Start Blog Seite 233

Gemüsewurst und Hafermilch sind gefragt

0

Der Markt für Fleisch- und Milchalternativen auf Pflanzenbasis wächst weiter stark. Im Jahr 2022 ist der Umsatz mit derartigen Produkten in Deutschland um 11 % auf 1,91 Mrd. € gewachsen, heißt es in einer vom Good Food Institute Europe veröffentlichten Untersuchung.

Der Umsatz mit Fleischersatzprodukten auf pflanzlicher Basis ist im Jahr 2022 auf rund 2 Mrd. € angestiegen, was 6 % des gesamten Marktes für vorverpacktes Fleisch entspricht. Das berichtet die Nichtregierungsorganisation (NGO) Good Food Institute Europe (GFI Europe), die Daten des Marktforschungsunternehmends ­NielsenIQ analysierte. Die analysierten Länder waren Österreich, Belgien, Dänemark, Frankreich, Deutschland, Italien, die Niederlande, Polen, Portugal, Rumänien, Spanien, Schweden und das Vereinigte Königreich. Der Bericht zeigt, dass der Absatz von Fleischersatzprodukten auf pflanzlicher Basis von 2020 bis 2022 um 21 % gestiegen ist, während der Absatz von konventionellem Fleisch im gleichen Zeitraum um 8 % zurückgegangen ist.

Der Wert der Verkäufe von Fleisch auf pflanzlicher Basis stieg im vergangenen Jahr um 3 %, das bedeutete eine Verlangsamung der Wachstumsrate nach einem starken Jahr 2021, als der Umsatz um 16 % auf 1,96 Mrd. € stieg.

Milchersatzprodukte sind weit entwickelte Kategorie

Dem Bericht zufolge sind Milchersatzprodukte auf pflanzlicher Basis die am weitesten entwickelte Kategorie, die jetzt 11 % des gesamten Milchmarkts ausmacht, wobei der Umsatz zwischen 2020 und 2022 um 19 % gewachsen ist – fast doppelt so stark wie bei herkömmlicher Milch – und im vergangenen Jahr 2,21 Mrd. € erreichte.

Während der Absatz pflanzlicher Milchersatzprodukte zwischen 2020 und 2022 um 20 % anstieg, ging der Absatz konventioneller Milch im gleichen Zeitraum um 9 % zurück. Diese Kategorie war weniger stark von der Inflation betroffen, da die Preise für pflanzliche Produkte im vergangenen Jahr um 1 % stiegen, während konventionelle Milch 17 % mehr kostete.

Der Umsatz mit pflanzlichen Käseersatzprodukten stieg zwischen 2020 und 2022 in den Ländern, in denen Daten verfügbar waren, um 102 % und erreichte eine Umsatzhöhe von 144 Mio. €. Während der Absatz von Käseersatz auf pflanzlicher Basis in diesem Zeitraum um 153 % anstieg, ging der Absatz von konventionellem Käse um 4 % zurück. Dies war eine weitere Kategorie, die weniger stark von der Inflation betroffen war, wobei die Preise für pflanzenbasierten Käse im vergangenen Jahr um 3 % zurückgingen, während herkömmlicher Käse 12 % mehr kostete.

Der Absatz von pflanzlichen Joghurt­ersatzprodukten stieg zwischen 2020 und 2022 um 16 %, während der Absatz von konventionellem Joghurt um 4 % zurückging. Der Durchschnittspreis für pflanzlichen Joghurt stieg um 2 %, während die Preise für konventionellen Joghurt im vergangenen Jahr um 10 % stiegen.

Nachfrage nach Ersatz für Meeresfrüchte wächst

Fisch und Meeresfrüchte auf pflanzlicher Basis gehören zu den am wenigsten entwickelten Bereichen im heimischen Lebensmittelhandel. Der Absatz von Meeresfrüchte-Ersatzprodukten auf pflanzlicher Basis stieg in diesem Zeitraum um über 300 %. Obwohl dies die am schnellsten wachsende Kategorie ist, bleibt sie mit einem Umsatz von nur 43 Mio. € im Jahr 2022 die am wenigsten entwickelte – aber der durchschnittliche Preis pro Einheit ist im vergangenen Jahr um 4 % gesunken.

Fortschritte gab es auch in Kategorien wie Sahnersatz auf pflanzlicher Basis, Eiscreme und Fertiggerichte – die Verkaufswerte stiegen von 2020 bis 2022 um 79 %.

„Dass der Markt wächst, liegt vor allem daran, dass Unternehmen mehr pflanzenbasierte Produkte entwickelt und auf den Markt gebracht haben“, so Carlotte Lucas von GFI Europe. Um dieses Wachstum aufrechtzuerhalten, brauche es aber weitere Innovationen, um pflanzliche Produkte zu entwickeln, die den Erwartungen der Verbraucherinnen und Verbraucher in Bezug auf Geschmack, Preis und Verfügbarkeit entsprechen.

Das Good Food Institute Europe ist eine internationale Nichtregierungsorganisation (NGO), die sich für den Aufbau eines nachhaltigen Lebensmittelsystems mit Alternativen zu Fleisch-, Ei-, Milch- und Meeresprodukten auf Pflanzenbasis oder aus Zellkulturen einsetzt. bb

Unterschiedliche Besteuerung in der EU

In Österreich ist pflanzliche Milch mit 20 % doppelt so hoch besteuert wie herkömmliche Milch. In sieben anderen EU-Ländern, darunter Frankreich, Irland und die Niederlande, werden Kuh- und Pflanzenmilch gleich hoch besteuert. In Italien ist der Unterschied am größten mit einem Steuersatz von 4 % auf Kuhmilch und 22 % auf Sojamilch, geht aus dem „ProVeg Plant Milk Report“ hervor. bb

App für den Sammelantrag 2023: Eigene Fotos statt Vor-Ort-Kontrolle

0

Die Umsetzung der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) der Europäischen Union sieht vor, dass Antragstellende für ihren Antrag von der Verwaltung unterstützt werden sollen, um den ­individuellen Antrag möglichst gut zur Auszahlung zu bringen. Laut Kieler Landwirtschaftministerium (MLLEV) ist das Ziel, die Antragstellenden rechtzeitig über Auffälligkeiten und Hinweise zum Antrag zu informieren, damit anschließend bis zum 30. September eines Jahres noch sanktionsfrei Änderungen vorgenommen werden können. Hierzu sind Nachweise zu bestimmten Vorgaben zu erbringen.

Um diese Nachweise erbringen zu können, ist in Schleswig-Holstein nun eine innovative Lösung eingeführt: die Verwendung der App „Profil SH“ zur Erstellung von sogenannten geotagged Fotos.

Fotos mit der App erstellen

Der Antragstellende erhält bei der Nutzung dieser App Aufträge von der Verwaltung, bestimmte Flächen oder Orte fotografisch zu dokumentieren. Diese Fotos dienen dann als Nachweis dafür, dass die Vorgaben der GAP erfüllt werden. Sollte der Antragstellende diese Aufträge nicht abarbeiten, muss die Verwaltung davon ausgehen, dass die Vorgaben nicht erfüllt sind. Dies kann zu Kürzungen und Sanktionen der Beihilfe führen.

Die Verwendung der App bietet viele Vorteile für den Antragstellenden. So ist die Erstellung von Fotos per App schneller und einfacher sowie freier planbar als das manuelle Ausfüllen von Formularen. Die Übertragung der Bilder an die Verwaltung erfolgt automatisch und fehlerfrei, was die Bearbeitung der Anträge beschleunigt. Zusätzlich werden Kontrollen vor Ort für diese Nachweise nicht mehr erforderlich. Damit entfällt das mitunter zeitaufwendige Begleiten einer Vor-Ort-Kontrolle.

Die Verwendung der App ist laut MLLEV eine moderne und effiziente Methode, um die Vorgaben der GAP zu erfüllen und um sicherzustellen, dass die Beihilfe nicht gekürzt oder sanktioniert wird.

Mit der App Profil SH können geotagged Fotos erstellt werden. Dies bedeutet, dass jedes Foto automatisch mit Informationen über den Aufnahmestandort und die Uhrzeit versehen wird. Dies ermöglicht es der Verwaltung, die Korrektheit der Angaben im Antrag zu überprüfen und eventuelle Fehler schneller zu erkennen. Sollten Fehler erkannt werden, dann bekommt der Antragstellende eine Mitteilung zu dieser Feststellung. Der Antrag kann durch diese Mitteilungen korrigiert oder angepasst werden, sodass eine Sanktionierung nicht mehr angerechnet wird.

Die App kann zeitlich flexibel eingesetzt und Fotos können von mehreren Flächen direkt nacheinander erstellt werden. So können beispielsweise bei einem Rundgang durch die Felder Fotos von den betroffenen Flächen aufgenommen und diese dann als Gesamtpaket an die Verwaltung übertragen werden. Es können sogar schon Bilder direkt beim Mähen oder Mulchen von Grünland oder Brachen erstellt werden. Grade die Fragen nach der landwirtschaftlichen Tätigkeit oder der Mindesttätigkeit werden tendenziell häufiger gestellt werden, sodass ein Vorhalten dieser Bilder vorteilhaft ist. Das spart Zeit und Anstrengungen und sichert den Antrag ab.

Bilder von Flächen

Sollte kein Smartphone vorhanden sein, sollte eine dritte Person beauftragt werden, regelmäßig die App zu öffnen und mögliche neue Aufträge abzurufen. Ob neue Aufträge vorliegen, kann über die Aktualisierung der Aufgaben geprüft werden. Grundsätzlich ist es auch möglich, dass sich mehrere Nutzer die Aufträge zu einem Antragstellenden aufrufen und Bilder zu einem Auftrag aufnehmen – diese Funktion wird erst zum Start der Auftragserteilung nutzbar sein. Sobald ein Auftrag als eingereicht gekennzeichnet ist, ist das Einreichen weiterer Bilder zu dem Auftrag nicht mehr möglich. Mit der App sollen auch Bilder ohne einen Auftrag erstellt werden, um beispielsweise die für die Öko-Regelung 5 geforderten Nachweise von Kennarten zu dokumentieren.

Bei der Aufnahme von Bildern ohne konkreten Auftrag sollte die aktive Abmeldung aus der App vermieden werden. Dies kann je nach installierter App-Version dazu führen, dass alle nicht eingereichten Bilder gelöscht werden. Bei der Abmeldung erscheint ein entsprechender Hinweis. Es empfiehlt sich, die App immer auf dem aktuellen Stand zu halten, beispielsweise durch die Nutzung von automatischen Updates in den jeweiligen Appstores. Gleiches gilt, falls das Endgerät defekt ist und durch ein anderes Gerät ersetzt werden muss. Die App selbst kann zwar wieder installiert werden, jedoch sind die bis dahin gesicherten, aber nicht eingereichten Bilder nicht wiederherstellbar. Bei der App werden die Bilder in einer gesicherten Umgebung gespeichert. Die Verwendung von Bildern aus der eigenen Galerie ist daher nicht möglich. Bei aktiv veränderten Bilddaten oder wenn auf dem Smartphone ein nicht originales Betriebssystem installiert wurde, wird es einen entsprechenden Hinweis an die Verwaltung geben. Unter Umständen werden dann die Nachweise nicht akzeptiert.

Für Android-Nutzer wird mindestens die Version 10 empfohlen. Das Apple-Gerät sollte mindestens die iOS-Version 15.3.1 (iOS 15.3.1) haben. Außerdem sollten mindestens 50 MB freier Speicher auf dem Smartphone vorhanden sein, zusätzlich ist Speicher für die erstellten Bilder vorzuhalten. 

App herunterladen

Die App kann im Google Play-Store für Android heruntergeladen werden und ist über folgenden Link zu finden: https://t1p.de/9ntx4

Nutzer von Apple-Geräten finden die App nicht über die Suchfunktion im App-Store, sondern unter: https://t1p.de/epqv6

Kurzanleitung zur Verwendung von Profil SH

1. Laden Sie die App „profil – sh“ aus dem App Store oder von Google Play herunter und installieren Sie diese auf Ihrem Gerät. Das Icon der App ist das weiße P auf grünem Grund. 

2. Stellen Sie sicher, dass Sie über WLAN mit dem Internet verbunden sind oder die mobile Datennutzung eingeschaltet ist. 

3. Öffnen Sie die App und drücken Sie den Button für die Aktualisierung . Geben Sie Ihre Anmeldedaten (BNRZD und PIN) auf der Anmeldeseite ein. Die Anmeldung mit BNRZD und PIN ist dieselbe, die beispielsweise zur Anmeldung in Profil Inet verwendet wird. 

4. Stellen Sie sicher, dass die GPS-Funktion Ihres Geräts aktiviert ist, damit die App Ihren aktuellen Standort erkennen kann. Andernfalls erscheint ein Hinweis. Ein Foto ohne GPS-Daten kann nicht aufgenommen werden und würde als Nachweis nicht anerkannt werden. 

5. Wählen Sie einen Auftrag zu einer Fläche aus. Bei mehreren Aufträgen hilft die Filterfunktion um den Auswahlbereich übersichtlich zu halten. 

6. Mit langem Drücken auf eine Fläche öffnet sich ein Dialog zur Navigation zu der Fläche. Dazu wird die Standard-Navigations-App genutzt. 

7. Öffnen Sie die Kamera-Funktion innerhalb der App, um ein Foto aufzunehmen. Dafür sollten Sie innerhalb der Fläche stehen. Sollten Sie ihre GPS-Funktion erst wenige Augenblicke zuvor aktiviert haben, kann die Ortung und Funktionalität weiterer Sensoren verbessert werden, wenn Sie eine „Acht“ (8) mit dem Gerät in die Luft zeichnen. 

8. Wenn Sie das Foto aufgenommen haben, wird es in der App-eigenen Galerie abgelegt. Das Foto ist nicht in der üblichen Galerie zu finden, in der andere Bilder liegen. 

9. In den Fotos werden automatisch die GPS-Daten des Ortes und weitere Daten hinterlegt (geotagged). 

10. Sie können Ihre geotagged Fotos in der Galerie der App aufrufen, zur Versendung als Nachweis zu einem Auftrag auswählen und anschließend einreichen. 

11. Versandte Bilder können nicht mehr gelöscht werden. 

Anmerkung: Je nach installierter App (Android oder iOS und teilweise je nach Gerät) können die Schritte und Funktionen etwas variieren. 

Hinweis: Mit dem aktiven Abmelden werden sämtliche erstellte Bilder gelöscht, die noch nicht eingereicht sind. 

Aufnehmen von Fotos mit der App Profil SH 

Um gute Ergebnisse zu erzielen, sollten die nachfolgenden Hinweise bei der Verwendung der App beachtet werden. 

1. Qualität der Fotos: Beinhaltet die Fragestellung an der Fläche die Erkennung von Pflanzen, so sollten Sie die Qualität des Fotos zunächst mit einer Erkennungssoftware testen. Z. B. mit der kostenlosen App Flora Incognita. Wird die Pflanze korrekt erkannt, so sollten Sie ein möglichst gleichwertiges Foto aufnehmen und mit der App Profil SH einreichen. 

2. Zeitpunkt wählen: Versuchen Sie, Pflanzen bei idealen Lichtbedingungen zu fotografieren, um die besten Ergebnisse zu erzielen. Zudem sollten sich die Pflanzen in einem Stadium befinden, in dem sie leicht zu bestimmen sind (z. B. Blüte). 

3. Ausrüstung: Achten Sie bei der Nutzung der Smartphone-Kamera darauf, dass die Linse sauber ist und keine Schutzfolie mit eingeschlossenen Blasen auf der Kamera angebracht ist, um hochwertige Bilder zu erhalten. 

4. Vergrößerung einstellen: Stellen Sie sicher, dass Sie einen ausreichenden Zoom eingestellt haben, um die wichtigsten Merkmale der Pflanzen klar erkennen zu können. 

5. Passender Hintergrund: Die zu fotografierende Pflanze muss gut zu erkennen sein und sich klar vom Hintergrund abheben. 

6. Daten prüfen: Überprüfen Sie Ihre Daten sorgfältig, bevor Sie diese hochladen, um sicherzustellen, dass alle Informationen korrekt sind. 

Status zu Aufträgen. Screenshots: MLLEV


 


 

Navigation zur Fläche starten

Biostimulanzien: Hokuspokus war einmal

0

Ob Pflanzenextrakte, Mikroorganismen oder Amino- und Huminsäuren – die Anwendung von Biostimulanzien kann positiv auf das Pflanzenwachstum wirken. Über Potenziale und Grenzen dieser Produktklasse sprach Dr. Marina Mellenthin, Leiterin Technik bei Syngenta Agro, mit dem Bauernblatt.

Warum sind Biostimulanzien ein wichtiger Teil der Wachstumsstrategie von Syngenta?

In dem schwierigen Umfeld, in dem Landwirte jetzt produzieren müssen, sind Stimulanzien neu im Werkzeugkasten. Ziel ist es, die klimatischen und von den Böden her guten Voraussetzungen zur Nahrungsmittelproduktion weiter auszuschöpfen. In der Vergangenheit haben Pflanzenschutz und Düngung zu einem sehr hohen und auch sicheren Produktionsniveau beigetragen. Aber je enger diese Stellschrauben jetzt gedreht werden oder je mehr sie wegfallen, umso wichtiger wird es, nach neuen Möglichkeiten zu suchen. 

Wieso sind Biostimulanzien in Südeuropa schon länger am Markt etabliert?

Es geht dort vor allem um die Produktion von Obst und Gemüse. Das sind Lebensmittelprodukte mit hoher Wertschöpfung und bei denen die Qualität eine wichtige Rolle spielt. Hier können Biostimulanzien ihr Potenzial zeigen, wenn es um die Verbesserung der Qualität geht.

Unter welchen Bedingungen bietet sich der Einsatz von Biostimulanzien in Deutschland an?

Wir sehen großes Potenzial in der konventionellen, aber auch in der ökologischen Landwirtschaft. Viel wichtiger ist aber der regionale Ansatz. Je nach Region gibt es unterschiedliche Anforderungen. In den Roten Gebieten geht es um Nährstoffeffizienz. In Regionen wie der Magdeburger Börde werden eher Produkte zum Einsatz kommen, die die Toleranz gegenüber Trockenheit oder Hitze verbessern. Es ist absehbar, dass Trockenperioden aufgrund des Klimawandels häufiger und stärker auftreten. Landwirte werden sich daher mit diesen neuen Produkten beschäftigen.

Welche Empfehlung würden Sie einem schleswig-holsteinischen Ackerbauern geben, der überlegt, Biostimulanzien einzusetzen?

Standardempfehlungen wären hier nicht angebracht. Es kommt auf die Situation vor Ort an. Welche Kultur steht in dem Jahr auf dem Schlag? Und tritt dort wirklich starker abiotischer Stress auf? Das kann auch Kälte sein, die vielleicht das Auflaufen verzögert, zum Beispiel bei früh gedrilltem Mais. Mit unserem Produkt Megafol, das in Situationen von abiotischem Stress eingesetzt werden kann, sind Pflanzen dann eher dazu in der Lage, unbequeme Umweltbedingungen zu tolerieren. In Roten Gebieten ist es einfacher, eine Standardempfehlung zu geben. Dort bietet sich zum Beispiel der Einsatz von Nutribio N an. Die darin enthaltenen Mikroorganismen siedeln sich in und an den Pflanzen an und fixieren 30 bis 40 kg Stickstoff aus der Luft und machen ihn verfügbar.

Wie funktioniert die Applikation? 

Beim Nutribio N empfehlen wir eine Gabe von 50 g/ha, unabhängig von der Kultur. Die Mischbarkeit von Nutribio N ist ähnlich flexibel wie die von Megafol. Wir haben eine breite Produktpalette auf physikalisch-chemische Mischbarkeit getestet. Bei Mikroorganismen ist wichtig, dass sie die Mischung im Tank auch überleben. Bei Kombination mit Kupfer wäre ich beispielsweise vorsichtig. Kupfer ist toxisch und kann dazu führen, dass die Funktionsfähigkeit des Bakteriums in Nutribio N leidet.

Zu welchem Düngungszeitpunkt in Getreide wirkt Nutribio N am besten? 

Wir empfehlen einen Einsatz in den Stadien BBCH 21 bis 31. Da die enthaltenen Bakterien sehr kälteunempfindlich sind, kann man schon sehr zeitig applizieren. Wir führen aktuell auch Versuche mit Herbstanwendung durch und sind auf die Ergebnisse gespannt. Sollte der Landwirt die N-Düngung reduzieren wollen, macht eine Reduktion zur zweiten Gabe am meisten Sinn.

Zum Einsatz von Biostimulanzien besteht noch großer Forschungsbedarf. Wie ist der Stand?

Das Thema ist in Universitäten und Fachhochschulen angekommen. Wir bekommen eine ganze Reihe von Anfragen für Master- und Doktorarbeiten mit der Bitte um Unterstützung. Es gibt Interesse, die Wirkungsweisen einzelner Biostimulanzien zu prüfen und mit verschiedenen Methoden im Labor nachzuweisen. Grundlagenforschung ist wichtig, damit Empfehlungen so optimiert werden, dass sie sich zu einem zuverlässigeren Mehrwert entwickeln. Landwirte werden kein Geld in die Hand nehmen für ein Produkt, ohne zu wissen, ob es auch wirkt.

Worauf liegt der Forschungsfokus bei Syngenta?

Wir haben seit mehr als einem Jahrzehnt in diesem Bereich eine eigene Forschungsabteilung und befinden uns weiter im Aufbau. Vergangenes Jahr haben wir eine Plattform gegründet, in der wir uns global vernetzen mit Start-ups, Instituten und Universitäten. Es gibt viele kleine Firmen, die an Produkten arbeiten, von denen sie sich erhoffen, dass sie als Biostimulanzien im Markt einen Mehrwert bieten können. Diese Firmen suchen dann oft einen Partner, der im Markt etabliert ist, um dem Produkt auf die Beine zu helfen. Wir glauben, dass es bald kaum noch einen Markt geben wird, in dem diese Produktgruppe nicht ihren Platz gefunden hat.

Welche neuen Biostimulanzien können die Landwirte in nächster Zeit aus Ihrem Hause erwarten?

Jede Menge. Wir haben fast zu viele Wirkstoffe, sodass für uns die größte Herausforderung darin besteht, uns auf diejenigen zu fokussieren, die den größten Mehrwert für Landwirte bieten. Wenn ein Produkt in Spanien im Tomatenanbau große Marktanteile hält, heißt das noch lange nicht, dass wir dieses Produkt in Deutschland beispielsweise im Ackerbau einsetzten können. Es gilt daher, Schritt für Schritt die Produkte unter unseren Bedingungen zu testen, zu beschreiben und dann zu selektieren, mit welchen wir in welches Segment gehen können. Konkret ansprechen möchte ich das Produkt YieldON. Das ist für Schleswig-Holstein besonders interessant, weil wir es im Raps positionieren möchten. YieldON hat gezeigt, dass es beim Einsatz zur Rapsblüte sowohl den Rapsertrag als auch den Ölgehalt positiv beeinflussen kann. Wir planen die Markteinführung 2024. Wenn man noch ein bisschen weiter in die Zukunft schaut, wird es weitere Biostimulanzien geben, zum Beispiel im Bereich Bodengesundheit. Das ist ein spannendes Gebiet, auf dem Stimulanzien definitiv etwas leisten können.

Dr. Marina Mellenthin. Foto: rq

Trilog beschließt RED-III-Novelle

Die Europäische Kommission, das Europäische Parlament und der Europäische Rat haben sich vorige Woche nach fast zweijährigen Verhandlungen auf eine umfassende Neugestaltung der EU-Erneuerbare-Richtlinie (RED III) geeinigt. Das europäische Ziel für Erneuerbare Energien wird damit von 32,5 % auf 45 % 2030 deutlich angehoben, mit verbindlichen Zielen für die jeweiligen Sektoren. Zusätzlich werden durch die Anpassungen auch auf europäischer Ebene Genehmigungsverfahren deutlich und dauerhaft beschleunigt.

Weiterhin findet keine Anrechnung von Wasserstoff aus Atomstrom auf EU-Ziele statt – die RED rechnet ausschließlich Erneuerbare Energien auf die Ziele an. Die informelle Trilogeinigung muss jetzt noch vom Europäischen Parlament und Rat formal angenommen werden.

Die nun erfolgte Einigung auf eine Novelle der EU-Erneuerbare-Richtlinie sieht vor, dass das EU-2030-Ziel für Erneuerbare Energien (EE) auf insgesamt 45 % des gesamten Energieverbrauchs (Bruttoenergieverbrauch) steigt. 42,5 % sind wie bisher verbindlich durch die Mitgliedsländer zu erbringen. Hinzu kommt ein indikatives zusätzliches Ziel von 2,5 %. Dieses „Top-up“ soll durch weitergehende freiwillige Beiträge der Mitgliedstaaten oder durch gesamteuropäische Maßnahmen erreicht werden. Damit verdoppelt die EU ihre Ambition beim Ausbau der Erneuerbaren Energien: Bisher war vereinbart, den Anteil Erneuerbarer Energien am Gesamtenergieverbrauch von 20 % im Jahr 2020 auf 32,5 % im Jahr 2030 zu steigern. Nun soll der Anteil durch die Maßnahmen der Mitgliedstaaten bis 2030 auf mindestens 42,5 % anwachsen.

Verbindliche Sektorziele für 2030 sorgen dafür, dass Erneuerbare Energien nicht nur im Stromsektor zum Einsatz kommen. Das bisher indikative Ziel für den Wärmebereich wird verbindlich und auf 1,1 Prozentpunkte Steigerung pro Jahr festgelegt. Hinzu kommt ein neues, indikatives Gebäudeziel von 49 % Erneuerbare Energien des Wärmebedarfs in Gebäuden.

Im Verkehrssektor erhöht sich das bereits verbindliche Ziel von 14 % auf 29 %. Ein neues verbindliches Unterziel im Verkehr umfasst eine Kombination von strombasierten Erneuerbaren Kraftstoffen (RFNBO) und fortschrittlichen Biokraftstoffen. Dieses Unterziel liegt bei 5,5 %, davon soll 1 % durch RFNBO abgedeckt werden.

Im Industriesektor wird ein neues verbindliches Ziel beim Einsatz von Wasserstoff und anderen strombasierten Brennstoffen vorgegeben. 42 % des 2030 verbrauchten Wasserstoffs in der Industrie müssen aus Erneuerbaren Energiequellen stammen, 2035 sollen es 60 % sein. Als neues indikatives Ziel ist vorgesehen, dass der Anteil von Erneuerbaren Energien am Gesamtenergieverbrauch in der Industrie jedes Jahr um 1,6 % steigen soll.

Regelungen entfristet

Die Regelungen zur Beschleunigung der Genehmigungsverfahren für den Ausbau von Erneuerbaren Energien und Netzen, die in der Notfallverordnung beschlossen wurden, werden weitestgehend festgeschrieben. Beispielsweise liegt der EE- und Netzausbau im überragenden öffentlichen Interesse und es kann in den Vorranggebieten auf zeitaufwendige Prüfschritte verzichtet werden (keine zweite Umwelt- und Artenschutzprüfung auf Projektebene, wenn es auf der Planungsebene bereits eine Prüfung gab). Das gilt aber nur, wenn angemessene Vermeidungs- oder Ausgleichsmaßnamen getroffen wurden, das Naturschutzniveau also hoch bleibt.

Hinzu kommt neuer Schwung für grenzüberschreitende EE-Projekte: jeder Mitgliedstaat muss mindestens ein grenzüberschreitendes Kooperationsprojekt angehen; damit die gemeinsame Zusammenarbeit gestärkt wird. Zu solchen Kooperationsprojekten gehören etwa gemeinsame Offshore-Projekte.

In der bis zuletzt strittigen Frage der Anrechnung von kohlenstoffarmen Brenn- und Kraftstoffen (sogenannten Low-Carbon Fuels), wie zum Beispiel Wasserstoff auf Basis von Atomstrom, wurde ebenfalls ein Kompromiss gefunden. Low-Carbon Fuels werden nicht auf die EE-Ziele angerechnet. Es wird also weiterhin klar zwischen Grünem H2 und Low-Carbon-H2 unterschieden. Dafür hatte sich die Bundesregierung im Vorfeld mit Nachdruck eingesetzt. Mitgliedstaaten, die ihren nationalen Zielbeitrag zum EU-2030-Ziel erfüllen und deren Industrie nahezu ausschließlich dekarbonisierte Brennstoffe nutzt, erhalten einen Abschlag auf das Wasserstoff-Unterziel in der Industrie und damit mehr Flexibilität.

Brennholz weiter nachhaltig

Die europäische Holzindustrie dürfte über die in Brüssel getroffene politische Übereinkunft im Trilog aus Kommission, Rat und EU-Parlament zur Novellierung der Richtlinie über Erneuerbare Energien erleichtert sein. Anders als vom Europäischen Parlament zunächst gefordert, soll es bei der Nutzung von Brennholz kaum Einschränkungen geben. Wie Verhandlungsteilnehmer berichteten, heißt dies konkret, dass Brennholz auch weiterhin als Erneuerbare Energie eingestuft wird und deren Nutzung weiterhin subventioniert werden darf. Ausgenommen davon ist dem Vernehmen nach lediglich Rundholz in höherer Qualität.

Mit Erleichterung hat auch die Arbeitsgemeinschaft Deutscher Waldbesitzerverbände (AGDW) – Die Waldeigentümer auf die Beibehaltung von Holz als Erneuerbarer Energie reagiert. „Das Schlimmste ist gerade noch vermieden worden“, sagte AGDW-Präsident Prof. Andreas Bitter. Für die zwei Millionen privaten Waldeigentümer sei die Anerkennung der Holzenergie als Erneuerbar „ein zentrales Element der nachhaltigen Forstwirtschaft“, hob Bitter hervor. Gleichzeitig erinnerte er daran, dass das Trilog-Ergebnis zahlreiche Detailregelungen enthalte, die noch in nationales Recht umgesetzt werden müssten.

Junge LandFrauen nun auch in Ostholstein

0

Bisher ist Ostholstein noch einer der wenigen weißen Flecken in Schleswig-Holstein, wenn es um die Jungen LandFrauen geht. Das soll sich nun ändern. Am Donnerstag, 20. April, lädt das Orgateam um 19 Uhr im Landhaus/Lachsbach Lunaus Events in Schönwalde am Bungsberg zur Auftaktversammlung ein.

Anfang des Jahres hatte Ingrid Schumacher eine Idee: Wie wäre es, einen Knotenpunkt in Ostholstein zu schaffen, an dem junge Menschen in den Austausch kommen und gemeinsam neue Erfahrungen sammeln? Für die Gründung der Jungen LandFrauen, Kreisverband Ostholstein begeisterte sie Lisa Meyer und Hannah Kluvetasch. Allesamt in Ostholstein verwurzelt und davon überzeugt, dass sie ihren Horizont vor Ort erweitern möchten.

Nun laden sie alle ein, die ebenfalls Lust haben, Neues auszuprobieren, sei es Klettern, Kunstmuseum oder Kränzebinden, oder die ein Thema im Kopf haben, zu dem sie gern einen Speaker hören oder diskutieren würden. Zur Auftaktveranstaltung sind alle willkommen. Bei Fragen ist das Orga­team zu erreichen unter jlf.ost
holstein@gmail.com 



Claudia Jürgensen ist Präsidentin

0

Alles neu – so lautet die Kurzfassung der Wahlen zum Landesvorstand des LandFrauenverbandes Schleswig-Holstein. Fast alle Posten standen am vergangenen Sonnabend auf der Vertreterinnenversammlung in den Holstenhallen Neumünster zur Wahl. Mit großer Mehrheit wurde Claudia Jürgensen zur neuen Präsidentin gewählt. Neue Vizepräsidentin ist Sylke Messer-Radtke.

Magret Albrecht, erfahrene Kreisvorsitzende aus Nordfriesland, führte souverän durch das umfangreiche Regularium. Als Erste trat Claudia Jürgensen ans Mikrofon. Seit acht Jahren arbeitet sie im Präsidium des Landesvorstandes, war bisher Vizepräsidentin an der Seite der scheidenden Präsidentin Ulrike Röhr. Mit einer frischen und enthusiastischen Rede empfahl sich die 50-Jährige aus Jübek im Kreis Schleswig-Flensburg für das höchste Amt im LandFrauenverband Schleswig-Holstein. Durch ihre Arbeit im Präsidium und an der Seite von Ulrike Röhr habe sie einen umfassenden Blick dafür bekommen, was LandFrauen auf Landesebene bewirken könnten und wie wichtig es sei, dass es engagierte Frauen gebe, die sich für den Verband und die Frauen im ländlichen Raum starkmachten. Ihre „Herzensthemen“ seien die zukunftsweisende Ausrichtung der Verbandsstrukturen, die Einbeziehung der Jungen LandFrauen und der Dialog zwischen Landwirtschaft und Verbraucher.

Ihre inzwischen 30-jährige LandFrauenkarriere begann für die „Berufesammlerin“ im Ortsverein Mittlere Treene. – Jürgensen ist gelernte Tischlerin, studierte Bauingenieurwesen und machte, als sie ihren Mann kennenlernte und auf dessen Hof einheiratete, noch die Ausbildung zur Hauswirtschafterin. „Ich brauchte Infos rund um Garten und Haus“, so Jürgensen. Bei den LandFrauen habe sie mehr gelernt als das. „Vor allem habe ich gespürt, dass der LandFrauenverein eine tolle Begegnungsstätte ist, um mit Frauen ins Gespräch zu kommen, aber auch, dass die Ortsvereine in den Gemeinden prägend für das Zusammensein, für die Gestaltung und Bildung sind.“ Deshalb engagierte sie sich im Ortsvorstand.

Ihr Ziel als Präsidentin sei es, den Verband für die Zukunft weiter gut aufzustellen und „ein Wir-Gefühl zu entwickeln, das uns alle das sein lässt, was wir gut können“, so Jürgensen.

Up Platt hielt Sylke Messer-Radtke ihre Bewerbungsrede für das Amt der Vizepräsidentin. Ihr Herz schlage schon seit vielen Jahren für die LandFrauenarbeit, so die 61-jährige Hauswirtschaftsmeisterin. Durch ihre Arbeit als Ortsvorsitzende in Tetenhusen und später als Kreisvorsitzende im Kreisteil Schleswig habe sie als Beisitzerin die Gremienarbeit auf Landesebene kennengelernt. „Das hat mich gepackt“, so Messer-Radtke, die in den vergangenen Jahren als Präsidiumsmitglied im Facharbeitskreis Hauswirtschaft und Verbraucherbildung auf Landes- und Bundesebene arbeitete sowie im Vorstand der Akademie für ländliche Räume und im Landesfrauenrat.

Neu ins Präsidium wurden Lena Haase (38) aus Dithmarschen und Heidi Thamsen (55) aus Nordfriesland gewählt.

Neue Beisitzerinnen sind Frauke Krohn aus dem Kreis Pinneberg und Inge Carstensen aus dem Kreis Nordfriesland. Zum Team der Beisitzerinnen gehören zudem Ilona Schütt aus dem Kreis Herzogtum Lauenburg und Petra Heide aus dem Kreis Schleswig-Flensburg.

Der neue Landesvorstand mit (v. li.) Frauke Krohn und Ilona Schütt (Beisitzerinnen) Lena Haase (Präsidiumsmitglied), Claudia Jürgensen (Präsidentin), Sylke Messer-Radtke (Vizepräsidentin), Heidi Thamsen (Präsidiumsmitglied) sowie Inge Carstensen und Petra Heide (Beisitzerinnen)

Eine Präsidentschaft mit Geschichte(n)

0

Sie waren alle gekommen zur Verabschiedung von Ulrike Röhr. Es war ein Stelldichein der Politik, der Verbandslandschaft und der Macher im ländlichen Raum Schleswig-Holsteins, allen voran Ministerpräsident Daniel Günther (CDU).

Die Geschichte der Präsidentin begann weit vor dem Jahr ihrer Wahl 2017. Es war ein Märztag 2009. Damals tagte die Vertreterinnenversammlung der schleswig-holsteinischen LandFrauen noch im ehrwürdigen Saal des Kieler Schlosses. Vier Kandidatinnen bewarben sich um einen Platz im Präsidium. Eine Kampfabstimmung, eine große Sache! Eine zierliche Stormarnerin trat ans Rednerpult. Ohne Zettel. Jedes Wort saß, jeder Satz war wohldurchdacht. Ulrike Röhr wurde gewählt.

Gerechtigkeitssinn, Empathie, das Respektieren anderer Meinungen, Organisationstalent und Strukturiertheit – so beschrieb die spätere Präsidentschaftskandidatin ihre wichtigsten Eigenschaften. Sie brauchte sie alle, um eine von außergewöhnlichen Umständen begleitete Präsidentschaft zu meistern. Unter ihrer Führung entwickelte sich aus einer notwendigen Umstrukturierung in der Geschäftsstelle ein im gesamten Deutschen LandFrauenverband noch immer einmaliges Modell, dass sich zwei Geschäftsführerinnen eine Stelle teilen.

2018 gründete sich im Kreis Stormarn die erste Projektgruppe der Jungen LandFrauen. Die Präsidentin unterstützte die Idee, den Initiatorinnen dafür Freiraum und Eigenständigkeit zu gewähren. Die Bewegung erfasste das ganze Land.

Zum Tag der Deutschen Einheit in Kiel im Oktober 2019 durfte der LandFrauenverband eine der Fürbitten vortragen. Ulrike Röhr ließ ihrer Vizepräsidentin Claudia Jürgensen den Vortritt: „Du kannst einfach besser Platt sprechen.“

Dann kam die Covid-Pandemie, die wohl größte Herausforderung ihrer Amtszeit. Die digitale Verbandsarbeit bis hin zu einem digitalen LandFrauentag mit Erdbeerkuchennetzwerk etablierte sich. Aber live war einfach besser. Nach der Pandemie wurde erstmals bei einem LandFrauentag getanzt.

Sie sei „großkariert“, bescheiden und doch bestimmt, aber vor allem eine sehr kommunikative Netzwerkerin und gute Rednerin, wurde Ulrike Röhr zum Abschied bescheinigt. Abschied? Landwirtschaftsminister Werner Schwarz (CDU) freut sich, dass Ulrike Röhr weiter im Dialogprozess „Zukunft der Landwirtschaft in Schleswig-Holstein“ mitarbeitet. Auch als Vorstandsmitglied der Landwirtschaftskammer wird sie weiterhin tätig sein.

Nach dem langen Tag in den Holstenhallen gönnte sich Ulrike Röhr ein kleine Reise mit ihrem Mann. Drei Tage. Aber dann habe sie so einige Projekte, verriet sie. Wer Ulrike Röhr kennt, weiß: Die Geschichte ihres Engagements ist noch lange nicht zu Ende.

Zitate

„Ich werde dich in Berlin als zuverlässige, konstruktive und starke Partnerin vermissen. Dass der Deutsche LandFrauentag 2024 in Kiel stattfindet, daran hast du einen wesentlichen Anteil.“

Petra Bentkämper, ­Präsidentin des Deutschen LandFrauenverbandes

„Du hältst alle und alles zusammen, bist der Fels in der Brandung, mutig und bescheiden. Du kämpfst unaufgeregt, leise und trotzdem bestimmt. Ich freu mich sehr auf unsere zukünftige Zusammenarbeit.“

Ute Volquardsen, Präsidentin der Landwirtschaftskammer ­Schleswig-Holstein

„Für den Ruhestand wünschen wir dir: Ruhe dich aus, erkunde die Welt, steh spät auf, nutze die Freizeit für Familie und Freunde, tanze durchs Leben und angle dir ein neues Hobby!“

Jessica Bruhn, Vorsitzende des Landjugendverbandes Schleswig-Holstein

„Als Präsidentin des LandFrauenverbandes waren Sie das Gesicht einer zukunftsoffenen Ausrichtung und des Wandels der LandFrauen. Sie haben damit an einer ganz entscheidenden Stelle an den Lebensmöglichkeiten für den ländlichen Raum mitgewirkt.

Bischof Gothardt Magaard

Bauernpräsident Klaus-Peter Lucht bedankte sich mit einem Foto von H. D. Habbe bei Ulrike Röhr. Die Präsidentin kennt sich aus mit großen Tieren und betreute lange ihre eigene Mutterkuhherde. Fotos: Ulrike Baer
Sven Zimmermann, Songwriter, Fotograf, Schriftsteller und ehemaliger Gitarrist und Sänger von „Godewind“, spielte zum Abschied Songs, die sich Wegbegleiterinnen für Ulrike Röhr gewünscht hatten.

Berufsnachwuchs am Start

0

Im ganzen Land startete im Februar der Berufswettbewerb der deutschen Landjugend mit den Kreisentscheiden. Mit großem Einsatz hatten sich Vorstandsmitglieder der Kreislandjugenden um die Organisation des Berufswettbewerbs  sowie attraktive Preise für die Besten gekümmert. Die Sieger der Kreiswettbewerbe messen sich beim Landesentscheid, bevor im Juni die Bundesfinals im niedersächsischen Echem beziehungsweise im rheinhessischen Essenheim ausgetragen werden. Einige Sieger stellen wir hier vor.

Die Sieger des Kreisentscheids des Berufswettbewerbs im Kreis Schleswig-Flensburg: Linus Hensen (erstes Lehrjahr), Robin Holst (zweites Lehrjahr), Lennard Rohr (drittes Lehrjahr) und Jan Lukas Hagen (drittes Lehrjahr, v. li.) flankiert von den Kreislandjugendvertretern John Gosch und Laura Stolley Foto: Johanna Jessen
Mitglieder der Kreislandjugend Nordfriesland mit den drei Gewinnern Hannah Sophie Petersen, Jacob Jensen und Paul Janick Wieben (vorn M. v. l.) Vom Kreisvorstand dabei: (v. li.) Lisa Tedsen, Lisa Hoeg, Boyke Petersen, Svenja Carstensen, Tarik Jannsen, Felix Matz und Levke Wiebe Foto: Lena Zirpens
Beim Kreisentscheid des Berufswettbewerbs in den Kreisen Pinneberg und Steinburg wurden die besten drei geehrt (v. li.): Lasse Bolten (dritter Platz), Finn Beutler (erster Platz) und Nico Strauch (zweiter Platz). Foto: Willem Lüschow
Die Sieger des Berufswettbewerb s im Herzogtum Lauenburg (v. li.): Leonard Piper, Magnus Koch, Vincent Schorbach, Bjarne Kistenmacher, Lasse Johann Staben und Nils Hagen Foto: Finja Aue

Wir müssen reden!

0

„Don‘t talk aneinander vorbei!“ – dieser Satz eines angeheiterten Tresenbruders zu seinen englischsprachigen Begleitern vor vielen Jahren ist mir durch seine Schrulligkeit im Gedächtnis geblieben. Doch abgesehen von der kuriosen Zweisprachigkeit kann er sehr wohl als Motto für jeden Dialog gelten. 

In unserer Gesellschaft wird allenthalben vor Spaltungen gewarnt, wenn man sie nicht gar schon als eingetreten empfindet. Was die Landwirtschaft betrifft, so wird eine solche Spaltung zumeist zwischen städtischer und ländlicher Bevölkerung verortet, und vonseiten der Landbewohner gibt es gute Gründe, von den Städtern zu erwarten: Seht es ein, ihr braucht das Land, ihr braucht uns Bauern, wir ernähren euch, wir dienen eurem Wohlergehen, erhebt euch nicht über uns! 

Die Autoren Juli Zeh und Simon Urban haben die Diskrepanz der Lebenswelten zwischen Stadt und Land in ihrem neuen Buch „Zwischen Welten“ tief ausgelotet. Eine Landwirtin und ein Journalist – alte Freunde, aber auseinanderentwickelt – versuchen hartnäckig, sich über ihre jeweils drängenden, ja existenziellen Nöte zu verständigen. 

Streit kann furchtbar sein oder fruchtbar. Er ist nicht per se etwas Schlechtes. Die Auseinandersetzung mit einem Gegenüber, das nicht von Haus aus dieselbe Meinung hat und schulterklopfend beipflichtet, kann dazu anspornen, immer schärfer, pointierter, gründlicher zu argumentieren, berechtigte Einwände nicht wegzuwischen, sondern entweder einzuräumen oder zu widerlegen. Es ist noch nicht einmal nötig, sich dabei mit Samthandschuhen anzufassen, sofern man den menschlichen Respekt wahrt, vielleicht sogar die Freundschaft.

Und dennoch, die Kommunikation kann auch dann scheitern. Die Gefahr dazu ist größer, wenn sich der Austausch rein über die Sozialen Medien abspielt, wie es in dem oben genannten Roman – ganz auf der Höhe der Zeit – geschieht. Es spricht sich anders, direkter, mit einem leibhaftigen Gegenüber – am „gemeinsamen Lagerfeuer“, wie es der CDU-Politiker Thomas de ­Maizière formuliert hat. 

Eine weitere Gefahr ist die Pauschalisierung von Bevölkerungsgruppen, in diesem Fall „die Städter“, „die Landbewohner“. Wohnen denn auf dem Land keine Ignoranten, in der Stadt nur Besserwisser? Jede größere Gruppe ist heterogen – auch die Bauern, die „Ökos“, sogar die Politiker! 

Und schließlich: Wer fordert: „Wir müssen reden“, meint oft: „Dir muss ich etwas sagen, und das musst du akzeptieren.“ Dafür hat man gewiss gute Gründe. Die Gegenseite beansprucht allerdings ebenso gute.

Für ein Gespräch braucht es zwei Partner, und damit es auf der sprichwörtlichen Augenhöhe stattfindet, gehört das Zuhören dazu. Wer eine Spaltung beklagt und damit meint: „Ihr seid es, die spalten!“, hat das Wesen einer Spaltung nicht begriffen, nämlich dass sie – um im Bild zu bleiben – zwei Seiten besitzt, und man selbst steht auf einer Seite. Wird das nicht gesehen, kann es dahin kommen, dass man den Spalt vertieft, den man eigentlich auffüllen wollte. 

AMK in Büsum: Guter Geist oder Schreckgespenst?

0

Windig war es Ende vergangener Woche in Büsum, Kreis Dithmarschen, wo die Länderagrarminister gemeinsam mit Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) zur Agrarministerkonferenz (AMK) zusammenkamen. Einschließlich der Amtschefkonferenz am Mittwoch berieten sich die Politiker drei Tage lang zu fast allen Brennpunkten der Agrarbranche. Leider lautet das Resultat: viel heiße Luft!

Dabei gab es doch starken Rückenwind für die Belange der Landwirte. Mittels kreativer Aktionen, Demonstrationen und Kundgebungen machten sie auf die aktuellen Problemfelder aufmerksam. Flankiert von den Krabbenfischern, denen EU-seits ein Verbot ihrer Schleppnetze droht, war Büsum drei Tage lang fest in der Hand der Naturnutzer. Werner Schwarz (CDU), Schleswig-Holsteins Landwirtschaftsminister und AMK-Vorsitzender, sprach noch am Donnerstag von einem „guten Geist von Büsum“ und zeigte sich hoffnungsvoll, Fortschritte insbesondere für den Umbau der Tierhaltung zu erreichen.

Die in der Abschlusspressekonferenz präsentierten Ergebnisse sind allerdings ernüchternd. Der einstimmige Beschluss der AMK strotzt vor Worthülsen und Willensbekundungen, ohne eine konkrete Richtung anzuzeigen. Die große Uneinigkeit der Minister belegen auch die vielen Protokoll­erklärungen, die zusätzlich abgegeben wurden. Strittig sind zum Beispiel die Finanzierung des Tierhaltungsumbaus, der Umgang mit dem Wolf und die Nutzung von Biokraftstoffen. Das Thema Moorschutz beziehungsweise Wiedervernässung, das vielen Schleswig-Holsteinern unter den Nägeln brennt, wurde gar nicht erst behandelt. Einzig und allein in einem Punkt waren sich die Ressortchefs einig, dass es kein pauschales Verbot von Schleppnetzen geben dürfe, welches die Krabbenfischer in ihrer Existenz massiv gefährden würde.

Natürlich weiß Werner Schwarz als ehemals hauptberuflicher Schweinehalter um die Probleme, vor allem in der Veredlungswirtschaft. Einen Hoffnungsschimmer bietet, dass die Bundesregierung zeitnah einen Vorschlag für ein Gesamtkonzept zum Umbau der Tierhaltung vorlegen will – mit Tierhaltungskennzeichen, Änderungen im Baugesetzbuch, Änderungen bei der TA Luft und einem Bundesprogramm, nicht nur zur Anschubfinanzierung, sondern auch um zehn Jahre lang die höheren laufenden Kosten abzudecken. Nach der Osterpause soll es eine Sonder-AMK zur Tierhaltung geben. Wenn hier ein Durchbruch gelänge, könnte die AMK in Büsum im Nachgang noch politisch als Erfolg verbucht werden. 

Momentan muss der gute Geist von Büsum für die Demonstranten jedoch eher wie ein Schreckgespenst wirken. Die Landnutzer zeigten sich erschöpft von der zunehmenden Bürokratie und haben die Schwarzer-Peter-Spiele zwischen EU, Bund und Ländern satt. Die Landwirtinnen und Landwirte vor Ort forderten daher vor allem eins: Perspektive. Und genau diese Kernforderung können die aktuellen AMK-Beschlüsse nicht erfüllen. Hoffen wir, dass es Cem Özdemir mit dem Rückenwind der Gespräche und Eindrücke aus Büsum gelingt, die Tierwohlbremse zu lösen. Gerne schnell.

Dr. Robert Quakernack. Foto: bb