Geschichte zurückblicken und in denen Werte wie Zusammenhalt, Regionalität, Tradition und Naturverbundenheit bewahrt und aktiv gelebt werden. Dies ist auch für die Kunden erlebbar und spürbar, wenn sie selbst den jährlichen Weihnachtsbaumkauf als sinnliches Erlebnis für Groß und Klein empfinden.“

Kammerpräsidentin Ute Volquardsen (li.) mit Gastgeberin Sabine Fölster auf dem Hof Ansgarius

Weihnachten könne von uns gerade in diesem Jahr als eine besondere Zeit herbeigesehnt werden, so Engler angesichts von Corona, Inflation und Krieg: „Dies macht in der Folge auch unserer Gemütsverfassung schwer zu schaffen, und der Geldbeutel aller Familien ist durch die Inflation getroffen.“ In einer solchen Zeit helfe das Festhalten an Ritualen wie Weihnachten, um aufkommende Gefühle von Verunsicherung oder Angst zu vermindern. Er appellierte: „Wir sollten auch Mut oder Trotz gegen Bedrohungen und Einschüchterungsversuche entwickeln. Für die besinnliche Atmosphäre, in der sich solche Gedanken entwickeln können, kommt Weihnachten jetzt gerade recht. Und zu dieser Atmosphäre gehört auch ein natürlicher Weihnachtsbaum.“

Claus-Hermann (r.) und Torben Fölster freuen sich über die gute Qualität ihrer Nordmanntannen.
Der Saisonauftakt wird partnerschaftlich von der Kammer und der Arbeitsgemeinschaft der Schleswig-Holsteinischen Weihnachtsbaumproduzenten organisiert, hier vertreten durch Dr. Jörg Engler (Arge, li.) und Dr. Gerrit Bub (Forstabteilung).

Was die Bäume dieses Jahr kosten

Der Weihnachtsbaum ist eines der letzten Produkte, das im Laufe des Jahres gekauft wird. Angesichts der Teuerung sei es gut zu hören, dass die Weihnachtsbäume auch in diesem Jahr ausgesprochen erschwinglich bleiben. „Wir erwarten als Produzentenverband im Vergleich zum vergangenen Jahr unveränderte Preisspannen im Endverkauf für den laufenden Meter von 21 bis 27 Euro für Nordmanntannen, 12 bis 16 Euro für Blaufichten und neun bis zwölf Euro für Fichten, jeweils für die besten Baumqualitäten. Daneben sind wie üblich auch viele Sonderangebote für andere gute Qualitäten zu erwarten. Jeder Baumwunsch wird auch in diesem Jahr erfüllt werden! Die auch in der Weihnachtsbaumbranche erheblichen Steigerungen der Erzeugerpreise, die unsere Produktionskosten bestimmen, können und wollen wir in diesem Jahr nicht weitergeben. Wir vertrauen auf bessere Rahmenbedingungen im nächsten Jahr, in dem sich die Wertschätzung für den natürlichen Weihnachtsbaum dann hoffentlich auch stärker im Einkommen der Produzenten widerspiegeln kann“, so Engler.

Aufgabe der Landwirtschaftskammer

Kammerpräsidentin Ute Volquardsen ist privat ein riesiger Weihnachtsfan. Dienstlich unterstützt die Kammer mit dem Weihnachtsbaum-Kompetenzzentrum die Betriebe. Es bietet den Weihnachtsbaumproduzenten eine hervorragende Beratungsplattform. „Wir bündeln das Beratungsangebot abteilungsübergreifend, sodass in jedem Einzelfall optimale und maßgeschneiderte Lösungen für die jeweils speziellen Fragestellungen der Betriebe entwickelt werden. Mit dem Weihnachtsbaum-Kompetenzzentrum erhalten wir die Leistungsfähigkeit unserer Erzeuger und gewährleisten somit die hohe Qualität der heimischen Weihnachtsbäume. Und davon profitiert letztlich der Verbraucher, der für sein Geld hochwertige Ware erhält, deren Produktion die aktuellen gesellschaftlichen Ansprüche voll erfüllt – von hoher ästhetischer Qualität über Klimabilanz und Biodiversität bis zur Minimierung von Pflanzenschutz. Das Versuchswesen im Gartenbau unterstützt das Zentrum durch die Auftragsforschung rund um die Weihnachtsbaumproduktion. Unsere Experten beraten die Betriebe gern“, so Volquardsen.

Neben der Arbeit des Kompetenzzentrums kooperiert die Landwirtschaftskammer Schleswig-Holstein in diesem Jahr auch mit Expertinnen und Experten außerhalb der Landesgrenzen, etwa mit dem Verband der Weihnachtsbaum- und Schnittgrünerzeuger in Nordrhein-Westfalen.

Das Jahr 2022 hat witterungsbedingt zufriedenstellende Rahmenbedingungen für das Wachstum der Bäume gebracht. Mit der zeitweiligen Trockenheit sind die Bäume gut zurechtgekommen. „Wir bieten jeder Familie und jedem Haushalt hier im Lande einen Weihnachtsbaum nach ihren Vorstellungen“, so Volquardsen.

Das Kompetenzteam Weihnachtsbäume (v. li.): Nils Seils (Gartenbau), Tobias Plagemann und Thomas Balster (Pflanzenschutz) sowie Hans Jacobs (Forst)
Der Termin ist immer eine willkommene Gelegenheit, um mit Journalisten ins Gespräch zu kommen.

Zahlen und Fakten zum Weihnachtsbaum

Mit rund 20 Millionen Weihnachtsbäumen, die ihre Wurzeln in schleswig-holsteinischem Boden geschlagen haben, können die einheimischen Produzenten dieses Naturproduktes locker alle 1,4 Millionen Privathaushalte des eigenen Bundeslandes versorgen. „Aus der Region – für die Region“ ist in Schleswig-Holstein demnach keine Werbehülse. Viele der 200 Produzenten bieten frisch geschlagene Bäume an eigenen Ständen in Städten und Ortschaften, aber auch direkt in ihren „Weihnachtswäldern“ an. Für viele Familien ist das Aussuchen dort ein besonderes Erlebnis. Hinzu kommt, dass die heimischen Kulturen viele Tonnen CO2 binden, je nach Größe der Bäume und Dichte der Kultur.

Schleswig-Holstein ist auch Exporteur von Weihnachtsbäumen. Viele Lkw tauchen in den nächsten Wochen auf der südlichen Seite des Elbtunnels auf – mit Zielen im gesamten Bundesgebiet und im benachbarten Ausland. Wenn man die Etiketten an den Spitzen der Bäume auswertet, dann sieht man sie selbst in entfernte Regionen wie auf die Kanarischen Inseln oder nach Asien auf die Reise gehen.

Der Betrieb Ansgarius e. V.

Hof Ansgarius, Am Wallberg 2, 24616 Willenscharen

Besitzer und Geschäftsführer: Claus-Hermann und Sabine Fölster, für die nächste Generation: Sohn Torben Fölster

Hoflage

Im Naturpark Aukrug und der AktivRegion Holsteiner Auenland, auf der Geest im waldreichen Störtal, 17 km südlich der Stadt Neumünster

Betriebsbeschreibung

Forstwirtschaft: 10 ha Weihnachtsbäume – Fichten- und Blautannenanpflanzungen, Nordmann, Nobilisschonungen und Seidenkiefern

20 ha Laubwald (unter anderem Kaminholz, Pfähle, Bretter, Halblatten, Schredder)

15 ha Ackerland sind verpachtet.

Direktvermarktung – Hofladen, Bauernhofcafé, Gastronomie im Bauernhaus, Festscheune

Parallel zum Korridor laufen dunkle Verschiffungswege

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Russland hat aus der Ukraine rund 5,8 Mio. t Getreide im Wert von etwa 950 Mio. US-$ gestohlen. Wie das „Wallstreet Journal“ (WSJ) Anfang Dezember berichtete, transportierten russisches Schiffe über ein ausgeklügeltes Fracht- und Umladesystem die Ware außer Landes. Die Schmuggelversuche Russlands wurden mithilfe von Satellitenüberwachung entdeckt.

Laut einem Bericht der US-Wirtschaftszeitung „Wall Street Journal“ wurden große Mengen Getreide durch Frachtschiffe, die mit Russlands größtem Getreidehändler in Verbindung stehen, über den Seeweg aus der Ukraine abtransportiert und an Käufer auf dem internationalen Markt veräußert. Aufgedeckt wurde der Schmuggel durch Satellitenbeobachtung des Unternehmens Spire mit Sitz in San Francisco. Mehr als 100 sogenannte Nano-Satelliten des Unternehmens befinden sich im All und erheben Daten. Das Unternehmen analysiert die Daten vorwiegend für Kunden aus der See- und Luftfahrt.

Für den Schmuggel wurde ein ausgeklügeltes System von Zubringerschiffen und Schwimmkränen genutzt. Dabei verwischen die Transporteure ihre Spuren, berichtet das „Wall Street Journal“. Denn eigentlich dürfen russische Exporteure kein Getreide aus der Ukraine verschiffen.

Satellitenaufnahmen belegen den Diebstahl

Das WSJ präsentierte Satellitenbilder, die das Vorgehen belegen sollen: Demnach fahren regelmäßig kleine Transportschiffe vom Hafen Sevastopol auf der besetzten Halbinsel Krim zu auf See wartenden Großfrachtern, um ukrainisches Getreide umzuladen. Dabei werde das Getreide unter russische Ware gemischt, um die Herkunft weiter zu verschleiern. Sinn der Operation: Ein Zwischenstopp der Frachter in ukrainischen Häfen wird so nicht verzeichnet. Das soll offenbar den Schmuggel verbergen. „Das ist Getreidewäsche“, zitiert das WSJ einen Istanbuler Experten. „Sie machen es schwer, die Herkunft zu verfolgen.“

Die Schiffe sollen mit Russlands größtem Getreidehändler in Verbindung stehen, der das Handelshaus RIF Trading House LLC betreibt. Das Handelshaus RIF LLC besitzt einen Hafen in Asow, Gebiet Rostow, mit ausgedehnten Lagermöglichkeiten und einem jährlichen Umschlag von 3,5 Mio. t. Die Organisation verfügt über Fracht- und Hochseeschiffe für den Getreidetransport.

Das WSJ hatte zuvor auch über den weitverbreiteten Diebstahl von Getreide in der von Russland besetzten Ukraine berichtet. Über Land wurde die Ware demnach per Lkw-Kolonnen aus den Silos auf die Krim gebracht.

Getreideausfuhr aus Sevastopol ist gestiegen

Eine offizielle Bestätigung gab es dafür nicht. Allerdings hat die Ausfuhr von Getreide aus dem Hafen Sevastopol deutlich zugenommen: Von April bis September lag die Ausfuhr bei 662.000 t, das war 18-mal so viel wie im gleichen Zeitraum des Vorjahres mit 36.000 t, wird das WSJ zitiert.

Für die Ausfuhr bringt eine Flotte kleinerer Schiffe das geschmuggelte Getreide in der Regel vom Krim-Hafen Sewastopol zu größeren Frachtschiffen, die auf See warten, wo sie ihre Ladung mithilfe von mit Kränen ausgestatteten Schiffen umladen, so die Untersuchung des WSJ. Diese größeren Schiffe steuern dann weiter entfernte Häfen an. Durch die Umladung können große Schiffe, die im Hafen oder auf Satellitenbildern leicht zu erkennen sind, das Anlaufen von Sewastopol vermeiden. bb/mbw

EU-Kommission will Getreidetransporte finanzieren

Die EU-Kommission will den Export von Getreide aus der Ukraine forcieren und wird dazu die Beladung von zwei Getreideschiffen unterstützen. Das hatte Kommissionspräsidentin Dr. Ursula von der Leyen (CDU) bereits Ende November auf dem Grain from Ukraine Summit angekündigt. „Wir müssen der Welt signalisieren, dass wir unsere schwächsten Partner nicht im Stich lassen werden“, betonte von der Leyen. Brüssel übernehme die Transportkosten für 40.000 t Getreide.

Auf Bali hatten die Staatschefs der G20-Staaten weltweite Solidarität bei der Bekämpfung des Hungers als Folge des russischen Angriffskriegs eingefordert. Laut von der Leyen sind die von der EU-Kommission und den angrenzenden Mitgliedstaaten eingerichteten Solidaritätskorridore „ein großer Erfolg“. Seit Mai habe die Ukraine über diese Korridore mehr als 17 Mio. t Getreide und Lebensmittel exportiert.

Die EU-Kommission hat laut von der Leyen zusammen mit Finanzinstituten wie der Europäischen Investitionsbank (EIB), der Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung (EBWE) und der Weltbank zusätzliche Mittel in Höhe von 1 Mrd. € für den Ausbau der Leistungsfähigkeit dieser Solidaritätskorridore mobilisiert.

Der EU-Dachverband der Getreidehändler (Coceral) äußerte Bedenken hinsichtlich der langfristigen Möglichkeit, ukrainisches Getreide und Ölsaaten auf dem Weltmarkt anzubieten. Die russischen Angriffe auf die Infrastruktur der Ukraine beeinträchtigten die Aufrechterhaltung der Getreideexporte und könnten zu erhöhten Engpässen und Lebensmittelpreisen führen, warnte der Verband. Darüber hinaus beobachtet Coceral zunehmende Verzögerungen bei den Inspektionen von Exportschiffen durch die Gemeinsame Koordinierungsstelle der Vereinten Nationen; hier seien Wartezeiten von bis zu 40 Tagen möglich. Die Kosten für diese Verzögerungen fielen auf die ukrainische Lieferkette zurück und zwängen die dortigen Landwirte, ihre Produkte zu reduzierten Preisen zu verkaufen. Der Dachverband hält daher mehr Transparenz bei den Inspektionen für notwendig.

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IT-Sicherheit ist Energiesicherheit

Eine zunehmend automatisierte, digitalisierte und dezentrale Energieerzeugung bietet der Cyberkriminalität neue Angriffspunkte. Die Sicherheit der Informationstechnik sei deshalb wichtig für Firmen jeder Größe und entscheidend für die europäische Energiesouveränität, betonte Miriam Schnürer vom Bundesverband für den Schutz kritischer Infrastrukturen (BSKI) in einem Online-Seminar der Netzwerkagentur Erneuerbare Energien Schleswig-Holstein (EE.SH).

„Wenn man die IT-Sicherheit beachtet, leisten dezentrale, autarke Einheiten einen großen Beitrag zur Energiesouveränität und sind zudem sicherer und resilienter als wenige große Kraftwerke. Energiesouveränität ist wichtig für die nationale und europäische Sicherheit“, so Schnürer.

Die Referentin wies in dem Online-Seminar darauf hin, dass digitale Angriffe auf die kritische Infrastruktur seit Beginn des Krieges von Russland gegen die Ukraine zugenommen hätten und bereits drei Windparks betroffen gewesen seien.

Miriam Schnürer Foto: BSKI

Für die Definition, was zur Kritischen Infrastruktur gehört, gelten seit 2022 neue, niedrigere Schwellenwerte: Windparks ab 104 MW Leistung, Primärregelleister ab 36 MW. Betreiber solcher Energiestrukturen sind verpflichtet, ein zertifiziertes Informationssicherheits-Mana­gement-System einzurichten, sich nach DIN 27001 zu zertifizieren und dem vom Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik definierten Meldewesen zu folgen. Ab Mai 2023 muss ein Intrusion Detection System implementiert werden.

Auch kleineren Unternehmen empfahl Schnürer dringend, alle Daten auf unabhängigen Laufwerken zu sichern, falls bei einem Cyberangriff alle Systeme heruntergefahren werden müssten. Eine besonders perfide Angriffsmethode sei es, alle Daten einer Firma zu verschlüsseln und damit Geld zu erpressen. „Das kann auch kleinen Unternehmen passieren. Die zahlen dann oft lieber ein paar Tausend Euro, als ihre Daten zu verlieren.“

Cyberkriminalität, so Schnürer, sei inzwischen lukrativer als Drogenhandel und werde von professionell organisierten Unternehmen als Service angeboten. „Cybersicherheit sollte in jedem Unternehmen Chefsache sein.“ Die Aufmerksamkeit der Mitarbeiter müsse fortlaufend geschult werden, um gefälschte E-Mails, Anrufe und Videocalls – sogar diese könnten gefälscht sein – zu erkennen.

„Das Thema Sicherheit in der Informationstechnik zeigt, wie umfassend die Energieanlagen-Betreiber und ihre Dienstleister sich informieren und zusammenarbeiten müssen, um die Energiewende zu schaffen“, sagte EE.SH-Projektmanager Holger Arntzen.

Wie tickt Europas Agrarhauptstadt?

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Ob Gemeinsame Agrarpolitik (GAP), Nitratrichtlinie oder Green Deal – die Ausrichtung der Landwirtschaft in Europa wird zu großen Teilen in Brüssel bestimmt. Um zu erfahren, wie Entscheidungen in den EU-Institutionen getroffen werden, besuchten einige Steinburger Landwirte gemeinsam mit Mitarbeitern des Bauernverbandes Schleswig-Holstein (BVSH) im Rahmen einer Informationsreise Ende November die belgische Hauptstadt. Dort tauschten sie sich mit Politikern und Interessenvertretern aus.

Niclas Herbst (CDU), Europaparlamentarier aus Schleswig-Holstein, begrüßte die Gruppe in den Räumlichkeiten der EVP-Fraktion. In der EVP haben sich konservative Parteien aus den Mitgliedstaaten zu einer Fraktion zusammengeschlossen. Herbst ist Mitglied des Fischereiausschusses und stellvertretender Vorsitzender des Haushaltsausschusses im EU-Parlament. Nach seiner Wahrnehmung haben Themen rund um die Ernährungssicherheit seit der Corona-Pandemie – und verstärkt durch den Krieg in der Ukraine – an Bedeutung gewonnen. Er warnte, dass der russische Präsident Wladimir Putin mithilfe von Hunger Flüchtlingsbewegungen verstärkten wolle, um mehr Druck auf die EU auszuüben. Die Landwirtschaft rücke dadurch wieder mehr in den Fokus der Debatten. Um die Agrarproduktion zu unterstützen, müsse Bürokratie abgebaut werden. „Die GAP-Reform ist ein Kompromiss“, sagte Herbst. Aus seiner Sicht sind die Eco-Schemes aber der richtige Weg, weil damit die Angebotsseite gestärkt werde.

Zur Diskussion um Pflanzenschutzmittel (PSM) stellte er fest, dass deren Einsatz in den vergangenen Jahren „massiv“ gesunken sei. „Dass jetzt die Verbotskeule kommen soll, passt damit nicht zusammen“, spielte er auf das Naturschutzpaket der EU-Kommission an. Weitere Einschränkungen drohten der Landwirtschaft durch das EU-Naturwiederherstellungsgesetz. Der Entwurf besagt, dass bis 2030 auf 20 % der Land- und Seefläche Maßnahmen zur Wiederherstellung der Natur ergriffen werden müssen. Es gebe also in Brüssel breite Bestrebungen zur Extensivierung der Landwirtschaft.

Mit Blick auf die Gänsefraßschäden in Schleswig-Holstein erklärte Herbst: „Die EU-Vogelschutzrichtlinie würde es schon jetzt ermöglichen, die Nonnengans-Bestände deutlich stärker als aktuell zu regulieren.“ In Dänemark und den Niederlanden gebe es beispielsweise kaum Probleme. Die Landesregierung schiebe der EU den Schwarzen Peter zu, könnte aber deutlich mehr machen, so Herbst.

Niclas Herbst (Stirnseite) begrüßte die Besucher aus Schleswig-Holstein im Besprechungsraum der EVP-Fraktion. 

Chancen im Digitalen

Dr. Peter Jahr ist Mitglied im Agrarausschuss des EU-Parlaments und Koordinator für Agrarpolitik in der EVP-Fraktion. Für ihn sind Business-Modelle gegenüber anderen Modellen immer im Vorteil, weil sie „ehrlicher sind“. Brüssel müsse Angebote machen. Landwirte könnten dann rechnen, ob das für sie passe. Der Agrarier berichtete der Reisegruppe, dass Brüssel an einheitlichen Regeln zum Carbon-Farming arbeite. Aus seiner Sicht sollte man dabei den Fokus zunächst auf den Forst legen. Dort seien die CO2-Aufnahme durch die Vegetation und der Entzug durch die Bewirtschaftung vergleichsweise einfach zu bestimmen, während die Systeme der Landbewirtschaftung deutlich komplizierter seien. Jahr versprach den Anwesenden, für die nächste GAP-Periode auf eine Entbürokratisierung hinzuwirken. Potenziale sieht er vor allem in digitalen Methoden, zum Beispiel Softwarelösungen und Satellitenüberwachung.

Er warb bei den Landwirten dafür, neue Regelungen auch als Chancen wahrzunehmen und nicht grundsätzlich abwehrend zu reagieren. Wie Herbst erkennt auch Jahr, dass die Bedeutung der Ernährungssicherheit in Brüsseler Diskussionen zunimmt. Immerhin sei in der GAP der Anteil der Stilllegung von Ackerflächen in der Konditionalität von 10 % auf 4 % heruntergehandelt worden. Er erinnerte an eine EU-Folgenabschätzung, nach der bei 10 % Stilllegung und 25 % Ökolandbau die Selbstversorgung in der EU nicht mehr gewährleistet wäre. „Dadurch hatte man gute Argumente“, betonte Jahr.

Das Naturwiederherstellungsgesetz ist für den Agrarpolitiker „mindestens genauso gefährlich“ wie der Entwurf für das Pflanzenschutzmittelgesetz. Er bezeichnete diese Vorhaben als Misstrauensantrag gegenüber den Landwirten. Die EVP-Fraktion sei sich einig, dass die EU-Kommission ihre Vorschläge zum Pflanzenschutzmittelgesetz und zum Naturwiederherstellungsgesetz revidieren müsse.

An Fläche gebunden

Von Europaparlamentarier Martin Häusling (Grüne) wollten die Landwirte wissen, wie seine Partei zur Entwicklung der Tierhaltung in Europa stehe. „Niemand will die Tierhaltung abschaffen“, erklärte der Hesse. Aber es gebe in einigen Regionen mit hoher Viehdichte Probleme, zum Beispiel mit Nitrat im Grundwasser. Er stehe für eine flächengebundene Tierhaltung. Häusling sieht viele Zielkonflikte zwischen Tier- und Emissionsschutz. Aber kein Mensch könne ernsthaft wollen, Kühe in geschlossene Ställe mit Luftfilteranlagen einzusperren, stellte Häusling klar. Tierhaltung sei grundsätzlich wichtig, um Grünlandwirtschaft zu erhalten. Grünland sei schließlich der wichtigste CO2-Speicher in Europa.

Das Ziel einer 50%igen Pflanzenschutzmittelreduktion unterstützt Häusling. Die Kommission habe aber bei ihrem Vorschlag des Pflanzenschutzmittelgesetzes viele handwerkliche Fehler gemacht. Ein Beispiel seien die vielen Unschärfen bei den sensiblen Gebieten. Die Kommission habe das allerdings eingesehen und korrigiere nun. Für den Grünen-Politiker ist die Landwirtschaft der Zukunft in ihrer Gesamtheit weniger intensiv. Die Renationalisierung der GAP sieht er kritisch, weil dies im Binnenmarkt zu Wettbewerbsproblemen führen könne.

Vom Landwirt zum Gärtner?

Dr. Andreas Schneider arbeitet in der Generaldirektion Landwirtschaft direkt dem polnischen EU-Agrarkommissar Janusz Wojciechowski zu. Aus Schneiders Sicht haben die Agrarier in Brüssel einen schweren Stand. Aktuell würden eher Umweltpolitiker die Richtung der Agrarpolitik vorgeben. Als Beispiel nannte er den Pflanzenschutz, für den die Umweltpolitik zuständig sei, „obwohl die Rechnung über die GAP an die Landwirtschaft geht“.

Schneider geht davon aus, dass die Zielgenauigkeit der GAP-Maßnahmen in der Ersten Säule mit den nationalen Strategieplänen abnimmt. Er sieht einen Konstruktionsfehler: „Die Tierhaltung soll heruntergeschraubt werden“, so der Agrarökonom. Das verschärfe jedoch den Strukturwandel. Um die Agrarpolitik in Brüssel zu stärken, brauche es mehr Agrarier im EU-Parlament. Momentan habe die Landwirtschaft dort kaum eine Lobby. Dabei sei Agrarpolitik auch Sicherheitspolitik. Schneider erinnerte in diesem Zusammenhang an den Arabischen Frühling, der durch hohe Brotpreise ausgelöst wurde.

Mit Blick auf die eingereichten GAP-Strategiepläne berichtete er, dass es insgesamt nur in sechs Mitgliedstaaten Eco-Schemes gebe, in denen Precision-Farming gefördert werde, lediglich zwei böten Carbon-Farming an. „Insbesondere Precision-Farming kann jedoch helfen, den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln zu reduzieren“, zeigte sich Schneider überzeugt. Laut dem Niedersachsen sorgt sich die Kommission aktuell nicht darum, dass Bauern überlegen, aus der GAP auszusteigen. „Landwirte sollen Landschaftsgärtner werden“, stellte er seinen Eindruck überspitzt dar. Vorwürfen, die Landwirtschaft werde übersubventioniert, erteilte er eine Absage. Schneider rechnete vor: „Wenn alle politischen Förderausgaben in allen Politikfeldern über Brüssel abgerechnet würden, läge die Landwirtschaft bei einem Anteil von rund einem Prozent.“

Attraktivität fehlt

Gespannt waren die Landwirte aus Schleswig-Holstein auf den Austausch mit Vertretern der Naturschutzverbände. André Prescher-Spiridon, Referent für EU-Politik beim BUND, unterstrich, dass es attraktive Angebote für Landwirte brauche, um Naturschutzmaßnahmen umzusetzen. Man sei sich zudem einig, vor allem kleine und mittlere Betriebe zu halten.

Matti Gurreck, Referent für Biodiversität und Landnutzung in der EU beim Nabu, stellte fest, dass einige Prämien von Eco-Schemes zu niedrig angesetzt seien. Mit Blick auf die Diskussion um Pflanzenschutzverbote in sensiblen Gebieten sagte er, dass die Lösung nicht in Komplettverboten liege. Er sieht großes Potenzial im Ausbau des Integrierten Pflanzenschutzes. 

Ein Video-Interview mit Niclas Herbst finden Sie auf dem YouTube-Kanal „BauernTV

Ein niederländischer Sieger

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Die Trakehner Hengstkörung fand in diesem Jahr erstmals im Dezember statt. Abgesehen von der Verlegung des Termins und dem Fehlen von Fohlen gab es für die Trakehner-Fangemeinde aber das gewohnte Programm. Neben der Beurteilung und Rangierung der Junghengste wurden der Freispringcup und das Dressurpferdechampionat ausgetragen, der Hengst des Jahres und die Jahressiegerstute wurden geehrt und natürlich wieder viele Züchter und Förderer ausgezeichnet.

Der Trakehner Siegerhengst von Easy Game führt den großen Namen Kaiser's Erbe. Foto: Sportfotos-Lafrentz.de

Ganz wie gewohnt begann der Trakehner Hengstmarkt mit der Pflastermusterung vor den Holstenhallen. Frisch waren die Temperaturen und frisch zeigten sich auch die 35 Köranwärter dem Publikum und der fünfköpfigen Körkommission. Diese beurteilte bei der ersten Vorstellung das Exterieur jedes Hengstes im Stand, bevor es auf eine große Trabrunde ging.

„Wir haben eine Bandbreite an phänotypischer Varianz gesehen, die die moderne Trakehner-Zucht abbildet“, kommentierte der Zuchtleiter Lars Gehrmann und fügte hinzu: „Am Start sind Veredler, Verstärker und Halbblüter, darunter attraktive Dressurspezialisten wie auch klare Buschaspiranten.“ Mit jeweils mehreren Nachkommen vertreten waren beispielsweise die Vatertiere Ivanhoe, High Motion, Millennium und Dezember.

Wie gewohnt gab es bei der Pflastermusterung den ersten Beifall für besonders gute Bewegungsmechanik, so unter anderem auch für die Nummer elf, Kaiser‘s Erbe. Der Hengst von Easy Game aus der Kaiser‘s Els von Van Deyk stammt aus den Niederlanden und überzeugte auch an den nächsten Tagen im Freispringen und im Freilaufen. „Was für eine Erscheinung. Voller Wucht und Anmut. Unerschütterlich im Takt. Arrogant in der Mechanik seines Vorderbeins. Königlich in seiner Erhabenheit“, schwärmte Gehrmann, nachdem der dunkelbraune Hengst zum Sieger gekürt worden war. Er sei sportlich mit allen Attributen für das große Viereck gesegnet und habe eine der besten Galoppaden des Tages gezeigt. „Das Ganze mit einem ausgeglichenen Temperament und bester Leistungsabstammung. Ein echter Siegerhengst.“

Über seinen Vater Easy Game ist Kaiser’s Erbe Halbbruder des erfolgreichsten Dressurpferdes der Welt, TSF Dalera BB, und des Trakehner Starvererbers Millennium, der auf dem diesjährigen Hengstmarkt ebenfalls geehrt wurde. Gezogen wurde der Siegerhengst in den Niederlanden von A.J.M. aan de Stegge, der auch Züchter der Hengste Kaiser Milton und Kavalli war, aber noch vor der Geburt des Fohlens unerwartet verstarb. Zunächst übernahm seine Frau die Zucht, doch dann verstarb auch sie. „Die Pferde standen allein da“, berichtete Anton van Osch, der mit den aan de Stegges befreundet war.

Die Qualität des Fohlens hatte der Züchter sofort erkannt. „Wir hielten ihn für noch besser als Kaiser Milton“, so van Osch. So bildete sich die Zuchtgemeinschaft ter Harmsel-Zanderink, Elly van Vlerken-van Osch und übernahm das Fohlen. Auch um die anderen Pferde der Familie kümmerte sich van Osch. Das Fohlen zeigte gleich seine Qualität und siegte bei der Eintragung im Rheinland mit 58 Punkten. Zur Aufzucht brachte es van Osch nach Schleswig-Holstein zu Gerard Geling in Dannau, Kreis Plön. Der wusste auch gleich, dass da „etwas Besonderes heranwächst“. Zwei Jahre lang war der junge Hengst bei ihm im Stall. „Ein Wahnsinnsfohlen“, schwärmte Geling.

Mit Holzschuhen an der Longe durch den Wald

Per WhatsApp wurde die Besitzergemeinschaft über die Entwicklung von Kaiser’s Erbe auf dem Laufenden gehalten. Das letzte Video ging sechs Tage vor der Körung ein: ein Spaziergang an der langen Longe durch den Wald. Der gebürtige Niederländer Geling in Holzschuhen, der Hengst friedlich schnaubend an seiner Seite.

Ende Juli habe er angefangen ihn zu arbeiten, berichtete Geling über die Ausbildung des Hengstes. Durch den nach hinten verschobenen Körtermin bekämen die Hengste sechs Wochen mehr Zeit auf der Koppel. Das freue ihn, aber „man muss dann gucken, was man mit den Vielversprechenden von ihnen macht. In der großen Gruppe riskiert man eine Verletzung“, erklärte Geling. So stellte er den Hengst nachts mit einem ruhigen Kumpel auf die Weide und tagsüber in eine große Laufbox.

Die Verlegung der Veranstaltung in den Winter merkte man auch den übrigen Hengsten positiv an. So präsentierte sich der Körjahrgang überwiegend ruhig und mit Übersicht. „Für die Pferde war das super“, stellte auch Norbert Camp fest. Der Vorsitzende des Trakehner Verbandes erklärte, dass auch die Vorauswahl bewusst unspektakulär gestaltet gewesen sei. Insgesamt könne man noch dazulernen, aber es sei schon sehr gut gelaufen. Der Vorstand hatte befürchtet, dass im Dezember nicht genug Gäste nach Neumünster kommen würden, doch diese Sorge war unbegründet. Die Trakehner-Fans verzichteten nicht auf ihren Hengstmarkt.

Neben Kaiser’s Erbe wurden zwölf weitere Hengste gekört, fünf von ihnen bekamen eine Prämie. Reservesieger wurde der kraftvolle Rockingham von Saint Cyr, der mütterlicherseits als Enkel der Weltcupsiegerin Renaissance Fleur TSF mit einer so hochkarätigen wie seltenen Abstammung glänzt. Gezogen wurde der Hengst von Mathias Kley aus Thüringen, über den Erfolg und das Auktionsergebnis von 87.000 € freute sich eine Besitzergemeinschaft aus dem Hause Langels in Sachsen-Anhalt. Zugeschlagen wurde der Braune nach Schleswig-Holstein.

Ebenfalls im Prämienlot waren der Schimmel Tanzfürst von Dezember aus der traditionsreichen Zucht des Gestüts Panker der Hessischen Hausstiftung, Kreis Plön, und Elektric Spirit von Ivanhoe aus dänischer Zucht von Annegrete Jacobsen. Elektric Spirit wurde für 53.000 € nach Schleswig-Holstein zugeschlagen, Tanzfürst erzielte 52.000 € und ging nach Bayern. Als bester Halbblüter und bester Springhengst firmierte Belun, ein Sohn des Angloarabers Nathan de la Tour AA aus der Zucht von Simone und Frank Schönbeck. Er ging für 72.000 € nach Hamburg.

Zur Preisspitze avancierte wie zu erwarten der Siegerhengst mit 170.000 €. Käufer aus Bayern machten das Rennen. Eine vollgeschwisterliche Trächtigkeit zum Sieger wurde für 23.000 € versteigert. Der Durchschnittspreis der gekörten Hengste betrug 53.958 €, bei den nicht gekörten waren es 17.857 €. „Dieser Hengstjahrgang ist eines Jubiläumshengstmarktes würdig“, urteilte Körkommissar Dr. Hans-Peter Karp aus Nordrhein-Westfalen. „Der Jahrgang war ausgeglichen, wir konnten den Zuchtfortschritt mit Sportlichkeit präsentieren.“ Mit Hengsten aus fünf Nationen war der Körjahrgang auch internationaler als je zuvor.

Stutenpower in den Holstenhallen

Begeistert vom Interieur zeigte sich Peter Kunath aus Sachsen. Der Züchter und Privathengsthalter war Mitglied der Körkommission und freute sich über die harmonische Vorstellung. Doch er hatte auch mahnende Worte. „Teilweise haben wir nicht den besten Beschlag gesehen“, kritisierte er und machte deutlich: „Die Hufpflege muss im Fohlenalter beginnen und kontinuierlich fortgesetzt werden.“ Positive Worte fand er für das Springen der Hengste, das durch den Einsatz von Spezial­blut besser geworden sei. Ohne das Springen gehe es nicht: „Wir haben ein vielseitiges Pferd“, betonte er.

Aus diesem Grund gibt es seit sieben Jahren auch den Trakehner Freispringcup. Qualifizieren können sich drei- und vierjährige springbetonte Nachwuchstalente. Den Sieg sicherte sich in diesem Jahr eine vierjährige Tochter des Vollblüters Integral xx. Elke Kiewald aus Mecklenburg-Vorpommern ist die Züchterin von Haila, die bereits bei ihrer Zentralen Eintragung in Ganschow beste Springstute und beste Halbblutstute wurde. Platz zwei vergaben die Richter doppelt: an die in Litauen im Staatsgestüt Nemunas gezogene dreijährige Stute Halna, eine Tochter des Springvererbers Viskis, und an die ebenfalls dreijährige Romeiken. Im niedersächsischen Stall von Züchterin Gisela Gunia kam nicht nur das Nachwuchstalent zur Welt, sondern auch dessen Vater Tecumseh, der in Klasse S siegreich ist.

Die Prämienstute Grace Kelly von Schwarzgold wurde Jahressiegerstute und holte bei der Auktion einen Zuschlagspreis von noch nie erreichten 157.000 €. Foto: Sportfotos-Lafrentz.de

Zum Rahmenprogramm des Trakehner Hengstmarkts gehört auch das Finale des TSF Dressurcham­pionats. Hier siegte der Rapphengst Kalimero von Hibiskus, der von Natalie Soujon in der Prix-St.-Georges-Kür brillant vorgestellt wurde und sich den Titel mit gut 74 % sicherte. Kalimero wurde gezogen und steht im Besitz von Ines Eisold aus Brandenburg, die auch Züchterin des Prämienhengstes Kwahu und des aktuell gekörten Kratos ist. Platz zwei ging an Christina Ellendt aus Kayhude, Kreis Segeberg, deren Vorstellung von Kampino von Elfado mehr als 73 % erhielt.

Traditionell findet in Neumünster auch die Auswahl der Jahressiegerstute statt. In diesem Jahr präsentierte sich die Prämienstute Grace Kelly von Schwarzgold am besten, die bei der Auktion zur gefeierten Preisspitze avancierte und zum noch nie erreichten Zuschlagspreis von 157.000 € den Besitzer wechselte. Die noble schwarzbraune Stute stammt aus der erfolgreichen Zuchtgemeinschaft von Familie Ebert und Hella Kuntz aus Hessen.

Die Stuten der Kollektion erzielten einen Durchschnittspreis von 42.500 €, die Reitpferde kosteten im Schnitt 45.714 €. Mit 82.000 € erzielte der Wallach Tatanka den Spitzenpreis der Reitpferde.

Ein Jahrhunderthengst aus Plön

Mit seinen 14 Jahren hat Millennium bereits Zuchtgeschichte geschrieben. Er ist Vater von rund 100 gekörten Hengsten aus zahlreichen europäischen Reitpferdezuchten. Die Deutsche Reiterliche Vereinigung (FN) weist für die Saison 2021 13 S-erfolgreiche Millennium-Nachkommen aus, fünf haben bereits S***-Niveau bis hin zu internationalen Grand-Prix-Platzierungen erreicht und weitere stehen in den Startlöchern für die Königsklasse. Nun wurde Millennium als Trakehner Hengst des Jahres 2022 ausgezeichnet. „Im Vergleich zu sehr populären und stark frequentierten Warmbluthengsten liegt seine Quote an Erfolgspferden in schweren Prüfungen nicht nur in der gleichen Liga, sie ist vielmehr überdurchschnittlich hoch“, ordnete Zuchtleiter Lars Gehrmann die Vererbungskraft des Hengstes ein.

Auch ein Beschäler der Superlative, „ein wahrer Stempelhengst“, wie ihn sein Mitbesitzer Albert Sprehe betitelt, fängt klein an. Millenniums Kinderstube lag in Selent im Kreis Plön, wo Dr. Bettina Bieschewski Trakehner züchtet. Ihre wertvolle Zuchtstute Merle von Ravel brachte 2008 ein Hengstfohlen zur Welt, das im Gestüt Hohenschmark von Norbert Timm in Grebin, Keis Plön, aufwachsen durfte. Als Reservesieger der Trakehner Körung 2010 ging der lackschwarze Hengst in den gemeinsamen Besitz der Sächsischen Gestütsverwaltung in Moritzburg und des Gestüts Sprehe in Niedersachsen über.

Der Ausnahmehengst weiß auch unter dem Sattel zu glänzen und ist siegreich bis Intermédiaire II. Seine Enkel, wie Helium oder Freiherr von Stein, stellen längst gekörte Söhne und Siegerhengste. Für den Trakehner Hengstmarkt 2022 haben sich drei Söhne und acht Enkel von Millennium als Köranwärter empfohlen.

Anlässlich seiner Ehrung als Trakehner Hengst des Jahres 2022 wurde der im Kreis Plön geborene Millennium von Beatrice Arturi vom Gestüt Sprehe vorgestellt. Foto: Sportfotos-Lafrentz.de

Historischer Landschaftspark an der Schlei

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Etwa 10 km östlich von Schleswig entfernt befindet sich direkt an der Schlei das Schloss Louisenlund, das seit 1949 als Bildungseinrichtung einer Stiftung genutzt wird. Die angrenzende Parkanlage auf dem historischen Gelände mit einem freimaurerischen Erleuchtungsweg gilt als größter Freimaurerpark Europas. Einige Reste davon sind erhalten oder auch wiederhergestellt.

Der Landgraf Carl von Hessen-Kassel, Statthalter der dänischen Krone in Gottorf, heiratete 1766 Louise, die Tochter des dänischen Königs Friedrich V. Sie brachte die Gutsanlage an der Schlei mit in die Ehe, die sie als Geschenk erhalten hatte. Der Landgraf ließ Louisenlund, wie es nach seiner Frau fortan benannt wurde, ab 1770 als Sommerresidenz für Louise ausbauen.

Der zweigeschossige Bau ist eine spätbarocke Anlage, die im Laufe der Zeit durch klassizistische und moderne Umbauten verändert wurde, die bis ins Jahr 1820 reichten. Seither wurden keine wesentlichen baulichen Änderungen und Ergänzungen mehr vorgenommen.

Schleigarten, Landschaftspark und Lindenalleen

Wer an dem südlichen Ufer der Schlei entlangradelt, passiert an der Großen Breite das Schlossgelände Louisenlunds, auf dem etwa 350 Schüler aus ganz Deutschland und aus dem Ausland unterrichtet werden. Auffallend sind die eindrucksvollen Lindenalleen und alten Eichen. Sehr schön gestaltet sich der Blick vom Herrenhaus in Richtung Schlei, wo ein symmetrisch angelegtes Rasenparterre den Blick des Betrachters auf sich zieht. Mit den geschnittenen Buchs- und Eibengewächsen, kleinen Hecken und Rasenflächen sowie Rosenbeeten hat die Szenerie einige Anklänge an barocke Zeiten.

Quer zu Anfahrtsallee verlaufende Lindenalleen befinden sich nahe der Schlei. Foto: Hans-Dieter Reinke

Inmitten dieser Anlage steht eine besondere Sonnenuhr, eine sogenannte Armillarsphäre, die neben der Zeitangabe mit einem Modell des Kosmos verbunden ist. Neben einem kleinen Schüler-Café befinden sich nahe der Schlei Bootsanlagen. Die Bildungseinrichtung besitzt ein eigenes Forschungsschiff und verschiedene Segelboote, mit denen die Schüler die Schlei befahren können. Darüber hinaus hat das Technische Hilfswerk (THW) auf dem Gelände einen Stützpunkt. Ansonsten werden das Herrenhaus und sämtliche historischen und neu errichteten Gebäude für schulische Zwecke und Wohnmöglichkeiten der Schüler genutzt. So dient die ehemalige Orangerie heute als Aula und Musikschule.

Während in den Anfängen des Schlossparks noch barocke Strukturen errichtet wurde, ließ Landgraf Carl bereits ab den 80er Jahren des 18. Jahrhunderts die meisten Teile allmählich im englischen Stil eines Landschaftsparks umwandeln. Auf der schleiabgewandten Seite des Schlosses wurden neben Wiesen geschwungene Wege, Pflanzungen und Baumsolitäre als sogenannter Pleasureground angelegt. Der Landschaftspark ist erhalten und bietet zusammen mit dem Herrenhaus und der Schlei hübsche Ansichten. So stehen hier beispielsweise eine alte, knorrige Blubuche, Rosskastanien, eine große Esskastanie, Tulpenbäume, säulenförmig gewachsene Eiben, Ahorne und Linden zusammen mit Neupflanzungen von Ginkgo, Linde und Trauerweide auf den rasenartigen Freiflächen.

Die Sonnenuhr im Schleigarten zeigt freimaurerische Elemente. Foto: Hans-Dieter Reinke

Daneben entstanden auch Staffagebauten, die aus Carls Leben berichteten, aber auch sein Denken und Handeln als Vertreter der Freimaurer im Louisenlunder Park widerspiegelten. Carl war aufklärerischen Ideen aufgeschlossen und der Mystik der Freimaurer zugewandt. Er nutzte den Park in vielfältiger Weise für die geheimnisumwobene Tempelarbeit seiner Loge.

Wer waren die Freimaurer?

Die Ursprünge der Freimaurerei liegen in den Verbindungen der Kirchenbauer des 17. und 18. Jahrhunderts, die ihre Baugeheimnisse innerhalb ihrer eingeschworenen Gemeinschaft, zu der Handwerker, Künstler, Architekten, Verwalter und andere Berufsstände gehörten, bewahren wollten. Standesunterschiede oder sonstige Unterschiede waren in diesen Gemeinschaften unbekannt und sie bezeichneten sich gegenseitig als Brüder. Als das Gründungsjahr der modernen Freimaurerei gilt das Jahr 1717, in dem die erste Freimaurergroßloge in England entstand. Jeder Mann kann auch heute ungeachtet seiner Position, Bildung, Religion oder seines Berufs Mitglied der Gemeinschaft der Freimaurer werden, wenn er von den Mitgliedern aufgenommen wird. In Deutschland gibt es etwa 15.000 Ordensbrüder in über 500 Logen. Freimaurer gibt es weltweit. Sie üben jahrhundertealte Rituale aus, die dazu dienen sollen, einen guten Menschen noch besser zu machen, wie sie es nennen. Es handelt sich um ein Netzwerk, eine alte und erfolgreiche, aber zu gewissen Zeiten auch wegen der Verschwiegenheit nach außen und Verfolgungen geheimnisumwitterte Brüderschaft. Wichtige Werte der Freimaurer sind Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit, Toleranz und Humanität. Der Freimaurer arbeitet beständig an sich selbst mithilfe von Ritualen und Symbolen in der Brüderschaft und strebt nach Licht und Wahrheit. Viele bedeutende Persönlichkeiten waren dem Freimaurertum zugeneigt oder Mitglied, so Wolfgang Amadeus Mozart, Carl von Ossietzky, Johann Wolfgang von Goethe, George Washington (insgesamt waren 14 der US-Präsidenten Freimaurer), Winston Churchill, Friedrich der Große, Louis Armstrong, Mark Twain und eben der Landgraf Carl von Hessen.

Freimaurerische Aspekte in Louisenlund

Verschiedene Kleinarchitekturen und Bauten mit freimaurerischem Symbolgehalt und mytologischer Bedeutung entstanden zu Zeiten des Landgrafen in Louisenlund.

So stößt man nahe dem Waldparkplatz bei der Anreise auf das in der Nähe gelegene Nordische Haus (heute Waldkapelle), das als Spielort für die herzoglichen Kinder diente. Das Holzgebäude erinnerte an die Zeit Carls in Norwegen. Ein angelegter See mit Überlauf und Wasserfall bereicherte die Szenerie, und nahebei befand sich eine Grotte für freimaurerische Rituale. Es war eine Eremitage für den Rückzug des Menschen in die Natur.

Nahe der langen Lindenallee zum Schlossgelände in Richtung Herrenhaus befindet sich auf einer Anhöhe der Felsenberg, der auch als Steingarten bezeichnet wird. Die Erhebung wurde aus groben Findlingen aufgeschichtet. Der steile Aufstieg symbolisiert den Aufstieg zum Licht der Tugend, der (Selbst-)Erkenntnis und zu Gott und steht damit auch für das Streben nach geistiger Entwicklung.

Die Mariensäule erinnert an die Hochzeit der Tochter des Landgrafen Carl von Hessen mit dem dänischen Kronprinzen. Foto: Hans-Dieter Reinke

Auf der anderen Seite des Sportplatzes sieht man vom Zufahrtsweg in der Ferne etwas erhöht die Mariensäule. Dieser dreiteilige Obelisk erinnert an die Eheschließung von Marie Sophie Frederike, der Lieblingstochter Carls von Hessen, mit dem dänischen Kronprinzen Frederik. Die Inschrift zeigt das Datum der Hochzeit im Jahre 1790. Der Altar symbolisiert die Pflicht zu lebenslanger Treue in der Ehe, aber auch unter den Freimaurerbrüdern. Die Initialien „F“ und „M“ stehen für Frederik und Marie, aber wohl auch für Free Mason (Freimaurer).

Im Wald stehen noch die Louisensäule mit ihren aufstrebenden Formen, die Irdisches mit dem Göttlichen verbindet, sowie die Reste des ehemaligen Freimaurerturmes. Diese wurden vor einiger Zeit freigelegt und der Wiederaufbau des Turmes ist vielleicht einmal vorgesehen. Der ehemals dreigeschossige Turm mit Laborkeller für alchemistische Experimente und einem Logenraum besaß eine Zinnenplattform, die den Blick über die Schlei eröffnette. Für Carl von Hessen war das 1770 erbaute Gebäude auch ein Symbol für den Aufstieg zum Licht. Das Phönixtor vom Eingang des Freimaurerturmes mit altägyptischen Motiven ist erhalten und findet sich heute in einer Mauer des Marstalls verbaut. Zu den freimaurerischen Aspekten der Parkanlage werden im Sommerhalbjahr Führungen von der Stiftung Louisenlund ­angeboten.

Louisenlund Foto: Hans-Dieter Reinke

1848 gelangte Louisenlund durch Erbschaft an die Herzöge von Schleswig-Holstein-Sonderburg-Glücksburg, in deren Besitz sich Herrenhaus und umliegende Flächen noch heute befinden. Mit der 1949 von Herzog Friedrich zu Schleswig-Holstein gegründeten Stiftung Louisenlund und der Einrichtung einer Bildungsanstalt befindet sich heute noch immer eines der bekanntesten Internate Deutschlands an der Großen Breite der Schlei.

Eine schöne Ergänzung des Parkbesuches in Louisenlund kann eine Wanderung oder Radtour an der Schlei sein, die einen bis nach Schleswig zu einem Besuch des bekannten Wikingermuseums Hai­thabu oder zum Schloss Gottorf führen kann.

Neun Abschlüsse in Bauernhofpädagogik

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Die große Freude und Rührung über das Erreichte bei Teilnehmerinnen und anwesenden Ehrengästen waren durch und durch zu spüren, als die neun Absolventinnen von Ute Volquardsen, der Präsidentin der Landwirtschaftskammer, ihr Kurszertifikat in Bauernhofpädagogik auf dem Ferien- und Milchviehbetrieb Ratjen in Aukrug in Empfang nehmen konnten.

In einem halben Jahr mit viel theoretischem Wissen und reichlich Praxis in Futterkamp wie auch auf dem Naturerlebnishof Helle haben die Absolventinnen es geschafft, ein Projekt zu konzipieren und auf den Weg zu bringen. Für die meisten der neun Frauen bedeutet dies einen Entwicklungsschritt hin zu etwas Eigenem und zu einer alternativen Einkommensquelle. „Das Ergebnis des Lehrganges ist beeindruckend“, betonte Ute Volquardsen. Immer mehr Bauernhöfe öffnen ihre Türen, um wertvolle Bildungsarbeit zu leisten.

Ute Volquardsen überreichte die Urkunden an die glücklichen Teilnehmerinnen, so an Jessica Köpke aus Nessendorf.

Ein breites Netzwerk

Es ist mittlerweile ein richtiges Netzwerk entstanden. Bildungsangebote für Kinder auf dem Bauernhof sind nicht nur gefragt, sie sind auch gesellschaftlich von großer Bedeutung, da immer weniger Menschen, ob groß oder klein, wissen, wie Landwirtschaft heute funktioniert und wie unsere Lebensmittel produziert werden. Annette Röttger und Hauke Göttsch (beide CDU) waren gekommen, um sich selbst ein Bild zu machen. Sie unterstützen das Vorhaben seit Langem. Auch Heidi Thamsen vom LandFrauenverband Schleswig-Holstein sowie Dr. Kirsten Hess vom Bauernverband waren unter den Gästen sowie die Repräsentanten der Landwirtschaftskammer, Klaus Hohnsbehn, Kreis Rendsburg-Eckernförde, und Heiko Rahlf, Kreis Segeberg.

Das Projekt Schulklassen auf dem Bauernhof wie auch das breite Netzwerk an Bauernhofpädagogen im ganzen Land leben von dem Zuspruch auch der berufsständischen Verbände und von immer mehr mitmachenden Betrieben, die ihre Türen öffnen. Mittlerweile haben rund 200 Betriebe im Land den Betriebszweig Bauernhofpädagogik als alternative Einkommensquelle etabliert.

Die Kammerrepräsentanten, hier Heiko Rahlf und Klaus Hohnsbehn, der Bauernverband, vertreten durch Pressesprecherin Dr. Kirsten Hess, und die Politik, hier Landtagsabgeordneter Hauke Göttsch (v. li.), tragen das Bildungsvorhaben mit in die Fläche.

Lernen auf dem Bauernhof

Die Absolventinnen machten deutlich, dass es hier um Lernen mit Kopf, Herz und Hand gehe und die vielfältigen Aktionen mit den Kindern auf dem Hof viel mehr seien als ein Hofrundgang. Es sind Lerneinheiten am außerschulischen Lernort Bauernhof. Seit 2019 werden Höfe, die eine Schulklasse empfangen, vom Bildungsministerium mit je 100 € für ihren Aufwand unterstützt. Die Bauernhofpädagogikkurse der Kammer sind über Eler gefördert.

Bauernhofpädagogin und Betriebsleiterin Mirja Ratjen zeigte den Kindern vom Kindergarten Aukrug, wie das Melken geht – an einem Kuhmodell aus Holz.

Konzept „Milchschule“

Gastgeberin Mirja Ratjen hatte den Kurs in Bauernhofpädagogik bei der Kammer vor einem Jahr absolviert. Ihr Ferienhof und Milchviehvollerwerbsbetrieb empfängt mittlerweile regelmäßig Gruppen, beispielsweise den Kindergarten Aukrug. Die Lerneinheiten finden im Milchviehstall statt, aber auch Kleintiere wie Ponys, Kaninchen und Hühner sind mit dabei. Aus dem schön gestalteten Aufenthaltsraum kann man direkt in den Jungviehstall schauen. Betriebsleiter und Hausherr Harder Ratjen betonte, wie wichtig es ihm ist zu zeigen, wie echte Landwirtschaft funktioniert. Ihr Konzept nennen sie „Milchschule“.

Die Nachfrage nach diesen Bildungsangeboten im Land wächst, und rund 200 Betriebe haben den Betriebszweig Bauernhofpädagogik mittlerweile als alternative Einkommensquelle etabliert. Vom Aufenthaltsraum lässt es sich direkt in den Stall schauen.
Betriebsleiter Harder Ratjen motiviert mit der Auszubildenden Wiebke Rohwer Kuh Elsa für den Fototermin.

Die frischgebackenen Absolventinnen stellten ihre Ideen vor, darunter Kathrin Volquardsen, Reußenköge, und Anne Rahlf, Seedorf. Sie wollen mit einem vielfältigen Programm für Kinder wie einem Jahreszeitenkurs, Ferienkursen und speziellen Unterrichtseinheiten für Schülerinnen starten.

Inga-Kristina Johannsen, Handewitt, betreibt bereits mit ihrer Mutter und ihrer Schwester ein Naturklassenzimmer, wo mit Schulklassen gegärtnert, gekocht und gebacken wird – alles unter freiem Himmel und auf offenem Feuer. Das Thema gesunde Ernährung ist hier ein wichtiger Schwerpunkt. Carla Halske, Travemünde, entwickelte ein vielseitiges bauernhofpädagogisches Programm für ihre Feriengäste.

Bauernhofpädagogin Carla Halske stellte das Projekt für ihren Ferienhof aus Travemünde vor.
Die Absolventinnen Kathrin Volquardsen und Anne Rahlf (v. li.) erklärten, dass Bauernhofpädagogik viel mehr sei als ein Hofrundgang.

18 Jahre Bauernhofpädagogik

Seit 18 Jahren führt die Landwirtschaftskammer den Lehrgang Bauernhofpädagogik durch. Diese Zusatzqualifikation befähigt dazu, hochwertige erlebnispädagogische Angebote auf Höfen durchzuführen, um damit einen Einkommensbeitrag zu erwirtschaften.

Durch den hohen Praxisanteil und die betriebs- und persönlichkeitsorientierte Konzeption sowie viele kreative Methoden ist dieser Kurs bundesweit einmalig und weit über die Grenzen Schleswig-Holsteins bekannt. Die Teilnehmerinnen aus Schleswig-Holstein wurden aus Mitteln des Landes Schleswig-Holstein (MLLEV) und der EU (Eler) gefördert. In den vergangenen 18 Jahren haben 412 Lehrgangsteilnehmer und -teilnehmerinnen das Zertifikat erhalten. Ein landwirtschaftlicher Betrieb ist viel mehr als eine reine Produktionsstätte für Nahrungsmittel. Der Bauernhof ist der Ort, wo Lebensmittel entstehen.

Auf dem Bauernhof kann Wissen zum Erfahrungsschatz werden und so den Menschen prägen. Positive Kindheitserlebnisse auf dem Bauernhof sind eine der effektivsten Möglichkeiten, den Dialog zwischen Landwirtschaft und Gesellschaft zu fördern.

Da diese Art von Wissensvermittlung eines pädagogischen Basiswissens sowie Kenntnissen in Gruppenführung, Rhetorik und Sinnesschulung bedarf, hat die Landwirtschaftskammer Schleswig-Holstein zusammen mit der Pädagogin Christine Hamester den Lehrgang Bauernhofpädagogik konzipiert. Interessenten wenden sich an Heiderose Schiller bei der Landwirtschaftskammer (hschiller@lksh.de). Der nächste Kurs startet am 6. März 2023.

Ansprechpartnerin für das Projekt Schulklassen auf dem Bauernhof ist Christiane Wellensiek (cwellensiek@lksh.de). Die nächsten Grundlagenschulungen (eineinhalb Tage) finden am 13./14. März 2023 und am 12./13. Oktober 2023 statt. Diese Schulung ist notwendig, um sich im Schulklassenprojekt zu registrieren und die Aufwandsentschädigung als Betrieb in Anspruch nehmen zu können. Absolventen des großen Bauernhofpädagogiklehrganges sind von dieser Grundlagenschulung befreit.

Heiderose Schiller leitet das gefragte Fortbildungsangebot Bauernhofpädagogik bei der Landwirtschaftskammer.
Hauptreferentin und fester Bestandteil des Kurses ist Christine Hamester (r.); hier mit Annette Röttger (li.) und Telse Halske im Gespräch.

Eier sind aus

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„Jetzt also auch noch die Eier“ – so denken viele Verbraucher, wenn sie die Pressemeldungen über eine bevorstehende „Eierkrise“ hören. Nachdem in diesem Jahr bereits Mehl, Nudeln, Pflanzenöl und Reis zeitweise knapp waren, scheinen nun auch Eier Mangelware zu werden. Doch keine Angst: Für die Weihnachtsbäckerei sollten auch weiterhin genügend Eier im Lebensmittelhandel vorhanden sein. Die Lebensmittelindustrie hat jedoch schon vorsorglich Preisaufschläge für zum Beispiel Backwaren, Nudeln, Mayonnaise und Eierlikör angekündigt. Nach Aussage der Produzenten ist im Großhandel das Eierangebot leer geräumt. Auch die Bestände an Flüssigei, Eipulver et cetera sind mittlerweile knapp. Die Notierungen für zum Beispiel Eier aus Bodenhaltung haben im Großhandel ein Allzeithoch von über 21 € für 100 Stück (Klasse L) erreicht, vor einem Jahr waren es noch etwa 17 €. In den vergangenen Wochen sind die Kurse nicht weitergestiegen, halten sich jedoch auf dem erreichten Rekordniveau. Die Preisaufschläge für eihaltige Produkte sind sogar noch höher ausgefallen.

Viele Gründe

Die Hühnerhalter begründen die hohen Preise mit durch die Vogelgrippe reduzierten Beständen. Vor allem Zuchtbetriebe waren durch diese Krankheit betroffen, sodass jetzt der Nachwuchs in den Hühnerställen fehlt. Durch den Ukraine-Krieg haben sich zudem die Futterkosten deutlich erhöht. Hinzu kommen noch die stark gestiegenen Energiekosten. Die Stallhaltung verursacht hohe Kosten durch Heizung und Lüftung. Dazu kommen die gestiegenen Transportkosten. Wegen der Vogelgrippe müssen viele Freilandhennen nun drinnen gehalten werden. Das soll sie davor schützen, von Zugvögeln mit der Vogelgrippe angesteckt zu werden. Viele Betriebe haben aufgrund dessen die Hühnerhaltung reduziert.

Der Absatz von frischen Eiern ist zu Weihnachten höher als zum Osterfest. Daher zeigt sich der Markt aktuell geräumt. Die Großabnehmer können sich aktuell nur am Spot-Markt eindecken. Aber auch hier ist die frei gehandelte Ware sehr knapp und teuer. Damit gleicht die Situation am Eiermarkt vielen anderen Bereichen mit hohen Preisaufschlägen. Auch in anderen EU-Ländern sind Eier knapp. In England werden Eier bereits nur noch in rationierten Mengen verkauft. Viele Regale bleiben dort trotzdem leer. In den Pubs werden Eierspeisen von der Karte genommen. Somit können auch Importe nicht das hiesige Angebot ergänzen. Einfuhren können zudem die hiesigen Anforderungen an Herkunft und Haltung oft nicht erfüllen.

Aufschläge für den Bruderhahn

Nach Aussage einiger Eierproduzenten könnte sich die Lage ab dem Jahr 2024 zusätzlich verschärfen. Nach derzeitigem Stand gibt es bis dahin kein erlaubtes Verfahren zur Früherkennung des Geschlechts im Ei. Somit bleibt nur die teure Bruderhahnaufzucht. Diese wird bereits jetzt in der Biohühnerhaltung praktiziert. Da die Aufzucht der Bruderhähne etwa dreimal so viel kostet wie der Verkauf des Masthähnchens einbringt, wird auf jedes Ei ein Aufschlag von zirka 4 ct erhoben, um die Kosten zu decken.

Wer hätte gedacht, dass es bei all den Rohstoffkrisen dieses Jahres jetzt auch noch die Eier treffen würde? Trotz des knappen Angebotes sind viele Abnehmer im Großhandel nicht bereit, höhere Preise zu zahlen, und würden lieber die Bestellmengen reduzieren. Sollten zu Weihnachten weniger Eier in den Regalen zu finden sein, könnte dies auch mit dem Unwillen des LEH zusammenhängen, höhere Preise zu zahlen. Die vielen Pressemeldungen zu diesem Thema sorgen dafür, dass die Nachfrage nochmals zunimmt. Ähnlich wie im Frühjahr bei Nudeln und Mehl wird das Eierangebot knappgeredet. Verstärkte Hamsterkäufe beschleunigen den Abverkauf.

Auch die Halter von Mastgeflügel stehen aktuell vor ähnlichen Herausforderungen wie die Legehennen-Betriebe. In der ganzen Branche sind jetzt auskömmliche und angepasste Preise notwendig. Ansonsten nimmt der Bestand weiter ab und die Abhängigkeit von Importen nimmt zu.