Die Zeiten, in denen mindestens ein Hund auf einen Bauernhof gehörte, scheinen vorbei zu sein. Längst nicht auf allen Höfen leben ein oder mehrere Hunde. Und die Landwirte, die Hunde halten, tun das aus sehr unterschiedlichen Motiven.
Die erste Landwirtin, die ich fragte, ob ich sie für meinen Beitrag besuchen dürfte, sagte spontan zu, um gleich hinterher wieder einen Rückzieher zu machen. „Wenn die Leute erfahren, dass unser Hund ein ganz lieber ist, dann locken wir vielleicht noch Einbrecher an. Unser Hof ist doch ziemlich abgelegen.“ Ein klassischer Wachhund ist das offensichtlich nicht, sondern eher ein Familienmitglied, wie bei vielen Hundehaltern ohne Bauernhof auch.
Ganz anders bei Familie Bielfeldt in Bünsdorf. Sie kauften sich zwei türkische Hirtenhunde, nachdem auf dem Hof eingebrochen wurde. 40 und 50 kg brachten die beiden auf die Waage. Sie verschaffen sich schon durch die Größe Respekt. Einen der beiden Hunde haben Bielfeldts inzwischen durch eine rätselhafte Krankheit verloren, doch auch ein türkischer Hirtenhund bewacht den Hof und die sich anschließende Schafweide zuverlässig. Denn türkische Hirtenhunde nehmen es in ihrer Heimat mit Wölfen auf. Türkische Hirtenhunde sind nachtaktiv. Nichtsdestotrotz schlafen sie nicht den gesamten Tag über. Das kann im alltäglichen Leben auch schon einmal ein Nachteil sein. „Liefern türkischstämmige Paketboten ein Paket an, klingeln sie nicht mehr bei uns, sondern legen es in sicherer Entfernung ab. Denn die kennen diese Hunderasse aus ihrer Heimat“, so Katharina Bielfeldt.
Werner lebt bei Jahne und Wiebke Zastrow. Zastrows sind für den Pflanzenbau auf dem Ziegenhof Mevs in Schinkel zuständig. Ein echter Wachhund ist der Appenzeller Sennenhund Werner nicht. „Wir haben Mieter im Haus und er soll nicht bei jedem Besuch bellen.“ Also bellt er nicht. Auch die Ziegen sind für ihn tabu. Alles Erziehungssache. Er gehört wie Herrchen und Frauchen zur Abteilung Feldarbeit. Wenn er auf den Trecker darf und sein Herrchen oder Frauchen zur Feldarbeit begleiten kann, ist er in seinem Element. Er kennt seinen Platz auf dem Trecker und den verlässt er nicht, auch nicht um Hasen zu jagen. Der Jäger weiß Bescheid und so kommen sich die beiden nicht ins Gehege. Auch andere Hunde stören ihn nicht. Er haut nicht ab. Der Appenzeller Sennenhund ist ein sportlicher Hund, wird er doch auf der Alm zum Treiben der Rinder eingesetzt. Werner war zur Hundeschule, damit er das kooperative Verhalten an den Tag legt, das Zastrows von ihm erwarten. „Er braucht klare Grenzen.“
Timmermanns haben schon viele Hunde verloren, denn der Hof befindet sich direkt an einer viel befahrenen Straße in Großkönigsförde. Der jetzigen Langhaar-Collie-Hündin Lessi haben Timmermanns von Anfang an klargemacht, dass ihr Revier nur bis zum Straßenrand geht. Deshalb ist es auch kein Problem, wenn sie hinterm Straßenrand frei herumläuft. Dort ist sie gefahrlos unterwegs, sowohl auf dem Hof von Familie Frank Timmermann, die Milchkühe hält, als auch im benachbarten Haus von Annegret und Horst Timmermann, den Eltern von Frank Timmermann. Lessi ist eine ausgesprochen gute Wachhündin, die den Postboten auch schon einmal in Angst und Schrecken versetzt. „Meist nehme ich sie in der Zeit, in der der Postbote in aller Regel kommt, ins Haus“, so Annegret Timmermann. Auch im Kuhstall ist Lessi sehr aufmerksam. „Unser Sohn war nicht zu Hause und wir sollten nach einer Kuh schauen, die in Kürze kalben sollte. Lessi hat uns Bescheid gesagt, noch bevor wir selbst bemerkt hatten, dass es jetzt so weit war“, so Annegret Timmermann. Mit den Katzen auf dem Hof kommt sie gut klar. Fremde Katzen jagt sie vom Hof. Hinter dem Kuhstall beginnen die Felder. Die sind für Lessi tabu und daran hält sie sich auch. „Collies lassen sich leicht erziehen“, wissen Annegret und Horst Timmermann.
Odin ist ein Kuvasz – eine ungarische Herdenschutzhunderasse. Er ist ein ganz besonderer Hofhund. Er geht quasi auf den Hof zur Arbeit. Sein Herrchen Jonas Kock arbeitet auf dem Schulbauernhof Helle, und der bringt ihn einfach jeden Morgen mit zur Arbeit. Er begleitet die Kinder bei der täglichen Hofrunde und holt sich bei ihnen seine täglichen Streicheleinheiten ab. Kinder, die mit Respekt vor Hunden auf den Hof kommen, verlieren bald ihre Scheu vor dem großen Hund. Zu den Katzen des Hofes hat er ein gutes Verhältnis und nicht nur zu denen. Er sucht auch Kontakt zu den Nachbarkatzen. „Andere Katzen, wie die vom benachbarten Hof, finden das aber meist ziemlich suspekt, wenn er sie beschnüffeln möchte, und laufen dann weg oder bleiben wie eingefroren stehen“, sagt Jonas Kock, der Odin ein freundliches Auftreten auch allen anderen Tieren gegenüber bescheinigt. Vor ein paar Jahren hat er sich um ein Lamm gekümmert, das von seiner Mutter verstoßen worden war. Das Lamm wurde mit der Flasche aufgezogen. Odin sorgte für die nötige Zuwendung an Mutterstelle, ein echter Herdenschutzhund eben.