Zur Weidehaltung gehören Weideparasiten. Sobald es warm genug ist, wächst nicht nur das Gras, sondern auch die Parasitenlast auf den Flächen. Für Rinder, Schafe und Ziegen spielen verschiedene Parasiten auf der Weide eine wichtige Rolle. Magen-Darm-Würmer kommen in jedem Betrieb vor und haben die größte wirtschaftliche Bedeutung. Deren Kontrolle steht im Fokus des Parasitenmanagements und des folgenden Artikels.
Lange Zeit galt die Empfehlung, möglichst intensiv zu behandeln, um Leistungseinbußen und Verluste zu verhindern. Jedoch treten bei den Parasiten – auch als Folge der häufigen Behandlungen – immer mehr Resistenzen gegen die Entwurmungsmittel auf. Die Folge ist, dass Entwurmungsmittel (Anthelmintika) nicht mehr wirken. Resistenzen gegenüber mehreren Wirkstoffen sind keine Seltenheit. Im schlimmsten Fall wirkt kein Mittel mehr. Dann ist eine Weiterführung der Tierhaltung nicht oder nur mit größtem Aufwand möglich. Resistenzen stellen also eine große Bedrohung für die Haltung von Wiederkäuern dar. Jeder Betrieb sollte alles daransetzen, die Einschleppung und Verbreitung von Resistenzen zu verhindern.
Strategien entwickeln
Aufgrund der Bedrohung durch Resistenzentwicklung ist es wichtig, die Parasitenkontrolle nicht als „Kampf gegen die Würmer“, sondern als Management der Wurmbelastung zu verstehen. Ziel dieses Managements ist es, Leistungseinbußen und Verluste durch den Weideparasitenbefall zu minimieren und gleichzeitig durch einen möglichst sparsamen, sehr gezielten Einsatz von Entwurmungsmitteln eine anthelmintikaempfindliche Wurmpopulation zu erhalten. Zu dieser Strategie gehören bestimmte Grundsätze beim Einsatz von Entwurmungsmitteln sowie die Ausnutzung weiterer Maßnahmen, die zu einer Reduktion der Parasitenlast führen. Positive Nebeneffekte einer solchen Herangehensweise sind ein reduzierter Arzneimittelbedarf und ein verringerter Eintrag von toxischen Substanzen in die Umwelt.
Parasitenkontrolle
Ein jeder Tierhalter muss die für seinen Betrieb passende Strategie finden; ein allgemeingültiges Rezept gibt es nicht. Wichtig sind das rechtzeitige Erkennen von parasitären Erkrankungen und die Beachtung einiger Grundsätze beim Einsatz von Entwurmungsmitteln. Eine betriebliche Strategie sollte Schritt für Schritt mit tierärztlicher Beratung entwickelt und von Jahr zu Jahr angepasst werden. Um Resistenzen auf dem eigenen Betrieb entgegenzuwirken, sind folgende Punkte beim Einsatz von Entwurmungsmitteln (gegen Magen-Darm-Würmer) zu beachten:
• So selten wie möglich, aber so oft wie nötig! Gezielte, selektive Behandlung nur von erkrankten oder stark gefährdeten Tieren. Viele Tiere, insbesondere ältere, die schon eine Immunität entwickelt haben, oder auch Tiere, die genetisch weniger empfindlich sind, tragen eine gewisse Wurmlast in sich, ohne darunter zu leiden. Diese Tiere profitieren wenig oder nicht von einer Entwurmung. Sie scheiden zudem auch wenig Wurmeier aus, sodass sie kaum zum Anstieg der Weidewurmlast beitragen. Jungtiere in ihrer ersten Weidesaison sind jedoch voll empfänglich. Bei Ziegen gilt: Auch Alttiere können schwer erkranken, da sich keine stabile Immunität ausbildet.
• Möglichst nicht alle Tiere einer Gruppe behandeln, insbesondere wenn gleichzeitig auf eine unbelastete Fläche umgetrieben wird. Durch die Behandlung einer ganzen Tiergruppe kurz vor oder zum Umtrieb steigt die Gefahr von Resistenzentwicklungen besonders, da nur die übrig gebliebenen, resistenten Würmer auf die neue Fläche mitgenommen werden. Um diese Selektion auf Resistenzen zu verhindern, wird empfohlen, Umtrieb und Behandlung zeitlich zu trennen beziehungsweise einzelne Tiere der Gruppe nicht zu behandeln.
• Durch gute Tierbeobachtung und Diagnostik behandlungsbedürftige Tiere erkennen. Regelmäßig Kotproben nehmen und auf das Auftreten von Symptomen beziehungsweise deutlichen Leistungseinbußen achten. Durch die Einschätzung von zum Beispiel Gewichtsentwicklung, Schleimhautfarbe (bei Vorkommen des Gedrehten Magenwurms – Hämonchus), Durchfallanzeichen und Körperkondition kann die Behandlungsentscheidung für einzelne Tiere getroffen werden.
• Wenn entwurmt wird: Unbedingt die Dosierung einhalten. Tiere nach Gewichtsklassen gruppieren und in jeder Gruppe jeweils die Dosis für das schwerste Tier anwenden (Dosiererfunktion vorher überprüfen). Bei der Umwidmung von Schafmitteln für Ziegen ist zu beachten, dass Ziegen eine höhere Dosierung brauchen.
• gezielter Einsatz der verschiedenen Wirkstoffgruppen nach fachtierärztlicher Anweisung
• Stichprobenartig den Behandlungserfolg überprüfen. Dazu Kotproben vor sowie 10 bis 14 Tage nach der Behandlung einschicken und Eizahl pro Gramm Kot bestimmen lassen (Eizahlreduktionstest).
• Bei Zukauf unbedingt die Einschleppung resistenter Parasiten verhindern: Quarantäne mit Untersuchung, Behandlung und Kontrolle des Behandlungserfolges.
Die richtige Diagnostik
Vorsicht: Kotproben sollten nicht zu warm und alt werden, sonst sind einige Parasiten nicht mehr nachweisbar. Für die Diagnostik bei Schafen/Ziegen sind die Proben am besten an ein auf kleine Wiederkäuer spezialisiertes Labor zu schicken, etwa das eines Schaf- und Ziegengesundheitsdienstes oder an das Labor der Klinik für kleine Klauentiere der Tierärztlichen Hochschule Hannover. Kotproben können nicht nur für das Monitoring der Weidebelastung und für Einzeltierentscheidungen genutzt werden, sondern geben auch Aufschluss über das Vorkommen bestimmter Parasitenarten.
Alle Möglichkeiten nutzen
Die Einsparung von Behandlungen durch weitere Maßnahmen ist möglich. Grundlage für eine gute Abwehrkraft der Wiederkäuer ist die gute, bedarfsgerechte Versorgung mit Energie und Nährstoffen sowie mit Mineralstoffen, Spurenelementen und Vitaminen. Überweidung ist zu vermeiden, auch weil die infektiösen Wurmlarven vor allem in den unteren 5 cm zu finden sind. Gegebenenfalls muss zugefüttert werden.
Insbesondere bei Ziegen ist darauf zu achten, dass sie nicht gezwungen sind, das nasse Gras zu fressen. Ihnen sollten Büsche oder Bäume oder auch Heu angeboten werden. Es gibt zudem neue biologische Ansätze, etwa den Einsatz tanninhaltiger Futterpflanzen (Hornklee, Zichorie, Esparsette). Langfristig kann durch Zucht mit widerstandsfähigen Tieren die Situation entschärft werden.
Im Zentrum der nachhaltigen Parasitenkontrolle stehen geschicktes Weidemanagement und gutes Monitoring. So können viele Behandlungen eingespart werden. Ziel ist nicht die Wurmfreiheit, sondern ein für das Tier tolerierbares Niveau. Austrieb und regelmäßiges Umtreiben auf saubere oder relative saubere Weiden können die Situation deutlich entspannen. Aufgrund der witterungsabhängig steigenden Parasitenlast ist in den Sommermonaten häufiger umzutreiben als im Frühjahr. Günstig sind auch Wechselweide mit Pferden und die Zwischen-Schnittnutzung.
Bei Rindern kann so zum Teil auf eine Behandlung verzichtet werden. Ein geringer Infektionsdruck über mindestens vier bis fünf Monate bewirkt den gewünschten Aufbau einer belastbaren Immunität. Bei gemeinsamer Weide von Kühen und Kälbern kann der „Staubsaugereffekt“ der immunen Altkühe ausgenutzt werden.
Bei Schafen kann ebenfalls nach genügend Kontakt zu den Magen-Darm-Würmern im Alter von sechs bis acht Monaten mit einer Teilimmunität gerechnet werden, sodass oft auf die regelmäßige Entwurmung der Mutterschafe verzichtet werden kann. Bei Schaflämmern sowie Ziegen jedes Alters muss im Regelfall behandelt werden. Es gibt verschiedene Weidestrategien, um den Behandlungsbedarf zu minimieren. Sinnvoll ist, nicht die gleiche Weide zwei Jahre hintereinander für Lämmer (oder auch Kälber) zu nutzen. In jedem Fall lohnen sich gute Tierbeobachtung und rechtzeitige Diagnostik.
Fazit
Das zunehmende Problem der Anthelmintika-Resistenzen bei Weideparasiten erfordert eine strategische Parasitenkontrolle. Mit guter Diagnostik, gezielter Entwurmung und weidehygienischen Maßnahmen können Arzneimittel gespart und Kosten gesenkt werden.
Anthelmintika-Resistenzen
Anthelmintika-Resistenzen sind Resistenzen der Würmer gegenüber den Entwurmungsmitteln. Sie waren ursprünglich vor allem in Ländern mit intensiver Schafhaltung ein Thema. Inzwischen werden jedoch auch in Mitteleuropa immer mehr Resistenzen nachgewiesen.
Resistenzen entstehen durch zufällige Veränderungen des Erbguts der Würmer. Durch eine solche Veränderung überleben diese Würmer die Behandlung mit einem Entwurmungsmittel. Dieser Vorteil setzt sich dann genetisch durch. Insbesondere durch die wiederholte Behandlung des gesamten Tierbestandes mit demselben Entwurmungsmittel werden die resistenten Würmer „gezüchtet“ und gewinnen langsam die Überhand. Dann wirken die eingesetzten Mittel weniger oder nicht mehr.




