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Tomatenanbau unter Dach

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2024 war im Freiland alles andere als ein „Tomatenjahr“. Der kühle Frühsommer und das regnerische Wetter machte den Wärme liebenden Pflanzen schwer zu schaffen. Krankheiten wie die Braunfäule verbreiteten sich unter diesen Bedingungen schnell. Doch in einem Tomatenhaus, ob selbst gebaut oder gekauft, findet das Gemüse optimale Wachstumsbedingungen. Gut geschützt vor der Witterung gedeihen leckere, aromatische Früchte.

Werfen wir zunächst einen Blick auf handelsübliche Modelle. Regenschutzkonstruktionen für Tomaten bekommt man in unterschiedlichen Preislagen und Materialien. Einfache Folienmodelle mit einer Grundfläche von 200 x 80 cm und einer Höhe von 150 bis 200 cm sind für 30 bis 50 € erhältlich. Die höheren Modelle erleichtern die Pflegearbeiten und bieten den Pflanzen mehr Kopffreiheit. Das Grundgerüst wird im Stecksystem zusammengebaut. Es besteht aus einem in den Boden versenkbaren Stahlrahmen, der für die notwendige Standsicherheit und Stabilität sorgt.

Eine Gabe Tomatenlangzeitdünger bei der Pflanzung versorgt die Tomaten bis zum Herbst mit Nährstoffen. Foto: Karin Stern

Die vorgefertigte, UV-stabile Gewächshausfolie zieht man über den Rahmen. Meist wird sie mit Klettverschlüssen befestigt. Die Lebensdauer der Folie hängt von der Stärke und Dauer der Sonneneinstrahlung ab. Sie hält problemlos etwa vier bis fünf Jahre. Wer ein Folienmodell für befestigte Flächen benötigt, wählt eines mit Bodenrahmen. In diesem Fall ist jedoch eine Windsicherung sehr wichtig, da die Verankerung im Boden fehlt. Tipp: Modelle mit abgeschrägtem Dach lassen das Regenwasser leicht ablaufen. Bauartbedingt schützt das Folienhaus nach drei Seiten hin vor Wind und Wetter. Die Vorderseite kann mittels Reißverschluss geöffnet und hochgerollt werden. Sie sollte an warmen Tagen immer geöffnet sein, um einen Hitzestau zu vermeiden. Mittlerweile bekommt man auch Modelle mit Seitenfenstern. Sie belüften zusätzlich. Dies ist besonders an kühlen Tagen praktisch, wenn das Tomatenhaus geschlossen bleibt, aber dennoch die feuchte Luft entweichen soll. Im Herbst, nach der Ernte, ist das Folienhaus mit wenigen Handgriffen wieder abgebaut. Bei frostfreier Lagerung im Schuppen oder Keller verlängert sich die Lebensdauer der Folie. Viele Hersteller bieten einige Jahre Garantie auf ihre Folien. Tipp: Tomatenhäuser eignen sich auch für die Kultur anderer Wärme liebender Gemüsearten wie Schlangengurken, Auberginen oder Melonen. Gewächshaushersteller bieten zudem fertige Lösungen an. Ein in der Höhe verstellbares Schutzdach für Tomaten ohne Seitenwände mit einer Länge von 200 cm liegt preislich bei etwa 160 €. Andere Maße (1 bis 5 m Länge) sind ebenfalls erhältlich. Der Vorteil dieser Konstruktion aus Stegdoppelplatten und Aluminium liegt in ihrer Flexibilität. Je nach angebauter Kultur „wächst“ das Dach einfach mit. Tipp: Das Schutzdach bewahrt auch Kulturen wie Paprika, Zucchini, Salat oder Erdbeeren vor Regen.

Das Dach aus Stegdoppelplatten schützt Tomaten vor Regen. Foto: Karin Stern
Das höhenverstellbare Dach lässt sich leicht anpassen. Die Konstruktion wird auch mit vier Stützen angeboten. Foto: Karin Stern



Wer sich mehr Schutz für seine Pflanzen wünscht, wählt ein Pflanzenhaus mit 1 bis 2 m² Grundfläche. Dabei handelt es sich im Prinzip um eine Art Schrank aus Aluminiumleisten und Stegdoppelplatten. Das Dach kann man manuell oder per automatischem Fensteröffner lüften. Die beiden Türen auf der Vorderseite lassen sich im Winkel von 270° öffnen (also bis zur Seitenwand) oder im Sommer ganz aushängen. Preislich bekommt man ein solches Pflanzenhaus vom Markenhersteller ab 420 €.

Eine Gebäuderückwand mit Ausrichtung nach Süden bietet sich als warmer Standort für Tomaten an. Foto: Karin Stern

Mit der Marke Eigenbau kommt man hingegen etwas günstiger weg. Geschickte Handwerker bauen an eine nach Süden ausgerichtete Gebäudewand ein kleines Vordach an und versehen es mit zwei Seitenwänden. Als Material eignen sich dafür Stegdoppelplatten oder ein mit UV-stabiler Gewächshausfolie bespannter Holzrahmen. Diese Folie ist im Baumarkt als Meterware in verschiedenen Breiten erhältlich. Manche Gärtner verwenden auch alte Fenster für solche Konstruktionen. Je nach Lage muss man hier jedoch schattieren, damit die Pflanzen unter dem Glas keinen Sonnenbrand bekommen. Die Vorderseite des selbst gebauten Tomatenhauses kann offen bleiben, sofern die Pflanzen erst nach den Eisheiligen gesetzt werden. Falls an einem solchen Standort die Bodenqualität für den Anbau von Gemüse nicht ausreicht, bieten sich zwei Alternativen. Zum einen gedeihen Tomaten problemlos im ausreichend großen Kübel oder man setzt an den gewünschten Standort ein Mini-Hochbeet und baut die Schutzkonstruktion darüber.

Mit geringem Aufwand wurde hier ein Vordach mit Wellplatten aus Polycarbonat an einen Schuppen angebaut. Foto: Karin Stern
Selbstgebaute Varianten schonen den Geldbeutel. Foto: Karin Stern
Stabile Eigenkonstruktion aus Holz, Gewächshausfolie und Wellplatten aus Polycarbonat. Die senkrechten Bauteile sitzen in Pfostenschuhen. Foto: Karin Stern
Auch ein Hochbeet lässt sich mit Seitenwänden und Dach im Selbstbau versehen. Foto: Karin Stern


Tipp: Im Internet finden sich viele brauchbare Anleitungen und Ideen für Tomatenhäuser und -dächer. Für Anregungen googelt man einfach „Tomatenhaus selber bauen“ und lässt sich inspirieren.

Züchterporträt: Lina und Klaus Thiedemann aus Oesterwurth

In dritter Generation züchten Lina und Klaus Thiedemann in Oesterwurth, Kreis Dithmarschen, den Holsteiner Stamm 2543, der auch als Thiedemann-Stamm bekannt ist. Aus ihm sind viele erfolgreiche Sportpferde, Staatsprämienstuten, gekörte Hengste und zwei Siegerhengste hervorgegangen.

Überschwemmte Halligen, gebrochene Deiche, Häuser, Weiden und Felder unter Wasser: Die große Sturmflut im Februar 1962 traf auch Dithmarschen. Als sich das Wasser zurückgezogen hatte, begann das große Aufräumen. Das war vor allem in der Marsch schwierig, denn der Boden war nass und schwer, und die Maschinen blieben darin stecken. Also wurden Pferde eingesetzt. Der schwere Einsatz hinterließ bei vielen von ihnen Spuren, sodass sie nach den Aufräumarbeiten nicht mehr als Reit- oder Arbeitspferde einsetzbar waren. Darunter war auch die Holsteiner Stute Optik von Fanatiker. „Mein Großvater hat etwas in ihr gesehen und sie zum Schlachtpreis für die Zucht gekauft“, berichtet Klaus Thiedemann.

Die Stute brachte in den darauffolgenden Jahren sieben gesunde Fohlen zur Welt. Aus zwei Anpaarungen mit Roman gingen Corana und Maya hervor, die den Grundstein für den Stamm 2543 legten. „Alles, was wir heute haben, baut auf diesen Stuten auf“, berichtet der 44-jährige Thiedemann, der nicht nur wie sein Großvater und Vater züchtet, sondern auch den Vornamen Klaus mit ihnen teilt.

Anfang der 1970er Jahre brachte Corana aus einer Anpaarung mit Marengo die Stute Hedie. Aus ihrer Linie gingen zahlreiche erfolgreiche Sportpferde und gekörte Hengste hervor, beispielsweise aus einer Anpaarung mit Lord von Ladykiller xx der Hengst Lavallo, der 1981 Siegerhengst der Holsteiner Körung wurde. Seine Vollschwester Gila ist die Mutter des Wallachs Colombus van de Helle, eines Sohnes des Corrado, der bis 2013 international erfolgreich in Springen über 1,60 m mit dem Belgier Gregory Wathelet eingesetzt wurde.

Eine weitere Stute aus der Corana, diesmal von Othello, war die 1982 geborene Uckermark. Sie ist die Mutter der international erfolgreichen Loreana von Lord. Diese wurde von Achaz von Buchwaldt in den Sport gebracht, gewann diverse Große Preise und hatte Erfolge in Weltcupprüfungen mit ihrem späteren Reiter Lars Nieberg.

Nachkommen einer Stute

Auch die zweite Linienbegründerin des Stamms 2543, Staatsprämienstute Maya, hat in der Holsteiner Zucht Spuren hinterlassen. Leider hatte sie nur ein Fohlen: die Staatsprämienstute Svettana von Lord. Svettana wiederum brachte in Anpaarung mit dem Jahrhundertvererber Capitol I die Staatsprämienstute Arina, die Mutter dreier in Holstein gekörter Hengste war: Lasino von Landgraf sowie Limoncello I und II von Lorentin, zwei Vollbrüder. „Noch heute haben wir eine Enkelin der Arina in der Zucht“, berichtet Thiedemann. Es handelt sich um die Staatsprämienstute Helma von Contendro I, eine Schwester des Siegerhengstes der Holsteiner Körung 2016: Unlimited von Casall.

Über Svettanas Tochter Zetta von Caletto II entstand aus einer Anpaarung mit Alcatraz die Stute Goya II. Sie brachte 1998 mit dem Hengst Baldini I den gekörten Hengst Boritas. Er bezog eine Box beim Holsteiner Verband in Elmshorn und nahm 2005 an den Weltmeisterschaften für junge Springpferde im belgischen Lanaken teil. Nachdem er internationale Erfolge in Springprüfungen bis zur Klasse S*** verbuchen konnte, wurde der Hengst in die USA verkauft.

Die Nachkommen der Optik aus dem Stamm 2543 prägen also seit 62 Jahren die Zucht der Familie. „Von unseren 17 Pferden gehören 15 zu dem Stamm“, berichtet Thiedemann. Doch er und seine Ehefrau Lina Thiedemann haben inzwischen auch zwei „neue Projekte“, wie sie lachend berichten. Denn vor drei Jahren entdeckten die beiden ein Fohlen aus dem Stamm 1916. „Der Stamm des United Way ist einer der besten in Holstein“, erklärt Thiedemann. Als das Ehepaar die Gelegenheit hatte, die Stute zu kaufen, griff es zu.

In diesem Jahr soll die noch sehr jugendliche Paloma von Vagabond de la Pomme erstmals gedeckt werden. „Normalerweise reiten wir die Dreijährigen an, bevor wir sie decken lassen“, erklärt Lina Thiedemann. Dass alle Stuten einmal unter dem Sattel laufen, ist den beiden wichtig. „Wir wollen eine Aussage darüber, wie rittig sie sind und was für eine Einstellung sie haben“, sagt die 35-Jährige. Ihr Ehemann ergänzt: „Wenn sie eine Schwäche haben, wollen wir die mit dem richtigen Hengst ausgleichen.“

Pferde auch im Job

Klaus und Lina Thiedemann reiten die jungen Pferde nicht selbst ein. Klaus zieht es gar nicht mehr in den Sattel. Er sei ein paar Jahre geritten, dann aber „schnell wieder dem Fußball verfallen“. Lina hingegen ist in ihrer Jugend viel geritten, auch auf Turnieren. Da lag es nahe, sich eine Arbeit zu suchen, bei der sich ebenfalls alles um Pferde dreht. Noch unter ihrem Mädchennamen Preuss fing sie an, die Baltic Horse Show in Kiel zu organisieren. Als die nicht mehr stattfand, arbeitete sie drei Jahre lang bei der Messe Husum. „Ich wollte gern weiter Veranstaltungen organisieren, aber mein Pferdeherz schlug zu stark. Ich musste zurück“, berichtet sie. Heute arbeitet sie wieder für den Rathmann Verlag. Überwiegend geht das im Homeoffice, oft ist sie auf Veranstaltungen und einmal die Woche fährt sie ins Büro, um sich mit den Kollegen auszutauschen.

Die Liebe zur Zucht teilen die Thiedemanns, auch wenn Klaus seine Leidenschaft erst spät entdeckte. „Das ist aus einer Bierlaune heraus entstanden“, gibt er zu. Damals hätten einige Altzüchter aus Dithmarschen die Szene etwas auffrischen wollen und Thiedemann sowie einige andere überredet, bei den Jungzüchtern einzusteigen. Dort traf er auch Lina Preuss. Die Pferdezucht müsse man sich als Leidenschaft teilen, sonst werde es schwierig – da sind sich die beiden einig. „Man hat ja kaum etwas anderes im Kopf“, lacht Lina Thiedemann. „Da müssen beide an einem Strang ziehen“, findet auch Klaus Thiedemann und beide geben zu: „Ein bisschen verrückt sind wir ja schon.“

Meistens sind sie sich einig, aber mit dem zweiten „Projekt“ hat Klaus Thiedemann nicht ganz so viel zu tun. „Es ist ganz weltfremd“, lacht seine Frau. Sie meint die Trakehner Stute Kaiserin, die seit sechs Jahren bei ihr ist. „Ich habe ein paar Jahre beim Trakehner Verband mitgeholfen und die Fohlenauktion und das Bundesturnier betreut“, erklärt Lina Thiedemann. Mit der Zeit habe sie gedacht: „Einen Trakehner hätte ich auch gerne einmal im Stall.“ Hinzu kommt, dass Linas Vorfahren wie die Trakehner aus Ostpreußen kamen und die Geschichte der Pferde sie faszinierte.

Neue Vermarktungswege

Nun wartet sie auf das vierte Fohlen der Kaiserin, die aus einem erfolgreichen Dressurstamm kommt. Eine Tochter der Stute hat sie behalten, sodass es dann im Sommer schon drei Trakehner sein werden. Ihr Mann sieht es gelassen. „Überraschend kam es nicht. Steter Tropfen höhlt den Stein“, sagt er. Er habe es anfangs als das Projekt seiner damaligen Freundin gesehen. „Dass daraus ein langjähriges Projekt wird, umso besser“, findet er lachend. Trotzdem passe er auf, dass das jetzt „nicht exponentiell wird mit den Trakehnern“. Aber da ist seine Frau ganz bei ihm: „Kaiserin ist ein ganz tolles Pferd, aber Holsteiner sind das, wo wir herkommen. Sie bleiben immer unsere Priorität.“

Vor Kurzem sind die Thiedemanns mit ihren Pferden auf den Nachbarhof umgezogen. Klaus Thiedemann senior habe zwar keine eigenen Pferde mehr, sei aber ein gern gesehener Berater. Insgesamt haben sie 17 Pferde, darunter zehn Zuchtstuten. In diesem Jahr erwarten sie sieben Fohlen. Zwei sind schon da, darunter ein Hengstfohlen von Pegase van‘t Ruytershof aus der Helma von Contendro I. Von dem sind beide sehr begeistert.

Auch die Stute Kenia von Colman hat schon ein Fohlen, eine sportliche Stute von United Way. „Wir überlegen noch, ob wir sie behalten oder verkaufen“, berichtet das Ehepaar. Manchmal sei es das Bankkonto, das entscheide, denn sie könnten ja nicht alle behalten. Früher habe die Familie auch Hengste aufgezogen. Heute liege der Fokus auf dem Verkauf der Fohlen. „Ein Pferd großzuziehen muss man sich leisten können“, erklärt Lina Thiedemann.

Ihre Fohlen vermarkten sie gern über die Verbandsauktionen, aber auch Social Media ist ein großer Faktor. Dort berichten sie aus dem Stallalltag, zeigen viel von den Pferden und halten so Kontakt zu den Käufern.

Verrückt muss man sein

Im vergangenen Jahr kam es so zu einem besonders spannenden Kontakt. Als Lina und Klaus frisch zusammen waren, verkaufte Thiedemann eine sechsjährige Stute nach England. Über Umwegen landete RLE Barina von Cosido-Casall bei der australischen Vielseitigkeitsreiterin Megan Jones. Sie wollte mit ihr bei den Olympischen Spielen in Paris starten und ließ das Pferd für die Vorbereitung und die Qualifikation nach Europa fliegen. Auf dem internationalen Turnier im niederländischen Boekelo besuchten die Thiedemanns die Stute. „Das war sehr emotional. Wir hatten nicht gedacht, dass wir sie noch einmal sehen“, berichtet Klaus Thiedemann.

Ein freudiges Wiedersehen nach vielen Jahren in Australien: Beim CCI4* in Boekelo trafen Lina und Klaus Thiedemann ihre Holsteiner Stute RLE Ba­rina von Cosido-Casall. Foto: privat

Die inzwischen 15-jährige Stute qualifizierte sich dann doch nicht für Paris, da sie nicht ganz fit war. Der Rückflug hätte 30.000 € gekostet und Megan Jones entschied sich, RLE Barina aus dem Sport zu verabschieden. Die Thiedemanns nutzten ihre Chance und holten sie zurück. Nun haben sie ein in internationalen Viersterneprüfungen platziertes Vielseitigkeitspferd für die Zucht bei sich zu stehen.

Ein weiteres Erfolgspferd ist Camilla van de Helle. Unter holländischer Flagge startet sie mit Kevin Jochems sehr erfolgreich über 1,60 m. „Die Mutter Alexa von Casall und eine Halbschwester haben wir noch in der Zucht“, erzählt Klaus Thiedemann.

Die sportlichen Erfolge ihrer Pferde verfolgen die Thiedemanns immer. Sie seien wichtig für weitere Anpaarungen und im Hinblick auf die Vermarktung. Was die Nachkommen der Stuten im Sport machten, sei auch eine Frage aller Fohleneinkäufer. Daher werden regelmäßig Ergebnisse in den Sozialen Medien hochgeladen.

Die Mehrheit der Fohlen verkaufen die Thiedemanns an professionelle Betriebe, es kommen aber auch Amateure, vor allem wenn die Pferde erst drei- oder vierjährig angeboten werden. „Das kann richtig schön laufen, wenn man den Kontakt pflegt“, weiß Lina Thiedemann. Über eine Auktion hingegen gebe es ja nichts zu steuern. Insgesamt müsse man sich als Züchter drehen, um die Fohlen gut zu vermarkten. Und überhaupt, die Arbeitszeit vergessen Lina und Klaus Thiedemann bei allen Berechnungen, „weil wir ja verrückt sind“.

Mit dem Niederländer Kevin Jochems ist Camilla van de Helle aus der Zucht der Thiedemanns hocherfolgreich.  Foto: Stefan Lafrentz

Milchauszahlungspreise schwächeln leicht

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Nachdem die Auszahlungsgrundpreise bereits in den vergangenen zwei Monaten eine leicht rückläufige Tendenz aufwiesen, setzt sich dieser Trend auch für den Monat März weiter fort, auch wenn der Rückgang nur minimal ist. Die Grundpreise befinden sich hier in Schleswig-Holstein in einer Preisspanne von 46,82 bis 54 ct/kg Milch.

Somit hat sich die Spanne im Vergleich zum vorigen Monat nicht verändert. Das Gros der Meiereien hat den Milchauszahlungspreis nicht verändert, zwei Meiereien haben die Auszahlung erhöht, während drei Meiereien einen niedrigeren Grundpreis ausgezahlt haben. Zu berücksichtigen ist allerdings, dass der durchschnittliche Auszahlungspreis der vergangenen Monate sich im Nachgang noch erhöht hat, da es bei mehreren Meiereien Nachzahlungen gegeben hat. Bundesweit gesehen hat Schleswig-Holstein damit die größte Spanne bei den Auszahlungspreisen, aber auch den höchsten Auszahlungspreis in der Spitze. In Ostdeutschland liegt die Spanne unverändert zwischen 49 und 49,2 ct/kg und in Süddeutschland werden zwischen 47,46 und 53,46 ct/ kg ausgezahlt. In Westdeutschland erhalten die Milcherzeuger zwischen 48,0 und 51,05 ct/kg Milch.

Die aktuelle geopolitische Lage und besonders das ewige Hin und Her in der Zollpolitik des amerikanischen Präsidenten verunsichern auch zunehmend den Milchmarkt. Besonders der aktuell immer stärker werdende Euro verschlechtert die Wettbewerbsfähigkeit für Milchprodukte aus der EU im Drittlandsexport deutlich, und das gerade jetzt, da intensive Bemühungen in den Wiederaufbau dieser Handelsbeziehungen nach dem deutschen Fall von Maul- und Klauenseuche (MKS) gesteckt werden. Auch das Tierseuchengeschehen in Europa trägt zu einer zusätzlichen Verunsicherung bei. Ungewiss bleibt, wie sich die Blauzungenkrankheit in der kommenden Saison weiterverbreiten wird und vor allem das sich aktuell ausbreitende MKS-Geschehen in Ungarn und der Slowakei treibt den Marktbeteiligten die Sorgenfalten auf die Stirn. Dies zeigt sich auch im ife-Börsenmilchwert. Diese Prognose wies vor einigen Wochen noch einen Milchpreisverlauf über der 50-ct-Grenze für die nächsten zwölf Monate aus. Diese Verlaufskurve befindet sich inzwischen etwas unter der oben genannten Marke. Auch der Preis für zwischen den Meiereien gehandelte Milch auf dem Spotmarkt liegt nur noch bei 44 ct. Dies bedeutet allerdings nur, dass bei den Meiereien aktuell wenig Bedarf an zusätzlicher Milch besteht, ist aber ein weiterer Indikator für die aktuell abwartende Haltung der Marktteilnehmer.

Positive Signale kommen dagegen von der Verbraucherseite. Der Pro-Kopf-Verbrauch von Milchprodukten ist im vergangenen Jahr wieder angestiegen. Im Bereich der Frischmilcherzeugnisse stieg er um 0,8 kg auf nun wieder 84,2 kg pro Jahr. In diesem Bereich erreichten besonders die Milchmischerzeugnisse eine neue Rekordmarke von 16,4 kg. Den größten Sprung allerdings verzeichnete der Käsebereich. Hier hat sich der Verbrauch um 1,0 kg pro Kopf und Jahr erhöht und übertrifft nun mit 25,4 kg sogar das bisherige Allzeithoch aus dem Jahr 2021. Der einzige Negativtrend findet sich im Butterkonsum. Dieser ist erneut um 0,3 kg auf nur noch 5,4 kg pro Kopf und Jahr zurückgegangen und markiert damit ein neues Allzeittief.

Im Meiereisektor bahnt sich eine größere Umstrukturierung an. Der skandinavische Konzern Arla Foods und der größte Milchverarbeiter Deutschlands, das Deutsche Milchkontor (DMK), planen eine Fusion vorbehaltlich der Zustimmung der jeweiligen Vertreterversammlungen und der Kartellbehörden. Somit entstünde der mit Abstand größte Meiereikonzern Europas mit einer erfassten Milchmenge von 19 Mrd. kg Milch und rund 12.000 beteiligten Landwirten. Der neu entstehende Konzern wird unter dem Namen Arla firmieren und seinen Hauptsitz in Viby in Dänemark haben. Von Marktbeobachtern wird dies als eine erste Reaktion des Meierei­sektors auf das sinkende Milchaufkommen in Europa gesehen.

Neuwahlen in Selent

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Während der Jahreshauptversammlung Ende Februar stellte sich der Teamvorstand, bestehend aus Maike Stüven, Karen Stubbe, Rosi Trautmann und Erika Kielhorn, zur Wiederwahl. Sie wurden einstimmig wieder gewählt und können somit ihre bisher vierjährige Zusammenarbeit fortsetzten. Zur Beisitzerin wurde bereits 2024 Birgit Hansen ernannt, sie kam für Dorit Cawello. Auf der diesjährigen Jahreshauptversammlung wurde Maren Wiese zur Beisitzerin ernannt, sie übernahm ihr Amt von Tania Weege. Anschließend stellte Maike Stüven das Jahresprogramm vor: Die Tagesfahrt geht in diesem Jahr an die Schlei, saisonale Kochabende – auch speziell nur für Männer – sind geplant sowie Kreativabende mit Papierfalttechniken und Herbstfloristik.

Zuschuss für Klimabilanzierung

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Die Landwirtschaftliche Rentenbank gewährt künftig Zuschüsse für die Erstellung betrieblicher Klimabilanzen. Geplant ist ein Betrag von 1.000 € pro Unternehmen, womit laut dem Förderinstitut je nach individuellen Voraussetzungen bis zu 90 % der Kosten für die Erstbilanzierung gedeckt werden können. „Mit dem Zuschuss wollen wir einen Anreiz schaffen, dass sich möglichst viele Betriebe auf den Weg machen, eine eigene Klimabilanz zu erstellen“, erläuterte Vorstandssprecherin Nikola Steinbock auf der diesjährigen Agrarfinanztagung in der vergangenen Woche in Berlin.

Wer bereits eine betriebliche Klimabilanz vorweisen kann und einen Maßnahmenkatalog entwickelt, wie die Emissionen konkret reduziert werden, soll einen Zinsbonus von zunächst 0,25 Prozentpunkten auf alle Rentenbank-Programmkredite erhalten. Landwirte, die sich auf einen nachvollziehbaren Reduktionspfad verpflichten, haben damit künftig auch einen finanziellen Vorteil bei Investitionen. Die Rentenbank will Landwirte mit den neuen Förderungen motivieren, sich mit ihrer Klimabilanz auseinanderzusetzen, weil der TreibhausgasFußabdruck bei der Kreditvergabe an Bedeutung gewinnt. Für Steinbock sind die finanziellen Anreize ein großer Hebel, um bei der Erfassung von Emissionen sowie bei der Umsetzung von Minderungsmaßnahmen in der Landwirtschaft weiterzukommen. Der Start der neuen Förderung ist für das dritte Quartal 2025 avisiert.

Laut dem Agrarbarometer der Rentenbank vom Herbst 2024 fertigten bislang 12 % der dafür befragten Landwirte eine Treibhausgasbilanz für ihren Betrieb an, wobei der Anteil mit 77 % in der Milchproduktion am höchsten war. In Planung war eine Erstbilanzierung laut den Umfrageergebnissen bei 7 % der am Agrarbarometer teilnehmenden Betriebe. Auch hier lagen die Milchbetriebe mit 44 % der Befragten deutlich vorn.

Sorge um die Politik der Mitte

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Von spannenden Zeiten sprach Joachim Rukwied, Präsident des Deutschen Bauernverbandes (DBV), am Dienstag voriger Woche auf der Agrarfinanztagung in Berlin, die von der Landwirtschaftlichen Rentenbank gemeinsam mit dem DBV organisiert wird: „Deutschland hat einen Politikwechsel gewählt, der unser Land wieder nach vorn bringt. Das ist sicherlich nicht einfach, mit Blick über den Ozean. Keiner weiß, auf welche irre Idee Präsident Trump morgen kommt. Europa muss aus eigener Stärke heraus global auftreten. Denn die transatlantische Partnerschaft wird nicht die gewohnte Stabilität haben.“

Die Koalitionsverhandlungen bewertete Rukwied als unglücklich. Er habe Sorge um die Politik der Mitte. Staatliche Investitionen seien notwendig, doch hätte das im Paket erfolgen müssen mit einer Deregulierung und einer Stärkung von Wirtschaft, Wohnungsbau, innerer Sicherheit. In der Agrarpolitik ging er auf hohe Kosten für Energie, Dünge- und Pflanzenschutzmittel ein. Über den Sonderkulturen hänge das Damoklesschwert des Mindestlohns von 15 €. Für Saisonarbeitskräfte lasse sich das wirtschaftlich nicht darstellen. Die Politik müsse sich die Frage nach der Sinnhaftigkeit einer stetig steigenden Regulatorik stellen und den Mut zur Reduktion aufbringen – „das bringt Freiheit für die Wirtschaft“. Landwirtschaft bleibe kapitalintensiv und zugleich ein stabiler Sektor, warb er bei den anwesenden Bankern um „Wachstumskapital“.

Vorstandssprecherin Nikola Steinbock erklärte, die Landwirtschaftliche Rentenbank wolle Nachhaltigkeit und Wirtschaftlichkeit zusammenbringen. Deshalb werde man ab Mitte 2025 jedem Betrieb 1.000 € zur Erstellung der hofeigenen Klimabilanz anbieten, das sollte 90 % der Kosten decken. Bei der Umsetzung von Nachhaltigkeitsmaßnahmen gewährt die Bank in allen Programmkrediten einen Zinsbonus von 0,25 %.

Prof. Marcel Fratzscher, Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung, ist überzeugt, dass die nächsten Jahre die Weichen für die Zukunft stellen. Viele Branchen stünden vor drei gigantischen Transformationen. So müsse man sich für die Globalisierung neu aufstellen. Die Teilhabe am Wachstum in anderen Teilen der Welt sei Grundlage für unseren Wohlstand. Dieses Modell sei massiv unter Druck. Als weitere Herausforderung bezeichnete er nicht die technologische Entwicklung, sondern deren Geschwindigkeit: „Künstliche Intelligenz (KI) stellt jedes Unternehmen vor Herausforderungen, bietet aber zugleich Chancen für neue Geschäftsmodelle und mehr Effizienz.“ Ein blinder Fleck der Politik ist laut Fratzscher die soziale Herausforderung. Beim Gebäudeenergiegesetz habe man vergessen, die Menschen mitzunehmen.

Erstarren der Gesellschaft trotz Rekordbeschäftigung

Fratzscher bezeichnete die wirtschaftliche Realität als bei Weitem nicht so schlecht wie die Stimmung. Deutschland habe keine tiefe Rezession wie zur Finanzkrise oder Corona. Es herrsche Rekordbeschäftigung. Viele Unternehmen hätten eine ordentliche Ertragslage. Aber er beobachte eine Erstarrung der Gesellschaft. Unternehmen hätten kein Vertrauen in gute Rahmenbedingungen, Konsumenten Angst vor einem Jobverlust. Der private Konsum stehe für über 50 % der Wirtschaftsleistung und sei sehr schwach.

Gründe für die Misere „typisch deutsch“

Die Gründe für die Misere seien typisch deutsch. Man sei Opfer des eigenen Erfolgs der wirtschaftlich extrem erfolgreichen 2010er Jahre. „Wir wollen nicht in die Zukunft, sondern in die Vergangenheit“, so der Wissenschaftler. Der gesellschaftliche Wohlstand basiere auf der Risikobereitschaft der Vergangenheit. Die Zukunftssorgen der jungen Generation müsse man ernst nehmen. Zugleich aber müsse jeder mehr Verantwortung übernehmen. Investitionen in Verkehr, Digitalisierung, Energie und Bildung bezeichnete Fratzscher als „gute Schulden“. Das Investitionspaket der Koalition habe das Potenzial, die Wirtschaft anzuschieben, werde aber erst 2027 den größten Effekt bringen.

Fratzscher endete positiv: Deutschland sei immer noch eines der wohlhabendsten Länder der Welt, es habe zahlreiche Transformationen bewältigt. Als Standortvorteile sieht er den Rechtsstaat mit seinen Institutionen – das Problem sei da eher der politische Wille. Es gebe durch den Mittelstand eine resiliente und langfristig orientierte Wirtschaftsstruktur und dazu eine starke Solidarität in der Zivilgesellschaft. Solidarische Gesellschaften bewältigten Herausforderungen besser.

Für Prof. Alfons Balmann, Direktor des Leibniz-Instituts für Agrarentwicklung in Transformationsökonomien, steht der EU ein steiniger Weg bevor: „Drei Herren über 70 wollen die Welt unter sich aufteilen.“ Dazu kämen die internen Konflikte der EU mit Ungarn als „politischem U-Boot“, Politikverdrossenheit, Bauernproteste, Nachhaltigkeitstransformation, Mittelknappheit.

Mit dem Draghi-Papier, dem Strategischen Dialog und dem Visionspapier des Agrarkommissars Christophe Hansen habe die EU zahlreiche Vorschläge auf dem Tisch, die aber Zielkonflikte nicht ansprächen, keine Prioritäten setzten oder unbequeme Wahrheiten aussparten. Als unbequeme Wahrheit nannte Balmann die wirtschaftlichen Unterschiede durch Betriebsgrößen: Der Großteil der (kleinen) Betriebe sei unrentabel, der Großteil der Produktion aber rentabel.

Produktion aber rentabel. Es gebe zudem sehr große Produktivitätsunterschiede. Der zwischenbetriebliche Wettbewerb sei entscheidender als der globale. Die europäische Umverteilungsprämie sei ein „süßes Gift“ und habe offensichtlich keine großen positiven Effekte. Zusammen mit der Privilegierung im Erb- und Familienrecht, bei Erbschaft-, Einkommen- und Umsatzsteuer oder dem Agrardiesel koste dies den Staat jährlich 10 Mrd. € und es behindere Anpassungsprozesse. Bahlmann hält die EU-Integration der Ukraine und das Mercosur-Abkommen für unverzichtbar. Mercosur sei zudem kaum relevant für Landwirtschaft.

Perfektionismus nimmt Spielräume für Innovationen

Im Panel erklärte Jana Gäbert, Geschäftsführerin der Agrargenossenschaft Trebbin: „Ostdeutschland kennt 30 Jahre Transformation: von der Plan- zur Marktwirtschaft, Klimawandel gerade in Brandenburg, mangelnde Arbeitskräfte.“ Sie kritisierte „weiter wachsende Anforderungen“. Zugleich fehle die Infrastruktur für innovative Ansätze. Sie selbst sei gerade daran gescheitert, ein Sensoriksystem für Kühe umzusetzen, weil die Uploadgeschwindigkeit zu gering sei. Ihre Erkenntnis: „Wir nehmen uns durch unseren Perfektionismus Spielräume für Innovationen. Wir Landwirte haben viele Lösungswege, aber man muss uns auch machen lassen.“

Dr. Franziska Kersten, MdB der SPD-Fraktion, berichtete aus den Koalitionsverhandlungen: „Wir sind durch mit der Landwirtschaft.“ Es sei ein Konstrukt an Kompromissen, aber es seien Entwicklungsmöglichkeit erkennbar. Die ehemalige Tierärztin fragte sich: „Warum kommen die Ideen immer von uns?“ Bürokratie, eine „Herrschaft der Verwaltung“, sei notwendig, müsse aber praktikabel und schlank sein. Das stehe so auch im Koalitionsvertrag.

Dr. Alexander Hinrichs, Geschäftsführer der QS GmbH, erklärte den Stand der QS-Klimaplattform. QS habe vier Ziele: Einheitliche Berechnung, Optimierung der Betriebe, Datenbereitstellung für Dritte, Auskunftsfähigkeit der Branche. Viele Daten lägen ohnehin vor, in QS oder auch in Farmmanagementsystemen. Diese liefen pseudonymisiert über einen Klimarechner, die Ergebnisse würden gespeichert. Der Tierhalter entscheide, an wen die Daten gingen. QS wolle im zweiten Quartal 2025 mit der Schweinhaltung starten, später kämen Rindermast, Geflügel und Obst/Gemüse dazu. Das Ganze sei kostenlos und freiwillig. Hinrichs hofft auf eine breite Nutzung.

Sönke Hauschild, Bauernverband Schleswig-Holstein

Deutschland vollständig MKS-frei

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Deutschland ist wieder vollständig frei von der Maul- und Klauenseuche (MKS). Die Weltorganisation für Tiergesundheit (WOAH) hat am Montag für das gesamte Land den Status „MKSfrei ohne Impfung“ wiedereingesetzt.

Einem früheren Antrag auf MKS-Freiheit außerhalb der Eindämmungszone im Umkreis von 6  km rund um den Ausbruchsort bei Hönow in Brandnenburg hatte die WOAH bereits im März zugestimmt. Der geschäftsführende Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) hob die Signalwirkung dieser WOAH-Entscheidung für die deutschen Exportmärkte hervor. Er sei zuversichtlich, dass sich die Handelsbeziehungen weiter normalisieren und deutsche Betriebe bald wieder in ihre gewohnten Absatzmärkte liefern können.

Mit Blick auf die MKSAusbrüche in Ungarn und der Slowakei mahnte der Landwirtschaftsminister, auch weiterhin nicht in den Präventionsbemühungen nachzulassen.

Bundesrat fordert Wolfsmanagement

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Der Bundesrat fordert ein regional differenziertes Management des Wolfes in Deutschland. Dazu solle sich die Bundesregierung in Brüssel für eine schnelle Anpassung des Schutzstatus in der Fauna-Flora-Habitat (FFH)-Richtlinie einsetzen, heißt es in einer Entschließung des Bundesrates vom Freitag voriger Woche, die von Brandenburg und MecklenburgVorpommern eingebracht worden war. Zudem müssten auf nationaler Ebene Voraussetzungen zur Einführung eines Bestandsmanagements geschaffen werden.

Daneben sieht der Bundesrat Nachbesserungsbedarf bei der nationalen Bewertung und Meldung des Erhaltungszustandes des Wolfes. Die Bundesregierung solle darauf hinwirken, dass dabei eine Methodik angewendet werde, die der realen Bestandsverbreitung und -entwicklung stärker als bisher Rechnung trage. Hierfür sei unter anderem der Erhaltungszustand im Bereich der sogenannten kontinentalen biogeografischen Region neu und differenziert zu reflektieren.

Mecklenburg-Vorpommerns Landwirtschaftsminister Dr.  Till Backhaus (SPD) erneuerte in einer Reaktion auf den Beschluss seine Kritik, dass es auf Bundesebene bislang keine rechtssicheren Regelungen zum aktiven Wolfsmanagement gebe. Dabei müssten die Schäden, die der Wolf in der Nutztierhaltung verursache, auf ein tragbares Maß begrenzt werden.

Herdenschutz fördern

Ähnlich äußerte sich Brandenburgs Landwirtschaftsministerin Hanka Mittelstädt  (SPD). Die berechtigten Interessen der Bevölkerung im ländlichen Raum und der Weidetierhalter müssten berücksichtigt und die durch den Wolf verursachten Schäden in den Weidetierbeständen nachhaltig verringert werden. Dazu müssten die Wolfsbestände reguliert werden. Aber auch der Herdenschutz werde künftig weiter nötig sein und gefördert werden müssen.

Der Generalsekretär des Deutschen Bauernverbandes (DBV), Bernhard Krüsken, sieht in dem Beschluss ein „deutliches Zeichen in Richtung künftiger Bundesregierung für einen notwendigen und konsequenten Einstieg in ein aktives Bestandsmanagement des Wolfes“. Die Anpassung des Schutzstatus in der FFH-Richtlinie und die Aufnahme des Wolfs ins Jagdrecht in Deutschland seien längst überfällig. Die Weidetierhaltung dürfe nicht länger einer „weltfremden Wolfsromantik“ geopfert werden, so Krüsken.

Nicht schießen

Im Naturschutz wurde der Bundesratsbeschluss negativ bewertet. Es sei ein Trugschluss, dass man die Wolf-Weidetier-Konflikte mit der Flinte lösen könne, warnte etwa der World Wide Fund for Nature (WWF). Das wirksamste Mittel zur Verringerung von Nutztierrissen sei ein effektiver Herdenschutz. Der Deutsche Tierschutzbund warf den Betrieben vor, ihre Tiere „noch immer nicht oder nur unzureichend zu schützen“.

Die EU-Kommission hat bereits die Absenkung des Schutzstatus des Wolfs in der FFH-Richtlinie vorgeschlagen (siehe Ausgabe 11). Damit setzte sie den Beschluss des Ständigen Ausschusses der Berner Konvention um, den Schutzstatus des Wolfs von „streng geschützt“ zu „geschützt“ zu ändern. Der Kommissionsvorschlag muss nun vom Europäischen Parlament und vom Rat angenommen werden. Für ein Bestandsmanagement müssen das Bundesnaturschutzgesetz und das Bundesjagdgesetz angepasst werden. age

Geld oder Liebe

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Noch nie hatte eine Regierung ein so großes Budget und so früh Streit um die Verteilung. Die Landwirtschaft hätte eine Idee, nämlich Ballast abwerfen und den Kurs auf Wettbewerbsfähigkeit setzen.

Bereits viermal in der Geschichte der Bundesrepublik gab es Koalitionen aus Union und SPD. Jetzt folgt Koalition Schwarz-Rot 5.0. Etwas Entscheidendes hat sich verändert. Bisher handelte es sich immer um sogenannte Große Koalitionen, also den Zusammenschluss der beiden größten Fraktionen im Bundestag. Durch das Zurückfallen der SPD hinter die AfD ist das bei der künftigen Koalition erstmals nicht mehr der Fall. Mit nur noch 45 % wird die Regierung aus CDU, CSU und SPD dieses Mal so geringe Zweitstimmenanteile repräsentieren wie in keinem der bisherigen vier Fälle. Das zeigt die fragilen Mehrheitsverhältnisse und die besondere Verantwortung, die in den nächsten vier Jahren auf den Koalitionspartnern liegt.

Der Koalitionsvertrag wurde nach sechs Wochen abgeschlossen. Die Ausgangsposition für die Verhandlungen war speziell, zwischen einem schwachen Wahlgewinner und einem starken Wahlverlierer. Sicher war auch noch einiges aufzuräumen an offenen Baustellen aus der letzten gemeinsamen Koalition.

Wichtige Punkte für die Landwirtschaft sind etwa die vollständige Wiedereinführung der Agrardiesel-Rückvergütung, das Ende der Stoffstrombilanz oder die Verschlankung von Agraranträgen. Doch wie alle anderen Maßnahmen sind die Punkte der Landwirtschaft nur „unter Finanzierungsvorbehalt“ im Koalitionsvertrag festgehalten.

Bislang gab die SPD den roten Faden im Koalitionsvertrag vor. Auch ist die Ausbeute von sieben Ministerien gegenüber sechs für die CDU und drei für die CSU ganz respektabel. Überhaupt hat die SPD als Juniorpartner schon vor der Bildung dieser Koalition mit der Verfassungsänderung zur Lockerung der Schuldenbremse mehr erreicht denn als Kanzlerpartei der Ampel.

Eine Liebesheirat wird es nicht zwischen Union und SPD, das hat CSU-Chef Dr. Markus Söder schon angedeutet, als er sagte: „Liebe vergeht, Hektar besteht.“ Die Liebe zwischen Union und SPD sollte kein Problem sein für die Landwirtschaft, wenn die Rahmenbedingungen stimmen. Am Geld kann es im Falle der Landwirtschaft auch nicht wirklich liegen. Die Branche strotzt regelrecht vor Ideen und Innovationskraft. Vielmehr fehlte es bislang am klaren politischen Willen, Ballast abzuwerfen und mutig den Kurs auf Wettbewerbsfähigkeit zu setzen.

Politikwechsel nur in Ansätzen erkennbar

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Überwiegend enttäuscht vom Koalitionsvertrag zeigen sich die großen Agrarverbände. Zwar enthalte die Vereinbarung einige positive Punkte, räumte der Präsident des Deutschen Bauernverbandes (DBV), Joachim Rukwied, in Berlin ein. Die großen Herausforderungen, vor denen die Agrarwirtschaft stehe, könnten mit der Vorlage jedoch nicht bewältigt werden. Der notwendige Politikwechsel ist für Rukwied „nur in Ansätzen erkennbar“. Im Hinblick auf die Ressortverteilung warnt der DBVPräsident vor einem neuerlichen Dauerstreit zwischen Umwelt- und Landwirtschaftsministerium.

Kritisch sieht Rukwied insbesondere die Aussagen zu einer Festlegung des Mindestlohns auf 15 €: „Damit macht man die Mindestlohnkommission überflüssig und setzt die Tarifautonomie außer Kraft.“ Massive Bedenken hat der Bauernverband gegen ein geplantes Naturflächenbedarfsgesetz, mit dem der Landwirtschaft und anderen Landnutzern in großem Stil Flächen entzogen würden. Hochgradig bedenklich sei eine gesetzlich verordnete Ausweisung von Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen oder eine Vernetzung von Ausgleichsmaßnahmen.

Keine Hürden beim Stallbau

Positiv bewertet der DBV die Rücknahme der Agrardiesel-Beschlüsse der Ampel-Koalition. Rukwied begrüßt zudem, dass genehmigungsrechtliche Hürden beim Stallbau abgeschafft, ein Bestandsschutz für neu- und umgebaute Tierwohlställe für mindestens 20 Jahre fixiert und ein unkomplizierter Tierartenwechsel im Baugesetzbuch ermöglicht werden sollen. Zudem werde es den landwirtschaftlichen Betrieben helfen, wenn die Substanzbesteuerung reduziert werde. Auch für den Präsidenten des Deutschen Raiffeisenverbandes (DRV), Franz-Josef Holzenkamp, ist der für die Wirtschaft zwingend notwendige Politikwechsel im Koalitionsvertrag „noch nicht erkennbar“. Es seien richtige und wichtige Ansätze für eine Entlastung und Stärkung der Wirtschaft sowie der Agrar- und Ernährungsbranche festgeschrieben. Aber die Erhöhung des Mindestlohns auf 15 € werde enorme negative Auswirkungen haben: „Ohne eine Ausnahme für die Landwirtschaft drohen Betriebsaufgaben und eine weitere Verlagerung der Lebensmittelproduktion ins Ausland“, warnte Holzenkamp.

Umsetzung entscheidend

Die Präsidentin des Zentralverbandes Gartenbau (ZVG), Eva Kähler-Theuerkauf, sieht hingegen viele positive Ansätze. Der Koalitionsvertrag sei eine gute Basis für die kommenden politischen Gespräche. Die ZVG-Präsidentin begrüßte, dass das „Maßnahmenpaket Zukunft Gartenbau“ als „ein Baustein künftiger Gartenbaupolitik“ genannt werde. age