Sie werden bei Login in den Shop auch automatisch auf der Bauernblatt-Website eingeloggt und können sich dann zukünftig mit dem gleichen Passwort auf beiden Websites anmelden.
Nun ist es vorbei für die letzten 14 Kühe. Zu beschwerlich ist das Melken für die beiden Senioren geworden, und Nachfolger gibt es nicht. Dass Milchvieh abgeschafft wird, kommt immer wieder vor auf landwirtschaftlichen Höfen. Die Besonderheit hier: Mit den Brüdern Johannes (83) und Claus-Henning (77) Jensen aus Nübel-Brekling in Angeln hören die wahrscheinlich letzten Weidemelker im Norden auf.
Fahrt mit dem Melkwagen zur etwa 1 km entfernten Weide
Die Angler Kühe warten schon, wenn der Traktor mit dem Melkgeschirr ankommt, aber erst muss der Melkstand vorbereitet werden, das Melkgeschirr angebracht, die Milchleitung installiert. Johannes gibt etwas Schrot in die Futtertröge, dann öffnet Claus-Hennig das Gatter, und es geht los. Eine gute halbe Stunde dauert das Melken, ganz in Ruhe, aber zielstrebig und koordiniert. Wie mühselig es für sie ist, kann man allerdings sehen, besonders das Bücken beim An- und Ablegen des Geschirrs, und das bei Knieproblemen.
Mühselige Arbeit für die betagten Männer: Claus-Henning (77) Jensen bringt das Melkgeschirr und legt es an.Johannes Jensen (83) gibt etwas Schrot in die Futtertröge, um die Kühe anzulocken und beim Melken ruhig zu halten.
„Wir haben immer zusammen gemolken, 65 Jahre lang, das sind hochgerechnet einige Tausend Male“, rechnet Johannes im Kopf nach. Dazu ging es jeden Morgen und Abend raus auf die Weide. Von Mai bis in den Herbst lebten die Kühe draußen, die Melker kamen zu ihnen. Über die Jahre hielten die Brüder Jensen um die 40 Kühe, „mehr Platz ist auch nicht im Stall“. Einen Teil haben sie schon seit diesem Frühjahr weggegeben. Von ihren 70 ha ist das Ackerland verpachtet, das Grünland – ohne die Kühe – demnächst auch.
Den Betrieb hatten ihre Eltern Johannes senior und Luise Jensen 1937 gekauft. 1959 ließen sie vom Schmied den ersten Melkstand bauen, der wurde noch mit Eimern bedient. Der jetzige Melkstand stammt noch aus dem Jahr 1983 und enthält die viel praktischere Milchleitung. Die Pumpe wird mit dem Traktormotor angetrieben. „Damals war Weidemelken gang und gebe, viele Nachbarn machten das, aber die meisten mit Anbindung und nicht als Durchtrieb wie bei uns“, erklärt Claus-Henning. – Ist eine Kuh fertig, wird per Seilzug die Tür geöffnet, und sie läuft raus, die nächste kommt nach. Nicht nur die Kühe hatten auf diese Weise ein schönes Leben, auch für die Halter war das Weidemelken praktisch. „Du brauchst nicht füttern, und es entfällt das Rein- und Raustreiben in und aus dem Stall.“
Mit dem Seilzug wird die Tür für die gemolkene Kuh geöffnet. Die gemolkene Milch wird in die Kanne gepumpt.
In dem Dokumentarfilm „Quo vadis, Angeln?“ (das Bauernblatt berichtete) wurde auch die Brüder Jensen und ihre Arbeit gezeigt. „Mama, das ist der aus dem Film!“, rief ein Mädchen auf der Straße, erzählt Johannes lachend.
Christina Paulsen-Schlüter, zweite Vorsitzende der Rinderzucht Schleswig-Holstein eG (RSH) und eine der Initiatorinnen des Films, hat den Brüdern Jensen ein Fotobuch zusammengestellt, in dem sie einen Morgengang auf die Weide mit ihnen beschreibt. „Wie Geister erscheinen die Kühe im ersten Morgengrauen, langsam färbt die aufgehende Sonne den Himmel, Tau liegt auf Gras und Gebüsch. Kraniche rufen, und allmählich bewegt sich die Herde zum Teich.“
Eine Ära geht zu Ende. Traurig? „Na, glücklich nicht“, meint Claus-Henning. Trotzdem lacht er wie auch sein Bruder ständig. Und fügt sogleich an: „Schau mal, wie schön wir hier leben!“
Ein Leben lang brüderlich vereint in der Landwirtschaft: Johannes (li.I) und Claus-Henning JensenNun ist es vorbei: Der Weidemelkstand wird für immer geschlossen.
Die Rinderzucht Schleswig-Holstein (RSH) setzt auf ein neues Auktionskozept mit extra Serviceangeboten, das die Beschicker entlasten soll. Auf Vorführung wird verzichtet, die Tiere präsentieren sich quasi selbst.
Wir haben nach neuen Wegen für die Auktion gesucht. Es war ein Experiment für uns, das gelungen ist“, sagt Dr. Heiner Kahle, Abteilungsleiter Viehvermarktung und Marketing bei der RSH, zufrieden. Am 13. Oktober vorigen Jahres fand die erste Auktion nach neuem Muster statt, verbunden mit einem Ortswechsel aus den Holstenhallen Neumünster in den Exportstall der RSH nach Dätgen; gleichzeitig ein Wechsel des zuständigen Kreises nach Rendsburg-Eckernförde.
Auktion mit Service
Die RSH hat auch ihr Serviceangebot erweitert, dazu gehört jetzt der Transport. Die Tiere können am Abend vor der Auktion durch Spediteure der RSH abgeholt werden und werden morgens in Dätgen gemolken und vorbereitet.Der Aufwand für die RSH als Veranstalter ist gestiegen und braucht ein engagiertes Team.
Neu ist auch, dass die Tiere nicht mehr vorgeführt werden müssen. Sie können sich im Ring frei bewegen. „Anfängliche Bedenken wegen der Präsentation waren fehl am Platz“, resümiert Auktionator Claus-Peter Tordsen heute, „die Tiere kommen in die Halle, sind neugierig, heben den Kopf und präsentieren sich gut von allein.“
Am vorigen Donnerstag fand die erste Absatzveranstaltung der RSH nach der Sommerpause statt. „Wir haben bisher unsere Tiere ab Hof verkauft und sind zufrieden mit dem neuen Konzept“, sagt Tina Staggen aus Rendswühren, die mit Seniorchefin Anke Staggen eine Anglerfärse angeboten hat. „Der Aufwand für uns ist gut zu bewältigen und wir treffen auf ein breites Spektrum an Käufern.“ Das gefiel den Landwirtinnen.
Keine lange Vorbereitung
Landwirtin Agnes Greggersen aus Schwackendorf lobt ebenfalls den Servicegedanken: „Meine beiden Angler Färsen wurden abgeholt und vor Ort gemolken. Damit fällt die Entscheidung für die Auktion leichter.“ Ein großer Vorteil für die Landwirtin ist, sie hat keine tagelange Vorbereitung der Tiere im heimischen Stall. Der Entfall der stressigen Vorführung bedeutet für sie auch mehr Tierwohl. Die Atmosphäre in Dätgen bezeichnen Beschicker und Besucher als nahezu familiär.
Die RSH ist zufrieden, die Auftriebszahlen wachsen, neue Beschickerkreise werden erschlossen. Das war notwendig nach dem Rückgang der Absatzzahlen. „Die Auktion ist für die Rinderhalter eine wichtige Vermarktungsform und bedeutet transparente Preisfindung, die für alle im Land als Orientierung dient“, so Heiner Kahle. Deshalb werde die RSH dieses Modell weiter zukunftsfest ausbauen. mbw
Mit Texasgittern wird ein Laufbereich für die Auktion in der Halle aufgebaut. Die Registrierung und Abwicklung sind ebenfalls vor Ort. Foto: mbwDie Registrierung und Abwicklung der RSH sind ebenfalls vor Ort. Foto: mbwDie kaufinteressierten Besucherinnen und Besucher können alle Tiere vor der Auktion ausgiebig im Stall besichtigen. Foto: mbwTina Staggen, Sina Piotraschke, Anke Staggen (v. li.) verfolgen die Auktion. Foto: mbwBei der Auktion findet eine transparente Preisbildung statt. Foto: mbw
Die FDP-Fraktion hatte am Montag in den Landtag eingeladen zur Diskussion um den umstrittenen Nationalpark Ostsee (NPO). Umweltminister Tobias Goldschmidt (Grüne) stellte sich der Diskussion und sprach seine Erwartung deutlich aus, dass etwas passieren muss.
Die FDP rief die verschiedenen Gruppen, die unterschiedliche Haltungen gegenüber dem geplanten Nationalpark einnehmen, zur Diskussion auf. Umweltminister Tobias Goldschmidt hat die Einladung in den Kieler Plenarsaal angenommen und hatte an vielen Stellen für das von ihm ergebnisoffen gestartete Projekt zu diskutieren und zu verteidigen.
Neben Umweltminister Tobias Goldschmidt und dem Gastgeber Oliver Kumbartzky, dem umweltpolitischen Sprecher der FDP-Landtagsfraktion, gehörten Stefanie Sudhaus, Meeresschutzreferentin beim BUND Schleswig-Holstein, Björn Brüggemann, Initiative Freie Ostsee, Jörg Weber, Bürgermeister von Fehmarn und Vorsitzender Ostseetourismus, Peter Heldt, Landessportfischerverband und Klaus-Peter Lucht, Präsident des Bauernverbandes Schleswig-Holstein zur Diskussionsrunde.
Der Landesbauernverbandspräsident Lucht betonte, dass es bereits einen strengen Rechtsrahmen für den Gewässerschutz durch die Wasserrahmen-Richtlinie, die Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie und die jüngst verschärfte Düngeverordnung gibt. Insofern sei genau abzuwägen, ob die Ergänzung des zusätzlichen formalen Schutzstatus als Nationalpark, der mit Nutzungseinschränkungen, Verboten und Auflagen verbunden sei, überhaupt erforderlich ist. Ebenso hob Lucht die Erfolge der Allianz für den Gewässerschutz hervor, die auf Verbändebasis und unter Beteiligung des Umwelt- und Agrarministeriums erfolgreich auf freiwilliger Basis an Land agiert.
Kumbartzky machte aus der Meinung der Opposition kein Geheimnis indem er sagte: „Wir sind hier alles andere als neutral.“ Er erinnerte daran, dass die FDP den Nationalpark Ostsee für den falschen Weg hält, um mehr Meeresschutz zu erreichen. Joachim Weber rückte die Freiwilligkeit von Vereinbarungen in den Vordergrund, damit auf Fehmarn mit Wassersportlern gute Einigungen erzielt würden.
Über dem Abend schwebten die Medienmeldungen von vor einigen Tagen, dass die CDU die Pläne für einen Nationalpark Ostsee endgültig begraben habe. Goldschmidt machte deutlich, dass er weiterhin nach Lösungen festhält und betonte zum Schluss, dass er an der Diskussion zum Schutz der Ostsee festhalte und man am besten alle Maßnahmen gleichzeitig starte. mbw
Angemerkt: Das dröhnende Schweigen der Nationalparkverfechter
Bei der Diskussion um einen Nationalpark Ostsee könnte man fast den Eindruck gewinnen, dass der Ostsee nichts Schlimmeres passieren konnte als der Konsultationsprozess: Ihr Zustand hat sich – wenngleich nur verbal – seit dessen Beginn im März 2023 durch zunehmend aufbauschende Umschreibungen dramatisch verschlechtert: Von „nicht in einem guten Zustand“ hat sich der Status in kürzester Zeit über „jämmerlich“ zu „sterbenskrank“ entwickelt, sodass selbst der Vergleich zu einer „Jauchegrube“ manchem plausibel erschien. Manchmal bedeuten aber die Dinge, die nicht gesagt werden, mehr als jene, die laut in die Welt gesetzt werden. Das konnte man bei der Diskussionsveranstaltung der FDP im Landtag besonders „raushören“. Gleich für drei mehrfach angesprochene Kernaspekte blieb der auf dem Podium seine Nationalparkpläne verteidigende Umweltminister Goldschmidt eine ausdrückliche Antwort schuldig:
1. Was hat das Ministerium dem im Auftrag der Initiative Freie Ostsee Schleswig-Holstein erstellten Rechtsgutachten entgegenzusetzen, wonach die Festsetzung eines Nationalparks innerhalb der sogenannten Potenzialfläche gleich an mehreren wesentlichen rechtlichen Voraussetzungen scheitere?
2. Welche der Ziele (Altmunitionsbergung, Eutrophierung, Begrenzung von Sauerstoffarmut und Klimawandelfolgen) können ausschließlich durch Errichtung eines Nationalparks verwirklicht werden?
3. Welche der auch von Umweltschutzverbänden ins Spiel gebrachten alternativen Schutzgebietskategorien beziehungsweisefreiwilligen Konzepte favorisiert der Minister, wenn ein Nationalpark nicht realisierbar ist?
Insbesondere zur letztgenannten Frage verwundert aus Sicht der Landwirtschaft und mit Blick auf die Lösungsfindung für die Eutrophierung der Ostsee die beharrliche „Aussageverweigerung“. So bestehen ja für das Umweltministerium mit der von Robert Habeck ins Leben gerufenen Allianz für Gewässerschutz und dem vom ehemaligen Umweltminister Albrecht begonnenen Dialogprozess „Zukunft der Landwirtschaft“ attraktive Verankerungsmöglichkeiten. Gleich drei der 24 Thesen adressieren den Gewässerschutz, wobei für alle maßgeblichen Akteure mit These 19 ein richtungsweisender Kompass formuliert wird:
„Wir wollen durch Kooperation, Ausbildung, Beratung, Modellprojekte, praxisorientierte Forschung sowie innovative Technik eine boden-, klima- und gewässerschonende Landbewirtschaftung unterstützen. Hierdurch sollen Nährstoffe effizienter ausgenutzt, Überschüsse vermieden und die Eutrophierung der Gewässer verringert werden.“ Deshalb sollte dieser von allen Stakeholdern vorgegebene Kurs angepeilt werden. Das bedeutet: Klar zur Wende – zurück in die Zukunft.
Die Internationale Kartoffel-Herbstbörse fand am Dienstag zum 70. Mal statt. In Hamburg trafen sich 130 Vertreterinnen und Vertreter der gesamten mit der Kartoffel verbundene Wirtschaft. Sie folgten der Einladung des Deutschen Kartoffelhandelsverbandes (DKHV) zum Dialog über Stand und Perspektive der Branche.
Die Herausforderungen der diesjährigen Frühkartoffelsaison durch die klimatischen Bedingungen zeigen sich für Karl Ohligs vom Import- und Handelsunternehmen Theodor Stadtmann, Bottrop, durch eine erschwerte Rohwarenbeschaffung. Der Bedarf des Handels musste verstärkt durch Importware gedeckt werden. Thomas Herkenrath, Präsident des Deutschen Kartoffelhandelsverbandes (DKHV), sprach die zunehmenden administrativen Anforderungen auf allen Stufen der Wertschöpfungskette an, die für die einzelnen Betriebe die Belastungsgrenze erreicht hätten. Er stellte die These auf, die Anforderungen des Lebensmittelhandels hätten die Anforderungen der Verbraucher vielleicht längst überschritten. Er gab mit Blick in Richtung Politik zu bedenken, dass die Wertschöpfung in Handel und Landwirtschaft unter überbordenden bürokratischen Anforderungen zunehmend leide.
Traditionell wurde in den vergangen Jahrzehnten auf der Kartoffelherbstbörse die vorläufige Ernteschätzung veröffentlicht. Das Bundesministerium für Landwirtschaft (BMEL) hat diesmal keine Prognose vorgetragen. Eine aktuelle Ernteerwartung wurde auf dem Weuthen-Kartoffeltag in Schwalmtal von Weuthen-Geschäftsführer Ferdinand Buffen am 31. August vorgestellt, der diese für Deutschland zu diesem Zeitpunkt auf 10,25 bis 10,75 Mio. t bezifferte, für die EU-4 auf 22 bis 22,50 Mio. t und von weiteren 4,5 bis 5 Mio. t für das Vereinigte Königreich ausging. Seit dieser Einschätzung seien 19 Tage vergangen, deshalb gehe er jetzt von weiteren 7,5 t/ha an Zuwachs aus. Das sei mit entsprechenden Auswirkungen auf den Kassamarkt einhergegangen und habe zur Preiskorrekturen geführt. Buffen sieht weiter eine starke und noch steigende Aufnahmefähigkeit am Weltmarkt für Verarbeitungsprodukte.
Einig waren sich die Branchenvertreter, dass die Pflanzgutproduktion zu einem limitierenden Faktor werde und bereits zur kommenden Saison Vermehrungsflächen vor allem im Norden gesucht seien. mbw
Harsche Kritik an der Politik von Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) äußerte Klaus-Peter Lucht, Präsident des Bauernverbandes Schleswig-Holstein, am Donnerstag (21. September) im Rahmen einer Kundgebung, die anlässlich der Agrarministerkonferenz auf dem „Platz der Kieler Matrosen“ am Kieler Hauptbahnhof stattfand.
„Die Landwirtschaft macht Angebote und ist bereit, auf Wünsche der Gesellschaft zu reagieren. Dafür brauchen wir die Unterstützung der Politik und keine Blockadehaltung, wie wir sie derzeit im Berliner Agrarresort wahrnehmen“, so Lucht vor rund 1.000 Demonstrierenden aus dem gesamten ländlichen Raum.
Gesellschaftlich breit getragene Lösungen lägen mit den Ergebnissen des Kompetenznetzwerks Nutz-tierhaltung und der Zukunftskommission Landwirtschaft auf dem Tisch, würden aber nicht umgesetzt.
„Stattdessen setzt Berlin auf Ordnungsrecht“, stellt Lucht fest und mahnt Minister Özdemir: „Mit Ord-nungsrecht löst man keine Krisen, schafft nicht mehr Tierwohl und sichert keine heimische Lebensmit-telproduktion“.
Die Landwirtschaft sei lösungsorientiert und bereit für die Zukunft, nun benötige man verlässlichen Rückenwind vonseiten der Politik: „Wir brauchen Rechtssicherheit für Investitionen und die Honorierung von Leistungen, die nicht über den Markt entlohnt werden“, so die zentralen Forderungen. pm
Friedrich-Otto Ripke, Präsident des Zentralverbandes der Deutschen Geflügelwirtschaft: „Die deutsche Geflügelwirtschaft ist eine Wachstumsbranche. Es gibt kein Nachfrageproblem. Aber es hapert an den politischen Rahmenbedingungen. Mit einer Verschärfung bei den Besatzdichten in Deutschland, fördert man den Import. Auch die Durchsetzung des Mercosur-Abkommens mit Südamerika würde uns hart treffen. Mit Versorgungssicherheit hat das nichts zu tun.“
Hans-Jürgen Kock, Präsident des Lohnunternehmerverbandes Schleswig-Holstein: „Wir müssen weg von ideologischer Politik und hin zu wissenschaftlich fundierten Entscheidungen. Lohnunternehmer sind nach dran an Natur, Wind und Wetter, und Vorreiter beim Einsatz neuer Technologien. Wir sind gerne bereit unser Know-how zu teilen.“
Peter Köninger, Milchpräsident des Bayerischen Bauernverbandes: „Das Tierschutzgesetz trifft viele Betriebe in Bayern. Mit Blick auf das geplante Verbot der Anbindehaltung werden ganze Regionen ausbluten. Wir brauchen deswegen die Möglichkeit der Kombinationshaltung für die Tiere, mit Stall im Winter und Auslauf im Sommer.“
Jennifer Müller, Sprecherin des Unternehmerinnennetzwerks Schleswig-Holstein: „Es ist entscheidend, dass Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir mit uns über die Tierhaltung spricht. Wir haben momentan der Eindruck, dass er sie abschaffen will. Es kann außerdem nicht sein, das Glyphosat auf EU-Ebene eine Zulassung erhält und einzig Deutschland an einem Verbot festhalten will.“
Jan Urthel, Landesfischereiverband Schleswig-Holstein: „Wir wollen hier die Bauern unterstützen, haben aber natürlich auch eigene Anliegen. 2030 soll die bodengebundene Fischerei verboten werden, obwohl wir immer bodenschonender arbeiten. Dadurch lassen sich unsere Boote und Betriebe nicht mehr verkaufen. Die Erlöse aus den Verkäufen machen aber in unserer Branche einen bedeutenden Teil der Rente aus.“
Laura Stolley, Sprecherin des Agrarausschusses im Landjugendverband Schleswig-Holstein: „Es ist wichtig, dass wir jungen Landwirtinnen und Landwirte hier sind. Wir stehen motiviert in Startlöchern. Aber wir müssen Planungssicherheit von der Politik bekommen. Vorgaben müssen mit und und nicht gegen uns entwickelt werden.“
Lars Kuhlmann, Vorsitzender des Kreisbauernverbandes Pinneberg: „Es ist wichtig, hier im Rahmen der Agrarministerkonferenz Flagge zu zeigen. Wir sehen, dass sich der gesamte ländliche Raum versammelt hat, um ein Zeichen zu setzen. Ob die Bundespolitik aber schon begriffen hat, wie ernst die Lage im ländlichen Raum ist, vage ich zu bezweifeln.“
Hubertus Zirkel, Geschäftsführer des Waldbesitzerverbandes Schleswig-Holstein: „Die aktuelle Forstpolitik ist kaum nachzuvollziehen. Extremwetterereignisse nehmen zu, aber Fördermittel zur Beseitung von Schäden durch Extremwetterereignisse sollen gestrichen werden. Das passt nicht zusammen. Das Bundesumweltministerium will Waldflächen stilllegen oder einen Umbau ausschießlich mit heimischen Arten zulassen. Diese Arten sind aber oft nicht klimaresilient. Außerdem gilt es zu bedenken, dass jeder Festmeter Holz, der hier nicht mehr unter hohen Nachhaltigkeitsstandards erzeugt wird, aus dem Ausland importiert werden muss.“
Was ist Heimat? Gibt es für diesen Begriff überhaupt eine alles umfassende, allgemeingültige Definition? Wenn es nach der in der vergangenen Woche neu eröffneten Ausstellung im Jahr100Haus im Freilichtmuseum Molfsee geht, dann gibt es DIE eine Heimat nicht.
Daher wurde als Titel der Ausstellung auch der Plural von Heimat gewählt. „Heimaten“ ist eine Ausstellung und zugleich eine Umfrage, die die Aussagen von Besuchern zu deren Heimat-Assoziationen per Umfragetool und Smartphone erfasst und die Antworten mit in die Ausstellung integriert. „Das Besondere an dieser Ausstellung ist, dass wir keine Antworten parat haben, sondern Fragen stellen. Damit möchten wir unsere Besuchenden dazu anregen, darüber nachzudenken, was Heimat für sie bedeutet“, erklärte Prof. Kerstin Poehls, Direktorin des Freilichtmuseums Molfsee, zur Eröffnung. Die Ausstellung sei aus vielerlei Gründen wichtig für das Museum. „Über das Thema dieser Ausstellung können wir in einen Dialog zwischen diesem Gebäude und dem Freigelände kommen und thematische Verbindungen herausarbeiten. Zudem können wir damit die Frage gut bearbeiten, was ein Freilichtmuseum jetzt im 21. Jahrhundert eigentlich sein kann, wofür es steht und wie wir mit unseren Gästen kommunizieren“, so Poehls weiter.
Die Ausstellung ist in sieben Themenbereiche gegliedert, die jeweils unter einer anderen Fragestellung stehen.
„Wir verstehen Heimat nicht nur als Ort, sondern als facettenreiches Gebilde, das jede und jeder von uns täglich neu aushandeln muss. Heimat ist nicht einfach da, sondern wandelt sich stetig“, sagte Dr. Babette Tewes, die als Projektleiterin für die Umsetzung von „Heimaten“ im Jahr100Haus verantworlich zeichnet. Ein Ziel der Ausstellung sei es, diese ständige Veränderung abzubilden, mit Exponaten und persönlichen Geschichten, um der Komplexität des Themas Raum zu geben.
„Jede und jeder definiert Heimat anders – örtlich oder über Zugehörigkeit, über Familie oder Menschen, über Kultur, Essen oder Gerüche. Diese Ausstellung ist auch deshalb so wichtig, weil Heimat ein Begriff im Wandel ist und es das Ansinnen dieser Ausstellung ist, diesen Begriff ins 21. Jahrhundert zu übersetzen“, erklärte Karin Prien (CDU), Ministerin für Bildung, Wissenschaft, Forschung und Kultur, bei einem ersten Rundgang. „Heimaten“ ist in sieben Themenbereiche unterteilt, wobei jeder Bereich mit einer Frage überschrieben ist: Ist Heimat ein Ort? Ist Heimat eine Gemeinschaft? Ist Heimat etwas Sinnliches? … ein Staat? … ein Grund zur Sorge? … mit Verlust verbunden? Oder ist Heimat etwas Neues? Zu sehen sind Musikvideos, Ausschnitte aus Heimatfilmen, Trachten, Textilien, Videospiele, Installationen, Grafik und vieles mehr. Jedes Exponat ist ein Denkanstoß und kann Anlass zur Diskussion sein. „Heimaten“ ist eine Ausstellung des Museumsfür Kunst und Gewerbe Hamburg mit Kurator Simon Klingler. Weitere Informationen unter freilichtmuseum-sh.de
Die Sandmännchen – links der DDR-Sandmann, rechts die WestvarianteNoh Nee – Dirndl à l‘Africaine (Modell Anna)Artenvorkommen als HeimatmerkmalKünstliche Falter und Insekten fangen bei Näherkommen in den Lampen an zu flattern. Per Umfragetool und Smartphone können sich die Besucher an einer Umfrage zum Thema Heimat beteiligen. Die Antworten werden in die Ausstellung integriert. Die Lampen mit den flatternden Insekten sind ein Hingucker.Raumideen in Zeichnungen festgehaltenIst Musik Heimat? Oder stehen Instrumente für Heimat?Wimmelbild einer StadtProjektleiterin Babette Tewes, Museumsleiterin Kerstin Poehls und Bildungsministerin Karin Prien (v. li.) unterhalten sich über die Ausstellung.Trikot und Schal von Holstein Kiel
Der Ausbau der deutschen Onshore-Windenergie entwickelt sich laut dem Bundesverband Windenergie (BWE) weiterhin positiv. Die Branche kann den Schwung des ersten Halbjahres 2023 mitnehmen und liegt bei entscheidenden Kennzahlen über dem Vorjahresniveau.
Mit Neugenehmigungen im Umfang von mittlerweile fast 4.000 MW liegt die neu genehmigte Leistung ganze 44 % über dem Achtmonatswert des Vorjahres. Auch die durchschnittliche Generatorleistung hat zugenommen: Im Bundesschnitt haben neu genehmigte Anlagen eine Leistung von 5,41 MW. Mit Ausnahme von Bayern und Baden-Württemberg liegt die genehmigte Leistung in allen Bundesländern über 5 MW; Sachsen-Anhalt steht mit durchschnittlich 6,13 MW an der Spitze.
Mit 192 neu genehmigten Windenergieanlagen (WEA) führt Nordrhein-Westfalen weiterhin das Länder-Ranking an. Die hier erst kürzlich weggefallene pauschale 1.000-m-Abstandsregelung dürfte zu einem weiteren Anziehen der Genehmigungen führen. Auf den Plätzen zwei und drei folgen Schleswig-Holstein und Niedersachsen mit 125 beziehungsweise 123 neu genehmigten Anlagen. Brandenburg liegt mit 73 Anlagen weiterhin auf dem vierten Platz, hier zieht die Genehmigungslage nach einer Schwächeperiode weiter an und hat heute bereits mehr genehmigte Projekte als im Vorjahr.
Auch Mecklenburg-Vorpommern, Thüringen und Sachsen haben das Genehmigungsniveau des Vorjahres (Mecklenburg-Vorpommern 22 WEA; Thüringen 21 WEA; Sachsen 18 WEA) bereits übertroffen – wenngleich mit deutlich geringeren absoluten Zahlen. Die höchsten neu genehmigten Turbinen sind neun Anlagen mit einer Gesamthöhe von 261 m und einer Leistung von 7,2 MW.
Im Bereich der Neuinbetriebnahmen zeigt sich ein deutlicher Zuwachs gegenüber dem Vorjahr: Kumuliert liegt die neu in Betrieb gegangene Leistung nach acht Monaten bei mehr als 2.000 MW und damit rund 51 % über dem Vorjahreswert. Die Repowering-Quote liegt laut BWE-Präsidentin Bärbel Heidebroek unter den Neuinbetriebnahmen nach acht Monaten bei rund 32 % und damit weiterhin auf einem hohen Niveau.
Zudem bietet die Branche ein hohes Beschäftigungspotenzial für gut ausgebildete Fachkräfte sowie Berufs- und Quereinsteiger. Fast alle Unternehmen haben offene Stellen im Angebot. Dass diese im Schnitt in rund drei Monaten besetzt werden können, zeigt die Attraktivität der Windenergie als Arbeitgeber. Dabei gilt die Branche als zukunftsfähig, klimaschützend und technologisch innovativ. Diese Qualitäten sind gleichzeitig die leitenden Entscheidungsfaktoren für Menschen, die in der Windenergie beschäftigt sind oder es sein möchten. Allerdings gab in einer Civey-Umfrage ein großer Teil der Befragten an, keine Kenntnis von geeigneten oder passenden Stellen in der Windenergie zu haben. Besonders unter den aktuell in Ausbildung befindlichen Befragten ist das Nichtwissen um die Chancen mit 38,4 % sehr hoch.
Die 37. Dithmarscher Kohltage sind eröffnet. Bis zum 24. September dreht sich im größten Kohlanbaugebiet Europas alles um das vitaminreiche Gemüse. Das Anschnittfest fand in diesem Jahr in der „Wiege des Kohls“ statt, am Kohlosseum in Wesselburen.
Kreispräsidentin Ute Borwieck-Dethlefs beim traditionellen Anschnitt
Traditionell schnitten die Kreispräsidentin, Ute Borwieck-Dethlefs, und der Landwirtschaftsminister, Werner Schwarz (CDU), die beiden ersten Kohlköpfe der Saison. Christian Ufen, Vorsitzender der Bundesfachgruppe Gemüsebau, begrüßte die Gäste auf dem Kohlfeld der JHB Bio GbR direkt neben dem Kohlosseum. „Für den Kohl war es im Frühjahr zu nass, dann kamen im Sommer trockenheiße Phasen. Das Versorgen mit gesunden Lebensmitteln ist keine Selbstverständlichkeit, auch wenn es für uns selbstverständlich erscheint“, sagte Ufen.
Ute Borwieck-Dethlefs dankte nicht nur den Feldeigentümern: „Alles beginnt auf solch einem Feld, und wir haben noch immer gute Bedingungen für den Anbau, aber es bedarf einer Menge körperlicher Arbeit bis zur Ernte.“
Minister Schwarz würdigte in seinen Grußworten alle, die in Dithmarschen gemeinsam für jeden Bundesbürger durchschnittlich einen Kohlkopf anbauen. „Wir brauchen keine Ergänzungsmittel, wenn wir uns regional und saisonal ernähren. Kohl ist einer der Top-Vitamin-C-Lieferanten“, führte er aus. Bürokratie sei ein großer Kritikpunkt, so der Minister weiter. „Wir müssen mit ihr leben, machen Sie aber gerne Vorschläge zur Verbesserung“, forderte Schwarz auf.
Die Kohlregentinnen Inken III. Sprick und Luisa I. Hanssen tauschten Geschenke mit den Gastmajestäten aus, der Pellkartoffelkönigin Josefine Ninow aus Hohenlockstedt im Kreis Steinburg und der Rapsblütenkönigin Laura Bargholz von der Insel Fehmarn.
Dithmarschens Landrat Stefan Mohrdieck ging auf die lange Tradition des Kohlanschnitts ein. „Ein tolles Fest mit einem vielfältigen Programm allerorts“, lud er zu den anstehenden Veranstaltungen ein. Gemeinsam mit der Kreispräsidentin verabschiedete Mohrdieck den Vorsitzenden des Vereins zur Förderung Dithmarschens, Karl-Albert Brandt, mit einem Dithmarschen-Fähnchen, Urkunde und Präsenten. „Du bist für mich immer Mister Kohltage“, bekannte Ute Borwieck-Dethlefs.
Karl Kohlkopp hat eine neue Liebe.
Der KreisLandFrauenverein Dithmarschen hatte seinen „Karl Kohlkopp“ dabei. Seit Jahren schmücken Karl und Karla den Stand in der LandFrauen-Markthalle beim Anschnittfest. In diesem Jahr hatte Karl seine neue Liebe dabei – einen Rosenbusch. Aus der Liaison sei der Rosenkohl entstanden, besagt ein Gedicht. Die LandFrauen-Ortsvereine präsentierten neben Kunsthandwerk ein Kuchenbuffet und backten in sechs Pfannen frisch die beliebten Förtchen. Immer präsent sind die Kohlelfen, die die Besucher bezauberten und bei kleinen Tänzchen Bonbons verteilten.
In 23 gastronomischen Betrieben gibt es noch bis Sonntag die kulinarische Kohlvielfalt zu probieren. Ab Donnerstag wird auf dem Heider Marktplatz im Festzelt gefeiert, in Marne ist am Sonnabend Stadtfest und das Kohlosseum bietet täglich Vorführungen in der Krautwerkstatt an.
Die Marner LandFrauen backen auf sechs Pfannen die beliebten Förten.
Prominenten und sichtlich kuhbegeisterten Besuch hatte das Lehr- und Versuchszentrum der Landwirtschaftskammer jetzt von Wirtschaftsminister Claus Ruhe Madsen (CDU) und dem Chef der Wirtschaftsförderung und Technologietransfer SH (WTSH), Dr. Hinrich Habeck.
Präsidentin Ute Volquardsen und die Mitarbeiter aus der Rinderhaltung führten die beiden über das Gelände. Dabei ging es um Tierwohl, Effizienz und die fortwährende Verbesserung von Ausbildung und Beratung auch mittels praxisnaher Neu- und Weiterentwicklung digitaler Technologien in Zusammenarbeit mit Wissenschafts- und Wirtschaftspartnern. Die Gäste erfuhren, welche Rolle die Kammer bei der Ausbildung und Beratung innerhalb der Landwirtschaft hat, wie die Ausbildung abläuft und welchen Mehrwert die Bauern von der Kammer haben, etwa durch die Landessorten- oder Fütterungsversuche. Dabei fragte der Minister viel nach, zum Beispiel ob es im Bereich der Milchviehhaltung nur um immer mehr Milchleistung gehe.
Er erfuhr, dass Futter zwar effizient eingesetzt werden solle, aber dabei nicht die Gesundheit der Kuh gefährdet werden dürfe. Künftig wird es bei der Fütterung auch vermehrt darum gehen, die Klimagase zu verringern. Weitere Themen waren der Konsum von Rind- und Schweinefleisch. Am Ende waren sich alle einig, dass das Wohl der Tiere im Interesse aller sei, damit man tierische Produkte mit gutem Gewissen essen könne. Besonders war der Minister davon angetan, dass in Futterkamp Schulkinder in Form von Klassenfahrten die Landwirtschaft kennenlernen.
Wenn sich mehr als 250 Reiter mit Lanzen oder Stechern treffen, geht es heutzutage zum Glück nicht um eine Schlacht. Vielmehr wird dann wahrscheinlich gerade ein Wettbewerb ausgetragen, bei dem an unterschiedlichen Orten in Schleswig-Holstein das Kulturerbe Ringreiten gelebt und präsentiert wird. Das Landesringreiten findet nur alle vier Jahre statt. Wegen der Pandemie gab es diesmal eine fünfjährige Pause, bevor sich die Ringreiter aus ganz Schleswig-Holstein in Wittbek im Kreis Nordfriesland trafen.
„Mir geht es um den Umgang mit dem Pferd und um die Kameradschaft“, erzählt Claus Röhe über seine Leidenschaft für das Ringreiten. Mit 18 Jahren, damals noch in Oldersbek ansässig, begann er mit diesem Sport. Inzwischen ist der heutige Mildstedter, Kreis Nordfriesland, seit 50 Jahren dabei. Doch in diesem Jahr war er zu beschäftigt, um selbst mitzumachen, denn er gehörte zum Veranstalterteam des Landesringreitens.
Die Vorbereitungen laufen zwar schon seit einem Jahr, aber wenn knapp 264 Reiter mit ihren Pferden anreisen, um auf 28 Bahnen ihre Wettkämpfe auszutragen, dann muss das gut koordiniert werden. Ein Treffen der Ringreiter in dieser Größe gibt es sonst nur noch in Dänemark. Dort, bei Sonderburg, sind es sogar noch mehr Teilnehmer. In Schleswig-Holstein wird hauptsächlich an der Westküste Ringreiten veranstaltet, vereinzelt auch im Landesinneren. Einzelne Veranstaltungen gibt es auch in den Niederlanden, in Niedersachsen und in Mecklenburg-Vorpommern. „Aber weiter nach unten geht es nicht“, weiß Röhe.
Immaterielles Kulturerbe
Hier in Schleswig-Holstein gibt es das Landesringreiten seit 60 Jahren. Röhe ist seit 30 Jahren dabei und hilft mit. Die Veranstaltung wurde im Laufe der Jahre an den unterschiedlichsten Orten durchgeführt, sogar schon auf Sylt. Röhe ist auch im Vorstand des Landesringreiterbundes und war gemeinsam mit seiner Kollegin Maike Buchholz aus Ostenfeld, Kreis Nordfriesland, maßgeblich daran beteiligt, dass das Ringreiten 2021 zum immateriellen Kulturerbe ernannt wurde. Die Idee kam von ihrem verstorbenen Mann Horst Buchholz.
Die beiden hatten die aufwendige Bewerbung mit großem Engagement vorbereitet. „Die Recherchearbeit hat zwei Jahre gedauert, da im Antrag sehr detaillierte Ausführungen gefordert sind“, berichtet Röhe. Unter der Überschrift „immaterielles Kulturerbe“ sammelt die Unesco mündliche Überlieferungen, Bräuche und Feste, darstellende Künste, Wissen und traditionelle handwerkliche Fertigkeiten. Die Expertenkommission begründete die Aufnahme unter anderem damit, dass das Ringreiten an der Westküste eine identitätsstiftende Wirkung habe und in der lokalen Bevölkerung sowie in den Reitvereinen tief verankert sei.
Das zeigte sich auch in der regen Beteiligung am diesjährigen Landesringreiten. Es nahmen Viererteams aus 66 Vereinen teil. Gestartet wurde ohne Alterskategorien, wobei das Mindestalter 16 Jahre betrug. „Der älteste Teilnehmer war 80 Jahre alt“, berichtet Claus Röhe. Jeder Reiter durfte 30 Mal sein Glück versuchen, also durch den Galli reiten – das sind die zwei Pfosten mit dem Tau in der Mitte und dem Magneten daran – und dabei den Ring stechen. Neben den Teilnehmern wurden noch Aufschreiber, Richter, Ringaufhalter und Ringsammler benötigt, also mindestens vier Personen pro Bahn.
Im Galopp stechen
Die Regeln sind recht einfach: Gefordert sind drei Galoppsprünge vor dem Galli und drei danach. Wenn ein Pferd während des Stechens in den Trab fällt, zählt der Ring nicht. Hat alles geklappt und der Ring ist auf der Lanze beziehungsweise dem Ringstecher, muss er mit der Hand abgenommen werden. „Den Ring einfach herunterzuschmeißen gehört sich nicht“, erklärt Röhe.
In den meisten Vereinen treffen sich die Ringreiter regelmäßig zum Training, wobei vor allem die Zielgenauigkeit des Reiters geübt wird. Wichtig seien auch ruhige Pferde und eine gute Verbindung mit dem Reiter. „Bei so einer großen Veranstaltung gibt es ein großes Gewühl. Es wird dicht auf dicht geritten und auch auf die Pferde zu“, erklärt Röhe. Das heißt, entweder eignet sich ein Pferd dafür oder eben nicht. Rote Schleifchen, wie sie auf Spring- oder Dressurturnieren bei schlagenden Pferden üblich sind, sieht man beim Ringreiten nicht. „Es ist wie ein Ehrenkodex, dass solche Pferde zu Hause bleiben“, sagt der Profi.
Heute sattele praktisch niemand mehr nur einmal im Jahr sein Pferd und gehe zum Ringreiten. Das komme nur noch vereinzelt vor. Früher hingegen sei es immer so gewesen, dass sich die Knechte die Ackerpferde der Bauern ausgeliehen und sich zum Turnier getroffen hätten. Manchmal seien auch die Bauern selbst an den Start gegangen, als „Herren“, aber stets getrennt von den Knechten.
Solche Unterschiede gibt es heute nicht mehr. Gestartet wird in drei unterschiedlichen Kategorien: lange Lanze, Ringstecher und normale Lanze. Letztere Kategorie ist am weitesten verbreitet. Hier nahmen dann auch 148 Reiterinnen und Reiter teil. „Eine normale Lanze ist 1,40 Meter lang und wird auf 40 Zentimetern gehalten“, erklärt Röhe. Der Ring hat einen Durchmesser von 2 cm.
Das Team vom gastgebenden Ringreiterverein Wittbek siegte mit der normalen Lanze. Es holte 95 von 120 Ringen.Foto: Claus Röhe
Schwierige lange Lanze
Der gastgebende Ringreiterverein Wittbek konnte mit der normalen Lanze gewinnen. Die vier Reiter holten insgesamt 95 von 120 Ringen. Zweiter wurde der Ringreiterverein Tetenbüll, Kreis Nordfriesland, mit 84 Ringen vor den Osterhevern, Kreis Nordfriesland, die zwar ebenfalls 84 Ringe hatten, aber beim sogenannten Umstechen verloren. „Hier reiten alle noch einmal durch den Galli, es kommen dann aber kleinere, sogenannte Königsringe zum Einsatz“, erklärt Röhe. Bei nur 1 cm Durchmesser gebe es dann schnell ein Ergebnis. Auch bei den Einzelreitern gab es ein Umstechen. Matthias Thiesen und Jane Petersen hatten jeweils 29 von 30 Ringen. Am Ende setzte sich Thiesen durch. Er startete auch für die Mannschaft aus Tetenbüll.
Die Reitergemeinschaft Soholm, Kreis Nordfriesland, holte die meisten Ringe mit der langen Lanze. Foto: Claus Röhe
Die schwierigste Disziplin ist die lange Lanze. Sie ist 2,20 m lang und wird auf ungefähr 1,40 m gehalten. „Die hat hinten ein Kontergewicht, damit man sie überhaupt halten kann“, erklärt Röhe. Der Ring ist hier unwesentlich größer: 2,2 cm. Zehn Teams, also 40 Reiter, trauten sich an den Start. „Ich habe beobachtet, wie sie den kleinen Ring auf die Lanze bekommen und wie schnell sie da durchreiten. Das ist Wahnsinn“, schwärmt Röhe. Mit 66 Ringen gewann hier die Reitergemeinschaft Soholm, Kreis Nordfriesland, vor dem Ringreiterverein Medelby, Kreis Schleswig-Flensburg, mit 64 und dem Ringreiterverein Westre und Umgebung, Kreis Nordfriesland, mit 63 Ringen. Bester Einzelreiter war hier Marcel Hansen aus Medelby mit 26 Ringen.
Veranstalter gesucht
In der Kategorie der Ringstecher wird auf eine Scheibe als Ring gezielt. Die Öffnung ist auch hier wieder 2 cm groß. „Der Ringstecher sieht ein bisschen aus wie ein Pistolengriff aus Draht“, erklärt Röhe. Ein Holzstöckchen würde zwar auch gehen, das könne aber auch mal wehtun, wenn man dagegenstoße.
Hier gingen 19 Teams an den Start. Am besten lief es für den Ringreiterverein Nahe und Umgebung, Kreis Segeberg. Die Reiter holten 99 Ringe. Der zweite Platz ging an den Ringreiterverein Ketelsbüttel, Kreis Dithmarschen, mit 87 Treffern. Dritte wurden die Teilnehmer vom Ringreiterverein Dithmarsia Hochdonn mit 78 Ringen. Dieser Verein stellte auch den besten Einzelreiter, Markus Stotzem mit 29 Treffern.
Am Ende waren Claus Röhe und die anderen Veranstalter mehr als zufrieden. „Wir haben so lange vorbereitet und seit einer Woche aufgebaut. Der Tag selbst ist dann das schöne Ende“, sagt Röhe. Mit der Unterstützung aus vielen teilnehmenden Vereinen sei aber alles gut machbar gewesen. Es habe richtig Spaß gemacht. Nun wird ein Ausrichter für das Landesringreiten 2026 gesucht. Bewerber können sich gern bei Maike Buchholz unter buchholz.maike@gmx.de oder Tel.: 0 48 45-70 12 58 melden.