Nach dem russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine wurden im Jahr 2022 von der EU Handelserleichterungen eingeführt. Ziel war es, die ukrainische Wirtschaft durch den erleichterten Export ukrainischer Waren in die EU zu unterstützen. So wurden Zölle auf nahezu alle ukrainischen Produkte vollständig ausgesetzt, genau wie Zollkontingenten für bestimmte Agrarprodukte. Dies ermöglichte es einerseits der Ukraine, ihre Exporte in die EU deutlich zu steigern, die Importe von ukrainischen Agrargütern erreichten im Jahr 2024 rund 13 Mrd. €. Andererseits profitierte speziell der große ukrainische Agrarsektor von dem unbegrenzten Zugang zum EU-Markt, was besonders in den südosteuropäischen Nachbarländern zu Marktverwerfungen führte. Die dortigen Landwirte beklagten sich über den durch günstige ukrainische Importe ausgelösten Preisverfall ihrer Produkte. Mit dem Ende dieser Maßnahmen im Juni 2025 kehrt die EU nun zu den Regelungen des Abkommens von 2016 zurück. Das bedeutet konkret: Für viele Produkte gelten wieder Zollkontingente. Die Rückkehr zur Normalität erfolgt nicht abrupt, sondern wird von Übergangsregelungen begleitet. Beide Seiten haben sich auch darauf geeinigt, ukrainischen Exporteuren zu helfen, ihre traditionellen Märkte in Drittländern zu erreichen.
Neue Regeln ab Januar 2026
Die Verhandlungen um die künftigen Agrarlieferungen aus der Ukraine in die EU wurden im Mai 2025 abgeschlossen. Die neuen Regeln gelten ab 1. Januar 2026. „Dieses Abkommen, ausgewogen, fair und realistisch, eröffnet ein neues Kapitel in den bereits dynamischen Handelsbeziehungen zwischen der EU und der Ukraine“, so EU-Handelskommissar Maroš Šefcovic.
Aber auch über dieses neue Handelsabkommen zwischen EU und der Ukraine wird kontrovers diskutiert. Denn während für einige Produkte wie Schweine-, Rind- und Schaffleisch die Mengen von 2016 unverändert blieben, wurden für andere Produkte die zollfreien Importquoten deutlich erhöht, so bei Zucker (auf 100.000 t), Gerste (auf 450.000 t), Weizen (auf 1,3 Mio. t) oder Mais (auf 1 Mio. t). Unter anderem der österreichische Verband Die Rübenbauern moniert eine zu deutliche Erhöhung der Zuckerimportquote, weil das bisherige Freihandelsabkommen, das bis Juni 2025 einen zollfreien Import von jährlich 263.000 t ukrainischen Zuckers ermöglichte, schwerwiegende Folgen hatte: Durch den Preisverfall und die Zuckermarktverluste an die Ukraine musste in Österreich eine Zuckerfabrik geschlossen werden, EU-weit kam es zu weiteren Stilllegungen von Produktionsstandorten.
Höhere EU-Exportquoten für Schweinefleisch und Zucker
Umgekehrt sollen auch EU-Lieferungen in die Ukraine von niedrigeren Zöllen oder vollständiger Liberalisierung bei einer Reihe von Produkten profitieren, darunter Milchprodukte, Tiernahrung und Fisch. Zusätzlich sind höhere Kontingente zu Vorzugszöllen für Geflügel (von 20.000 t auf 120.000 t), Schweinefleisch (von 20.000 t auf 45.000 t) und Zucker (40.000 auf 100.000 t) vorgesehen.
Bis 2028 soll Ukraine EU-Standards erfüllen
Die Kommission knüpft den erweiterten Marktzugang daran, dass sich Kiew bis 2028 im Tierschutz, im Pflanzenschutzmitteleinsatz und bei Tierarzneimitteln schrittweise an EU-Produktionsstandards angleicht. Die Ukraine muss dazu jährlich über ihre Fortschritte in diesen Bereichen berichten. Beide Seiten haben sich auch auf eine Schutzklausel, eine Art Notbremse, geeinigt, falls sich durch die weitere Handelsliberalisierung negative Marktverwerfungen ergeben würden.
Der Druck ukrainischer Billiglieferungen auf den EU-Binnenmarkt wird nun etwas abnehmen. Aber die bisher dorthin gelieferten Mengen gelangen nun auf den Weltmarkt und erhöhen den Konkurrenzdruck für EU-Getreide.