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Spargelsaison 2025

Die meist direkt vermarktenden Betriebe in unserem Land zeigen sich mit dem bisherigen Verlauf der Spargelsaison zum großen Teil zufrieden und freuen sich über einen bisher gleichbleibend guten Absatz.

Sie hoffen auf weiterhin rege Nachfrage im „Endspurt“ der Saison bis zum 24. Juni. Die Qualität der Ware ist weiter sehr gut, sodass es bei einer optimistischen Sicht auf den weiteren Saisonverlauf bleibt. Die meisten Spargelanlagen sind noch im guten Zustand und die Flächen, die schon aus der Beerntung gegangen sind, erhalten jetzt das notwendige Wasser.

Aufgrund der guten Voraussetzungen lag der Start der Spargelsaison in den meisten Betrieben mehr als eine Woche vor Ostern. Das hatte natürlich auch damit zu tun, dass Ostern in diesem Jahr erst relativ spät war (Ostersonntag 13. April). So wurde das Osterfest der erste Absatzhöhepunkt für die Spargelbetriebe in Schleswig-Holstein.

Das sonnige Wetter und die Feiertage (Erster Mai, Muttertag, Christi Himmelfahrt) sorgten in den Wochen nach Ostern für die nötigen Kaufanreize und die Betriebe zeigten sich mit dem Absatz zufrieden. Auch sorgten die sonnigen Tage für ausreichende Erntemengen, ohne dass es durch zu hohe Temperaturen ein Überangebot an heimischem Spargel gab. In Schleswig-Holstein werden zirka 90 % des erzeugten Spargels direkt vermarktet. Die Nachfrage passte also im bisherigen Saisonverlauf gut zu den produzierten Mengen.

Insgesamt wird die diesjährige Spargelsaison von den meisten Spargelanbauern im Land positiv beurteilt. Die sonnigen Wochen sorgten für gute Verkaufsmengen und die Feiertage immer wieder für Absatzhöhepunkte.

Die fast ausschließlich direkt vermarktenden Betriebe hoffen nun weiterhin auf rege Nachfrage zu Pfingsten und dann im Saisonfinale bis zum 24. Juni. Sehr gute Qualitäten bei bisher stabilen Preisen auf Vorjahresniveau lassen die Direktvermarkter in Schleswig-Holstein optimistisch auf die letzten Wochen schauen. Die Verbraucher können sich weiterhin auf frischen Spargel aus der Region in den verschiedenen Preiskategorien freuen.

Regenwasser sammeln und nutzen

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Regen zum richtigen Zeitpunkt und in der richtigen Menge erfreut das Gärtnerherz – versorgt er doch die Pflanzen mit der notwendigen Feuchtigkeit und erspart mühseliges Gießen. Doch wenn der Regen ausbleibt, profitiert man von gesammeltem Regenwasser gleicht doppelt. Viele Pflanzen wie Rhododendren, Heidelbeeren, Erika und Blauregen vertragen das kalkarme Regenwasser besser als hartes Leitungswasser. Und auf der Wasserrechnung fällt Regenwasser nicht ins Gewicht.

Holzfässer wirken als Regenwasserbehälter sehr dekorativ. Foto: Karin Stern

Regenwasser gilt landläufig als das perfekte Gießwasser, weil es sehr weich ist, also wenig Kalk enthält. In Regenfässern oder -tonnen lässt sich das kostbare Nass für den späteren Gebrauch sammeln. Die Größe der Gefäße passt man dem Bedarf an. Der Fachhandel bietet Behälter von 100 bis maximal 1.000 l Fassungsvermögen aus verschiedenen Materialien an. Hölzerne Regentonnen wirken rustikal, benötigen aber eine Folienauskleidung. Wenn das Holz nicht ständig vom Wasser feucht gehalten wird, entstehen ansonsten schnell Undichtigkeiten. Solche Holzfässer lassen sich zusammen mit einigen Kübelpflanzen durchaus als Blickfang im Garten arrangieren.

Der Handel bietet Modelle aus Kunststoff in verschiedenen Optiken an, hier die einer historischen Amphore. Foto: Karin Stern

Weit verbreitet sind Tonnen aus grünem Kunststoff, die im unteren Bereich über einen Wasserhahn verfügen. Auch Modelle aus Kunststoff in Stein- oder Terrakottaoptik bis hin zur antiken Amphore sind erhältlich. Egal für welche Variante man sich entscheidet: Keinesfalls darf die Wassersammelstelle eine Gefahr für kleine Kinder darstellen. Wer auf Nummer sicher gehen möchte, wählt ein geschlossenes Modell oder eines mit Deckel.

Wer größere Mengen Regenwasser sammeln will, ist mit einer Sammelanlage im Keller oder Erdreich gut bedient. Die Tanks bestehen aus Kunststoff oder Beton und lassen sich auch nachträglich installieren. Der Anschluss an die Kanalisation ist nicht unbedingt erforderlich. Ein Schwimmerventil verschließt den Zulauf bei entsprechend hohem Wasserstand und macht damit einen Überlauf unnötig. Zudem besteht die Möglichkeit, die Zisterne automatisch bei geringem Wasserstand mit Trinkwasser nachzufüllen. Dies ist aber meist nur sinnvoll, wenn das Regenwasser auch als Brauchwasser für Toilette oder Waschmaschine benutzt wird. Bevor das Regenwasser ins Sammelgefäß gelangt, sollte es gefiltert werden. Schließlich lagern sich auf den Dachflächen Staub, Moos, Ruß und Vogelkot ab. Der Handel bietet spezielle Filtereinrichtungen für Regenfallrohre an.

Die Zapfstelle ist mit der im Keller untergebrachten Zisterne verbunden. Foto: Karin Stern
Marke Eigenbau ist hier die Einleitung des Regenwassers in die unterirdische Zisterne. Foto: Karin Stern

Es gibt mehrere Möglichkeiten, ein Sammelgefäß mit Wasser zu füllen. Die erste besteht in einer einfachen Klappe, die ins Regenfallrohr eingebaut wird. Das Wasser läuft in die Regentonne, solange die Klappe geöffnet ist. Das ist preisgünstig und ohne großen Aufwand umzusetzen, allerdings auch mit einer gewissen Überschwemmungsgefahr verbunden. Alternativ kann man einen so genannten Filter-Füllautomaten ins Fallrohr einbauen. Er wird oft als „Regendieb“ angeboten. Mit einem Handgriff wird eingestellt, ob das Regenwasser wie gewohnt in die Kanalisation oder über ein angeschlossenes Rohr beziehungsweise ein Schlauchverbindungsstück in den Auffangbehälter gelangen soll. Ein leicht zu reinigender Edelstahlfilter hält groben Schmutz vom Sammelgefäß fern. Außerdem löst ein solcher Regendieb auch das Überlaufproblem. Ist das Sammelgefäß voll, wird das überschüssige Wasser automatisch durch das Fallrohr in die Kanalisation abgeleitet.

Das ausrangierte Wasserfass leistet nun im Garten gute Dienste. Foto: Karin Stern

Auch für die Wasserentnahme bieten sich verschiedene Möglichkeiten. Für Technikbegeisterte kommen simples Herausschöpfen mit der Gießkanne oder das Aufdrehen des Wasserhahns wohl eher nicht infrage. Tipp: Beim Neukauf auf die Höhe des eingebauten Wasserhahns achten. Einerseits sollte die Gießkanne darunterpassen, andererseits darf er nicht zu hoch sitzen, um möglichst viel des Inhalts bequem über den Hahn entnehmen zu können. Drucktauchpumpen und Hauswasserwerke oder -automaten befördern spielend auch größere Wassermengen. Vor dem Kauf lässt man sich am besten im Fachhandel beraten. Mit Pumpen können zudem Springbrunnen, Fontänen, Sprudelsteine und Wasserfälle betrieben werden. Der Fantasie sind hier keine Grenzen gesetzt. Nostalgisch veranlagte Gärtner bevorzugen vielleicht eine Handschwengel-Saugpumpe. Wem das Pumpen mit Muskelkraft zu anstrengend ist, der betreibt sie über einen Motor.

Nostalgiker füllen mit der Schwengelpumpe die Gießkanne per Muskelkraft. Foto: Karin Stern

Tipp: Nicht nur im Garten, auch im Haus kann man Regenwasser zum Gießen der Zimmerpflanzen verwenden. Insbesondere Zimmer-Azaleen, Gardenien, einige Farne und die meisten Orchideen sollten ausschließlich mit kalkarmem Wasser gegossen werden. Wer seine großblättrigen Pflanzen regelmäßig mit Regenwasser übersprüht, vermeidet unschöne Kalkflecken auf den Blättern.

Goldene Schärpe der Ponyreiter

Bereits zum zweiten Mal nach 2023 war der Landschaftspark rund um das Herrenhaus des Gutes Hohen Luckow unweit von Rostock Schauplatz der Goldenen Schärpe der Ponyreiter. In diesem Jahr gingen 123 Ponyreiterinnen und Ponyreiter aus ganz Deutschland in den Teilprüfungen Dressur, Theorie, Geländeritt, Vormustern und Springen an den Start und stellten sich einem Fitnesstest.

In der mehr als 50-jährigen Geschichte der Goldenen Schärpe der Ponyreiter gehörten die Westfalen schon von jeher zu den besonders erfolgreichen Teilnehmern. In diesem Jahr stellte der Verband nicht nur mit Team IV die Siegermannschaft, sondern mit Team I auch die Zweitplatzierten. Auf dem Bronzerang landete die erste Mannschaft des Pferdesportverbandes Weser-Ems.

Die Schleswig-Holsteiner wurden Siebte unter den 24 Teams. „Das war ein toller Erfolg“, freute sich Trainerin Franziska Keinki. Denn die Schleswig-Holsteiner waren die jüngste Mannschaft des Wettbewerbs, zum Teil noch nicht einmal elf Jahre alt oder gerade elf geworden. „Die Kinder haben super Ergebnisse“, resümierte Keinki, die selbst internationale Vielseitigkeitsreiterin ist.

Sie hatte im Vorfeld dreimal mit den Kindern trainiert – auch das Vormustern. Hier gab es mehrfach die Note 9,5, ebenso auch in der Theorie. Im Gelände lief es ebenfalls richtig gut. Charlotte von Donner kam mit einer 8,4 auf den fünften Platz und Valerie Concordia Auge mit einer 8,1 auf den neunten. In der Einzelwertung waren zwei der Schleswig-Holsteiner Deerns platziert: Charlotte von Donner errang mit ihrer Connemara-Stute Melody den fünften Platz der zweiten Abteilung und Charlotte Kölle mit der Deutschen Reitponystute From Dusk till Dawn kam auf dem zwölften Platz. fn

Flächenplus für Hülsenfrüchte

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Die Anbaufläche für Hülsenfrüchte nimmt in Deutschland weiter zu, so das Ergebnis der kürzlich vom Statistischen Bundesamt veröffentlichten ersten Schätzung. Besonders deutlich wurde der Anbau von Futtererbsen und Ackerbohnen ausgeweitet.

Den Schätzungen zufolge werden zur Ernte 2025 auf rund 139.100 ha Erbsen angebaut, das entspricht einem Flächenzuwachs von 7,6 %. Der Anbau konzentriert sich nach Recherche der AMI vor allem auf den Norden und Osten der Bundesrepublik. In Mecklenburg-Vorpommern und Niedersachsen wird die Anbaufläche auf etwa 33.200 beziehungsweise 13.000 ha geschätzt. In Sachsen-Anhalt dürften es 21.800 ha sein, in Brandenburg 16.000 ha und in Thüringen 15.300 ha. Zusammengenommen entfallen somit 99.300 ha (71 %) der bundesweiten Anbaufläche auf diese fünf Bundesländer.

Auch der Anbau von Ackerbohnen zeigt eine deutliche Ausweitung. Für 2025 wird eine bundesweite Fläche von 74.600 ha prognostiziert (plus 21 % gegenüber 2024). Schwerpunkte liegen in Schleswig-Holstein mit 22.100 ha und Nordrhein-Westfalen mit 10.900 ha. Auch wenn die Fläche in Nordrhein-Westfalen leicht rückläufig ist, bleibt das Bundesland ein bedeutender Standort. Hessen und Thüringen melden mit 7.500 und 6.000 ha ebenfalls größere Flächen. In Baden-Württemberg und Bayern wächst die Anbaufläche gegenüber dem Vorjahr um 32 % sowie 25 %. Besonders dynamisch entwickelt sich der Anbau in Rheinland-Pfalz, wo mit 1.700 ha eine Verdreifachung der Ackerbohnenfläche erwartet wird, wenngleich ausgehend von einem niedrigen Niveau.

Im Sojabohnenanbau ist die Entwicklung moderater. Für 2025 wird eine Fläche von insgesamt 40.900 ha erwartet (plus 1 % gegenüber 2024). Der Schwerpunkt liegt im Süden Deutschlands: Bayern meldet 22.800 ha, Baden-Württemberg 5.600 ha. Das entspricht 69 % der gesamten Sojabohnenfläche. In Sachsen-Anhalt und Brandenburg sollen 3.400 beziehungsweise 2.100 ha mit Sojabohnen bestellt werden. pm

Ertragsschäden durch Trockenheit und Frost erwartet

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Der Deutsche Raiffeisenverband (DRV) hat seine Prognose zur diesjährigen Raps- und Getreideernte witterungsbedingt gesenkt. Die am Mittwoch voriger Woche vorgelegten Schätzungen fallen aber weiterhin jeweils höher aus als die sehr schwachen Vorjahresergebnisse. So erwartet der DRV in diesem Sommer jetzt eine Getreideernte von insgesamt 40,71 Mio. t, das wären 4,2 % mehr als im Vorjahr. Im April war man noch von 41,95 Mio. t Getreide ausgegangen.

Der DRV begründet die Korrektur mit den Ertragseinbußen mit späten Nachtfrösten, durch die Rapsblüten und Getreideähren teilweise erfroren seien. Fehlender Regen entwickle sich zu einem Dauerproblem, auch wenn die jüngsten Niederschläge für etwas Entspannung gesorgt hätten.

Das prognostizierte Wachstum der Getreideproduktion gegenüber dem Vorjahr führt der DRV auf eine Flächenausweitung um 3,1 % auf landesweit 5,9 Mio. ha sowie auf eine Steigerung des Hektarertrages zurück, der mit geschätzt 69 dt etwa 1 % größer ausfallen dürfte als 2024.

Mehr Weizen erwartet

Hauptmotor des prognostizierten Produktionsanstiegs ist laut DRV der Weizenanbau. Dafür veranschlagt der Verband jetzt eine Erntemenge von insgesamt 21,02 Mio. t; das wären ganze 13,6 % mehr als 2024. Auch die Erzeugung von Roggen und Hafer dürfte zulegen, und zwar um 1,1 % auf 2,61 Mio. t beziehungsweise um 10,5 % auf 768.800 t. Dagegen rechnet der DRV für Gerste mit einem Rückgang des Druschergebnisses um 5,7 % auf 10 Mio. t. Die Maisernte dürfte mit 4,6  Mio. t ungefähr um 6,2 % kleiner ausfallen als im Vorjahr. Für Triticale geht der DRV jetzt von einem Rückgang um 0,4 % auf 1,5  Mio. t aus.

Export bleibt bedeutend

Beim Raps kalkuliert der Verband jetzt für 2025 mit einer Produktionsmenge von 3,83 Mio. t, womit das Vorjahresergebnis um 5,6 % übertroffen würde. Im April hatte die Schätzung noch bei 3,97 Mio. t gelegen. Der erwartete Anstieg gegenüber dem Vorjahreswert resultiert beim Raps vor allem aus einer Erhöhung des Hektarertrages um 4,1 % auf 34,8 dt. Gleichzeitig wurde die Fläche um 1,5 % auf 1,1 Mio. ha ausgeweitet.

Sollten die nun geschätzten Mengen an Getreide und Raps tatsächlich gedroschen werden, wäre die heimische Versorgung laut dem DRV rechnerisch gedeckt. Allerdings sei offen, welche Mengen für den Drittlandexport zur Verfügung stünden.

In diesem Zusammenhang betonte DRV-Getreidemarktexperte Guido Seedler die Bedeutung des Exportes. Er schaffe zusätzliche Einnahmen für die Landwirtschaft und leiste gleichzeitig einen Beitrag zur Sicherung der Welternährung. age

„Probleme werden nicht durch Dokumentation gelöst“

Inmitten geopolitischer Spannungen und wirtschaftlicher Unsicherheiten wird die Relevanz der Landwirtschaft in der Gesellschaft wieder deutlicher, davon zeigte sich Johannes Henner Langhans, Vorsitzender des Kreisbauernverbandes Herzogtum Lauenburg, vor den rund 340 Teilnehmern des Kreisbauerntages auf dem Hof Dreves in Fahrendorf überzeugt.

Nach dem Scheitern der AmpelKoalition und der überraschenden Auflösung des Bundestags hat sich für Langhans das politische Koordinatensystem der Republik verschoben. Der Vorsitzende setzt auf den neuen Bundestag und das politische Gespür von Kanzler Friedrich Merz (CDU). Das bedeute für die Landwirtschaft konkret mehr Entscheidungsfreiheit.

Dokumentation lähmt

„Probleme werden durch kluge Entscheidungen gelöst, nicht durch endlose Beschreibungen und schon gar nicht mit Dokumentation“, so Langhans. Ein Dokumentationsmonster sei geschaffen worden aus Lieferkettengesetz, Stoffstrombilanz, Explosionsstoffverordnung in der Landwirtschaft und vielem mehr, das sich in alle Betriebsbereiche gefressen habe. Mit steigenden Auflagen werde man das Ziel der Ernährungssouveränität nicht erreichen, auch wenn es nun als Staatsziel im Grundgesetz verankert werden solle.

Dringender Handlungsbedarf bestehe aus Sicht der Praxis auch bei Klimaschutz und Nachhaltigkeit, wo die Fachlichkeit dem Ordnungsrecht vorangestellt werden müsse, etwa bei der Gülleausbringung. Effiziente Nährstoffausnutzung und gleichzeitiger Bodenschutz bedürften praktikabler Ausbringungsmöglichkeiten bei Frostbedingungen. Das sei nur eines von vielen Beispielen aus der Praxis, die der Bauernverband formuliert habe im Rahmen der Entbürokratisierungsforderung, so Langhans.

Doch ist Entbürokratisierung allein für den Landwirt nicht die Lösung. Auch das Bildungssystem sprach er kritisch an. Mehr Geld für bessere und effizientere Bildungsangebote sei notwendig. Das Landwirtschaftsministerium habe im Rahmen einer Bildungsoffensive Themenangebote geschaffen, die es den Schulen ermöglichten, einen realistischen Blick in die Landwirtschaft zu werfen, um mit gängigen negativen Narrativen aufzuräumen. Dieser Weg müsse weiter beschritten werden, um das Verständnis für die Landwirtschaft in der Gesellschaft zu fördern.

KI schafft Lösungen

Dr.-Ing. Marius Wenning, Gründer des Start-ups Omnivore Recycling, zeigte, wie moderne Technologien die Landwirtschaft nachhaltiger, effizienter und tierfreundlicher machen können. Im Fokus standen konkrete Lösungen aus den Bereichen Künstliche Intelligenz (KI), Automatisierung und Kreislaufwirtschaft. Wenning beschrieb, dass Sensorik und KI heute eine frühzeitige Erkennung von Stress oder Krankheiten bei Tieren ermöglichten. Das sei ein Gewinn für Tierwohl und Arbeitsentlastung. Auf dem Acker sorgten Agrarroboter und Drohnen für präzisere und ressourcenschonende Bewirtschaftung. Besonders innovativ sei die Nutzung neuer Proteinquellen wie die Verwertung von Lebensmittelresten über Insektenlarven. Hier werde ein natürlicher Proteinlieferant für Tiere genutzt, der Emissionen spare und Kreisläufe schließe. Wenning betonte: „Die Landwirtschaft steht vor großen Herausforderungen, vom Klimawandel bis zum Fachkräftemangel. Mit Technologie können wir viele Zielkonflikte auflösen.“

Hoffentlich keine Blockaden

Die Entbürokratisierung griff auch Klaus-Peter Lucht, Präsident des Bauernverbandes SchleswigHolstein, auf. Die ersten Entscheidungen des neuen EU-Agrarkommissars Christophe Hansen zeigten, dass er das Thema ernst nehme. Die EU versuche einen vernünftigen Konsens zu finden. Gleichzeitig nehme der Druck an anderer Stelle zu. Durch den Überfall Russlands auf die Ukraine und den Krieg seit Februar 2022 stehe die Ernährungssicherheit aus einem ganz anderen Fokus. Sein Eindruck von Landwirtschaftsminister Alois Rainer (CSU) und seinen Staatssekretärinnen sei positiv, so Lucht. Er hoffe, dass es nicht wieder zu Blockaden durch das Umweltministerium komme, die viele Entwicklungen in der vorigen Legislatur gelähmt hätten. mbw

Der Verband sagt Dankeschön für die Bereitstellung der Räumlichkeiten. Klaus Wegner, Casten Dreves, Birgit Dreves, Peter Koll und Johannes Henner Langhans (v.li.) freuen sich die gelungene Veranstaltung. Foto: mbw


Bis in den Abend gute Stimmung beim Kreisbauerntag auf dem Hof der Familie Carsten Dreves in Fahrendorf. Foto: mbw
Volle Halle auf dem Hof der Familie Carsten Dreves in Fahrendorf. Der Kreisbauerntag zog über 340 Teilnehmerinnen und Teilnehmer an. Foto: mbw


Mehr Politik für Landwirte und weniger Bürokratie

Die Themen Politikwechsel, Entlastung der landwirtschaftlichen Betriebe von überbordenden administrativen Aufgaben und die Stellung und Wahrnehmung der Landwirtschaft in der Gesellschaft standen im Vordergrund des 76. Kreisbauerntages des Kreisbauernverbandes Stormarn am Dienstag voriger Woche.

Der Kreisvorsitzende Jens Timmermann-Ann konnte auf dem Betrieb der Familie Johann Wulf in Bargfeld-Stegen gut 300 Teilnehmerinnen und Teilnehmer zum diesjährigen Kreisbauerntag begrüßen.

In seinem Grußwort machte Landrat Dr. Henning Görtz auf die besondere Stellung der Landwirte im Kreis aufmerksam. Stormarn zählt zu den stark besiedelten Kreisen im Land, mit hohem Siedlungsdruck und hoher Nachfrage nach Gewerbeflächen. Der Ausbau der Erneuerbaren Energien nehme zu. Das alles führe zu einem Rückgang der landwirtschaftlichen Flächen. Auch Görtz nimmt ein Überborden der Bürokratie wahr und setzt auf Deregulierung und Wirtschaftsimpulse aus Berlin und Kiel.

Marcus Grien-Kley vom Netzwerk junger Landwirte erinnerte daran, dass Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) auf dem Landesbauerntag im vorigen Jahr bürokratische Entlastung für die Betriebe angekündigt habe.

Politik für Betriebsnachfolger

In seiner Ansprache machte der Kreisvorsitzende Jens Timmermann deutlich, dass die Landwirte von der neuen Bundesregierung eine Politik erwarteten, die auf den landwirtschaftlichen Betrieben ankomme. Mehr Vertrauen in die Landwirte, wie es auch Kanzler Friedrich Merz (CDU) fordere, müsse nun sichtbar werden in Form von mehr Beinfreiheit, die Landwirtschaftsminister Alois Rainer (CSU) angekündigt habe. Dafür seien im Januar 2024 30.000 Bauern in Berlin auf die Straße gegangen. Nicht für den Agrardiesel, auch wenn das der Auslöser gewesen sei. Timmermann-Ann macht sich Gedanken über die Zukunft der Betriebe. Es müsse zu einem wahrnehmbaren Politikwechsel, zu einem veränderten Bild der Landwirtschaft und einem veränderten Selbstverständnis der Landwirtschaft kommen, damit die Betriebe ihre Nachfolger behielten. Auch wenn der Strukturwandel sich nicht aufhalten lasse, müsse der Beruf des Landwirts für die Hofnachfolger interessant und erstrebenswert bleiben.

Landwirte brauchen Strategieklarheit

Wie groß die Diskrepanzen zwischen der Verantwortung der Landwirtschaft, den gesellschaftlichen Erwartungen und dem unternehmerischen Handeln sein können, zeigte Prof. Dr. Rainer Langosch, Dekan der Hochschule Neubrandenburg und Fachbereichsleiter Agrarwirtschaft und Lebensmittelwissenschaften, in seinem Vortrag auf. Dabei stehe das hohe Ansehen der Landwirte im Ranking der wichtigsten Berufe nicht selten diametral entgegengesetzt zu den Erwartungen und dem Verhalten in Teilen der Gesellschaft gegenüber der Berufsgruppe.

Der Wissenschaftler nannte vier große Trends, die Einfluss auf Entwicklung der Betriebe nähmen und deren Handlungsspielraum der Unternehmensführung bestimmten. An erster Stelle stehe der Hunger in der Welt, dadurch bleibe die Landwirtschaft dauerhaft gefordert. Der technische Fortschritt ist für Langosch ein Entwicklungstreiber, der teuer bleiben werde. Er sieht die Produktivität weiter steigen. Gleichzeitig stiegen die Anforderungen an die Politik, weltweit und in zunehmend komplexen Zielsystemen. Den Bogen zum unternehmerischen Handeln schlug Langosch mit der Empfehlung an die Landwirte, grundsätzlich Kurs zu halten, Entscheidungen nicht aus dem Risiko heraus zu treffen und eine gewisse Flexibilität in der Wachstumsstrategie zu berücksichtigen.

Diskussion zur Entbürokratisierung läuft

Einen Einblick in die Anstrengungen des Verbandes für einen aktiven Bürokratieabbau gab Klaus-Peter Lucht, Präsident des Bauernverbandes Schleswig-Holstein. So ist der Bauernverband seit einiger Zeit an der Arbeit, gemeinsam mit der Landwirtschaftskammer. Dabei erarbeiteten die Agrarvertreter konkrete Vorschläge an das Landwirtschaftsministerium für Maßnahmen zur Entbürokratisierung. Alle drei Monate werde die Umsetzung mit Agrarstaatssekretärin Anne Benett-Sturies diskutiert. mbw

Johann Wulf, Jens Timmermann-Ann, Sünje Wulf, Peter Koll (v. li.) freuen sich über die gelungene Veranstaltung.


260527_KBT Kreis Stormarn, Betrieb Familie Johann Wulf, Brooklande 24, 23863 Bargfeld-Stegen; Foto: mbw

Mut zur Esche

Kürzlich kamen über 60 Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus Wissenschaft, Politik, Naturschutz und Forstwirtschaft zur FraDiv-Abschlusskonferenz, die an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel (CAU) stattfand.

Die Abkürzung „FraDiv“ steht für die Bedeutung des Eschentriebsterbens für die Biodiversität von Wäldern und Strategien zu ihrer Erhaltung. Der Kurztitel leitet sich von Fraxinus (Esche) und (Bio-)Diversität ab. Das Forschungsprojekt beschäftigte sich anhand vieler waldökologischer und forstwirtschaftlicher Fragen intensiv mit der Baumart Esche, deren Vorkommen durch einen Befall mit dem aus Asien eingeschleppten gefäßbesiedelnden Pilz Hymenoscyphus fraxineus in den letzten zwei Jahrzehnten extrem zurückgegangen ist.

Die Zukunft der Esche wird in der Herzoglich Oldenburgischen Verwaltung anhand von Praxisbeispielen diskutiert. Foto: Alexandra Erfmeier

Fest steht: Die ehemals charakteristischen Eigenschaften eschenreicher Wälder gehen im Zuge des Eschentriebsterbens verloren. Durch das Absterben der Eschen wird nicht nur die Baumartenzusammensetzung an sich verändert, sondern alle Prozesse in eschenreichen Wäldern werden stark beeinflusst. Die Ergebnisse aus sechs Jahren Forschung zeigen, dass sich insbesondere auch die Zusammensetzung der Krautschicht und die Ausprägung der pilzlichen Vielfalt ändert. Damit verändern sich auch die funktionalen Zusammenhänge im gesamten Ökosystem. Diese Ergebnisse zu den Auswirkungen des Eschentriebsterbens stellte Projektleiterin Prof. Alexandra Erfmeier mit ihrem Team in mehreren Fachvorträgen vor.

Alteschen erhalten

Das Projektteam präsentierte umfassend die ökologischen und ökonomischen Folgen des Eschentriebsterbens und kommt zu dem Schluss: Mut zur Esche! Mit diesem Slogan ruft das Team aus Forschung und Forstpraxis dazu auf, insbesondere fruktifizierende Alteschen zu erhalten. So wird ein Beitrag zur Erhaltung eines möglichst großen Genpools der Baumart geleistet. Experimente konnten zeigen, dass es sich lohnen kann, aufkommender Eschen-Naturverjüngung eine Chance zu geben, da sich erste Anpassungsprozesse abzuzeichnen scheinen. Gezeigt wurde auch, dass die Esche hervorragende Eigenschaften hat hinsichtlich ihrer Fähigkeit, mit den Folgen des Klimawandels umzugehen. Da die Esche vergleichsweise trockenheitsresistent ist, appelliert das Projektteam auch unter diesem Aspekt an Waldbesitzende, aufkommende Eschen-Naturverjüngung einzelflächenweise moderat zu fördern.

Neben den Empfehlungen zur Esche selbst wurde in „FraDiv“ insbesondere daran geforscht, inwiefern das Eschentriebsterben zu einer Verwilderung von betroffenen Beständen führt und welche Maßnahmen hier zu einer positiven Entwicklung im Sinne des Biodiversitäts- und Walderhalts führen können. Eindrücklich präsentierte das Projektteam einen Teil der experimentellen Anpflanzungen in betroffenen Beständen der Herzoglich Oldenburgischen Verwaltung. Auf den Flächen des Praxispartners zeigte sich: Die Einbringung alternativer, heimischer und standortgerechter Baumarten kann das Ausmaß der Verwilderung verringern. Die Einbringung alternativer Baumarten in Trupps (nicht auf ganzer Fläche) hat dabei viele Vorteile: Schon mit geringen Pflanzenzahlen können große Effekte erzielt werden. Die Arbeit mit einer geringen Pflanzenzahl entbindet von der Notwendigkeit flächiger Räumungen, zusätzlich bleibt viel Platz für eine Naturverjüngung der Esche und die typische Biodiversität eschenreicher Wälder wird bestmöglich erhalten. Als alternative Baumarten wurden Flatterulme, Winterlinde, Spitzahorn und Hainbuche erprobt.

Wie wichtig Vielfalt in biologischen Systemen ist und wie Biodiversität den Wald widerstandsfähiger macht, zeigte auch Privatdozent Dr. Andreas Fichtner in seinem Impulsvortrag. „Biodiversität wirkt wie ein soziales Netz in Krisenzeiten“, so der Experte von der Leuphana-Universität Lüneburg.

Koevolution fördern

Das gemeinsame Engagement für den Erhalt der Esche und der Aufruf zu einem umsichtigen Umgang mit vom Eschentriebsterben betroffenen Beständen vereinte auch die Teilnehmenden der Podiumsdiskussion mit Privatdozent Dr. Andreas Fichtner, Dr. Chris Freise (Schleswig-Holsteinische Landesforsten), Dr. Bettina Holsten (Ministerium für Energiewende, Klimaschutz, Umwelt und Natur Schleswig-Holstein) und Prof. Alexandra Erfmeier (CAU).

Für die forstliche Praxis zeigen die Ergebnisse des „FraDiv“-Projektes eindrucksvoll, dass Waldeigentümern am Erhalt jeder überlebensfähigen Esche dringend gelegen sein sollte. Dies gilt auch für Naturverjüngungsgruppen, die gegen Wildverbiss geschützt und von Konkurrenzvegetation freigestellt werden sollten, und zwar auch, wenn darin bereits vom Triebsterben geschädigte Eschen zu finden sind. Das Ziel muss sein, einzelne Eschen so weit zu erhalten, dass sie wiederum Samen bilden können. Denn in der Ko­evolution der Esche mit dem Triebsterbenerreger liegt die Hoffnung, dass sich widerstandsfähige Exemplare durchsetzen und diese so wichtige und wertvolle Baumart in unseren Wäldern eine Zukunft hat. 

Dies sind Ersatzpflanzungen im Rahmen des Projektes „FraDiv“.
Fotos (2): Katharina Mausolf

Roggenproduktion geht weltweit zurück

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Roggen und Wintermenggetreide wurden 2024 in Schleswig-Holstein auf einer Fläche von 28.800 ha geerntet, etwa 10 % der gesamten Getreidefläche von 272.000 ha. Am globalen Getreidemarkt ist Roggen dagegen ein Nischenprodukt mit einem Produktionsanteil von 0,5 %. Roggen wird vor allem in Nordeuropa, Nordamerika und Russland angebaut. Die EU ist mit 61 % wichtigster Produzent und hier besonders Deutschland, Polen und Dänemark. Die weltweite Erzeugung ist deutlich zurückgegangen, da Erzeuger auf ertragreichere und je Tonne besser bezahlte Alternativen wie Weizen umgestiegen sind. Dies, obwohl Roggen eine überlegenswerte Alternative zu Winterweizen nicht nur auf Grenzstandorten wegen seiner niedrigeren Ansprüche an N-Dünger, Pflanzenschutz und Wassermanagement ist.

Roggenbrot, das wahre Superfood?!

Vor zwei Jahrzehnten wurden weltweit 18 Mio. t geerntet, aktuell schätzt der Internationale Getreiderat (IGC) die weltweite Roggenernte für 2025 auf nur noch 12 Mio. t. Weltweit werden davon 5,7 Mio. t für Nahrungsmittel verwendet, 3,7 Mio. t für Futtermittel und 1,7 Mio. t für die sonstige Verarbeitung. Roggen wird also hauptsächlich als Nahrungsmittel verwendet, vor allem für Brot in Nord- und Osteuropa. Roggenbrot, das für seine dichte Konsistenz und seinen reichen Geschmack bekannt ist, spielte bis ins 19. Jahrhundert eine dominierende Rolle in der Ernährung Europas. Obwohl Roggenbrot aufgrund seines hohen Ballaststoff- und Proteingehalts immer noch als gesundheitsfördernd gilt, ist der Verbrauch zurückgegangen, da Produkte auf Weizenbasis wie Baguette, Ciabatta und Pizza sowie Fertiggerichte und sogenannte Superfoods immer beliebter werden. In seinem aktuellen Monatsbericht avisiert der IGC eine EU-Roggenernte für 2025 von 7,3 Mio. t, die EU-Kommission prognostiziert 7,5 Mio. t.

Verwendung in Deutschland

In Deutschland werden 3,1 Mio. t Roggen produziert, davon werden zwei Drittel an Nutztiere verfüttert, wobei immer mit anderen Getreidearten in der Futterration gemischt wird. Die Mutterkorn-Problematik wurde mit dem Einsatz von neuen Hybridsorten abgeschwächt, die früher und mehr Pollen ausschütten und damit weniger anfällig gegen den Pilzbefall sind, was zu einem höheren Roggenanteil insbesondere in der Schweinefütterung führte.

0,6 Mio. t Roggen werden vermahlen (Weizen: 7,8 Mio. t) und so für die menschliche Ernährung verwendet. Allerdings ist auch der inländische Brotverbrauch rückläufig. Seit einigen Jahren spielt die energetische Nutzung des Roggens etwa als Ganzpflanzensilage (GPS) in Biogasanlagen oder für die Herstellung von Ethanol mit derzeit 15 % eine immer größere Rolle. Roggen wird von nordamerikanischen Whiskey-Herstellern auch gemalzt und destilliert, allerdings verhindern die komplexere Verarbeitung und die geringen Destillationserträge eine breitere Akzeptanz.

Zölle behindern Roggenhandel

Der meiste Roggen wird dort verbraucht, wo er angebaut wird. Nur etwa 4 % beziehungsweise 447.000 t der Produktion werden international gehandelt, ein weitaus geringerer Anteil als bei anderen Getreidearten. Die USA sind der weltweit größte Importeur, auf den in den vergangenen fünf Jahren im Durchschnitt etwa die Hälfte des Welthandels entfiel, wobei die Lieferungen hauptsächlich aus der EU und Kanada stammten. Für den Welthandel 2024/25 wird ein Rückgang um über 10 % erwartet, was auf geringere Importe der USA infolge der Einführung von Zöllen auf Einfuhren aus der EU zurückzuführen ist.

Für 2024/25 wird ein drastischer Rückgang der russischen Ausfuhren um fast zwei Drittel prognostiziert. Traditionell war das Land ein regelmäßiger Exporteur in die EU, vor allem für Lettland und Spanien, aber nach der Einführung von prohibitiven Handelszöllen im Mai 2024 sind die Lieferungen praktisch zum Erliegen gekommen.

„Wir Frauen müssen zusammenhalten!“

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Sie ist eine der beliebtesten Schauspielerinnen Deutschlands, Moderatorin, Buchautorin, Geschäftsfrau, Social-Media-Ikone und vierfache Mutter. Am 14. Juni ist Elena Uhlig zu Gast auf dem LandFrauentag in Neumünster und plaudert aus ihrem bewegten Leben. Im Interview mit dem Bauernblatt verrät die bodenständige Entertainerin, die mit dem TV-Star Fritz Karl verheiratet ist und Ende Juli 50 Jahre alt wird, was sie am Landleben schätzt, weshalb sie den Norden liebt und was sie mit Hamburg verbindet. Außerdem erzählt die gebürtige Düsseldorferin, wie ihr Leben von starken Frauen geprägt wurde, warum sie für weibliche Solidarität wirbt und Humor gerade in schwierigen Zeiten so wichtig ist.

Bevor Sie 2019 nach München gezogen sind, haben Sie acht Jahre lang auf dem Land in Oberösterreich, der Heimat Ihres Mannes, gelebt. Was ist Ihnen aus dieser Zeit besonders in Erinnerung geblieben?

Elena Uhlig: Die Ruhe. Auch wenn mir Stille manchmal Angst macht. Aber wenn auf dem Land Nacht ist, ist da Nacht – alles ist dunkel und ruhig. Dann kommt man auch selbst leichter zur Ruhe. Und obwohl ich im Grunde meines Herzens eine Großstadtpflanze bin und den Trubel liebe, habe ich diese Ruhe sehr genossen und die Weite der Landschaft, diesen unverbauten Blick. Auch für unsere Kinder war das Landleben toll. Sie konnten dort mitten in der Natur spielen, viel draußen sein, reiten, Tiere streicheln. Auf dem Land wachsen Kinder viel freier auf, ihr Bewegungsradius ist viel größer als in der Stadt. Sie können sich dort viel mehr ausprobieren. Die Schulen sind kleiner, man kennt sich mehr, hat engen Kontakt zu den Nachbarn, hilft sich gegenseitig. Die Anonymität, die oft in der Stadt herrscht, gibt es auf dem Land nicht.

Haben Sie auch am Dorfleben teilgenommen?

Klar, diese gelebte Gemeinschaft gehört auf dem Dorf dazu. Dieses bewusste Miteinander ist auf dem Land viel ausgeprägter als in der Stadt und wird auch viel mehr gepflegt. Das hat mir gefallen. Dadurch haben sich neue Freundschaften entwickelt, und ich habe sogar einen Frauen-Stammtisch gegründet. Toll fand ich auch das aktive Vereinsleben und die vielen Dorffeste.

Sie sind leidenschaftliche Hobby-Köchin und haben die erste Staffel der Kochsendung „Stadt Land Lecker“ moderiert. Was und wo essen Sie selbst am liebsten?

Also, ich liebe ein gutes Schnitzel auf dem Land. Und Grießnockerlsuppe finde ich auch total lecker. Wenn wir selbst kochen, probieren wir auch gern mal neue Rezepte aus. Dabei legen wir aber Wert auf bewusstes Essen und gute Lebensmittel. Also möglichst natürliche, unverarbeitete Ware ohne lange Transportwege, Fleisch aus artgerechter Haltung. Was ich auf dem Land übrigens auch liebe, sind diese kleinen Hofläden und Kühlschränke auf Bauernhöfen, wo man Produkte aus eigener Herstellung kaufen kann und du siehst, wo das Essen herkommt. Oder diese Warenstände mit Eiern direkt vom Hof, wo man das Geld auf Vertrauensbasis in eine Kasse wirft. So etwas funktioniert nur auf dem Land.

Und warum haben Sie dem Landleben dann trotzdem den Rücken gekehrt?

Weil mein berufliches Leben vor allem in der Stadt stattfindet. Zu meinem Beruf gehört eben auch, öfter mal Veranstaltungen zu besuchen, mein berufliches Netzwerk zu pflegen. Und das ist auf dem Land sehr schwierig. Außerdem sind mein Mann und ich als Schauspieler viel unterwegs. Das heißt, einer von uns beiden ist meistens weg. Als unsere Kinder klein waren, war das überwiegend mein Mann, und ich war mit den Kleinen allein zu Hause. Hier in München bin ich nie allein. Und wir schätzen natürlich auch, dass der Bahnhof mit ICE-Anschluss gleich ums Eck ist. Die Verkehrsanschlüsse auf dem Land waren schon sehr bescheiden. Ohne Auto war man dort ziemlich verloren.

Sie bezeichnen sich selbst als Volksschauspielerin, gelten als bodenständig und frei von Starallüren. Warum ist Ihnen Nahbarkeit so wichtig?

Ich finde es toll, wenn die Leute bei mir das Gefühl haben: „Die ist eine von uns.“ Ich spiele ja für die Menschen und nicht gegen sie. Am Anfang meiner Karriere wollte ich natürlich – wie wohl jeder Schauspieldebütant – die ganz großen Sachen spielen. Doch heute weiß ich, dass mir das andere mehr liegt. Ich spiele aktuell nicht massenhaft Rollen. Auch weil es für Filmschaffende gerade eine schwierige Zeit ist, besonders für Schauspielerinnen. Das heißt: Ich drehe immer wieder etwas, und es macht mir Spaß. Aber es ist nicht so, dass sich bei mir die Drehbücher stapeln. Deshalb mache ich mein eigenes Ding und habe auf Instagram meinen eigenen kleinen Sender.

Gibt man mit einem eigenen Instagram-Kanal nicht auch einen Teil seiner Privatsphäre auf?

Man muss dort eine klare Grenze ziehen. Was ich auf Instagram anstelle, gehört zu meinem Beruf. Privates poste ich dort so gut wie nie, Persönliches schon. Denn persönlich ist nicht gleich privat. Das zu trennen, ist nicht immer ganz leicht, weil dort Menschen manchmal sehr nah an dir dran sind und auch Sachen fordern und meinen, Dinge schreiben zu können, die gar nicht gehen. Das stresst mich zwar hin und wieder, aber dafür redet mir da keiner hinein, ich bin mein eigener Boss: Senderchefin, Redakteurin, Regisseurin, Schauspielerin. Und ich kann dort Themen ansprechen, die mir wichtig sind.

Welche Themen meinen Sie konkret?

Zum Beispiel Gesundheitsthemen, für die mache ich mich auch auf meinem Instagram-Kanal stark und ermutige die Menschen, regelmäßig zur Vorsorge zu gehen. Dort spreche ich auch über meine Wechseljahre, über Hitzewallungen und dieses Chaos im Körper und im Gehirn. Denn ich finde: Mit diesen Themen sollten wir viel offener umgehen.

Und wie sehen Sie Social Media bei jungen Menschen?

Sehr kritisch. Deshalb bin ich bei unseren Kindern in Sachen Social-Media-Konsum ziemlich streng, und die Kleinen sind natürlich nicht bei Instagram. Ich finde, ein zu früher Umgang mit den Sozialen Medien tut jungen Menschen nicht gut. Vor allem bei Kindern ist die Gefahr groß, dass sie sich von TikTok und Co. beeinflussen lassen und Dinge von Influencern nachplappern, die sie selbst noch gar nicht verstehen.

Sie haben vor ein paar Jahren Ihr eigenes Modelabel „fra)uu(hlig“ gegründet. Wie kam es dazu?

Ich wollte ehrliche Mode von einer Frau für andere Frauen kreieren. Lieblingsstücke, die das Leben schöner machen. Farbenfrohe Mode für Frauen mit Normalmaß. Meine Kollektion ist unkonventionell, einzigartig und betont fraulich. Alle Kleidungsstücke werden unter fairen Arbeitsbedingungen in Litauen produziert, nachhaltig und mit Mulesing-freier Wolle. In kleiner Auflage und hoher Qualität. Bei mir gibt es keine S, M, L-Größen und vor allem kein XL oder XXL, sondern Kleidung „in kleiner“, „in mittel“ oder „in größer“. Keine Mode für große Anlässe, sondern Wohlfühlklamotten für jeden Tag, aber trotzdem bunt, kreativ und mit Mehrwert. Deshalb heißt meine Lieblingsstrickjacke auch „24/7“.

Für viele Frauen sind Sie ein Vorbild – eine starke Frau, die sich nicht verbiegen lässt und offen zu ihren kleinen Schwächen steht. Mussten Sie sich dieses Selbstbewusstsein erst im Laufe des Lebens erarbeiten?

Zu sagen: „Ich stehe zu mir, genauso wie ich bin“, das ist mir früher viel schwerer gefallen als heute. Da bin ich inzwischen deutlich gelassener, habe aber auch an mir gearbeitet. Heute lasse ich mir weniger gefallen und tue mir manches nicht mehr an, renne nicht mehr jedem Modetrend hinterher. Aber natürlich gibt es auch Tage, an denen ich mit mir selbst hadere. Und das muss auch erlaubt sein. Ich hatte auch schon die eine oder andere Panikattacke im Laufe der Jahre und habe mir Hilfe geholt. Aber grundsätzlich finde ich das Leben sehr lebenswert. Deshalb sollten wir es auch genießen und uns als Frau nicht damit befassen, wie viele Kilos wir auf die Waage bringen. Wir müssen es weder anderen recht machen noch uns fraglichen Schönheitsnormen unterwerfen. Wir sind so wie wir sind, und das ist gut so.

Sie sind gebürtige Düsseldorferin mit jüdischen Wurzeln, Tochter einer Deutschen und eines Griechen und verheiratet mit einem Österreicher. Wie wichtig ist Ihnen Vielfalt?

Sehr wichtig. Ich selbst bin ja auch multikulti (lacht). Und ich finde es toll, in einem Land zu leben, in dem jeder Mensch die gleichen Rechte hat – unabhängig von Religion, Kultur, Geschlecht oder sexueller Orientierung. Dass das nicht selbstverständlich ist, wurde mir erst richtig bewusst, als ich meinen Mann vergangenes Jahr als Adolf Hitler in „Führer und Verführte“ sah, einen Film über die nationalsozialistische Propaganda. Das war verstörend. Und mir wurde klar, wie gefährdet unsere Demokratie ist, wenn wir sie nicht schützen und unsere Stimme erheben. Meine Urgroßeltern wurden von den Nazis verfolgt. Nur durch sehr viel Glück und mutige Mitmenschen haben sie überlebt.

Zu Ihrem eigenen Leben: Sie werden am 31. Juli runde 50. Wie gehen Sie mit diesem Jubiläum um?

Möglichst offensiv, ich werde diese Zahl jedenfalls nicht totschweigen. Ich hab mich immer darüber geärgert, wenn es hieß: Männer werden im Alter interessanter und Frauen unsichtbar. Nein! Gerade im Alter sollten wir Frauen Farbe bekennen. Mit 50 ist es höchste Zeit, sich selbst auf die Schulter zu klopfen, Vollgas zu geben und Spaß zu haben.

Wenn Sie zurückblicken, erkennen Sie da einen roten Faden, der sich durch Ihre ersten fünfzig Lebensjahre zog?

Ein roter Faden sind sicherlich die vielen starken Frauen, die mich durch mein Leben begleitet haben. Sie gehören zu den elementaren Dingen in meinem Leben. Ohne sie wäre ich nicht die Person, die ich heute bin. Ein großes Vorbild war zum Beispiel meine Oma, die mitten im Krieg anfing, Medizin zu studieren, und später mit drei kleinen Kindern eine Praxis in Hamburg führte. Sie war ein ganz toller Mensch und stets für mich da. Sie hat mich immer liebevoll aufgefangen und mich ermutigt, ehrlich zu sein und zu mir zu stehen. Und mir als Frau klarzumachen, was ich will. Ihr Credo: Eine Frau ist genauso viel wert wie ein Mann. Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Das lebe ich auch in der Beziehung mit meinem Mann.

Machen Sie sich deshalb immer wieder für Frauen-Solidarität stark?

Ich bin mit Frauen aufgewachsen. Meine Mutter war quasi alleinerziehend, hatte aber immer starke Frauen an ihrer Seite. Das hat mich geprägt. Ich selbst bin auch eher ein „Girl’s Girl“ – eine Frau, die andere Frauen unterstützt und nicht als Konkurrenz sieht. Wir Frauen müssen doch zusammenhalten. Der Weg als Frau ist immer noch ungleich schwerer als der von Männern. In Sachen Gleichberechtigung sind wir heute noch lange nicht dort, wo wir eigentlich sein sollten. Wir müssen auch darauf achten, dass Frauen nicht in die Armutsfalle geraten. Deshalb finde ich es wichtig, Frauen-Solidarität zu leben. Das ist zwar nicht immer ganz einfach, aber unerlässlich: Wir Frauen müssen unsere Frau stehen!

Hatten Sie selbst auch immer gute Freundinnen an Ihrer Seite?

Seit meiner Kindheit, und diese Freundschaften sind mir enorm wichtig, vielleicht weil ich als Einzelkind aufgewachsen bin. Meine Freunde waren für mich immer meine Familie, und viele sind es heute noch. Ich habe Freundinnen, die ich schon ewig kenne. Auch meine älteste Freundin ist immer noch an meiner Seite, und wenn’s mal hart auf hart kommt, dann sind wir füreinander da. Wir kennen uns in- und auswendig. Man versteht sich blind, man weiß, wovon die andere redet, man spürt sofort, wenn’s der anderen nicht so gut geht. Man ist im gleichen Körper. Sogar über die Wechseljahre können wir uns austauschen (lacht). Inzwischen lebt sie übrigens in Lübeck.

Haben Sie sonst noch eine besondere Beziehung zum Norden?

Hamburg ist mir sehr vertraut. Als Kind und später als Schauspielstudentin war ich dort regelmäßig bei meiner Oma zu Besuch. Und ich liebe die Nordsee. Die Ostsee zwar auch, aber die Nordsee noch mehr, weil sie rauer ist. Und obwohl ich schon ewig im Süden lebe, mag ich den Norden sehr gern.

Kurz vor Ihrem runden Geburtstag erscheint Ihr neues Buch „50 ist kein Tempolimit“. Was hat Sie dazu bewegt?

Ich wollte keinen Ratgeber schreiben, sondern anderen Menschen in meiner Altersklasse Mut zusprechen. Denn ich hatte das Gefühl: In jedem Alter hat man irgendwelche Verbote. Deshalb habe ich mich gefragt: Wann kommt das Lebensalter, in dem man endlich sein und machen kann, was man will? Natürlich sollte man immer auf seine Gesundheit achten, aber man muss auch mal ohne Reue und schlechtes Gewissen genießen dürfen. Wenn nicht mit 50, wann dann?

Zur Person

Als Kommissarin Nina Metz in der Krimiserie „Mit Herz und Handschellen“ wurde sie bekannt. Seitdem war Elena Uhlig in vielen TV- und Kinoproduktionen zu sehen (darunter „Klassentreffen“, „Mich hat keiner gefragt“, „Der Junge muss an die frische Luft“). Auch als Moderatorin und Buchautorin (unter anderem „Qualle vor Malle“, „Mein Gewicht und ich“) ist die gebürtige Düsseldorferin und studierte Schauspielerin erfolgreich. Große Popularität erzielt die Entertainerin und Podcasterin auch in den Sozialen Medien. Neben ihrem Instagram-Kanal hat sie auch ihr eigenes Mode-Label „frau)uu(hlig“. Die Halbgriechin lebt mit ihrem Mann, dem österreichischen Schauspieler Fritz Karl, sowie den vier Kindern in München. ple