Wie Kleidung oder Frisuren kommen und gehen auch Gartenpflanzen mit der Mode. So manche Staude galt vor 100 Jahren noch als der letzte Schrei, verschwand dann für Jahrzehnte in der Versenkung und kommt jetzt wie Phoenix aus der Asche zurück in unsere Gärten. Das Augenmerk richtet sich nachfolgend weniger auf die altbekannten und häufig verwendeten Klassiker, sondern auf nicht so weit verbreitete historische Schätze mit großem Potenzial.
Eine steile Karriere dürfte dem Knollen-Brandkraut (Phlomis tuberosa) bevorstehen. An kräftigen, 80 bis 120 cm hohen Stängeln zeigen sich von Juni bis Juli quirlförmige Blütenstände, die etagenförmig übereinander angeordnet sind. Sie schmücken noch lange nach der Blüte und verleihen bis weit in den Winter hinein dem Beet Struktur. Tipp: Wer anstelle der rosavioletten eher gelbe Blüten bevorzugt, pflanzt das verwandte Brandkraut (Phlomis russeliana). Die Staude kommt bestens in sonnigen Lagen auf durchlässigem, trockenem und gut mit Nährstoffen versorgtem Boden zurecht. Hier bieten sich als Pflanzpartner Berg-Reitgras (Calamagrostis varia), Purpur-Gewürzsalbei ‚Purpurascens‘ (Salvia officinalis) und Schafgarbe (Achillea filipendulina) an.
Recht trockenheitsverträglich ist auch das Duft-Salomonssiegel (Polygonatum odoratum). Die schattenverträgliche Waldstaude zeigt von Mai bis Juni duftende, rundliche Blüten, die wie kleine Glöckchen an elegant überhängenden Trieben schweben. Wichtig ist ein ausreichend frischer, nährstoffreicher Boden. Entsprechende Feuchtigkeit vorausgesetzt, verträgt das 20 bis 40 cm hohe Salomonssiegel auch etwas mehr Sonne.
Nach der Blüte schmückt sich die Staude mit auffälligen, schwarzblauen Früchten. In schattigen Bereichen bringt das Salomonssiegel mit seinem Wuchs etwas Abwechslung zwischen Immergrün, Waldsteinie und andere Bodendecker. Im Beet wirkt die Kombination mit Funkien, Farnen, Schattengräsern oder dem Entenschnabel-Felberich (Lysimachia clethroides) sehr schön. Seine aparten, reinweißen, entenschnabelartig geschwungenen Blüten öffnen sich von Juli bis September, also gleich im Anschluss an die Blütezeit des Salomonsiegels. Die wunderschöne Staude kommt an sonnigen bis halbschattigen Standorten mit ausreichend feuchtem Boden bestens zurecht. Der Boden sollte jedoch nicht ganz austrocknen. Dieser Felberich breitet sich über Ausläufer im Laufe der Zeit aus und ist daher vor allem für große Grundstücke oder große Beete zu empfehlen.
Die Gold-Wolfsmilch (Euphorbia polychroma) hingegen ist ein Kandidat für Extremstandorte und zudem mit ihren leuchtend gelben Blüten im Frühlingsgarten geradezu unentbehrlich. Die Staude bevorzugt einen sonnigen Platz mit eher trockenem, durchlässigem und kalkhaltigem Boden. Mit ihrer Trockenheitsverträglichkeit wird sie zukünftig sicher häufiger in unseren Gärten zu finden sein, zumal sie auch ausgesprochen ausdauernd ist. Die robuste, etwa 40 bis 60 cm hohe Schönheit passt gut in den Steingarten oder an den Rabattenrand. Tipp: Bei Pflegearbeiten Handschuhe tragen, da der austretende weiße Milchsaft zu Hautreizungen führen kann.
Schon vor mehr als 100 Jahren fand eine Gartenzeitung lobende Worte für die Knäuel-Glockenblume ‚Dahurica‘ (Campanula glomerata). Von Juni bis August erscheinen die dunkelvioletten Blüten an 50 bis 60 cm hohen Stielen. Auf sonnigen Freiflächen mit frischem bis trockenem Boden kommt der Wildstaudencharakter am besten mit Goldlupine (Thermopsis lanceolata) oder der Gelben Skabiose (Scabiosa ochroleuca) in der Nachbarschaft zur Geltung. Wer eine hübsche, niedrige Sorte sucht, wählt ‚Acaulis‘, die oft als Zwerg-Knäuel-Glockenblume angeboten wird. Sie eignet sich mit nur 15 cm Höhe besonders gut für die Randbepflanzung von Beet oder Steingarten.
Ganz oben auf der Favoritenliste steht der Bärenklau, der keinesfalls mit der oft als „Riesen-Bärenklau“ bezeichneten berühmt-berüchtigten Herkulesstaude (Heracleum mantegazzianum) verwechselt werden sollte. Mit seinen markant gezahnten Blättern und den prächtigen Blütenkerzen ist der Bärenklau ein toller Hingucker.
Der Handel bietet zwei unterschiedliche Arten an. Der Balkan-Bärenklau (Acanthus longifolius, Acanthus balcanicus) überzeugt als dekorative Schmuckstaude mit ornamentalen Blättern, der Blüte von Juli bis August und lange schmückenden Samenständen. Diese Art schätzt einen sonnigen bis halbschattigen Standort mit eher frischem und nährstoffreichem Boden. Etwas Geduld muss man als Gärtner jedoch mitbringen, denn diese Art benötigt einige Jahre der Etablierung bis zur üppigen Blüte.
Dies trifft auch auf den Stacheligen Bärenklau (Acanthus spinosus) zu, der sich jedoch über Ausläufer etwas ungestümer ausbreitet. Daher gibt man der Staude mehr Raum oder baut bei der Pflanzung eine Wurzelsperre ein. Mit 30 bis 80 cm Wuchshöhe bleibt der Stachelige Bärenklau etwas kleiner als der Balkan-Bärenklau. Er bevorzugt sonnige Standorte mit frischem Boden, eignet sich aber auch prima für den Kübel. Die edel wirkenden Blütenkerzen zeigen sich in Violettrosa von Juli bis August. Tipp: Beide wintergrünen Arten bei Kahlfrost mit Nadelzweigen abdecken. Als Pflanzpartner empfehlen sich Schleierkraut (Gypsophila paniculata), Hohe Bart-Iris (Iris barbata-eliator), Herbst-Anemone (Anemone tomentosa) oder Purpur-Dost (Eupatorium fistulosum).