StartNachrichtenAgrarpolitikAMK in Büsum: Guter Geist oder Schreckgespenst?

AMK in Büsum: Guter Geist oder Schreckgespenst?

Kommentar zu den Beschlüssen der Agrarministerkonferenz
Von Dr. Robert Quakernack
Der Appell „Özdemir: Lös die Tierwohlbremse“ wartet weiter auf Umsetzung. Foto: jh

Windig war es Ende vergangener Woche in Büsum, Kreis Dithmarschen, wo die Länderagrarminister gemeinsam mit Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) zur Agrarministerkonferenz (AMK) zusammenkamen. Einschließlich der Amtschefkonferenz am Mittwoch berieten sich die Politiker drei Tage lang zu fast allen Brennpunkten der Agrarbranche. Leider lautet das Resultat: viel heiße Luft!

Dabei gab es doch starken Rückenwind für die Belange der Landwirte. Mittels kreativer Aktionen, Demonstrationen und Kundgebungen machten sie auf die aktuellen Problemfelder aufmerksam. Flankiert von den Krabbenfischern, denen EU-seits ein Verbot ihrer Schleppnetze droht, war Büsum drei Tage lang fest in der Hand der Naturnutzer. Werner Schwarz (CDU), Schleswig-Holsteins Landwirtschaftsminister und AMK-Vorsitzender, sprach noch am Donnerstag von einem „guten Geist von Büsum“ und zeigte sich hoffnungsvoll, Fortschritte insbesondere für den Umbau der Tierhaltung zu erreichen.

Die in der Abschlusspressekonferenz präsentierten Ergebnisse sind allerdings ernüchternd. Der einstimmige Beschluss der AMK strotzt vor Worthülsen und Willensbekundungen, ohne eine konkrete Richtung anzuzeigen. Die große Uneinigkeit der Minister belegen auch die vielen Protokoll­erklärungen, die zusätzlich abgegeben wurden. Strittig sind zum Beispiel die Finanzierung des Tierhaltungsumbaus, der Umgang mit dem Wolf und die Nutzung von Biokraftstoffen. Das Thema Moorschutz beziehungsweise Wiedervernässung, das vielen Schleswig-Holsteinern unter den Nägeln brennt, wurde gar nicht erst behandelt. Einzig und allein in einem Punkt waren sich die Ressortchefs einig, dass es kein pauschales Verbot von Schleppnetzen geben dürfe, welches die Krabbenfischer in ihrer Existenz massiv gefährden würde.

Natürlich weiß Werner Schwarz als ehemals hauptberuflicher Schweinehalter um die Probleme, vor allem in der Veredlungswirtschaft. Einen Hoffnungsschimmer bietet, dass die Bundesregierung zeitnah einen Vorschlag für ein Gesamtkonzept zum Umbau der Tierhaltung vorlegen will – mit Tierhaltungskennzeichen, Änderungen im Baugesetzbuch, Änderungen bei der TA Luft und einem Bundesprogramm, nicht nur zur Anschubfinanzierung, sondern auch um zehn Jahre lang die höheren laufenden Kosten abzudecken. Nach der Osterpause soll es eine Sonder-AMK zur Tierhaltung geben. Wenn hier ein Durchbruch gelänge, könnte die AMK in Büsum im Nachgang noch politisch als Erfolg verbucht werden. 

Momentan muss der gute Geist von Büsum für die Demonstranten jedoch eher wie ein Schreckgespenst wirken. Die Landnutzer zeigten sich erschöpft von der zunehmenden Bürokratie und haben die Schwarzer-Peter-Spiele zwischen EU, Bund und Ländern satt. Die Landwirtinnen und Landwirte vor Ort forderten daher vor allem eins: Perspektive. Und genau diese Kernforderung können die aktuellen AMK-Beschlüsse nicht erfüllen. Hoffen wir, dass es Cem Özdemir mit dem Rückenwind der Gespräche und Eindrücke aus Büsum gelingt, die Tierwohlbremse zu lösen. Gerne schnell.

Dr. Robert Quakernack. Foto: bb
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