Ist der Jahresabschluss die Grundlage für intensive Gespräche mit dem Berater und Arbeitskreis oder ein notwendiges Übel, das schnell im Regal verschwindet?
Zwei Herausforderungen gilt es zu meistern, um den Abschluss als Controlling-Instrument zu nutzen: Erstens: Er muss spätestens nach der Herbstbestellung vorliegen, um ihn für die Winterarbeit nutzen zu können. Zweitens: Es sollten Vergleichszahlen von ähnlich gelagerten Betrieben zur Verfügung stehen. Das ist das Salz in der Suppe der Abschlussanalyse.
Punkt eins sollten Landwirte mit ihrer Buchstelle klären. Für Punkt zwei, die Vergleichszahlen, lassen sich die Auswertungen des Testbetriebsnetzes heranziehen, wenn keine Zahlen aus Beratungsringen oder Arbeitskreisen vorliegen.
Tabelle 1 zeigt einige Kennzahlen aus dem Durchschnitt der drei Wirtschaftsjahre 2021/22 bis 2023/24. Sie stammen von Haupterwerbsbetrieben aus dem Testbetriebsnetz Niedersachsen. Wenn man diese Zahlen mit den eigenen vergleichen möchte, sind einige Punkte zu beachten.
Kostendegressionseffekte durch Größe
Der erste Blick fällt auf die Betriebsgröße, was für die Interpretation der Kennzahlen wichtig ist: Größere Betriebe haben Vorteile durch die sogenannte Kostendegression. Sie können ihre Festkosten auf mehr Fläche verteilen und eventuell auch günstiger ein- und verkaufen. Diese strukturellen Vorteile haben mit der Betriebsleiterfähigkeit unmittelbar nichts zu tun, ebenso der Anteil an Pachtfläche und das regionale Pachtpreisniveau, was vor allem für Acker- und Futterbaubetriebe bedeutend ist.
Gewinn als Erfolgskennzahl
Spätestens der zweite Blick landet beim Gewinn als zentraler Erfolgskennzahl. Die absolute Höhe ist nur bedingt aussagekräftig, da ebenfalls größenabhängig. Der Gewinn je Hektar sagt dann bei Acker- und Futterbaubetrieben mehr über die Rentabilität des Betriebes.
Wie sieht es aus mit Fremdkapital?
Und der dritte Blick könnte zum Fremdkapital gehen. Auch hier ist der Bezug auf die Fläche nur für die Betriebe mit flächengebundener Produktion sinnvoll, also für Ackerbau- und Futterbaubetriebe. Für die Stabilität aller Betriebsformen ist die Kennzahl „Fremdkapital je Hektar Eigentumsfläche“ relevant, die in der Testbetriebsstatistik leider nicht ausgewiesen ist. Zum Fremdkapital gehört der Zinsaufwand. In beiden Positionen zeigen sich Unterschiede zwischen den drei Gruppen der Testbetriebe. Wenn in Gebäude investiert werden muss, wie im Futterbau und der Veredelung, ist der Fremdkapitaleinsatz deutlich höher als im Ackerbau, wo der Investitionsschwerpunkt auf den Maschinen liegt.
Veränderung des Eigenkapitals
Was ist von dem erwirtschafteten Gewinn letztlich übrig geblieben? Die Veränderung des Eigenkapitals gibt Auskunft: Wurde der Gewinn komplett für die privaten Entnahmen verbraucht? Hat er vielleicht sogar nicht einmal dafür gereicht (negative Veränderung des Eigenkapitals)? Wurde ein Teil des Gewinns nicht entnommen und hat sich dadurch das Eigenkapital des Betriebes erhöht? Abzulesen ist diese Kennzahl direkt aus der Passivseite der Bilanz, auf der das Eigenkapital und das Fremdkapital stehen. Hier gibt es im standardisierten BMEL-Abschluss des Landwirtschaftsministeriums die Spalten „Geschäftsjahr“, „Vorjahr“ und „Veränderung“.
Alle bisher genannten Kennzahlen lassen sich ohne große Rechenoperationen direkt aus dem Abschluss ermitteln. Sie geben einen ersten Eindruck, wie der eigene Betrieb hinsichtlich Rentabilität und Stabilität im Vergleich zur Testbetriebsgruppe dasteht.
Liquidität und Cashflow II und III
Wichtig ist aber auch die Liquidität des Betriebes. Aus dem Saldo aller Einnahmen und Ausgaben des Wirtschaftsjahres mussten die kompletten Privatentnahmen bestritten werden (Lebenshaltung, private Versicherungen, private Steuern, Altenteil, Bildung von Privatvermögen und anderes). Gegebenenfalls haben Einlagen aus dem Privatbereich in den Betrieb die Liquidität erhöht. Weiterhin mussten die Tilgungen der betrieblichen Darlehen bezahlt werden. Der Betrag, der dann übrig bleibt, wird als Cashflow III bezeichnet. Er sollte positiv sein und kann zur Finanzierung von Investitionen eingesetzt werden. Ist er negativ, musste neues Fremdkapital für die Tilgung bestehender Kredite aufgenommen werden.
Wie lässt sich der Cashflow III ermitteln? Erfreulicherweise recht einfach: Gewinn plus Abschreibungen (diese Summe steht vereinfachend für den Saldo aller Einnahmen und Ausgaben) abzüglich der Differenz aus Privatentnahmen und Privateinlagen. Hiervon sind dann noch die Tilgungen abzuziehen. Zu prüfen ist, ob sich für den eigenen Betrieb ein positiver Cashflow III ergibt.
Besser als die Vergleichsgruppe?
Nach der Beurteilung der eigenen Betriebssituation kommt die Ursachenforschung. Wie hoch sind die Erträge und Aufwendungen in der Pflanzen- und Tierproduktion in Relation zur Vergleichsgruppe? Da der Jahresabschluss im Wesentlichen Eurobeträge und wenige Naturaldaten enthält, bleint die Ursachenforschung an der Oberfläche.
Tiefere Erkenntnisse liefert eine Betriebszweigabrechnung auf Vollkostenbasis. Auch hier ist der Jahresabschluss die Grundlage, die aber durch weitere Aufzeichnungen ergänzt wird (etwa Schlagkartei, Futterberechnungen). Man sollte seine Erzeugungskosten für 1 dt Weizen kennen. Ist dies nicht der Fall, hilft Tabelle 2. Sie zeigt das Ergebnis einer Betriebszweigabrechnung aus betriebswirtschaftlichen Arbeitskreisen. Kennt man seine Produktionskosten, fällt die Entscheidung für oder gegen ein Angebot zur Preisabsicherung der nächsten Ernte leichter. Im Vergleich mit den Berufskollegen werden die Stellschrauben sichtbar, die zu drehen sind, um die eigenen Ergebnisse weiter zu verbessern.
Die Unternehmensberatung der Landwirtschaftskammer SH findet sich unter: https://www.lksh.de/beratung/unternehmensberatung
Fazit
Es gibt viele Gründe, um sich mit den eigenen Zahlen intensiver auseinanderzusetzen. Da das allein nicht so viel Spaß macht wie in der Gruppe und auch der Erkenntnisgewinn in der Gruppe höher ist, spricht viel dafür, sich einem Arbeitskreis anzuschließen. Fragen dazu beantwortet die Dienststelle der Landwirtschaftskammer.




