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Das Absetzen richtig gestalten

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Für die Fütterung von jungen Kälbern existieren zahlreiche Ansätze und Strategien. Gemeinsam ist ihnen jedoch, dass die Kälber irgendwann von einer milchbasierten auf eine festfutterbasierte Ernährung umgestellt werden müssen. Die entscheidenden Fragen sind dabei: Wann und wie sollte dieser Übergang erfolgen? Dazu hat eine dänische Forschergruppe eine umfassende Literaturanalyse durchgeführt. Dr. Jason Hayer vom Hofgut Neumühle präsentiert im Folgenden die Ergebnisse dieser Analyse und gibt praxisnahe Empfehlungen, wie man die Umstellung der Kälber optimal gestalten kann.

Kälber werden mit einem Verdauungssystem geboren, das speziell darauf ausgelegt ist, Nährstoffe aus Milch aufzunehmen und zu verwerten. Dies zeigt sich unter anderem in den Größenverhältnissen der Vormägen. Der größte Magen eines neugeborenen Kalbes ist der Labmagen, der etwa 60 % des Gesamtvolumens der Vormägen ausmacht, während der Pansen lediglich etwa 25 % einnimmt. Bei ausgewachsenen Rindern kehrt sich dieses Verhältnis um: Der Pansen wird mit etwa 80 % der größte Magen. Mit zunehmendem Alter verändert sich das Verhältnis der Vormägen hin zu dem eines Wiederkäuers. Bereits im Alter von zwölf bis 16 Wochen weist das Vormagensystem eines Kalbes eine Volumenverteilung und ein Reifestadium des Pansens auf, das jenem eines ausgewachsenen Rindes ähnelt. Dies bedeutet jedoch nicht, dass Kälber ab diesem Zeitpunkt anfangen, sich natürlicherweise abzusetzen. Untersuchungen des natürlichen Absetzprozesses bei Kälbern, die in direktem Kontakt mit ihren Müttern aufwachsen, zeigen, dass das Absetzen mehrere Monate dauert und erst nach etwa acht bis elf Monaten vollständig abgeschlossen ist.

Ähnliches Absetzalter auf den meisten Betrieben

Auf den meisten Milchviehbetrieben ist eine derart lange Tränkephase jedoch nicht praktikabel. Daher erfolgt das Absetzen der Kälber in der Regel deutlich früher. Eine Umfrage unter 42 westdeutschen Betrieben ergab, dass das durchschnittliche Absetzalter bei etwa elf Wochen liegt, mit einer Spannbreite von acht bis 16 Wochen. Ähnliche Absetzalter finden sich auch in anderen Ländern wie den USA, Kanada und der Tschechischen Republik. In den USA ist es allerdings auch durchaus üblich, Kälber bereits im Alter von sechs Wochen oder früher von der Milch zu entwöhnen.

Das Absetzen von der Milch ist für Kälber häufig mit Stress verbunden, was sich im Verhalten und in der Entwicklung äußern kann. Typische Anzeichen sind vermehrte Lautäußerungen, die Suche nach Milch, eine verkürzte Liegedauer, häufigeres gegenseitiges Besaugen und ein Rückgang der täglichen Gewichtszunahmen. Um diesen Stress zu minimieren und gleichzeitig die Aufzuchtleistung zu verbessern, lohnt es sich, den Absetzprozess gezielt zu optimieren. Eine dänische Literaturanalyse, die 44 Studien aus den Jahren 1990 bis 2023 systematisch auswertete, bietet hierzu wertvolle Einblicke und Empfehlungen.

Die Hälfte der analysierten Studien (22 von 44) untersuchte die Auswirkungen unterschiedlicher Absetzalter. Dabei variierten die verglichenen Altersstufen erheblich – von 28 bis 119 Tagen. Interessanterweise gab es keine zwei Studien, die exakt dieselben Altersgruppen miteinander verglichen.

Was passiert, wenn die Milchtränkedauer verlängert wird und die Kälber später abgesetzt werden? Die meisten Studien zeigen, dass ein späteres Absetzen mit einer geringeren Aufnahme von Kraftfutter während der Aufzuchtphase einhergeht. Dies ist wenig überraschend, da früh abgesetzte Kälber den zuvor durch Milch gedeckten Nährstoffbedarf durch eine erhöhte Aufnahme von festem Futter auszugleichen versuchen.

Absetzalter entscheidet über Gewichtszunahme

Entscheidender ist jedoch der Einfluss des Absetzalters auf die täglichen Gewichtszunahmen. Der Vergleich der Studien ergab, dass mehr als die Hälfte über höhere Tageszunahmen bei späteren Absetzaltern berichtete. Einige Studien konnten keine Auswirkungen feststellen, und nur eine Studie zeigte einen leichten negativen Effekt. Eine Untersuchung ging zudem darauf ein, wie sich ein späteres Absetzalter auf die Gewichtszunahmen nach dem Absetzen auswirkt. Die Ergebnisse zeigten, dass die Zunahmen sowohl vor, während als auch nach dem Absetzen höher waren, wenn die Milchtränke verlängert wurde.

Nicht nur der Übergang von Milch zu festem Futter, sondern auch der Wechsel hin zur alleinigen Flüssigkeitsaufnahme über freies Wasser ist herausfordernd. Daher sollten am besten ab Tag eins freies Wasser und zum Absetzen großzügige Wasseraufnahmemöglichkeiten angeboten werden.

Neben der Futteraufnahme und den Zunahmen betrachteten einige Studien auch Verhaltensweisen der Kälber. Analysiert wurden unter anderem natürliches Verhalten wie Spielverhalten oder Bewegungsaktivität sowie Anzeichen von Hunger, etwa häufige Besuche von Tränkeautomaten ohne Anspruch auf Milch, und das gegenseitige Besaugen. Allgemein wird vermutet, dass ein späteres Absetzen das gegenseitige Besaugen verringert. Von den drei Studien, die dieses Verhalten untersuchten, konnte jedoch keine einen direkten Zusammenhang nachweisen. Andere Studien deuten allerdings darauf hin, dass die Häufigkeit von Besuchen an Tränkeautomaten ohne Anrecht bei später abgesetzten Kälbern sinkt, was auf geringeren Hunger und weniger Stress schließen lässt. Da solche Verhaltensmuster jedoch von zahlreichen Faktoren wie der angebotenen Milchmenge oder der Absetztechnik abhängen, sind eindeutige Aussagen hierzu schwierig.

Zusammenfassend scheint ein späteres Absetzen zwar mit geringeren Aufnahmen von festem Futter verbunden zu sein, führt jedoch insgesamt zu höheren Tageszunahmen und positiven Verhaltensänderungen bei den Kälbern. Ein Absetzalter von mindestens zwölf Wochen oder mehr wird daher für die meisten Kälber als empfehlenswert angesehen.

Schnell oder langsam absetzen?

Nachdem geklärt ist, wann Kälber abgesetzt werden sollen, bleibt die Frage, über welchen Zeitraum die Milchmenge bis zum finalen Absetzen reduziert werden sollte. Ein Blick in die verfügbare Literatur zeigt, dass langsam über mehrere Wochen abgesetzte Kälber sowohl in der Absetzphase als auch in den Wochen danach eine höhere Aufnahme von festem Futter zeigen als schnell abgesetzte Kälber.

Es gibt zwar auch Studien, die keinen Effekt nachweisen konnten, jedoch war in diesen Fällen das Milchtränkeniveau bereits zu Beginn sehr niedrig (4 l pro Tag). Vor allem bei höheren Milchtränkemengen scheint ein langsames Abtränken die Umstellung auf festes Futter zu erleichtern.

Hinsichtlich des Einflusses der Absetzdauer auf die Tageszunahmen gibt es keinen klaren Zusammenhang. Einige Studien deuten darauf hin, dass eine längere Absetzdauer die Gewichtszunahmen vor und nach dem Absetzen positiv beeinflussen kann. Die Mehrheit der Studien konnte jedoch keinen signifikanten Unterschied feststellen.

Das Verhalten von Kälbern bei unterschiedlichen Absetzgeschwindigkeiten wurde bislang nur in vier Studien untersucht. Allgemein wäre zu erwarten, dass eine längere Abtränkdauer den Stress während der Umstellung reduziert, was sich beispielsweise in weniger gegenseitigem Besaugen äußern könnte. Die Studienergebnisse hierzu sind jedoch uneinheitlich. Nur eine Untersuchung zeigte, dass eine längere Abtränkdauer tatsächlich zu weniger gegenseitigem Besaugen führte.

Ein langsames Abtränken, insbesondere bei intensiven Milchtränken, scheint vorteilhaft zu sein. Dennoch sind weitere Studien erforderlich, um den Einfluss auf das Verhalten und die Tageszunahmen der Kälber besser bewerten zu können.

Verschiedene Kriterien für den Absetzzeitpunkt

Wie bereits beschrieben und auf den meisten Betrieben praktiziert, erfolgt das Absetzen von Kälbern meist altersabhängig. Neben dem Alter könnten jedoch auch andere Kriterien wie das Gewicht der Kälber oder ihre Festfutteraufnahme genutzt werden, um möglicherweise bessere Ergebnisse zu erzielen.

Die Orientierung an der Kraftfutteraufnahme statt am Alter wurde in vier Studien untersucht. Dabei legten einige Studien den Beginn des Absetzens bei einer bestimmten Kraftfutteraufnahme fest (zum Beispiel 225 g am Tag), während andere eine Zielaufnahme für das vollständige Absetzen definierten (zum Beispiel 1.400 g am Tag). In keiner der Studien wurden negative Effekte durch die Orientierung an der Kraftfutteraufnahme festgestellt. Im Gegenteil: In den meisten Fällen zeigte sich ein positiver Einfluss auf die Futteraufnahme während und nach dem Absetzen sowie auf die Tageszunahmen. Diese Ergebnisse deuten darauf hin, dass eine Orientierung an der Kraftfutteraufnahme eine sinnvolle Alternative zum altersbasierten Absetzen darstellen könnte, insbesondere für Kälber, die später mit der Aufnahme von festem Futter beginnen. Allerdings ist die Messung der Kraftfutteraufnahme in der Praxis anspruchsvoll und derzeit nur bei automatisierten Kraftfutterabrufstationen praktikabel. Zudem ist weitere Forschung erforderlich, um wissenschaftlich fundierte Zielwerte für die Kraftfutteraufnahme festzulegen.

Das Absetzen nach dem Körpergewicht der Kälber wird zwar von einigen Landwirten und Landwirtinnen als Kriterium angegeben, allerdings liegen aktuell keine Studien vor, die sich dieser Variante im Vergleich gewidmet haben.

In der Praxis kommen je nach Technisierung unterschiedliche Strategien zur Reduktion der Milchmenge zum Einsatz. Auf Betrieben mit Tränkeautomaten erfolgt die Reduktion meist linear, während bei manueller Tränke die Milchmenge stufenweise gesenkt wird. Studien zeigen, dass beide Methoden ähnliche Ergebnisse liefern. Allerdings sollte bei einer stufenweisen Reduktion darauf geachtet werden, dass die Schritte klein und über einen längeren Zeitraum verteilt sind. Große Sprünge (zum Beispiel von 10 auf 6 l pro Tag) können Stress bei den Kälbern auslösen und sich negativ auf die Tageszunahmen auswirken.

Ein Absetzzeitraum von mehreren Wochen ist generell zu empfehlen, um den Kälbern eine schonende Umstellung zu ermöglichen. Zudem sollte die Verfütterung sehr geringer Milchmengen (weniger als 1 l pro Tag) vermieden werden, da dies ebenfalls Stress verursachen und das gegenseitige Besaugen fördern könnte. Um dies zu verhindern, ist es sinnvoll, den letzten Schritt des Absetzens als abschließende Stufe zu gestalten, anstatt die Milchmenge kontinuierlich bis auf ein Minimum zu reduzieren.

Fazit

Das Absetzen von Milchviehkälbern und der Übergang von einer Flüssigfütterung zur Festfutterfütterung stellt sowohl für die Kälber als auch für die Landwirtinnen und Landwirte eine große Herausforderung dar. Um diesen Übergang möglichst stressfrei zu gestalten und Einbußen bei den täglichen Zunahmen zu minimieren, sollten Kälber idealerweise erst in einem höheren Alter (über zwölf Wochen) oder bei Erreichen einer definierten Festfutteraufnahme abgesetzt werden. Am Hofgut Neumühle werden die Kälber beispielsweise erst in der 14. Lebenswoche abgesetzt (siehe Abbildung 2).

Die Reduktion der Milchmenge sollte über einen längeren Zeitraum erfolgen, entweder linear oder in mehreren kleinen Stufen, um den Tieren ausreichend Zeit zur Anpassung zu geben.

Weitere Forschung ist notwendig, um den Einfluss anderer Praktiken wie der Reduktion der Fütterungshäufigkeit (zum Beispiel von zwei auf eine Fütterung pro Tag) oder der Einmischung von Wasser besser zu verstehen. Inwiefern andere Praktiken um das Absetzen wie beispielsweise die Reduktion der Mahlzeiten (beispielsweise von zwei- auf einmal täglich Füttern) oder eine Einmischung von Wasser sich auf die Kälber auswirkt, muss noch gezielter erforscht werden. Der Artikel basiert auf Untersuchungen von Welk et al. (2023).

Land fördert kommunale Energiewendeprojekte

Um die Kommunen bei der Energie- und Wärmewende zu unterstützen, legt das Land eine neue Förderrichtlinie zum Kommunalfonds auf. Ab Mai können sich Kommunen Wärme- und Effizienzprojekte in der Startphase mit bis zu 300.000 € fördern lassen. Die entsprechende Richtlinie für die Gewährung von Zuwendungen zur Förderung von Wärme- und Effizienzprojekten wurde am 15. April im Amtsblatt für Schleswig-Holstein veröffentlicht.

Der revolvierende Kommunalfonds bietet Antragstellenden die Möglichkeit, bis zu 300.000 € vom Land Schleswig-Holstein zu erhalten, wenn noch keine Projektfinanzierung über Kreditinstitute möglich ist. Sobald die Planung voranschreitet und eine Finanzierung erfolgt, ist der über den Kommunalfonds bereitgestellte Betrag mitzufinanzieren und an den Fonds zurückzuzahlen. „Die ersten Schritte sind oft die schwersten, auch bei der Wärmewende. Der neue Fonds unterstützt die Kommunen dabei, etwa bei Erneuerbaren Wärmeprojekten die ersten Schritte zu gehen, wenn hohe Planungskosten anfallen. Weil die Kommunen für das Gelingen der Wärmewende eine zentrale Rolle spielen, greifen wir ihnen in der Startphase mit dem Kommunalfonds jetzt gezielt unter die Arme“, so Energiewendeminister Tobias Goldschmidt (Grüne).

Zu den förderfähigen ersten Schritten zählen neben Vorplanungskosten wie Machbarkeitsstudien, Standortanalysen oder Wirtschaftlichkeitsberechnungen auch Kosten für Umweltverträglichkeitsprüfungen, Ausgaben für Rechtsleistungen oder die Öffentlichkeitsarbeit des Gesamtprojektes. Gefördert werden Erneuerbare Kälte- und Wärmeprojekte, zudem Energieeffizienz- sowie Digitalisierungsprojekte im Wärmesektor.

Beim Kommunalfonds handelt es sich um ein Pendant des Bürgerenergiefonds des Landes. Durch den Bürgerenergiefonds wurden seit 2018 bereits 60 Projekte in Schleswig-Holstein in der Planungs- und Startphase finanziell unterstützt. Um die Klimaschutzziele des Landes zu erreichen, werden mit dem Kommunalfonds nun die bestehenden Instrumente zur Förderung weiter ausgebaut.

Beantragt werden kann der Zuschuss ab Mai bei der Investitionsbank Schleswig-Holstein (IB.SH), die den Kommunalfonds im Auftrag des Energiewendeministeriums Schleswig-Holstein verwaltet. Bei der Beantragung muss eine detaillierte und nachvollziehbare Beschreibung des Gesamtprojektes vorgelegt werden, in der unter anderem Ziel, Zeitplan, Aufwendungen, Eigenleistungen, Maßnahmen, ein vorläufiger Finanzierungsplan und der Ort des Projektes dargestellt werden.

Die Förderrichtlinie sowie weitere Informationen zum Kommunalfonds sind im Internet zu finden unter ib-sh.de

Nachwuchsforstwirte messen ihr Können

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In der Lehranstalt für Forstwirtschaft Bad Segeberg fand am 10. April die feierliche Siegerehrung des Berufswettbewerbs der Landjugend für die Sparte Forstwirtschaft statt. Die besten Nachwuchsforstwirte aus Schleswig-Holstein versammelten sich, um ihre hervorragenden Leistungen zu feiern. Der Wettbewerb, der über zwei Tage hinweg durchgeführt wurde, bot spannende Einblicke in die vielfältigen Facetten der Forstwirtschaft und die herausragenden Fähigkeiten des Nachwuchses. Als Besonderheit und in Abgrenzung zur Landwirtschaft findet der Berufswettbewerb für die Sparte Forstwirtschaft direkt als Landesentscheid statt.

Bereits am Vortag begann der Wettbewerb mit einer intensiven Phase der theoretischen und praktischen Prüfungen. Rund 35 Berufsschüler aus dem Fachbereich Forstwirtschaft traten gegeneinander an, um sich für den Bundesentscheid zu qualifizieren. Der Wettbewerb umfasste sowohl schriftliche Prüfungen als auch praktische Aufgaben, in denen die Teilnehmer ihr Wissen und ihre Fähigkeiten unter Beweis stellen mussten.

Der Berufswettbewerb bot eine gelungene Mischung aus Theorie und Praxis. In den schriftlichen Prüfungen mussten die Teilnehmer ihr Wissen in den Bereichen Allgemeinwissen und Berufstheorie beweisen. Während der Teil zum Allgemeinwissen für alle Sparten des Wettbewerbs gleich war, wurden die berufstheoretischen Fragen sowie die im Vorhinein zu erarbeitenden Präsentationsaufgaben speziell auf die Forstwirtschaft zugeschnitten. Themen wie Arbeitsschutz und Sicherheitsvorgaben, Holzernte und Waldbewirtschaftung sowie Naturschutz und Nachhaltigkeit standen im Mittelpunkt der Prüfungen. Unter dem Punkt „Holzernte“ wurden etwa Fragen zur Fälltechnik, den Arbeitsabläufen oder der optimalen Aushaltung und Sortimentierung gestellt. Angesichts herausfordernder Zeiten für unsere Wälder wurden aber auch der Umgang mit Schadholzbeständen sowie die Auswahl von Zukunftsbäumen und die Planung von Pflanzflächen abgeprüft. Welche Funktion erfüllt ein Wald, wie gestaltet sich die Bedeutung von Waldrändern und Feuchtgebieten und was hat das alles mit Naturschutz zu tun? Mit spannenden Fragen wie diesen sahen sich die Nachwuchsforstwirte konfrontiert.

Geprüft wurden unter anderem das korrekte Pflanzen junger Bäume. Foto: Dr. Jörg Hittenbevk

Aber auch die praktischen Aufgaben waren gewohnt anspruchsvoll. Zu Beginn war ein Kettenwechsel an der Motorsäge innerhalb von 20 s gefordert, was selbst für geübte Fachkräfte eine große Herausforderung darstellt. Beim Kombinationsschnitt mussten von zwei geneigten Stämmen Stammscheiben nach exakter Ablaufvorgabe getrennt werden, was eine weitere hohe Anforderung an Zeitmanagement und Genauigkeit darstellte. Zudem galt es, einen Fallkerb zu schneiden und diesen auf ein Ziel in 15 m Entfernung auszurichten – eine Aufgabe, die den Teilnehmern erfahrungsgemäß gut liegt, jedoch ebenfalls ein hohes Maß Präzision erfordert.

Praktische Aufgaben

Vor allem praktische Aufgaben standen am zweiten Wettbewerbstag im Fokus. Unter anderem mussten die Teilnehmer junge Bäume in einem bestimmten Abstand in Reihe zueinander zu pflanzen. Hier galt es, Abweichungen im Abstand sowie Fehler bei der Pflanzung selbst zu vermeiden, um keinen Punkteabzug zu riskieren. Ein weiterer wichtiger Prüfungspunkt war die Artenkenntnis: Auf mehreren Tischen lagen verschiedene Sträucher, Äste und Holzarten aus, die es zu bestimmen galt. In diesem Bereich zeigte sich das bereits angehäufte theoretische Wissen der angehenden Forstwirte.

Das richtige Bestimmen von Holzarten, Ästen und Sträuchern zählte zu den Prüfungsaufgaben. Foto: Dr. Jörg Hittenbeck

Erfolgreiche Sieger

Nach den intensiven Prüfungen wartete die feierliche Siegerehrung, zu der Teilnehmende und Ehrengäste zusammenkamen, um die besten Nachwuchsforstwirte des Wettbewerbs zu ehren. Lion Kaspar Walter belegte dabei den ersten Platz, dicht gefolgt von Lars Torben Rust, der den zweiten Platz erzielte. Lasse Koch sicherte sich den dritten Platz im Landesentscheid. Alle drei zeigten herausragende Leistungen und setzten sich in einem spannenden Wettbewerb am Ende durch. Ihre präzise Arbeit und ihr umfangreiches Fachwissen machten sie zu verdienten Siegern, wozu auch der Landjugendverband herzlich gratuliert.

In den Gastreden wurden die außergewöhnlichen Leistungen der Teilnehmer gewürdigt. Die Redner betonten die entscheidende Bedeutung der Forstwirtschaft im Zusammenhang mit dem Klimawandel und den dadurch entstehenden Herausforderungen. Besonders hervorgehoben wurde angesichts der schwierigen Nachwuchsgewinnung die Bedeutung der Forstwirte als Fachkräfte, die einen unersetzlichen Beitrag zu einer nachhaltigen Waldbewirtschaftung leisten.

Der Berufswettbewerb, der alle zwei Jahre ausgetragen wird, gehört zu den größten Fortbildungsprojekten für junge Fachkräfte in den Grünen Berufen. In diesem Jahr hatten erneut Hunderte von Berufsschülern bundesweit die Möglichkeit, sich in spannenden Wettbewerben zu messen und ihr Wissen und ihre Fertigkeiten weiter zu vertiefen.

Die Sieger des schleswig-holsteinischen Landesentscheids treten nun im Juni beim Bundesentscheid auf Haus Düsse in Nordrhein-Westfalen an, um sich mit den besten Nachwuchsforstwirten aus anderen Bundesländern zu messen. Vorher lädt der Landjugendverband in Zusammenarbeit mit der Landwirtschaftskammer alle Teilnehmenden zur idealen Vorbereitung am 23. und 24. Mai in das Lehr- und Versuchszentrum Futterkamp ein.

Futterkamp: Umbau der Sauenhaltung

In der Sauenhaltung am Lehr- und Versuchszentrum (LVZ) Futterkamp gehen die Neu- und Umbaumaßnahmen weiter. Die Baumaßnahmen im Außenbereich, am Fuhlensee Stall sind mittlerweile abgeschlossen. Seit Anfang des Jahres sind dort die Zuchtläufer für die Quarantäne und Eingliederung untergebracht.

Die Zuchtläufer nehmen die strukturierten Buchten im umgebauten Fuhlensee Stall sehr gut an. Foto: Ina Stellweg

Aktuell wird noch die Einfriedung um den Auslauf gezogen, bevor die Eingliederungstiere dann auch diesen Bereich mit nutzen können. Auch auf dem Hauptstandort des LVZ geht es in großen Schritten voran. Der neue Deck-Wartestall nimmt immer weiter die Gestalt eines Außenklimastalles an. Die unteren Wandelemente, die Sozialräume sowie die Stützen wurden bereits mit Fertigbetonteilen gestellt. Ebenfalls sind die Vorgrube sowie die Güllekanäle, durch die später ein Unterflurschieber laufen wird, gegossen und die Spalten verlegt. Im nächsten Schritt wird die Bodenplatte für den Strohbereich eingebaut sowie mit dem Oberbau begonnen.

Gleichzeitig wird die Baugrube für den neuen Abferkelstall final vorbereitet. Die Freilegung war mit einer Vielzahl an Leitungsumlegungen verbunden. In dem neuen Stall werden 60 Bewegungsbuchten in drei Abteilen mit je 20 Plätzen gebaut. Unterhalb der Buchten laufen ebenfalls Unterflurschieber. Der neue Abferkelstall wird zukünftig als Versuchsstall für Fütterungsversuche sowie Haltungs- und Gesundheitserprobungen genutzt. Um ein einheitliches Umfeld für die Versuche zu schaffen, wird die Aufstallung in diesem Stall in den Abteilen identisch sein. Die Vielfalt unterschiedlicher Hersteller und das „Baulehrschauprinzip“ werden weiterhin in der bestehenden Abferkelung präsentiert.

Die Umbaumaßnahmen werden durch das Ministerium für Landwirtschaft, ländliche Räume, Europa und Verbraucherschutz des Landes Schleswig-Holstein ­gefördert.

Tomatenanbau unter Dach

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2024 war im Freiland alles andere als ein „Tomatenjahr“. Der kühle Frühsommer und das regnerische Wetter machte den Wärme liebenden Pflanzen schwer zu schaffen. Krankheiten wie die Braunfäule verbreiteten sich unter diesen Bedingungen schnell. Doch in einem Tomatenhaus, ob selbst gebaut oder gekauft, findet das Gemüse optimale Wachstumsbedingungen. Gut geschützt vor der Witterung gedeihen leckere, aromatische Früchte.

Werfen wir zunächst einen Blick auf handelsübliche Modelle. Regenschutzkonstruktionen für Tomaten bekommt man in unterschiedlichen Preislagen und Materialien. Einfache Folienmodelle mit einer Grundfläche von 200 x 80 cm und einer Höhe von 150 bis 200 cm sind für 30 bis 50 € erhältlich. Die höheren Modelle erleichtern die Pflegearbeiten und bieten den Pflanzen mehr Kopffreiheit. Das Grundgerüst wird im Stecksystem zusammengebaut. Es besteht aus einem in den Boden versenkbaren Stahlrahmen, der für die notwendige Standsicherheit und Stabilität sorgt.

Eine Gabe Tomatenlangzeitdünger bei der Pflanzung versorgt die Tomaten bis zum Herbst mit Nährstoffen. Foto: Karin Stern

Die vorgefertigte, UV-stabile Gewächshausfolie zieht man über den Rahmen. Meist wird sie mit Klettverschlüssen befestigt. Die Lebensdauer der Folie hängt von der Stärke und Dauer der Sonneneinstrahlung ab. Sie hält problemlos etwa vier bis fünf Jahre. Wer ein Folienmodell für befestigte Flächen benötigt, wählt eines mit Bodenrahmen. In diesem Fall ist jedoch eine Windsicherung sehr wichtig, da die Verankerung im Boden fehlt. Tipp: Modelle mit abgeschrägtem Dach lassen das Regenwasser leicht ablaufen. Bauartbedingt schützt das Folienhaus nach drei Seiten hin vor Wind und Wetter. Die Vorderseite kann mittels Reißverschluss geöffnet und hochgerollt werden. Sie sollte an warmen Tagen immer geöffnet sein, um einen Hitzestau zu vermeiden. Mittlerweile bekommt man auch Modelle mit Seitenfenstern. Sie belüften zusätzlich. Dies ist besonders an kühlen Tagen praktisch, wenn das Tomatenhaus geschlossen bleibt, aber dennoch die feuchte Luft entweichen soll. Im Herbst, nach der Ernte, ist das Folienhaus mit wenigen Handgriffen wieder abgebaut. Bei frostfreier Lagerung im Schuppen oder Keller verlängert sich die Lebensdauer der Folie. Viele Hersteller bieten einige Jahre Garantie auf ihre Folien. Tipp: Tomatenhäuser eignen sich auch für die Kultur anderer Wärme liebender Gemüsearten wie Schlangengurken, Auberginen oder Melonen. Gewächshaushersteller bieten zudem fertige Lösungen an. Ein in der Höhe verstellbares Schutzdach für Tomaten ohne Seitenwände mit einer Länge von 200 cm liegt preislich bei etwa 160 €. Andere Maße (1 bis 5 m Länge) sind ebenfalls erhältlich. Der Vorteil dieser Konstruktion aus Stegdoppelplatten und Aluminium liegt in ihrer Flexibilität. Je nach angebauter Kultur „wächst“ das Dach einfach mit. Tipp: Das Schutzdach bewahrt auch Kulturen wie Paprika, Zucchini, Salat oder Erdbeeren vor Regen.

Das Dach aus Stegdoppelplatten schützt Tomaten vor Regen. Foto: Karin Stern
Das höhenverstellbare Dach lässt sich leicht anpassen. Die Konstruktion wird auch mit vier Stützen angeboten. Foto: Karin Stern



Wer sich mehr Schutz für seine Pflanzen wünscht, wählt ein Pflanzenhaus mit 1 bis 2 m² Grundfläche. Dabei handelt es sich im Prinzip um eine Art Schrank aus Aluminiumleisten und Stegdoppelplatten. Das Dach kann man manuell oder per automatischem Fensteröffner lüften. Die beiden Türen auf der Vorderseite lassen sich im Winkel von 270° öffnen (also bis zur Seitenwand) oder im Sommer ganz aushängen. Preislich bekommt man ein solches Pflanzenhaus vom Markenhersteller ab 420 €.

Eine Gebäuderückwand mit Ausrichtung nach Süden bietet sich als warmer Standort für Tomaten an. Foto: Karin Stern

Mit der Marke Eigenbau kommt man hingegen etwas günstiger weg. Geschickte Handwerker bauen an eine nach Süden ausgerichtete Gebäudewand ein kleines Vordach an und versehen es mit zwei Seitenwänden. Als Material eignen sich dafür Stegdoppelplatten oder ein mit UV-stabiler Gewächshausfolie bespannter Holzrahmen. Diese Folie ist im Baumarkt als Meterware in verschiedenen Breiten erhältlich. Manche Gärtner verwenden auch alte Fenster für solche Konstruktionen. Je nach Lage muss man hier jedoch schattieren, damit die Pflanzen unter dem Glas keinen Sonnenbrand bekommen. Die Vorderseite des selbst gebauten Tomatenhauses kann offen bleiben, sofern die Pflanzen erst nach den Eisheiligen gesetzt werden. Falls an einem solchen Standort die Bodenqualität für den Anbau von Gemüse nicht ausreicht, bieten sich zwei Alternativen. Zum einen gedeihen Tomaten problemlos im ausreichend großen Kübel oder man setzt an den gewünschten Standort ein Mini-Hochbeet und baut die Schutzkonstruktion darüber.

Mit geringem Aufwand wurde hier ein Vordach mit Wellplatten aus Polycarbonat an einen Schuppen angebaut. Foto: Karin Stern
Selbstgebaute Varianten schonen den Geldbeutel. Foto: Karin Stern
Stabile Eigenkonstruktion aus Holz, Gewächshausfolie und Wellplatten aus Polycarbonat. Die senkrechten Bauteile sitzen in Pfostenschuhen. Foto: Karin Stern
Auch ein Hochbeet lässt sich mit Seitenwänden und Dach im Selbstbau versehen. Foto: Karin Stern


Tipp: Im Internet finden sich viele brauchbare Anleitungen und Ideen für Tomatenhäuser und -dächer. Für Anregungen googelt man einfach „Tomatenhaus selber bauen“ und lässt sich inspirieren.

Züchterporträt: Lina und Klaus Thiedemann aus Oesterwurth

In dritter Generation züchten Lina und Klaus Thiedemann in Oesterwurth, Kreis Dithmarschen, den Holsteiner Stamm 2543, der auch als Thiedemann-Stamm bekannt ist. Aus ihm sind viele erfolgreiche Sportpferde, Staatsprämienstuten, gekörte Hengste und zwei Siegerhengste hervorgegangen.

Überschwemmte Halligen, gebrochene Deiche, Häuser, Weiden und Felder unter Wasser: Die große Sturmflut im Februar 1962 traf auch Dithmarschen. Als sich das Wasser zurückgezogen hatte, begann das große Aufräumen. Das war vor allem in der Marsch schwierig, denn der Boden war nass und schwer, und die Maschinen blieben darin stecken. Also wurden Pferde eingesetzt. Der schwere Einsatz hinterließ bei vielen von ihnen Spuren, sodass sie nach den Aufräumarbeiten nicht mehr als Reit- oder Arbeitspferde einsetzbar waren. Darunter war auch die Holsteiner Stute Optik von Fanatiker. „Mein Großvater hat etwas in ihr gesehen und sie zum Schlachtpreis für die Zucht gekauft“, berichtet Klaus Thiedemann.

Die Stute brachte in den darauffolgenden Jahren sieben gesunde Fohlen zur Welt. Aus zwei Anpaarungen mit Roman gingen Corana und Maya hervor, die den Grundstein für den Stamm 2543 legten. „Alles, was wir heute haben, baut auf diesen Stuten auf“, berichtet der 44-jährige Thiedemann, der nicht nur wie sein Großvater und Vater züchtet, sondern auch den Vornamen Klaus mit ihnen teilt.

Anfang der 1970er Jahre brachte Corana aus einer Anpaarung mit Marengo die Stute Hedie. Aus ihrer Linie gingen zahlreiche erfolgreiche Sportpferde und gekörte Hengste hervor, beispielsweise aus einer Anpaarung mit Lord von Ladykiller xx der Hengst Lavallo, der 1981 Siegerhengst der Holsteiner Körung wurde. Seine Vollschwester Gila ist die Mutter des Wallachs Colombus van de Helle, eines Sohnes des Corrado, der bis 2013 international erfolgreich in Springen über 1,60 m mit dem Belgier Gregory Wathelet eingesetzt wurde.

Eine weitere Stute aus der Corana, diesmal von Othello, war die 1982 geborene Uckermark. Sie ist die Mutter der international erfolgreichen Loreana von Lord. Diese wurde von Achaz von Buchwaldt in den Sport gebracht, gewann diverse Große Preise und hatte Erfolge in Weltcupprüfungen mit ihrem späteren Reiter Lars Nieberg.

Nachkommen einer Stute

Auch die zweite Linienbegründerin des Stamms 2543, Staatsprämienstute Maya, hat in der Holsteiner Zucht Spuren hinterlassen. Leider hatte sie nur ein Fohlen: die Staatsprämienstute Svettana von Lord. Svettana wiederum brachte in Anpaarung mit dem Jahrhundertvererber Capitol I die Staatsprämienstute Arina, die Mutter dreier in Holstein gekörter Hengste war: Lasino von Landgraf sowie Limoncello I und II von Lorentin, zwei Vollbrüder. „Noch heute haben wir eine Enkelin der Arina in der Zucht“, berichtet Thiedemann. Es handelt sich um die Staatsprämienstute Helma von Contendro I, eine Schwester des Siegerhengstes der Holsteiner Körung 2016: Unlimited von Casall.

Über Svettanas Tochter Zetta von Caletto II entstand aus einer Anpaarung mit Alcatraz die Stute Goya II. Sie brachte 1998 mit dem Hengst Baldini I den gekörten Hengst Boritas. Er bezog eine Box beim Holsteiner Verband in Elmshorn und nahm 2005 an den Weltmeisterschaften für junge Springpferde im belgischen Lanaken teil. Nachdem er internationale Erfolge in Springprüfungen bis zur Klasse S*** verbuchen konnte, wurde der Hengst in die USA verkauft.

Die Nachkommen der Optik aus dem Stamm 2543 prägen also seit 62 Jahren die Zucht der Familie. „Von unseren 17 Pferden gehören 15 zu dem Stamm“, berichtet Thiedemann. Doch er und seine Ehefrau Lina Thiedemann haben inzwischen auch zwei „neue Projekte“, wie sie lachend berichten. Denn vor drei Jahren entdeckten die beiden ein Fohlen aus dem Stamm 1916. „Der Stamm des United Way ist einer der besten in Holstein“, erklärt Thiedemann. Als das Ehepaar die Gelegenheit hatte, die Stute zu kaufen, griff es zu.

In diesem Jahr soll die noch sehr jugendliche Paloma von Vagabond de la Pomme erstmals gedeckt werden. „Normalerweise reiten wir die Dreijährigen an, bevor wir sie decken lassen“, erklärt Lina Thiedemann. Dass alle Stuten einmal unter dem Sattel laufen, ist den beiden wichtig. „Wir wollen eine Aussage darüber, wie rittig sie sind und was für eine Einstellung sie haben“, sagt die 35-Jährige. Ihr Ehemann ergänzt: „Wenn sie eine Schwäche haben, wollen wir die mit dem richtigen Hengst ausgleichen.“

Pferde auch im Job

Klaus und Lina Thiedemann reiten die jungen Pferde nicht selbst ein. Klaus zieht es gar nicht mehr in den Sattel. Er sei ein paar Jahre geritten, dann aber „schnell wieder dem Fußball verfallen“. Lina hingegen ist in ihrer Jugend viel geritten, auch auf Turnieren. Da lag es nahe, sich eine Arbeit zu suchen, bei der sich ebenfalls alles um Pferde dreht. Noch unter ihrem Mädchennamen Preuss fing sie an, die Baltic Horse Show in Kiel zu organisieren. Als die nicht mehr stattfand, arbeitete sie drei Jahre lang bei der Messe Husum. „Ich wollte gern weiter Veranstaltungen organisieren, aber mein Pferdeherz schlug zu stark. Ich musste zurück“, berichtet sie. Heute arbeitet sie wieder für den Rathmann Verlag. Überwiegend geht das im Homeoffice, oft ist sie auf Veranstaltungen und einmal die Woche fährt sie ins Büro, um sich mit den Kollegen auszutauschen.

Die Liebe zur Zucht teilen die Thiedemanns, auch wenn Klaus seine Leidenschaft erst spät entdeckte. „Das ist aus einer Bierlaune heraus entstanden“, gibt er zu. Damals hätten einige Altzüchter aus Dithmarschen die Szene etwas auffrischen wollen und Thiedemann sowie einige andere überredet, bei den Jungzüchtern einzusteigen. Dort traf er auch Lina Preuss. Die Pferdezucht müsse man sich als Leidenschaft teilen, sonst werde es schwierig – da sind sich die beiden einig. „Man hat ja kaum etwas anderes im Kopf“, lacht Lina Thiedemann. „Da müssen beide an einem Strang ziehen“, findet auch Klaus Thiedemann und beide geben zu: „Ein bisschen verrückt sind wir ja schon.“

Meistens sind sie sich einig, aber mit dem zweiten „Projekt“ hat Klaus Thiedemann nicht ganz so viel zu tun. „Es ist ganz weltfremd“, lacht seine Frau. Sie meint die Trakehner Stute Kaiserin, die seit sechs Jahren bei ihr ist. „Ich habe ein paar Jahre beim Trakehner Verband mitgeholfen und die Fohlenauktion und das Bundesturnier betreut“, erklärt Lina Thiedemann. Mit der Zeit habe sie gedacht: „Einen Trakehner hätte ich auch gerne einmal im Stall.“ Hinzu kommt, dass Linas Vorfahren wie die Trakehner aus Ostpreußen kamen und die Geschichte der Pferde sie faszinierte.

Neue Vermarktungswege

Nun wartet sie auf das vierte Fohlen der Kaiserin, die aus einem erfolgreichen Dressurstamm kommt. Eine Tochter der Stute hat sie behalten, sodass es dann im Sommer schon drei Trakehner sein werden. Ihr Mann sieht es gelassen. „Überraschend kam es nicht. Steter Tropfen höhlt den Stein“, sagt er. Er habe es anfangs als das Projekt seiner damaligen Freundin gesehen. „Dass daraus ein langjähriges Projekt wird, umso besser“, findet er lachend. Trotzdem passe er auf, dass das jetzt „nicht exponentiell wird mit den Trakehnern“. Aber da ist seine Frau ganz bei ihm: „Kaiserin ist ein ganz tolles Pferd, aber Holsteiner sind das, wo wir herkommen. Sie bleiben immer unsere Priorität.“

Vor Kurzem sind die Thiedemanns mit ihren Pferden auf den Nachbarhof umgezogen. Klaus Thiedemann senior habe zwar keine eigenen Pferde mehr, sei aber ein gern gesehener Berater. Insgesamt haben sie 17 Pferde, darunter zehn Zuchtstuten. In diesem Jahr erwarten sie sieben Fohlen. Zwei sind schon da, darunter ein Hengstfohlen von Pegase van‘t Ruytershof aus der Helma von Contendro I. Von dem sind beide sehr begeistert.

Auch die Stute Kenia von Colman hat schon ein Fohlen, eine sportliche Stute von United Way. „Wir überlegen noch, ob wir sie behalten oder verkaufen“, berichtet das Ehepaar. Manchmal sei es das Bankkonto, das entscheide, denn sie könnten ja nicht alle behalten. Früher habe die Familie auch Hengste aufgezogen. Heute liege der Fokus auf dem Verkauf der Fohlen. „Ein Pferd großzuziehen muss man sich leisten können“, erklärt Lina Thiedemann.

Ihre Fohlen vermarkten sie gern über die Verbandsauktionen, aber auch Social Media ist ein großer Faktor. Dort berichten sie aus dem Stallalltag, zeigen viel von den Pferden und halten so Kontakt zu den Käufern.

Verrückt muss man sein

Im vergangenen Jahr kam es so zu einem besonders spannenden Kontakt. Als Lina und Klaus frisch zusammen waren, verkaufte Thiedemann eine sechsjährige Stute nach England. Über Umwegen landete RLE Barina von Cosido-Casall bei der australischen Vielseitigkeitsreiterin Megan Jones. Sie wollte mit ihr bei den Olympischen Spielen in Paris starten und ließ das Pferd für die Vorbereitung und die Qualifikation nach Europa fliegen. Auf dem internationalen Turnier im niederländischen Boekelo besuchten die Thiedemanns die Stute. „Das war sehr emotional. Wir hatten nicht gedacht, dass wir sie noch einmal sehen“, berichtet Klaus Thiedemann.

Ein freudiges Wiedersehen nach vielen Jahren in Australien: Beim CCI4* in Boekelo trafen Lina und Klaus Thiedemann ihre Holsteiner Stute RLE Ba­rina von Cosido-Casall. Foto: privat

Die inzwischen 15-jährige Stute qualifizierte sich dann doch nicht für Paris, da sie nicht ganz fit war. Der Rückflug hätte 30.000 € gekostet und Megan Jones entschied sich, RLE Barina aus dem Sport zu verabschieden. Die Thiedemanns nutzten ihre Chance und holten sie zurück. Nun haben sie ein in internationalen Viersterneprüfungen platziertes Vielseitigkeitspferd für die Zucht bei sich zu stehen.

Ein weiteres Erfolgspferd ist Camilla van de Helle. Unter holländischer Flagge startet sie mit Kevin Jochems sehr erfolgreich über 1,60 m. „Die Mutter Alexa von Casall und eine Halbschwester haben wir noch in der Zucht“, erzählt Klaus Thiedemann.

Die sportlichen Erfolge ihrer Pferde verfolgen die Thiedemanns immer. Sie seien wichtig für weitere Anpaarungen und im Hinblick auf die Vermarktung. Was die Nachkommen der Stuten im Sport machten, sei auch eine Frage aller Fohleneinkäufer. Daher werden regelmäßig Ergebnisse in den Sozialen Medien hochgeladen.

Die Mehrheit der Fohlen verkaufen die Thiedemanns an professionelle Betriebe, es kommen aber auch Amateure, vor allem wenn die Pferde erst drei- oder vierjährig angeboten werden. „Das kann richtig schön laufen, wenn man den Kontakt pflegt“, weiß Lina Thiedemann. Über eine Auktion hingegen gebe es ja nichts zu steuern. Insgesamt müsse man sich als Züchter drehen, um die Fohlen gut zu vermarkten. Und überhaupt, die Arbeitszeit vergessen Lina und Klaus Thiedemann bei allen Berechnungen, „weil wir ja verrückt sind“.

Mit dem Niederländer Kevin Jochems ist Camilla van de Helle aus der Zucht der Thiedemanns hocherfolgreich.  Foto: Stefan Lafrentz

Milchauszahlungspreise schwächeln leicht

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Nachdem die Auszahlungsgrundpreise bereits in den vergangenen zwei Monaten eine leicht rückläufige Tendenz aufwiesen, setzt sich dieser Trend auch für den Monat März weiter fort, auch wenn der Rückgang nur minimal ist. Die Grundpreise befinden sich hier in Schleswig-Holstein in einer Preisspanne von 46,82 bis 54 ct/kg Milch.

Somit hat sich die Spanne im Vergleich zum vorigen Monat nicht verändert. Das Gros der Meiereien hat den Milchauszahlungspreis nicht verändert, zwei Meiereien haben die Auszahlung erhöht, während drei Meiereien einen niedrigeren Grundpreis ausgezahlt haben. Zu berücksichtigen ist allerdings, dass der durchschnittliche Auszahlungspreis der vergangenen Monate sich im Nachgang noch erhöht hat, da es bei mehreren Meiereien Nachzahlungen gegeben hat. Bundesweit gesehen hat Schleswig-Holstein damit die größte Spanne bei den Auszahlungspreisen, aber auch den höchsten Auszahlungspreis in der Spitze. In Ostdeutschland liegt die Spanne unverändert zwischen 49 und 49,2 ct/kg und in Süddeutschland werden zwischen 47,46 und 53,46 ct/ kg ausgezahlt. In Westdeutschland erhalten die Milcherzeuger zwischen 48,0 und 51,05 ct/kg Milch.

Die aktuelle geopolitische Lage und besonders das ewige Hin und Her in der Zollpolitik des amerikanischen Präsidenten verunsichern auch zunehmend den Milchmarkt. Besonders der aktuell immer stärker werdende Euro verschlechtert die Wettbewerbsfähigkeit für Milchprodukte aus der EU im Drittlandsexport deutlich, und das gerade jetzt, da intensive Bemühungen in den Wiederaufbau dieser Handelsbeziehungen nach dem deutschen Fall von Maul- und Klauenseuche (MKS) gesteckt werden. Auch das Tierseuchengeschehen in Europa trägt zu einer zusätzlichen Verunsicherung bei. Ungewiss bleibt, wie sich die Blauzungenkrankheit in der kommenden Saison weiterverbreiten wird und vor allem das sich aktuell ausbreitende MKS-Geschehen in Ungarn und der Slowakei treibt den Marktbeteiligten die Sorgenfalten auf die Stirn. Dies zeigt sich auch im ife-Börsenmilchwert. Diese Prognose wies vor einigen Wochen noch einen Milchpreisverlauf über der 50-ct-Grenze für die nächsten zwölf Monate aus. Diese Verlaufskurve befindet sich inzwischen etwas unter der oben genannten Marke. Auch der Preis für zwischen den Meiereien gehandelte Milch auf dem Spotmarkt liegt nur noch bei 44 ct. Dies bedeutet allerdings nur, dass bei den Meiereien aktuell wenig Bedarf an zusätzlicher Milch besteht, ist aber ein weiterer Indikator für die aktuell abwartende Haltung der Marktteilnehmer.

Positive Signale kommen dagegen von der Verbraucherseite. Der Pro-Kopf-Verbrauch von Milchprodukten ist im vergangenen Jahr wieder angestiegen. Im Bereich der Frischmilcherzeugnisse stieg er um 0,8 kg auf nun wieder 84,2 kg pro Jahr. In diesem Bereich erreichten besonders die Milchmischerzeugnisse eine neue Rekordmarke von 16,4 kg. Den größten Sprung allerdings verzeichnete der Käsebereich. Hier hat sich der Verbrauch um 1,0 kg pro Kopf und Jahr erhöht und übertrifft nun mit 25,4 kg sogar das bisherige Allzeithoch aus dem Jahr 2021. Der einzige Negativtrend findet sich im Butterkonsum. Dieser ist erneut um 0,3 kg auf nur noch 5,4 kg pro Kopf und Jahr zurückgegangen und markiert damit ein neues Allzeittief.

Im Meiereisektor bahnt sich eine größere Umstrukturierung an. Der skandinavische Konzern Arla Foods und der größte Milchverarbeiter Deutschlands, das Deutsche Milchkontor (DMK), planen eine Fusion vorbehaltlich der Zustimmung der jeweiligen Vertreterversammlungen und der Kartellbehörden. Somit entstünde der mit Abstand größte Meiereikonzern Europas mit einer erfassten Milchmenge von 19 Mrd. kg Milch und rund 12.000 beteiligten Landwirten. Der neu entstehende Konzern wird unter dem Namen Arla firmieren und seinen Hauptsitz in Viby in Dänemark haben. Von Marktbeobachtern wird dies als eine erste Reaktion des Meierei­sektors auf das sinkende Milchaufkommen in Europa gesehen.

Neuwahlen in Selent

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Während der Jahreshauptversammlung Ende Februar stellte sich der Teamvorstand, bestehend aus Maike Stüven, Karen Stubbe, Rosi Trautmann und Erika Kielhorn, zur Wiederwahl. Sie wurden einstimmig wieder gewählt und können somit ihre bisher vierjährige Zusammenarbeit fortsetzten. Zur Beisitzerin wurde bereits 2024 Birgit Hansen ernannt, sie kam für Dorit Cawello. Auf der diesjährigen Jahreshauptversammlung wurde Maren Wiese zur Beisitzerin ernannt, sie übernahm ihr Amt von Tania Weege. Anschließend stellte Maike Stüven das Jahresprogramm vor: Die Tagesfahrt geht in diesem Jahr an die Schlei, saisonale Kochabende – auch speziell nur für Männer – sind geplant sowie Kreativabende mit Papierfalttechniken und Herbstfloristik.

Zuschuss für Klimabilanzierung

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Die Landwirtschaftliche Rentenbank gewährt künftig Zuschüsse für die Erstellung betrieblicher Klimabilanzen. Geplant ist ein Betrag von 1.000 € pro Unternehmen, womit laut dem Förderinstitut je nach individuellen Voraussetzungen bis zu 90 % der Kosten für die Erstbilanzierung gedeckt werden können. „Mit dem Zuschuss wollen wir einen Anreiz schaffen, dass sich möglichst viele Betriebe auf den Weg machen, eine eigene Klimabilanz zu erstellen“, erläuterte Vorstandssprecherin Nikola Steinbock auf der diesjährigen Agrarfinanztagung in der vergangenen Woche in Berlin.

Wer bereits eine betriebliche Klimabilanz vorweisen kann und einen Maßnahmenkatalog entwickelt, wie die Emissionen konkret reduziert werden, soll einen Zinsbonus von zunächst 0,25 Prozentpunkten auf alle Rentenbank-Programmkredite erhalten. Landwirte, die sich auf einen nachvollziehbaren Reduktionspfad verpflichten, haben damit künftig auch einen finanziellen Vorteil bei Investitionen. Die Rentenbank will Landwirte mit den neuen Förderungen motivieren, sich mit ihrer Klimabilanz auseinanderzusetzen, weil der TreibhausgasFußabdruck bei der Kreditvergabe an Bedeutung gewinnt. Für Steinbock sind die finanziellen Anreize ein großer Hebel, um bei der Erfassung von Emissionen sowie bei der Umsetzung von Minderungsmaßnahmen in der Landwirtschaft weiterzukommen. Der Start der neuen Förderung ist für das dritte Quartal 2025 avisiert.

Laut dem Agrarbarometer der Rentenbank vom Herbst 2024 fertigten bislang 12 % der dafür befragten Landwirte eine Treibhausgasbilanz für ihren Betrieb an, wobei der Anteil mit 77 % in der Milchproduktion am höchsten war. In Planung war eine Erstbilanzierung laut den Umfrageergebnissen bei 7 % der am Agrarbarometer teilnehmenden Betriebe. Auch hier lagen die Milchbetriebe mit 44 % der Befragten deutlich vorn.

Sorge um die Politik der Mitte

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Von spannenden Zeiten sprach Joachim Rukwied, Präsident des Deutschen Bauernverbandes (DBV), am Dienstag voriger Woche auf der Agrarfinanztagung in Berlin, die von der Landwirtschaftlichen Rentenbank gemeinsam mit dem DBV organisiert wird: „Deutschland hat einen Politikwechsel gewählt, der unser Land wieder nach vorn bringt. Das ist sicherlich nicht einfach, mit Blick über den Ozean. Keiner weiß, auf welche irre Idee Präsident Trump morgen kommt. Europa muss aus eigener Stärke heraus global auftreten. Denn die transatlantische Partnerschaft wird nicht die gewohnte Stabilität haben.“

Die Koalitionsverhandlungen bewertete Rukwied als unglücklich. Er habe Sorge um die Politik der Mitte. Staatliche Investitionen seien notwendig, doch hätte das im Paket erfolgen müssen mit einer Deregulierung und einer Stärkung von Wirtschaft, Wohnungsbau, innerer Sicherheit. In der Agrarpolitik ging er auf hohe Kosten für Energie, Dünge- und Pflanzenschutzmittel ein. Über den Sonderkulturen hänge das Damoklesschwert des Mindestlohns von 15 €. Für Saisonarbeitskräfte lasse sich das wirtschaftlich nicht darstellen. Die Politik müsse sich die Frage nach der Sinnhaftigkeit einer stetig steigenden Regulatorik stellen und den Mut zur Reduktion aufbringen – „das bringt Freiheit für die Wirtschaft“. Landwirtschaft bleibe kapitalintensiv und zugleich ein stabiler Sektor, warb er bei den anwesenden Bankern um „Wachstumskapital“.

Vorstandssprecherin Nikola Steinbock erklärte, die Landwirtschaftliche Rentenbank wolle Nachhaltigkeit und Wirtschaftlichkeit zusammenbringen. Deshalb werde man ab Mitte 2025 jedem Betrieb 1.000 € zur Erstellung der hofeigenen Klimabilanz anbieten, das sollte 90 % der Kosten decken. Bei der Umsetzung von Nachhaltigkeitsmaßnahmen gewährt die Bank in allen Programmkrediten einen Zinsbonus von 0,25 %.

Prof. Marcel Fratzscher, Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung, ist überzeugt, dass die nächsten Jahre die Weichen für die Zukunft stellen. Viele Branchen stünden vor drei gigantischen Transformationen. So müsse man sich für die Globalisierung neu aufstellen. Die Teilhabe am Wachstum in anderen Teilen der Welt sei Grundlage für unseren Wohlstand. Dieses Modell sei massiv unter Druck. Als weitere Herausforderung bezeichnete er nicht die technologische Entwicklung, sondern deren Geschwindigkeit: „Künstliche Intelligenz (KI) stellt jedes Unternehmen vor Herausforderungen, bietet aber zugleich Chancen für neue Geschäftsmodelle und mehr Effizienz.“ Ein blinder Fleck der Politik ist laut Fratzscher die soziale Herausforderung. Beim Gebäudeenergiegesetz habe man vergessen, die Menschen mitzunehmen.

Erstarren der Gesellschaft trotz Rekordbeschäftigung

Fratzscher bezeichnete die wirtschaftliche Realität als bei Weitem nicht so schlecht wie die Stimmung. Deutschland habe keine tiefe Rezession wie zur Finanzkrise oder Corona. Es herrsche Rekordbeschäftigung. Viele Unternehmen hätten eine ordentliche Ertragslage. Aber er beobachte eine Erstarrung der Gesellschaft. Unternehmen hätten kein Vertrauen in gute Rahmenbedingungen, Konsumenten Angst vor einem Jobverlust. Der private Konsum stehe für über 50 % der Wirtschaftsleistung und sei sehr schwach.

Gründe für die Misere „typisch deutsch“

Die Gründe für die Misere seien typisch deutsch. Man sei Opfer des eigenen Erfolgs der wirtschaftlich extrem erfolgreichen 2010er Jahre. „Wir wollen nicht in die Zukunft, sondern in die Vergangenheit“, so der Wissenschaftler. Der gesellschaftliche Wohlstand basiere auf der Risikobereitschaft der Vergangenheit. Die Zukunftssorgen der jungen Generation müsse man ernst nehmen. Zugleich aber müsse jeder mehr Verantwortung übernehmen. Investitionen in Verkehr, Digitalisierung, Energie und Bildung bezeichnete Fratzscher als „gute Schulden“. Das Investitionspaket der Koalition habe das Potenzial, die Wirtschaft anzuschieben, werde aber erst 2027 den größten Effekt bringen.

Fratzscher endete positiv: Deutschland sei immer noch eines der wohlhabendsten Länder der Welt, es habe zahlreiche Transformationen bewältigt. Als Standortvorteile sieht er den Rechtsstaat mit seinen Institutionen – das Problem sei da eher der politische Wille. Es gebe durch den Mittelstand eine resiliente und langfristig orientierte Wirtschaftsstruktur und dazu eine starke Solidarität in der Zivilgesellschaft. Solidarische Gesellschaften bewältigten Herausforderungen besser.

Für Prof. Alfons Balmann, Direktor des Leibniz-Instituts für Agrarentwicklung in Transformationsökonomien, steht der EU ein steiniger Weg bevor: „Drei Herren über 70 wollen die Welt unter sich aufteilen.“ Dazu kämen die internen Konflikte der EU mit Ungarn als „politischem U-Boot“, Politikverdrossenheit, Bauernproteste, Nachhaltigkeitstransformation, Mittelknappheit.

Mit dem Draghi-Papier, dem Strategischen Dialog und dem Visionspapier des Agrarkommissars Christophe Hansen habe die EU zahlreiche Vorschläge auf dem Tisch, die aber Zielkonflikte nicht ansprächen, keine Prioritäten setzten oder unbequeme Wahrheiten aussparten. Als unbequeme Wahrheit nannte Balmann die wirtschaftlichen Unterschiede durch Betriebsgrößen: Der Großteil der (kleinen) Betriebe sei unrentabel, der Großteil der Produktion aber rentabel.

Produktion aber rentabel. Es gebe zudem sehr große Produktivitätsunterschiede. Der zwischenbetriebliche Wettbewerb sei entscheidender als der globale. Die europäische Umverteilungsprämie sei ein „süßes Gift“ und habe offensichtlich keine großen positiven Effekte. Zusammen mit der Privilegierung im Erb- und Familienrecht, bei Erbschaft-, Einkommen- und Umsatzsteuer oder dem Agrardiesel koste dies den Staat jährlich 10 Mrd. € und es behindere Anpassungsprozesse. Bahlmann hält die EU-Integration der Ukraine und das Mercosur-Abkommen für unverzichtbar. Mercosur sei zudem kaum relevant für Landwirtschaft.

Perfektionismus nimmt Spielräume für Innovationen

Im Panel erklärte Jana Gäbert, Geschäftsführerin der Agrargenossenschaft Trebbin: „Ostdeutschland kennt 30 Jahre Transformation: von der Plan- zur Marktwirtschaft, Klimawandel gerade in Brandenburg, mangelnde Arbeitskräfte.“ Sie kritisierte „weiter wachsende Anforderungen“. Zugleich fehle die Infrastruktur für innovative Ansätze. Sie selbst sei gerade daran gescheitert, ein Sensoriksystem für Kühe umzusetzen, weil die Uploadgeschwindigkeit zu gering sei. Ihre Erkenntnis: „Wir nehmen uns durch unseren Perfektionismus Spielräume für Innovationen. Wir Landwirte haben viele Lösungswege, aber man muss uns auch machen lassen.“

Dr. Franziska Kersten, MdB der SPD-Fraktion, berichtete aus den Koalitionsverhandlungen: „Wir sind durch mit der Landwirtschaft.“ Es sei ein Konstrukt an Kompromissen, aber es seien Entwicklungsmöglichkeit erkennbar. Die ehemalige Tierärztin fragte sich: „Warum kommen die Ideen immer von uns?“ Bürokratie, eine „Herrschaft der Verwaltung“, sei notwendig, müsse aber praktikabel und schlank sein. Das stehe so auch im Koalitionsvertrag.

Dr. Alexander Hinrichs, Geschäftsführer der QS GmbH, erklärte den Stand der QS-Klimaplattform. QS habe vier Ziele: Einheitliche Berechnung, Optimierung der Betriebe, Datenbereitstellung für Dritte, Auskunftsfähigkeit der Branche. Viele Daten lägen ohnehin vor, in QS oder auch in Farmmanagementsystemen. Diese liefen pseudonymisiert über einen Klimarechner, die Ergebnisse würden gespeichert. Der Tierhalter entscheide, an wen die Daten gingen. QS wolle im zweiten Quartal 2025 mit der Schweinhaltung starten, später kämen Rindermast, Geflügel und Obst/Gemüse dazu. Das Ganze sei kostenlos und freiwillig. Hinrichs hofft auf eine breite Nutzung.

Sönke Hauschild, Bauernverband Schleswig-Holstein