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Größeres Aufkommen begünstigt Preisrückgang

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Das Preisniveau für Erzeuger gibt weiter nach. Die hiesigen Meiereien liegen mit ihren Auszahlungspreisen für den Monat März in einer Spanne von 37 bis 49 ct/kg ECM. Der Durchschnittspreis beläuft sich auf 43,09 ct/kg, das sind 13 % weniger als im Vormonat. Die ausgezahlten Milchgrundpreise liegen im Mittel um rund 6 ct niedriger als im Februar. Der Median liegt bei 44 ct/kg.

Die Entwicklung des Milchaufkommens im Bundesgebiet folgt grundsätzlich dem steigenden Saisontrend. Laufende Unterbrechungen sowie nur geringe Veränderungen lassen jedoch vermuten, dass der Saisongipfel in diesem Jahr früher erreicht wird als üblich. In der 13. Kalenderwoche wurden etwa 0,1 % weniger als in der Vorwoche angeliefert. Der Abstand zur Vorjahreslinie bewegt sich damit um die Marke von +3 % herum. Dieser Vorsprung begünstigt das rückläufige Preisniveau weiterhin, während andere wichtige Produktionsländer im Jahresvergleich merklich weniger produzieren. Mit dem zügigen Rückgang der Auszahlungspreise dürften hiesige Betriebe schneller als erwartet in eine defizitäre Finanzlage geraten. Am Markt rechnet man daher mit einem baldigen Produktionshoch und einem anschließend überdurchschnittlichen Rückgang der produzierten Milchmenge.

Die finanzielle Verwertung der Milch hat sich im Mittel nochmals schwächer entwickelt, stagniert in dieser Entwicklung jedoch. Der Rohstoffwert Milch ab Hof des ife in Kiel wurde im März von 39,0 auf 38,6 ct/ kg herabgesetzt. Dabei arbeiteten ein um 0,7 ct auf 21,7 ct/ kg verringerter Fettwert und ein um 0,3 ct auf 18,5 ct erhöhter Nichtfettwert gegeneinander. Der zugrunde liegende Kurs für Butter ist gesunken, der Kurs für Magermilchpulver hingegen hat den mehrmonatigen Abstieg beendet.

Ruhiger Marktverlauf bei Butter und Käse

Im Frischegeschäft wird auf Frühlingswetter gewartet, um den Konsum anzukurbeln. Das Ostergeschäft ist zwar zügig, aber insgesamt schwächer als erwartet verlaufen. Die Lager der Händler sind tendenziell noch gut gefüllt, sodass der Bedarf etwas stagniert. Ein saisonüblicher größerer Rückgang der Nachfrage bleibt bisher aus. Entsprechend zögernd ist die Preisentwicklung. Die Notierungen in Kempten und Hannover gehen sowohl für Butter als auch für Käse überwiegend seitwärts. Durch diese Tendenz verhalten sich die Einkäufer am Markt abwartend, Preisabschläge sind möglich. Andererseits finden gerade Käsewaren ihre Käufer, die Nachfrage ist gut. Auch die Industrie ordert auf normalem Niveau. Im Vergleich mit dem Vormonat sind Emmentaler und Viereckhartkäse um 20 ct schwächer, in Kempten werden 5,80 bis 7,05 €/kg notiert. Lose Butter wird mit 4,50 bis 4,70 €/kg notiert. In Hannover wird der Markt als ausgeglichen bis stabil bezeichnet, Schnittkäse im Block kostet 3,40 bis 3,60 €/kg.

Preisschwäche am Pulvermarkt

Die Futures beim Magermilchpulver entwickeln sich fester, diese Tendenz setzt sich vor Ort noch nicht durch. Die Kemptener Börse notiert weiterhin eine schwächere Preistendenz. Vollmilchpulver steht bei 3.430 €/t im Mittel, MMP in Futtermittelqualität bei 2.175 €/t. Süßmolkenpulver hingegen hält sich stabil. Im Kontraktgeschäft für das zweite Quartal ist Ruhe eingekehrt, jetzt wird das dritte Quartal besprochen. Hinsichtlich der Preise herrscht jedoch Uneinigkeit. Das Angebot übertrifft derzeit noch die Nachfrage, das könnte sich jedoch nach dem Saisongipfel der Milchanlieferung hierzulande ändern. Auch darüber sind sich die Einkäufer im Klaren. Die Vorzeichen am internationalen Markt sind negativ, Anfang April schloss die Auktion der neuseeländischen Handelsplattform wegen gesunkener Pulverpreise mit dem niedrigsten Preisindex seit Oktober 2020. Es fehlt die Nachfrage aus China und aus den islamischen Ländern mit dem in dieser Woche endenden Ramadan.

Zukunft selbst definieren

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Auf dem Deutschen Bauerntag in Lübeck im Juni vergangenen Jahres wurde vom Deutschen Bauernverband (DBV) die Kampagne „#Zukunftsbauer“ beschlossen. Bisher steht die neue (innere) Haltung im Vordergrund: Landwirte verlassen die Opferrolle, ändern ihr Selbstbild und damit die gesellschaftliche Wahrnehmung, so hoffen die Strategen. Neben der Wertschätzung soll es um Wertschöpfung gehen, beides wichtige Zukunftsfaktoren, die jeweils eine ganz eigene Motivation in sich tragen. 

Nun taucht die Frage auf: Wie sieht er in der Praxis aus, der Zukunfts(er)bauer? Der Ansatz ist, sich auf die Gesellschaft zuzubewegen. Doch reichen etwas mehr Tierwohl oder weniger Pflanzenschutz sicherlich nicht, um Veränderung sichtbar zu machen. Umwälzende Prozesse aber dauern und halten nicht Schritt mit der Entwicklung der gesellschaftlichen Meinung. 

Wie wäre es, wenn man das Dilemma vom Ende her auflöste: Wo kann das gemeinsame Ziel von Gesellschaft, Politik und Landwirtschaft liegen? Klar ist: Es befindet sich per definitionem in der Zukunft, nicht im Heute. Und mit der Ziel- hat man noch lange keine Wegbeschreibung. Doch ändert sich die Denkweise, besteht die Chance, vom kurzfristigen Taktik- in den langfristigen Strategiemodus zu kommen. Allein diese Zukunftsperspektive kann jungen Landwirten schon mehr Sicherheit schaffen, als es die aktuelle Situation tut. 

Am Beispiel der Schweinehaltung zeigt sich, dass der Blick in die Zukunft weniger schwerfällt als die Wegbeschreibung dorthin. Denn am Ende steht in Deutschland ohne Zweifel der Ringelschwanz. Das ist gesellschaftlicher und politischer Konsens. Es wird nicht einfach, die Zeitdauer ist ungewiss, doch es gibt keinen Weg drum herum. 

Wie wäre es, wenn sich der Zukunftsbauer selbst vom Ergebnis her definierte: Ich strebe das unversehrte Schwein an. Ich nähere mich dem Ziel versuchs- oder abteilweise, orientiere meine betriebliche Entwicklung daran und bewerte die Vorgaben der Politik am Ergebnis: Dient es dem Ringelschwanz oder schadet es ihm? So ändert sich die Haltung – die innere zuerst, aber dann die Schweinehaltung in der betrieblichen Praxis. 

Niemand, der sich ein Ziel setzt, ist schon da. Selbst in Finnland oder der Schweiz liegt der Anteil unkupierter Tiere mit intakten Schwänzen nur bei 50 bis 60 %. Aber wer sich nicht auf den Weg macht, kommt nie an. Zudem darf man den Weg als Teil des Ziels sehen: Ändert sich die Bewegungsrichtung – auf die Gesellschaft zu –, wird das positiv wahrgenommen. Das heißt aber auch, dass die veränderte gesellschaftliche Wahrnehmung zum Schluss kommt. Der Fehler bisheriger Kampagnen war, diese als Startpunkt zu nehmen. 

Sollten sich nicht alle Bereiche der Landwirtschaft Gedanken machen, was ihr Ziel ist und welches Symbol dazu passen könnte? Es kann empfehlenswert sein, in den Ergebnissen der zahlreichen Kommissionen zu wildern, die sich mit der Landwirtschaft beschäftigt haben, oder sich die Symbolik der Schutzorganisationen einmal genauer anzusehen. Die Landwirtschaft sollte ihre Zukunft selber beschreiben und selbstbewusst gestalten. Und der Politik klarmachen, dass die Zukunft nicht in der Vergangenheit liegt.

Sönke Hauschild. Foto: bb

Wenn die Schnabelspitze dranbleibt

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Sechs engagierte Landwirtinnen und Landwirte haben sich im Modell- und Demonstrationsvorhaben Tierschutz (MuD Tierschutz) #Pute@Praxis der Herausforderung gestellt und in ihren Ställen unter optimierten Haltungs- und Managementbedingungen Putenhennen mit intakten Schnäbeln eingestallt. Die sechs Praxisbetriebe liegen im gesamten Bundesgebiet verteilt.

Zwei der Betriebe wirtschaften nach alternativen Anforderungen (Naturland und Neuland). Die anderen vier werden konventionell bewirtschaftet. Nachdem zwei Durchgänge auf dem Versuchs- und Bildungszentrum Landwirtschaft (VBZL) Haus Düsse in Bad Sassendorf in Nordrhein-Westfalen stattgefunden haben, ist das Projekt im Januar 2022 in die Praxisphase gestartet. Nun, ein Jahr später, konnten auf zwei Betrieben bereits erste Ergebnisse über die Durchgänge mit intakten Schnäbeln gesammelt werden.

Erhöhte Ebene als Beispiel eines Strukturierungselements

Im Rahmen der Praxisphase wurde mit jedem Landwirt ein betriebsindividuelles Maßnahmenpaket entwickelt, welches alle vom Projekt angedachten Optimierungsmaßnahmen enthält, die sowohl Strukturierungs- und Beschäftigungselemente und ein angepasstes Lichtmanagement im Stall als auch eine angepasste Fütterung sowie ein abgestimmtes Impfmanagement beinhalten. Auch ist ein Notfallkoffer mit zusätzlichen Maßnahmen vorzuhalten, der beim Auftreten von Verhaltensproblemen eingesetzt wird, um schnell reagieren zu können.

Die zwei alternativen Betriebe halten bereits seit Jahren Puten mit intakten Schnäbeln. Hier wurde deshalb erst ein Durchgang, geführt nach Betriebsstandard, mitbegleitet, um den Status quo in Bezug auf die Haltung schnabelintakter Puten zu erfassen. Dieser konnte bereits auf beiden Betrieben abgeschlossen werden. Im zweiten und dritten Durchgang werden dann die ausgewählten Projektmaßnahmen zusätzlich eingesetzt. Beide Betriebe befinden sich derzeit im dritten und somit letzten Projektdurchgang.

Die vier teilnehmenden konventionellen Betriebe haben in einem ersten, vom Projekt begleiteten Durchgang die ausgewählten Maßnahmen vorerst bei Putenhennen mit gekürzten Schnäbeln getestet. Ziel ist es, in einem zweiten und dritten Durchgang Putenhennen mit intakten Schnäbeln einzustallen. Zwei der konventionell wirtschaftenden Betriebe konnten bereits Durchgang 1 und Durchgang 2 abschließen und erste Erfahrungen mit der Haltung schnabelintakter Putenhennen sammeln.

Ergebnisse Praxisphase Betrieb A

Der Betrieb A verfügt über zwei baugleiche Hennenställe mit jeweils 5.400 Tieren. In Durchgang 1 wurden beide Ställe mit schnabelgekürzten Tieren eingestallt. Stall 1 wurde mit Projektmaßnahmen ausgestattet, Stall 2 wurde als Referenz nach dem betriebsindividuellen Management geführt. Im zweiten Durchgang wurden in Stall 1 schnabelintakte Tiere plus Projektmaßnahmen eingestallt, während der zweite Stall weiterhin mit schnabelgekürzten Tieren und dem üblichen Management geführt wurde.

In der Tabelle sind die Gesamtverluste der beiden Durchgänge, aufgeteilt nach Stall, dargestellt. Im ersten Durchgang lagen die Gesamtverluste von Stall 1 bei 4,05 %, davon konnten 1,12 % auf Beschädigungspicken zurückgeführt werden. In Stall 2 zeigte sich ein ähnliches Bild mit Gesamtverlusten von 4,23 %, davon auf Beschädigungspicken zurückzuführen waren 0,98 %. Im zweiten Durchgang lagen die Verluste in der Herde mit den intakten Schnäbeln bei 8,65 %. Davon waren 4,5 % eindeutig auf das Beschädigungspicken als Abgangsursache zurückzuführen. Im parallellaufenden Stall mit gekürzten Schnäbeln lagen die Gesamtverluste hingegen bei 3,89 %, wovon 0,70 % bedingt durch das Beschädigungspicken waren.

Somit lagen die Verluste auf Betrieb A bei den Puten mit intakten Schnäbeln im Vergleich zu den drei anderen Durchgängen um den Faktor 2 bis 2,2 höher.

Ergebnisse aus Betrieb B

Bei Betrieb B steht ein Hennenstall mit rund 3.460 eingestallten Tieren zur Verfügung. Auch auf diesem Betrieb wurde der erste Durchgang mit schnabelgekürzten Tieren plus Projektmaßnahmen durchgeführt. Wie in der Tabelle ersichtlich, lagen die Verluste in diesem Durchgang bei 2,37 %, davon wurden 0,29 % durch Beschädigungspicken verursacht. Im zweiten Durchgang mit der Einstallung schnabelintakter Tiere lagen die Gesamtverluste bei 3,81 %, wovon 2,51 % auf Beschädigungspicken zurückzuführen waren.

Im Betrieb B lagen die Verluste bei den schnabelintakten Tieren somit um den Faktor 1,6 höher als in dem zuvor begleiteten Durchgang mit schnabelgekürzten Tieren.

Die ersten Ergebnisse der zwei Betriebe sind mit den Ergebnissen der zwei Durchgänge auf dem VBZL Haus Düsse vergleichbar. Dort waren die Verluste bei den schnabelintakten Tieren im ersten Durchgang um den Faktor 2,2, im zweiten Durchgang um den Faktor 2,4 höher.

Risikozeiträume erkennbar

Ein Blick auf die täglich erfassten Verluste, die aufgrund von massiven Pickverletzungen in Betrieb A und B entstanden sind, zeigt, dass die Haltung der Tiere gerade zum Ende der Mast deutlich schwieriger wird und Verluste vermehrt in diesem Zeitraum auftreten. Dieser Trend ist sowohl bei den schnabelintakten als auch bei den schnabelgekürzten Herden erkennbar, obwohl das Ausmaß bei der Haltung von Puten mit intaktem Schnabel erheblich größer ist (Vergleich Abbildung 1 und 2).

Eine Beruhigung der Tiere war mit den im Projekt geprüften Optimierungsmaßnahmen und trotz des Einsatzes des Notfallkoffers gerade zum Ende der Mast nicht mehr möglich und konnte nur nach einer durch den Tierarzt angeordneten deutlichen Lichtreduktion erreicht werden. Ein Anheben der Lichtintensität führte zu erneuten Pickausbrüchen und war daher auf beiden Betrieben nicht mehr möglich.

Separationsabteil im Stall

Neben den eingesetzten Optimierungsmaßnahmen wurde bereits zur Einstallung ein Separationsabteil im Stall eingerichtet, um verletzte Tiere, die Aussicht auf Genesung haben, aus der Herde zu nehmen. Ein Separationsabteil ist bei der Haltung von Puten mit intakten Schnäbeln unerlässlich. Im Rahmen des Projekts notierten die Landwirte die Anzahl der Tiere, die täglich in das Separationsabteil verbracht wurden.

Betrieb A hat bei der Herde mit intakten Schnäbeln im Verlauf der Mast insgesamt 1.546 Tiere separiert. Das sind knapp 29 % der gesamten Herde. Im Vergleich zur parallellaufenden Herde mit gekürzten Schnäbeln (331 Tiere, 6,1 %) waren das 4,7-mal so viele separierte Tiere. Betrieb B hat mit insgesamt 272 separierten Tieren 7,9 % der gesamten Herde separiert.

Grundsätzlich waren in Risikozeiträumen Kontrollgänge bis zu sechs Mal am Tag notwendig, um verletzte Tiere nach Möglichkeit rechtzeitig aufzufinden und schwere Verletzungen zu verhindern. Auch musste das Separationsabteil mehrmals vergrößert werden, da Verletzungen von Tieren häufig zeitgleich auftraten. Die Anzahl der Tiere, die in ein Separationsabteil verbracht wurden, nahm auf beiden Betrieben aber vor allem zum Ende der Mast deutlich zu.

Beispiel eines Separationsabteils auf einem der teilnehmenden Betriebe im MuD-Tierschutzprojekt #Pute@Praxis

Generell zeigen die ersten Erfahrungen aus der Praxisphase, dass die Haltung von Putenhennen mit intaktem Schnabel eine große Herausforderung ist. Wenn die Schnabelspitze intakt bleibt, hat dies trotz der hier unter konventionellen Vorgaben geprüften optimierten Haltungsbedingungen und des angepassten Managements diese Folgen:

Notwendigkeit eines permanent verfügbaren Notfallkoffers mit diversen Materialien zur herdenindividuellen Ablenkung der Tiere

• Tierverluste, die etwa das Doppelte betragen

hohe Anzahl verletzter Tiere

deutlich höherer Arbeitseinsatz

zusätzliche Kontrollgänge (bis zu sechs Mal am Tag)

aufwendige Separationsmaßnahmen

eine Möglichkeit der Verdunklung, wenn das Pickgeschehen nicht mehr mit anderen Maßnahmen eingrenzbar ist

Fazit

Die Einstallung von Putenhennen mit intaktem Schnabel bedeutet ein hohes Maß an aufmerksamer und gewissenhafter Tierbetreuung sowie ein situationsabhängiges und schnelles Reagieren. Die Erfahrungen zeigen zwar, dass die Tiere die angebotenen Haltungselemente gut annehmen und nutzen und auch der Notfallkoffer sich gerade in kritischen Zeiträumen bewährt, aber mögliche Pickausbrüche mit schweren Verletzungen und erhöhter Mortalität – gerade zum Ende der Mast – derzeit nicht verhindert werden können. Hier wäre die verkürzte Mast eine mögliche Alternative, die im Rahmen des Projekts auch in Bezug auf die Wirtschaftlichkeit geprüft werden soll.

Generell hat sich gezeigt, dass die Einrichtung eines Separationsabteils unerlässlich ist. Tiere mit kleinsten Verletzungen müssen bereits frühzeitig von der Herde getrennt werden. Ein intensives Separationsmanagement kann die Anzahl der schwerwiegenderen Verletzungen minimieren und bei einzelnen Tieren sogar verhindern. Die hier im Projekt durchgeführten Separationsmaßnahmen haben jedoch zu einem großen Mehraufwand geführt, der ohne zusätzliche Arbeitskräfte auf Dauer nicht beizubehalten wäre und daher unter den jetzigen Rahmenbedingungen nicht praxistauglich ist.

Ein nicht zu vernachlässigender Punkt ist zudem die hohe Frus­trationstoleranz, die die Tierhalterinnen und -halter bei der Einstallung schnabelintakter Tiere mitbringen müssen. Die teils starken Verletzungen der Tiere, die trotz der oben genannten Punkte auftreten, bewirken eine zusätzliche starke Belastung.

Das Projekt ist Teil der Modell- und Demonstrationsvorhabens (MuD) Tierschutz im Bundesprogramm Nutztierhaltung. Die Förderung erfolgt aus Mitteln des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL). Projektträger ist die Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE).

Weitere Autoren: Dr. Daniel Werner, Landwirtschaftskammer NRW; Dr. Birgit Spindler, Marie Kramer, Karolin Skiba, Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover; Dr. Petra Thobe, Mandes Verhaagh, Thünen-Institut; Dr. Inga Tiemann, Universität Bonn; Heinrich Bussmann, Geflügelwirtschaftsverband NRW

Strohquaderballen als Beispiel eines Strukturelements

Stoffe mit Vergangenheit

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Ein Blazer als seltenes gutes Stück im Kleiderschrank, eine bunt bedruckte Stoffbahn, die als Vorhang diente, ein Shirt, dass an den Südfrankreich-Urlaub mit den Eltern erinnert – jeder kennt oder hat Stoffe und Kleidungsstücke im Schrank, die an etwas erinnern: An die Kindheit, an die Eltern oder den verstorbenen Partner, an besondere Erlebnisse, Lebensphasen, Vergangenes – Erinnerungsstoffe. So war auch der Nachmittag im Secondhand- und Begegnungsladen „Lieblingsstücke“ mit Leiterin Jessica Wölm in Neumünster betitelt, zu dem das Diakonische Werk Althol­stein eingeladen hatte. Die fünf teilnehmenden Besucherinnen sollten ein Kleidungs- oder Stoffstück mitbringen, das ihnen am Herzen liegt, und dessen Geschichte bei Kaffee und Kuchen erzählen.

Bei Angelika Bandle ist es eine Stoffbahn in knalligem Gelb, bedruckt mit wolkenartig geformten, roten Fischen. „Diese Stoffbahn habe ich vor Kurzem erst wiederentdeckt. Sie diente als Vorhang, mit dem mein Schlafbereich abgetrennt war“, erinnert sie sich. Damals war sie fünf oder sechs Jahre alt und kann sich noch gut daran erinnern, wie sie als Kind das Muster durchdrungen hat. „Ich habe die Schuppen gezählt oder die Schwanzflossen angeschaut“, erzählt sie. Sie will den Stoff behalten und vielleicht noch etwas daraus machen.

Als der Sohn von Ursula Brüggen noch in Westberlin wohnte, hat sie ihn oft zusammen mit ihrer Tochter am Wochenende dort besucht. Sonntags ging es dann immer zum Flohmarkt, von dem sie nie mit leeren Händen zurückkam. Daran erinnert unter anderem eine mit einem „B“ bestickte Stoffserviette.

An den Kauf des Blusenjacketts kann sich Christine Rieken noch gut erinnern. 

Für Christine Rieken ist ihr Blusenjackett von Betty Barcley ein ganz besonderes Kleidungsstück. „Ich habe jung geheiratet und wir hatten nur sehr wenig Geld. Und doch wollte ich zumindest ein gutes Stück haben, das ich mit meinen Sachen immer wieder neu kombinieren konnte. Ich habe mir dieses Jackett gekauft und konnte nächtelang nicht schlafen, weil es so teuer war. An dieser Jacke hängen so viele Erinnerungen. Mit ihr möchte ich auch beerdigt werden, wenn es mal so weit ist. Schließlich will ich dann gut aussehen.“

Diakoniemitarbeiterin Marion Janser besitzt noch ein Shirt aus ihrer Kindheit, das sie bei einem gemeinsamen Südfrankreich-Urlaub mit ihren Eltern erworben hat.
Mit dieser Strickjacke hat Diakoniemitarbeiterin Jessica Wölm seinerzeit ihren Führerschein bestanden. 

Mit Kunst Grenzen überwinden

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Mit Kunst Grenzen überwinden und auflösen, sowohl Ländergrenzen als auch die Grenzen des eigenen Denkens und der Fantasie – das ist das Leitmotiv des deutsch-dänischen Kunstprojektes „Art overcomes Boundaries“ des Vereins Kunst für Angeln (KFA) in Kooperation mit der Sammlung Roosen-Trinks. Mit einer Open-House-Veranstaltung wurde die gleichnamige Ausstellung auf dem Wittkielhof in Angeln am vergangenen Sonntag eröffnet und ist noch bis zum 14. Mai zu bestaunen.

Gezeigt werden ausschließlich Werke von Künstlerinnen und Künstlern aus Dänemark und Schleswig-Holstein. Auf einer Ausstellungsfläche von mehr als 400 m2 präsentieren 30 Kunstschaffende aus beiden Ländern gut 100 Werke: Gemälde, Skulpturen, Collagen und Fotografien.

Ingrid Roosen-Trinks in der Mitte mit teilnehmenden Künstlern aus Schleswig-Holstein und Dänemark sowie der Tochter von Wittkielhof-Inhaber Heinrich Nissen, Klara Nissen

Mindestens eine Arbeit der beteiligten Künstler befindet sich auch im Besitz der Sammlung von Ingrid Roosen-Trinks, die als KFA-Vereinsvorstand das grenzüberschreitende Kunstgeschehen maßgeblich angeschoben hat und darüber hinaus mit Events, niedrigschwelligen Kulturangeboten für alle und jeden sowie Workshops für Kinder und Senioren das Kunst- und Kulturgeschehen in der Region Angeln fördert und ausbaut. Wer sich auf die Vielfalt und die zum Teil ungewöhnlichen Werke in der Ausstellung einlässt und sich von ihnen in den Bann ziehen lässt, „ist auch bereit, seine eigenen Grenzen des Denkens zu überwinden“, so Ingrid Roosen-Trinks. „Die Künstler gehen gedanklich neue Wege, befreien von bestehenden Denkstrukturen und Mustern und ermöglichen damit auch den Betrachtern, neu zu denken.“

Gemälde des dänischen Künstlers Thomas Lunau 

2022 war es 25 Jahre her, dass die Kreise Nordfriesland und Schleswig-Flensburg/Angeln sowie die Stadt Flensburg die erste Kooperationsvereinbarung mit Sønderjyllands Amt unterschrieben. Im September 1997 fand die konstituierende Sitzung für die Region Sønderjylland-Schleswig statt. Dabei wurde eine Vereinbarung unterzeichnet, in der sich die Mitglieder dazu verpflichteten, „gemeinsame Aktivitäten zu verwirklichen, die die Entwicklung in der Region fördern und gleichzeitig nähere Kontakte zwischen der Bevölkerung, der Wirtschaft und den Verbänden auf beiden Seiten der Grenze herstellen, sowie im Übrigen die Zusammenarbeit über die Grenze zu intensivieren“.

Diese Vereinbarung ist Basis für die Arbeit des vor einem Jahr gegründeten Vereins Kunst für Angeln, der mit Kunst-Kooperationen und Ausstellungen die Verbindung und Freundschaft zu Dänemark unterstützen und verstärken will. Auftakt dafür war das im Oktober 2022 gemeinsam mit Schülern und Senioren ins Leben gerufene Pilotprojekt „Art overcomes Boundaries“, das nun mit der Ausstellung um einen weiteren Kunstmeilenstein erweitert wurde. „Dabei können die Senioren und Schüler aus Angeln gemeinsam die Ausstellung erleben, die Künstler persönlich kennenlernen und sich zum Kunsterlebnis vor Ort austauschen“, so Ingrid Roosen-Trinks. Sie führt „mit Wonne“ bis zum 14. Mai jeden interessierten Besucher persönlich nach vorheriger Anmeldung per Mail an
visit@kunstfuerangeln.de durch die Ausstellung. 

„Mondtanz“ von Rasmus Bjørn, Skulptur „His Shoes Too Big For His Goddamned Feet“ von Frederik Albrecht und links Arbeiten von Thore Bernstein
Kunstfell-Bild von Nele Engler
Nele Engler
„Bobby the Booster“ von Malte Urbschat 
Heinrich Nissen und Ingrid Roosen-Trinks begrüßen die Gäste, die zahlreich zur Ausstellungseröffnung gekommen sind. 
Rosa Wand von allu.studio, Nele Engler und Jesper Kristiansen
Rasmus Bjørn
Open House auf dem Wittkielhof in Stoltebüll/Angeln
„Continuous Aspects“ von Tine Bay Lührssen
Werk von Henrik Becker
Ausschnitt aus einem Bild von Henrik Becker
Bilder von Silvia Nordmann


Weniger Weizenimporte aus der Ukraine?

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Mitten in Europa tobt ein mörderischer Krieg, der täglich viele Menschenleben kostet. Diese Tatsache möchte man mittlerweile gern verdrängen, da man genug von den Kriegsnachrichten aus der Ukraine hat. Der Konflikt hatte hierzulande in vielen Bereichen eine Kostensteigerung zur Folge. Auf der anderen Seite sind auch die Einnahmen in der Landwirtschaft gestiegen, da die Preise für viele landwirtschaftliche Produkte erhöht wurden. So stiegen die Kurse für Getreide und Ölfrüchte im vorigen Jahr deutlich an, da entsprechende Lieferungen aus der Ukraine ausgeblieben sind. Der ausgehandelte Getreidedeal sorgte jedoch dafür, dass die Ausfuhr über ukrainische Häfen möglich wurde. Daneben haben sich auch neue Lieferstrecken über den Landweg aufgetan. Der zwischenzeitliche Mangel ist mittlerweile einem Angebotsdruck gewichen. Vor allem Weizen, Körnermais und Raps kommen in umfangreichen Mengen aus der Ukraine in die EU.

Offene EU-Grenze

Die sonst üblichen Einfuhrregelungen für Getreideimporte in die EU sind ausgesetzt worden. Dies macht sich aktuell besonders in den östlichen EU-Ländern bemerkbar. Die Kurse für Marktfrüchte sind dort in den vergangenen Wochen deutlich unter Druck geraten. Die bislang vorherrschende Solidarität mit der Ukraine ist einer Protestbewegung gegen die Importe gewichen. Aufgrund der Stimmungslage musste bereits der polnische Landwirtschaftsminister seinen Posten räumen. Ende voriger Woche haben Polen, Ungarn und die Slowakei die Einfuhr von Getreide und anderen Agrargütern aus der Ukraine gestoppt. Dies soll die inländischen Landwirte vor einem weiteren Preisverfall schützen. Betroffen ist auch der Transit solcher Produkte in andere EU-Mitgliedstaaten. Die EU-Kommission will den Freihandel mit der Ukraine um ein weiteres Jahr verlängern. Im Gegenzug sollen die Landwirte in den östlichen EU-Ländern eine Ausgleichsprämie aus der Krisenreserve erhalten. Das ukrainische Landwirtschaftsministerium äußerte in einer Erklärung Verständnis für die schwierige Situation der polnischen Landwirte. Die Ukraine erinnerte jedoch daran, dass mit Polen eine Vereinbarung abgeschlossen wurde, Weizen, Mais, Sonnenblumenkerne und Raps bis zum 1. Juli 2023 nur per Transit durch Polen in die westlichen EU-Staaten zu transportieren. Jetzt sollen diese Abkommen neu verhandelt werden.

Stimmung gekippt

Viele der östlichen EU-Staaten haben die Ukraine bislang großzügig im Kampf gegen den russischen Aggressor unterstützt. Dies zeigt die Furcht dieser Länder vor dem großen Nachbarn im Osten. Die Bereitschaft des Einzelnen, dafür auch finanzielle Einbußen in Kauf zu nehmen, ist jedoch begrenzt. Die Stimmung kippt schnell, besonders wenn Populisten zu Wort kommen. Die aktuelle Entwicklung wirft viele Fragen auf, vor allem im Zusammenhang mit dem möglichen Beitritt der Ukraine zur Europäischen Union. Da auch Bulgarien und Rumänien Schritte planen, um Lieferungen aus der Ukraine in die EU zu begrenzen, sollten sich die Angebotsmengen hierzulande demnächst begrenzen. Ein weiterer Aspekt ist, dass Russland das erst jüngst verlängerte Getreidelieferabkommen infrage stellt. Moskau sieht seine Forderungen nicht erfüllt und verlangt ein Ende der Handelssanktionen sowie die Möglichkeit, wieder am internationalen Zahlungssystem teilzunehmen.

An den hiesigen Märkten sorgte diese Nachricht bis Ende voriger Woche kaum für Ausschläge. Die Großhandelskurse und Matif-Notierungen für Raps und Weizen gaben sogar nochmals etwas nach. Die jüngste Entwicklung sollte jedoch den weiteren Preisrückgang der hiesigen Getreidepreise stoppen. Dennoch muss man weiter auch den weltweiten Getreidemarkt betrachten. Die jüngste USDA-Schätzung hat die globale Weizenernte nochmals niedriger eingeschätzt. Russland exportiert jedoch vorerst weiterhin große Mengen und sorgt für Angebotsdruck. Eine jetzt eingeführte Preisuntergrenze der russischen Regierung für ihre Weizenverkäufe, sollte aber den Preisspielraum nach unten begrenzen. Zum Wochenbeginn zeigen sich steigende Tendenzen am hiesigen Getreidemarkt.

Handlungssicher im Umgang mit belasteten Kindern

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Im Jahr 2016 startete das bundesweit einmalige Projekt TiK-SH. Die Abkürzung steht für Traumapädagogik in Kindertagesstätten, in der Kindertagespflege und Familienzentren in Schleswig-Holstein. Wie es pädagogische Fachkräfte unterstützt, erfuhr das Bauernblatt in einer Krippe des Kinderschutzbundes in Heiligenhafen. Unter dem Dach des Familienzentrums Blauer Elefant werden hier Kinder ab dem Säuglingsalter betreut.

Jule (Name geändert) ging täglich mit viel Freude in ihre Krippengruppe. Doch seit einiger Zeit verhielt sich die Zweieinhalbjährige anders als sonst. Sie hatte Wutanfälle und Stimmungsschwankungen, reagierte oft impulsiv und überreizt oder zog Kinder an den Haaren. Zudem verletzte sie sich selbst. Obwohl sie schon trocken war, nässte sie ein. Einmal stopfte sie Unmengen an Toilettenpapier ins WC und sorgte damit für eine Überschwemmung. Ihr Verhalten belastete zunehmend auch die Atmosphäre in der Gruppe. Friederike Lamp, die hier als sozialpädagogische Assistentin tätig ist, und ihre Kolleginnen wollten dem Mädchen helfen, wieder in Balance zu kommen. Nachdem sie über Jule beraten hatten, entschieden sie, dafür TiK-SH mit ins Boot zu holen.

Ermutigung und Anerkennung durch Eltern und andere Bezugspersonen tun nicht nur belasteten und traumatisierten, sondern allen Kindern gut.

Krippenleiterin Lena Kohlsaat und ihr Team nehmen regelmäßig die Unterstützung des Projekts in Anspruch. „Wir haben damit sehr positive Erfahrungen gemacht. Speziell bezüglich einzelner Kinder wie Jule, bei denen wir eine fachliche externe Beratung für sinnvoll halten, wenden wir uns vertrauensvoll an TiK-SH“, betont sie. Die meisten Mitarbeiterinnen hätten daneben schon an einer eintägigen Inhouse-Infoveranstaltung zu Grundlagen der Traumapädagogik teilgenommen.

Um darüber zu informieren, wie das Projekt in der Praxis läuft, sind an diesem Freitagmittag neben Friederike Lamp und Lena Kohlsaat zwei weitere Fachkräfte in die Einrichtung gekommen: vom Kompetenzzentrum Kinderschutz beim Landesverband des Kinderschutzbundes in Kiel Gesche Frenzel, Projektleitung der Region Ost, sowie die Koordinatorin der Regionalstelle Kreis Ostholstein und Ansprechpartnerin vor Ort, Jutta Bischoff-Menezes. Gesche Frenzel informiert einleitend darüber, dass die Umsetzung des Projekts landesweit durch drei Träger erfolgt, die mit einem einheitlichen Qualitätsstandard ein unentgeltliches, maßgeschneidertes Angebot von Beratung vor Ort, Fortbildung und Supervision bereithalten. In der Region Nord-West ist das das Rendsburger Institut für berufliche Aus- und Fortbildung gGmbH (IBAF), für die Region Süd der Verein Wendepunkt mit Sitz in Elmshorn und für die Region Ost der Deutsche Kinderschutzbund Landesverband Schleswig-Holstein.

Das vom Sozialministerium finanzierte und geförderte Programm entstand anlässlich der Flüchtlingswelle 2015 als Reaktion auf die Ankunft vieler geflüchteter Familien im nördlichsten Bundesland. Ziel war, das pädagogische Fachpersonal im Umgang mit Kindern, die Traumata durch Flucht und Migration erlebt hatten, zu unterstützen und ihnen so zu mehr Handlungssicherheit zu verhelfen. „Unser Fokus erweiterte sich in den vergangenen Jahren jedoch auf alle Kinder, die ein Trauma erlebt haben. In fast jeder Kita gibt es Mädchen und Jungen mit hochbelastenden Erfahrungen, auch jenseits von Flucht“, stellt die Diplom-Pädagogin heraus.

So könnten körperliche oder sexuelle Gewalterfahrungen, permanente Demütigungen, Vernachlässigung, das Erleben häuslicher Gewalt zwischen den Eltern sowie chronische Stresserfahrungen bei Kindern tiefe seelische Verletzungen hinterlassen. Sie erlebten Angst, existenzielle Verunsicherung und tiefgreifende Ohnmachtserfahrungen. „Solche hochbelastenden und traumatisierenden Erlebnisse lösen häufig ein auffälliges Verhalten oder psychosomatische Beschwerden aus“, gibt sie zu bedenken. Was die Kinder dann brauchten, sei ein äußerer sicherer Rahmen und ein professionelles Umfeld, das sie gezielt stabilisieren und ihre Ressourcen mobilisieren könne. „Sie benötigen Bezugspersonen, die die besonderen, herausfordernden Verhaltensweisen als Reaktion auf ein Trauma verstehen und die wissen, dass sie zu einer Überlebensstrategie gehören, um wieder Kontrolle über den Alltag zu gewinnen“, erklärt die Projektleiterin.

Aber zurück zu Jule. Nach der Teambesprechung rief Lena Kohlsaat die Koordinatorin Jutta Bischoff-Menezes an und vereinbarte einen Termin. Im Rahmen einer Fallbesprechung erarbeitete die Heilpädagogin mit dem Team anschließend mögliche Handlungsschritte. Zuvor hatte Friederike Lamp mit Jules Mutter gesprochen und erfahren, dass sie mit ihrem Ehemann gerade in einer noch ungeklärten, konfliktreichen Trennungssituation sei und es zu Auseinandersetzungen gekommen sei. Diese hätten nicht vor den Augen der Tochter stattgefunden, trotzdem sei es nicht auszuschließen, dass sie davon etwas mitbekommen habe.

Im Krippenalltag mit hochbelasteten und traumatisierten Kindern können pädagogische Fachkräfte schnell an ihre persönlichen Grenzen geraten. Hier hilft TiK-SH.

Mit Jutta Bischoff-Menezes versetzten sich die Mitarbeiterinnen in Jules Lage. Sie fragten sich: Was will sie mit ihrem Verhalten bewirken? Welchen guten Grund hat sie, sich so zu verhalten? Sucht sie nach Aufmerksamkeit, Anerkennung oder Orientierung? Wie kann es uns gelingen, sie zu beruhigen, zu stabilisieren und ihren Stress zu reduzieren? Wie kann sie spüren, dass sie in der Krippe verlässliche Bezugspersonen hat? Die externe Expertin gab hierzu wertvolle fachliche Hintergrundinfos und Anregungen. Sie erläuterte ebenso, was aus neurologischer Sicht im Gehirn der hochbelasteten Jule ablief. Mit diesem Wissen gelang es dem Team, neue Ideen und Sichtweisen zu entwickeln, wie es dem Kind helfen könnte. „Wir schauten zum Beispiel, dass Jule positive Erfahrungen machen konnte, die ihr Selbstwertgefühl stärkten und das Vertrauen in eigene Fähigkeiten weckten. So baten wir sie um die Erledigung kleiner Aufgaben, wie das Helfen beim Tischdecken oder das Holen von Sitzkissen für unseren Morgenkreis“, blickt Friederike Lamp zurück. In einem Zeitraum von etwa einem halben Jahr gelang es, Jule so weit zu stärken, dass sie sich besser entspannen und ihre Bedürfnisse meist angemessen äußern konnte. Dazu trug ein gemeinsam mit den Betreuerinnen bestücktes Kästchen bei, in das sie unter anderen einen Igelball und einen Massagering legte, die sie selbst zusätzlich einsetzen konnte, um ihre Emotionen zu regulieren.

Durch die Fallbesprechung fühlte sich Friederike Lamp entlastet und gestärkt. „Wenn ich verstehe, dass das Verhalten eines Kindes einen guten Grund hat, muss ich es nicht mehr persönlich nehmen und auf mich beziehen. Ich muss es nicht als Provokation oder Angriff deuten oder als Folge eines eigenen Überforderungsgefühls, sondern habe eine neue Idee, wie ich damit umgehen kann.“ Jutta Bischoff-Menezes ist froh, dass sie dem Team mehr Handlungssicherheit und -kompetenz vermitteln konnte. „Um unterstützend und hilfreich mit Kindern arbeiten zu können, ist es wichtig, dass sich die pädagogischen Fachkräfte auch um ihre eigene psychische Stabilität und Widerstandskraft kümmern. Sie sollten, wenn es für sie im Berufsalltag schwierig wird, Unterstützung holen, um selbst in Balance zu bleiben. Nur dann können sie als Vorbild im Dialog mit den Kindern fungieren“, ist sie überzeugt. 

Info

Die Unterstützung durch TiK-SH wurde vor dem Hintergrund des Krieges in der Ukraine erweitert auf ehrenamtliche und hauptamtliche Mitarbeitende in Erstaufnahmeeinrichtungen und Gemeinschaftsunterkünften für Geflüchtete sowie auf Haupt- und Ehrenamtliche, die in anderen Bezügen mit geflüchteten Menschen arbeiten. Außerdem wurden die Angebote für Eltern beziehungsweise Bezugspersonen von Kindern in Kindertageseinrichtungen und Familienzentren in Form von Infoveranstaltungen („Mit Kindern über den Krieg sprechen“) ergänzt. Weitere Informationen unter tik-sh.de, bei den Trägern ibaf.de, ­wendepunkt-ev.de und ­kinderschutzbund-sh.desbk

BVSH-Programm: Kritischere Haltung zum Green Deal angemahnt

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Der Landeshauptausschuss des Bauernerbandes Schleswig-Holstein (BVSH) hat auf seiner Sitzung am Gründonnerstag einen Ideen- und Vorschlagskatalog beschlossen. In dem 20-seitigen „Agrar- und Umweltprogramm für das Land Schleswig-Holstein“, das sich an die Landesregierung und an den Landtag in Kiel richtet, werden auch europa- und bundespolitische Entscheidungen und Regelungen angesprochen.

Der Landesbauernverband verweist auf die Mitwirkungskompetenzen über die Ministerkonferenzen der Länder und über den Bundesrat.

Aus Sicht des BVSH stehen die Landwirte im nördlichsten Bundesland vor großen Herausforderungen. Das Programm nennt die Wettbewerbssituation der Betriebe mit volatilen Preisen und hohem Auflagenniveau in der Europäischen Union und Deutschland, die Ernährungssicherung, Beiträge der Landwirtschaft zu Klimaschutz, Biodiversität, Gewässerschutz und Tierwohl, die inflationsbedingte Verteuerung der Betriebsmittel sowie die klimatischen Risiken.

Diesem Anforderungsgeflecht könnten viele Betriebe nicht standhalten. Exemplarisch zeige sich das an der hohen Aufgaberate unter den Schweinehaltern und der dadurch drastisch rückläufigen Schweineproduktion, heißt es in dem Papier.

Um die bäuerliche Landwirtschaft zu erhalten und die Nachhaltigkeitsziele zu erreichen, müsse somit gehandelt werden. In dem Ideen- und Vorschlagskatalog behandelt der BVSH neben dem Green Deal und der Zukunft der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) sowie aktuellen Verordnungsvorschlägen aus Brüssel auch den Klimaschutz, die Tierhaltung, die Digitalisierung, das Naturschutzrecht, den Artenschutz und das Arbeitsrecht.

Hohes Auflagenniveau

Der BVSH drängt beispielsweise auf eine stärkere kritische Begleitung von geplanten Auflagen der Europäischen Union seitens der Kieler Landesregierung. In diesem Zusammenhang beklagt der Landesbauernverband, dass eine geeignete Folgenabschätzung zum Green Deal fehle. Als kritisch wertet der BVSH außerdem, dass in Brüssel mit der geplanten Verordnung über die nachhaltige Verwendung von Pflanzenschutzmitteln (SUR), dem Vorschlag für eine Verordnung über die Wiederherstellung der Natur oder dem Änderungsvorschlag zur Richtlinie über Industrieemissionen (IED) zunehmend auf in den Mitgliedstaaten unmittelbar geltende Vorschriften gesetzt werde. Aufgrund des im Vergleich ohnehin hohen Auflagenniveaus in der EU schränkten die geplanten Verbote, Vorgaben und Auflagen unmittelbar die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen und deutschen Landwirtschaft ein, heißt es in dem Ideen- und Vorschlagskatalog.

Der Verband fordert, sich für die bereits entwickelten Grundsätze der Freiwilligkeit und Kooperation einzusetzen. Dabei sei es essenziell, dass zusätzliche Anforderungen und Auflagen nicht nur mit einem Nachteilsausgleich versehen würden, sondern auch mit einer attraktiven Honorierung. Diese solle einen Anreiz bieten, an Maßnahmen zur Erreichung von Nachhaltigkeitszielen teilzunehmen und hier im Einzelfall einen eigenständigen Betriebszweig zu entwickeln. BVSH-Präsident Klaus-Peter Lucht appelliert an die Politik, „endlich zu handeln“, wenn die Nachhaltigkeitsziele erreicht und die bäuerlichen Betriebe im Land erhalten werden sollten.

Lucht: Politischer Wille fehlt

Lucht bedauerte, dass es für die Umsetzung staatlicher Programme am politischen Willen fehle, entsprechende rechtliche Änderungen vorzunehmen. Dabei seien mit dem Dialogprozess zur Zukunft der Landwirtschaft in Schleswig-Holstein und den Vorschlägen des Kompetenznetzwerks Nutztierhaltung sowie der Zukunftskommission Landwirtschaft (ZKL) bereits gangbare Wege für einen gesamtgesellschaftlichen Konsens aufgezeigt worden. „Den berechtigten Forderungen der Gesellschaft kann die Landwirtschaft aber unter den derzeitigen Rahmenbedingungen nicht mehr nachkommen. Wir sehen das in dramatischer Weise exemplarisch beim Rückgang der Schweinehaltung“, so der BVSH-Präsident.

Eco-Schemes jetzt prüfen

Des Weiteren appelliert der Verband an die Landesregierung, gegenüber dem Bund und den anderen Bundesländern auf eine grundlegende Überprüfung und Überarbeitung der Eco-Schemes für 2024 „schon jetzt hinzuwirken“. Nach Auffassung des BVSH fehlen im Katalog der Ökoregelungen attraktive Maßnahmen für die Milchviehfutterbaubetriebe. Wie in anderen Bundesländern sollten die einzelnen Eco-Schemes durch Maßnahmen in der Zweiten Säule ergänzt werden.

Im Hinblick auf die Ausgestaltung der GAP nach 2027 drängt der BVSH das Land dazu, sich für eine Beibehaltung der Mittel im bisherigen Umfang für Nachhaltigkeitsziele und die Wettbewerbsfähigkeit der Betriebe einzusetzen. Dies könne nur gelingen, wenn die Zahlungen für Nachhaltigkeitsleistungen mit einem maßgeblichen Einkommensanteil ausgestattet würden. Durch die Nachhaltigkeitsbindung verliere die Konditionalität ihre innere Rechtfertigung und müsse im Gegenzug abgebaut werden.

Obergrenzen zu niedrig

Mit Blick auf die Tierproduktion mahnt der BVSH deutliche Anpassungen in Bezug auf das Bundesprogramm zur Förderung des Umbaus der Tierhaltung an. Dies bleibe zu weit hinter den Vorschlägen der Borchert-Kommission zurück. Neben dem Gesamtvolumen nennt der Landesbauernverband die zu niedrigen Obergrenzen bei der Tierzahl und den Investitionssummen je Förderfall. Ohne eine gleichzeitige Anpassung zahlreicher gesetzlicher Regelungen sei aufgrund rechtlicher Unmöglichkeit zu bezweifeln, dass die geringen Fördermittel ausgeschöpft würden.

Die auf europäischer Ebene im Rahmen der Änderung der IED geplanten Verschärfungen der Genehmigungsschwellen und die Einbeziehung der Rinderhaltungen lehnt der BVSH strikt ab. Zudem mahnt er im Zuge des angestrebten Umbauprozesses der Tierhaltung gesetzlich flankierende Maßnahmen an. Dazu müssten das Baugesetzbuch ebenso umgehend angepasst werden wie das Naturschutz-, das Immissionsschutz- und das Umweltverträglichkeitsprüfungsrecht. Dies wertet der BVSH als „alternativlos“.

Arbeitsmigration erleichtern

Rechtssicherheit fordert der Landesbauernverband außerdem im Kapitel Arbeitsrecht bezüglich des Mindestlohns. Er kritisiert, dass der in kurzen Intervallen stetig steigende Mindestlohn die Betriebe vor immer neue wirtschaftliche Herausforderungen stelle und so Planungssicherheit kaum gegeben sei. Auch sollten Ausnahmen vom Mindestlohn für Praktika vereinfacht werden, vor allem bei der Beschäftigung von Geflüchteten.

Begrüßenswert wäre aus BVSH-Sicht außerdem eine Ausdehnung des Eingliederungszuschusses durch die Bundesagentur für Arbeit für Fachkräfte aus dem Ausland. Daneben warnt der Bauernverband vor einem möglichen verstärkten bürokratischen Aufwand in den Betrieben mit der in den nächsten zwei Jahren anstehenden Umsetzung der Mindestlohnrichtlinie. Dringend vereinfacht werden sollte der Zugang von Saisonarbeitskräften aus Drittstaaten. Bewerber aus Nicht-EU-Ländern wie Usbekistan müssten berücksichtigt werden können. Ferner sollten die Kontingente für Saisonarbeitskräfte vom Westbalkan sowie aus Georgien und der Republik Moldau erhöht und auch eine Beschäftigung von Menschen aus dem asiatischen Raum ermöglicht werden.

Das komplette BVSH-Agrar- und Umweltprogramm

Video-Statement zum Agrar- und Umweltprogramm von BVSH-Präsident Klaus-Peter Lucht:

Treckertreck fest im Programm

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Dass die LJG Rendsbwühren etwas mit Traktoren zu tun hat, ist auf diesem Vorstandsfoto nicht zu übersehen. „Unsere Jungs haben da mal etwas aus dem Hut gezaubert“, freut sich die erste Vorsitzende Kristin Gerdt. Die drei coolen Fotomodels, ein Fahr, Baujahr 1956, ein Fendt 724, Baujahr 2021 sowie ein Fendt Farmer 1, Baujahr 1960 (v. li.) gehören dem Hof Loop, Bönebüttel. Für das Shooting wurden sie von einer Zwischendecke in der Werkstatthalle zusammen mit dem Vorstand fotografiert. Die Maschinen sind Programm, denn der Treckertreck ist die größte Veranstaltung der Laju Rendswühren. Der Termin in diesem Jahr: 24. Juni.

Liebe, Lust und Leidenschaft

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Zum Vortragsabend mit Jill Tammling laden die Jungen LandFrauen Schleswig am 25. April ein .  Die Sexualtherapeutin wird in ihrem Vortrag „Liebe, Lust und Leidenschaft“ auf die verschiedenen Facetten der weiblichen Sexualität, Genuss und Erfüllung und Beziehungsgestaltung eingehen. Außerdem wird sie zeigen, dass vieles eine Frage der (Intim-)kommunikation ist. Wer Jill Tammling schon einmal erlebt hat, weiß, dass der Abend vor allem locker und auch amüsant wird. Los geht‘s um 19.30 Uhr im Dörpstreff in Börm. Der Eintritt ist frei.  Anmeldung unter jlfschleswig@gmail.com