Guanidinoessigsäure (GAA) ist ein Futtermittelzusatzstoff, welcher eingesetzt wird, um die Leistung von Schweinen zu verbessern und den Futteraufwand zu reduzieren. Dieser Effekt beruht laut den verfügbaren Studien zum Thema auf einer Verbesserung der Verfügbarkeit von Arginin und Kreatin, was zu einer Förderung des anabolen Stoffwechsels, sprich des Muskelwachstums, führt. Um die Effekte eines GAA-Einsatzes in praktischen Rationen in der Ferkelaufzucht, vor allem vor dem Hintergrund einer Stickstoff (N)- reduzierten Fütterung zu prüfen, wurde in den Ställen des Versuchs- und Bildungszentrums Landwirtschaft (VBZL) Haus Düsse ein Fütterungsversuch durchgeführt. Die Ergebnisse im Folgenden.
Es wurden drei Fütterungsgruppen verglichen (Tabelle 1): Neben einer Kontrollgruppe (Positivkontrolle, PC), die Futter entsprechend den DLG-Vorgaben in Merkblatt 418 zur sehr stark N-/P-reduzierten Fütterung erhielt, wurde den beiden Versuchsgruppen, Negativkontrolle (NC) und Negativkontrolle (NC+), Versuchsfutter angeboten. Die Gruppen NC und NC+ erhielten identische Rationen wie die Kontrollgruppe, außer dass der Rohproteingehalt in der Ration um einen Prozentpunkt beziehungsweise 10 g/kg reduziert war. Die Phosphor- und Aminosäurenkonzentration (Lys, Met, Val, Thr und Trp) wurde in allen Versuchsgruppen konstant gehalten. Zusätzlich wurde in Versuchsgruppe NC+ GAA in Form von 900 g Creamino je 1 t Futter (Alzchem Trostberg GmbH, Trostberg) dosiert. Die Fütterung erfolgte zur Ad-libitum-Aufnahme zweiphasig (8 bis 15 kg und 15 bis 25 kg Lebendmasse (LM)). Alle Futtermischungen waren pelletiert.
Ration und Buchten
Die Rationen basierten auf den gleichen Komponenten. Die Rohproteinreduktion erfolgte durch den Austausch von Sojaextraktionsschrot gegen Getreide und Weizenkleie. In allen Rationen wurden Aminosäuren in Form von L-Lys-HCl, D-L-Met, L-Thr, L-Trp und L-Val ergänzt.
Je Fütterungsgruppe wurden sechs Buchten (= Wiederholungen) mit jeweils neun bis zehn Tieren je Bucht eingestallt. Die insgesamt gemischtgeschlechtlichen 178 Tiere wurden mit durchschnittlich 28 Tagen und 8 kg LM eingestallt. Um den Effekt eines Einsatzes des eingesetzten GAA-Produkts auf die Stickstoff (N)- und Phosphor (P)-Ausscheidungen der Tiere bewerten zu können, wurde aus der Nährstoffaufnahme über das Futter und dem Nährstoffansatz im Zuwachs die Nährstoffausscheidung errechnet. In Tabelle 2 sind analysierte Inhaltsstoffe der in der Ferkelaufzucht (FAZ) verwendeten Futtermischungen dargestellt.
In der Analyse zeigte sich, dass die geplante Konzentration von 900 g/t Creamino im FAZ II deutlich unterschritten wurde (764 mg Creamino je 1 kg Frischmasse). In der Gruppe NC+ FAZ I wurden 885 mg Creamino je 1 kg Frischmasse nachgewiesen. In Tabelle 3 sind die Leistungsergebnisse der FAZ I und II dargestellt. Während zu Versuchsbeginn und zum Ende der FAZ I alle Tiere eine einheitliche Lebendmasse von im Mittel 8,8 kg beziehungsweise 14,9 kg zeigten, lag am Ende der FAZ II die Lebendmasse von Tieren der NC+-Gruppe um 2 kg über dem Gewicht von Tieren der NC-Gruppe (25,33 kg versus 27,38 kg).
Bilanz Tageszunahmen
Entsprechend verhielten sich die Tageszunahmen: Sie lagen in der Gruppe NC+ über denen der Gruppe NC. Dies war in FAZ I und II sowie über die gesamte Dauer zu beobachten (FAZ I: +39 g am Tag; FAZ II: +55 g am Tag; gesamt: +50 g am Tag). Über den kompletten Versuchszeitraum unterschieden sich die Tageszunahmen der Tiere in der PC nicht von denen der Tiere in NC und NC+. Eine Reduktion der Rohproteinkonzentration um 10 g/ kg Futter unter die DLG-Vorgaben zur sehr stark NP-reduzierten Fütterung war demnach ohne eine Beeinträchtigung des Wachstums möglich.
Der tägliche Futterverbrauch unterschied sich nicht zwischen den Fütterungsgruppen und lag im Mittel über die komplette Versuchsdauer bei 644 g am Tag. Der Futteraufwand war in FAZ I und über den gesamten Versuchszeitraum durch die Absenkung des Rohproteingehalts in der NC-Gruppe gegenüber der PC-Gruppe erhöht (FAZ I: +0,05 kg/kg; gesamt: +0,07 kg/kg). Die Zugabe von Guanidinoessigsäure führte zu einer Absenkung des Futteraufwands in der NC-Gruppe auf das Ausgangsniveau der PC-Tiere.
Die Futterkosten je Ferkel lagen im Versuchszeitraum (Ende 2022) aufgrund der sehr hohen Aminosäurenpreise in der proteinreduzierten Versuchsmischung über denen der Kontrollgruppe. Bei aktuellen Futterpreisen bringen die Reduktion der Rohproteinkonzentration und die Anpassung der Aminosäurenergänzung einen preislichen Vorteil. Nach Preisen Mitte 2023 lagen die Futterkosten je Ferkel in der PC-Gruppe bei 13,12 €, in der NC-Gruppe bei 12,73 € und in der NC+-Gruppe bei 14,12 €. Durch die höheren Endgewichte der Ferkel lag der Erlös je Ferkel in der NC+-Gruppe mit 92,85 € jedoch über dem der PC-Gruppe (91,94 €) und der NC-Gruppe (90,39 €), sodass der Überschuss über die Futterkosten je Ferkel mit 78,73 € in der NC+-Gruppe deutlich über der NC-Gruppe (77,66 €) und etwas unter der PC-Gruppe lag (78,83 €). Der höhere Futterpreis der NC+- gegenüber der NC-Gruppe konnte also durch die höhere biologische Leistung ausgeglichen werden.
Ergebnisse N- und P-Bilanz
Die Bilanzierung wird in der Tabelle 4 dargestellt. Alle berechneten Ausscheidungswerte liegen deutlich unter den von der DLG (Merkblatt 418, 2019) publizierten Werten. Dies ist auf den geringen Futteraufwand im aktuellen Versuch zurückzuführen. Anhand der aus dem Futterverbrauch errechneten N-Aufnahme und dem aus dem Zuwachs der Tiere errechneten N- und P-Ansatz wird deutlich, dass die Tiere in NC+ mehr Nährstoffe aufgenommen haben als Tiere der Gruppe NC, also mit identischer Fütterung ohne Zulage von GAA.
Durch den relativ geringen N-Ansatz bei gleichzeitig geringer N-Aufnahme von Tieren der NC-Gruppe lagen die berechneten N-Ausscheidungen von NC- und NC+-Tieren auf vergleichbarem Niveau (NC versus NC+: + 6,3 g N je Tier +0,8 g P je Tier). Gegenüber PC konnte in den Gruppen NC und NC+ die N-Ausscheidung um 12,8 % beziehungsweise 10,4 % gesenkt werden. Da sich die P-Konzentration im Futter zwischen den Behandlungen nicht unterschied, konnte keine Minderung der P-Ausscheidung festgestellt werden und die Werte lagen, bedingt durch die erhöhte Futteraufnahme, in NC+ um 7,7 % über den Werten von PC beziehungsweise 2,1 % über den Werten von NC.
Fazit
Die XP-Reduktion im Futter um einen Prozentpunkt gegenüber einer Fütterung entsprechend dem Verfahren „DLG-sehr stark N-/P-reduziert“ führte in der Ferkelaufzucht zu keiner Reduktion der Gewichtszunahme, aber einem gesteigerten Futteraufwand. Durch die Zulage von GAA zum XP-reduzierten Futter wurde die Gewichtszunahme bis zum Ende der Ferkelaufzucht gegenüber der Gruppe mit einer vergleichbaren Rohproteinkonzentration signifikant erhöht.
Der gestiegene Futteraufwand in der Gruppe mit reduzierter Rohproteinkonzentration ist vermutlich durch eine nicht ausreichende Aminosäurenversorgung begründet, um das volle Wachstumspotenzial auszuschöpfen. Eine Reduktion der XP-Konzentration in der FAZ auf das Niveau dieser Studie sollte daher mit der Zulage weiterer freier Aminosäuren, zum Beispiel Isoleucin, Histidin, begleitet werden. Um dies in der Praxis umzusetzen, sind weitere Untersuchungen notwendig. Die berechneten N-Ausscheidungen von NC- und NC+-Tieren konnten, bei einem immer noch vergleichbaren Leistungsniveau gegenüber der PC-Gruppe, gesenkt werden. Im Versuch wurde gezeigt, dass bei einer Absenkung des XP-Gehalts eine Zulage von GAA die Tageszunahmen und damit das Lebendgewicht von Ferkeln am Ende der FAZ sowie den Futteraufwand signifikant verbessern kann.