Die Holsteiner waren zurück in den Holstenhallen: In Neumünster feierten die Züchter, Halter und Liebhaber die Junghengstkörung mit Auktion und die Verbandshengstpräsentation. Insgesamt bekamen 23 Vererber ein positives Körurteil, darunter fünf Prämienhengste und ein vom Publikum frenetisch gefeierter Siegerhengst namens Diamantado von Diamant de Semilly-Cayado.
„So sehen Sieger aus: Diamantado ist ein Hengst mit einem perfekten Körper, einem feinen Gesicht und ganz viel Hengstausdruck. Ein rundum gelungenes Zuchtprodukt“, fasste Zuchtleiter Stephan Haarhoff bei der Proklamation zusammen. Geboren wurde der Schimmel bei der Zuchtgemeinschaft Eggert und Schramm in Leezen, Kreis Segeberg. Für Jörg Schramm ist es bisher der größte Zuchterfolg. Er stellte zwar 2001 schon einmal in Elmshorn eine Siegerstute, „aber einen Siegerhengst zu züchten, bleibt wohl doch etwas Einmaliges“, so der Züchter.
Die Mutterstute El Cayada (Stamm 776) von Cayado stammt aus der Zucht von Inge Büch aus Struvenhütten, Kreis Segeberg, und ging mit einem Jahr in den Besitz der Zuchtgemeinschaft über. Dreijährig wurde sie bei der Elitestutenschau gut rangiert und hat inzwischen schon einige sehr gute Nachkommen hervorgebracht. „Das ist ein super Stamm“, schwärmt ihr Besitzer. „Tja, und dann musste es mal Diamant de Semilly sein“, verrät Schramm über die Anpaarung. Der Hengst, der zurzeit auf Platz zwei des Vererber-Rankings Springen des Weltzuchtverbandes für Sportpferde (WBFSH) steht, hatte sich sportlich erfolgreich und mit überzeugenden Nachkommen präsentiert. In Holstein hat er mit Diarado schon eine neue Hengstlinie begründet. „Das passte auch vom Typ und Gebäude gut zusammen“, meint Schramm.
Das Fohlen sei dann auch von Anfang an überragend gewesen: „Der Hengst ist einfach ein Ankommer“, freut er sich. Diamantado wurde Championatsfohlen und kam über die Auktion in Elmshorn in den Besitz von Wolfgang Zipperle aus Baden-Württemberg. Jörg Schramm verfolgte den Werdegang „seines“ Hengstes weiter und hielt immer Kontakt zu den Aufzüchtern. Der Hoffnungsträger wurde erst zu Gunnar Moor in Haselau, Kreis Pinneberg, gegeben und dann zu Roland Metzler in Seeth-Ekholt, Kreis Pinneberg. „Er ist einer der besten Vorbereiter bei uns“, freut sich Schramm über die Wahl.
Obwohl sich der Schimmel von Anfang an gut präsentierte und auch beim Publikum schnell zum Liebling wurde, kann Schramm den Erfolg noch gar nicht so recht fassen. „Das macht schon was mit einem“, verrät er.
Fünf neue Prämienhengste im Lot
Der erste Reservesieger kommt aus dem Stall der Holsteiner Verband Hengsthaltungs GmbH. Union City von United Way-Connor wurde von Stephan Haarhoff für seine drei überdurchschnittlichen Grundgangarten und „viel Gummi“ gelobt. Darüber hinaus bescheinigte er dem groß gewachsenen Dreijährigen grenzenloses Vermögen und eine sehr gute Perspektive. Alf Bartholomäus aus Klein Offenseth, Kreis Pinneberg, zeichnet züchterisch für den Vertreter des Stamms 18A2 verantwortlich.
Aus der Zucht von Sven Völz aus Niedersachsen stammt der zweite Reservesieger: Cornet Superstar. Der Sohn des Cornet’s Quaprice-Quick Star aus dem Stamm 730B wurde von Haarhoff als „kompakter Sportler mit einer sehr guten Oberlinie, schnellen Reflexen und viel Vermögen“ bezeichnet. Der mit 162 cm eher kleine Schimmel sei „klein, aber fein“ und wurde für 57.000 € nach Sachsen-Anhalt verkauft.
Die weiteren Prämienhengste blieben unrangiert. Dinello, ein Dinken-Sohn aus einer Corrado I-Mutter, fiel als sehr hochbeiniger Hengst auf. „Er ist sehr korrekt aufgemacht und konnte in der Bewegung mit viel Kadenz im Trab überzeugen“, sagte Haarhoff. Er stammt aus der Zucht der Witt Pferdezucht GbR aus Wellinghusen, Kreis Dithmarschen, und wurde über die Auktion für 117.000 € dem Stall Hendrix in den Niederlanden zugeschlagen. Der fünfte Prämienhengst war Quel Mexx von Quel Homme de Hus aus der Zucht von Thomas Horns aus Bredenbekshorst, Kreis Segeberg. Ausgestellt wurde der laut Haarhoff „sehr komplette, typstarke Hengst“ von Familie Rödl aus Bayern.
Im Anschluss an die Proklamation des Siegerhengstes betrat Hendrik Schulze-Rückamp das Auktionatorenpult. Diamantado wurde bei der Auktion als Erster für 260.000 € zugeschlagen, aber wieder zurückgekauft. Nach Diamantado war es der gekörte Colcannon II, der mit 120.000 € den zweithöchsten Preis erzielte. Der Cornet Obolensky-Contender-Sohn aus der Zucht von Dr. Steven Passmann aus den USA wurde von seinem Züchter und Timm Peters aus Bargenstedt, Kreis Dithmarschen, ausgestellt und an Stammkunden aus Südafrika verauktioniert. Für 117.000 € wechselte außerdem der Prämienhengst Dinello von Dinken-Corrado I (Stamm 741) von der Witt Pferdezucht GbR den Besitzer. Im Schnitt legten die Kunden aus Deutschland, Südafrika, Italien, Ungarn und Belgien rund 47.000 € für die Pferde an.
Nicht der Jahrhundertjahrgang
Als Berichterstatterin hatte der Verband Dr. Astrid von Velsen-Zerweck gewonnen. Die promovierte Agrarwissenschaftlerin und Landoberstallmeisterin im Haupt- und Landgestüt Marbach ist selbst lange aktiv geritten. „Eine Frau, die alles vereint, Zucht, Sport und Wissenschaft“, stellte Stephan Haarhoff sie vor. Es sei ihr eine große Ehre und Freude, sie kenne die Halle gut und sei von Kindesbeinen an hier unterwegs gewesen. Nach wie vor schätze sie die idealen Bedingungen hier, begann von Velsen-Zerweck ihren Bericht. Auch sie kam natürlich nicht umhin, die Terminverlegung zu erwähnen, die durch die neuen Leitlinien nötig geworden war. „Es ist gut, dass wir unseren Pferden mehr Zeit geben“, befand sie.
Auch sei ihres Wissens nach auf alle Eingaben des Veterinäramtes eingegangen worden. Lobend erwähnte sie, dass die Hengste am Mittwoch schon die Freispringgasse kennenlernen durften und Alexandra Bitter und ihr junges Team so fein auf jedes Pferd reagiert hätten. Auch die „ganz ehrliche“ Dreiecksbahn für die Pflastermusterung und dass die Körkommission auf ein gutes Fundament geachtet habe, fand ihre Zustimmung.
Eventuell sei der eine oder andere Hengst aber in der Vorauswahl nicht so genau ins Auge genommen worden, denn einige hätten nicht so gut gestanden. Es habe auch Beispiele für Übervorbereitung gegeben, dies sei aber eindeutig nicht gewünscht und auch nicht dem Körurteil zuträglich gewesen. „Überdenken sollte man mal das Freispringen“, empfahl die Fachfrau. Andere Verbände erzielten damit gute Ergebnisse, auf dem Weg in die Gasse auf das Führen zu verzichten und das Freispringen aus dem Freilaufen heraus ablaufen zu lassen. Mitunter sei das Freispringen etwas langatmig gewesen. „Ein strafferer Ablauf würde auch zu mehr Ruhe auf den Rängen führen“, war ihre Meinung.
Insgesamt sei es nicht der Jahrhundertjahrgang gewesen, aber doch eine Generation junger Vererber mit interessanten Blutlinien. Und: „Es gab tolle Springhengste.“ Abschließend appellierte sie noch einmal an „uns Pferdeleute“, die richtigen Werte vorzuleben: „Für die gesellschaftliche Akzeptanz des Reitsportes tragen wir alle zusammen die Verantwortung.“
Nach seinem Resümee zur ersten Holsteiner Woche gefragt, zeigte sich Ulrich Steuber, der erste Vorsitzende des Holsteiner Verbandes, zufrieden. „Es war ein toller Ablauf und die Atmosphäre entspricht dem, was wir uns vorgestellt haben. Die Pferde haben uns tatkräftig unterstützt“, befand er. Auch dass die Körung ohne „Ablenkung durch eine Reitpferdeauktion“ dastehe, gefiel ihm.
Stephan Haarhoff sagte abschließend, es gebe natürlich kleine Stellschrauben zu drehen, beispielsweise beim Freispringen, aber es sei alles ohne Zwischenfälle verlaufen. Mit dem Jahrgang 2020 zeigte er sich „erst mal ganz zufrieden. Wir hatten tolle Pferde mit einer großen genetischen Vielfalt.“ Allerdings sei auch streng ausgewählt worden: „Von 63 Hengsten nur 23 gekört – es gibt kaum einen anderen Körplatz, auf dem so scharf selektiert wird. Das ist aber der richtige Weg.“
Züchter des Jahres: Gerd Ohlsen
Zum Züchter des Jahres wurde in diesem Jahr Gerd Ohlsen gekürt. Aktuell sind es die außergewöhnlichen Erfolge seines Pferdes Caillan, die die internationale Springsportszene über den Mann von der Nordseeinsel Föhr sprechen lassen. Die drei wichtigsten Titel, die ein siebenjähriges Springpferd gewinnen kann, hat der Casall-Sohn im Jahr 2022 erreicht: Sowohl das Landes- als auch das Bundeschampionat sicherte sich Caillan und bei der Weltmeisterschaft im belgischen Lanaken setzte er seiner noch jungen Karriere mit dem Titelgewinn die Krone auf.
Sein Sportpartner dabei ist der Schwede Rolf-Göran Bengtsson. „Caillan ist eine der großen Nachwuchshoffnungen in meinem Stall. Wenn es darauf ankommt, ist er 100-prozentig fokussiert und leistungsbereit. Das erinnert mich sehr an seinen Vater Casall“, beschreibt Bengtsson den Wallach. Doch es sind nicht nur die Erfolge von Caillan, die mit Gerd Ohlsens Zucht in Verbindung gebracht werden. Einer seiner bisher größten Erfolge gelang ihm anlässlich der Körung 2012, als Quvee Prestige von Quidam de Revel als Siegerhengst die Holstenhallen verließ. Auch bei der diesjährigen Körung stellte Ohlsen mit Braeden von Balou du Rouet aus einer Mutter von Quvee Prestige einen gekörten Hengst.
Aber nicht nur Hengste, sondern auch international erfolgreiche Springpferde wurden in Oevenum auf Föhr geboren, wie unter anderem der Weltcup-Teilnehmer Pikeur Dylon von Diamant de Semilly (Markus Brinkmann), das 1,60-m-Springpferd Deleyn von Larimar (Sofia Cady/USA) oder der gekörte Hengst Queno von Quidam de Revel. pm