Landwirte mussten ihre Düngedokumentation aus dem Vorjahr bis zum 31. März dieses Jahres erstmals über die Plattform Endo-SH elektronisch melden. Wie gut das geklappt hat und was beim Düngerecht noch auf die Betriebe zukommen könnte, berichtete Dr. Thorsten Reinsch vom Kieler Landwirtschaftsministerium (MLLEV) bei der Frühjahrsveranstaltung der Allianz für den Gewässerschutz vergangene Woche Donnerstag (27. April) in Rendsburg.
Klaus-Peter Lucht, Präsident des Bauernverbandes Schleswig-Holstein (BVSH), erklärte bei seiner Begrüßung: „Ich bin Fan der Allianz. Aber ich bin kein Freund von Ordnungsrecht. Wir sollten vielmehr die gute fachliche Praxis weiterentwickeln.“ Prozentuale Forderungen bei der Reduktion von Dünge- und Pflanzenschutzmitteln lehne der Berufstand ab. Ein geeigneter Hebel für mehr Effizienz sei der Einsatz moderner Technik. Das müsse stärker gefördert werden, anstatt immer breitere Gewässerrandstreifen auszuweisen.
Mit Sorge blickt Lucht auf die zunehmende Bürokratisierung. Er berichtete, dass junge und topausgebildete Landwirte die Motivation für ihren Beruf verlören. „Wir können und müssen dokumentieren, aber wenn es zu kleinteilig wird, ist es schwierig“, untermauerte der BVSH-Präsident. Er warb dafür, das Endo-Portal so aufzubauen, das dort das komplette Datenmanagement stattfindet, um Mehrfacheingaben in verschiedene Systemen zu vermeiden.
Bitte melden
Reinsch erinnerte daran, dass die Umsetzung der EU-Nitratrichtlinie ein bundeseinheitliches Wirkungsmonitoring beinhalte. Dazu zählten die Entwicklung der Nährstoffflüsse in der Landwirtschaft, die Entwicklung der Beschaffenheit des Grundwassers sowie Prognosen beziehungsweise Modellierungen. Insbesondere die elektronische Nährstoffdokumentation führe zu eine verbesserten Datenlage und damit auch zu besseren Modellen. Reinsch betonte: „Fortschritte in der Landwirtschaft sind dadurch deutlicher sichtbar.“ Die Plattform Endo-SH (www.endo-sh.de) sei vor drei Jahren auf den Weg gebracht worden. „Endo ist kein Beratungsinstrument“, erklärte Reinsch. Es diene der Erstellung einer Düngebedarfsermittlung, der Düngedokumentation und Ermittung der betrieblichen N-Obergrenze von 170 kg N/ha aus Wirtschaftsdüngern. Die Plattform besitze eine Schnittstelle, über die der Datenimport aus anderen Systemen möglich sei. Diese Schnittstelle würde weiter optimiert, versprach der Ministeriumsmitarbeiter.
Durch die jüngste Änderung in der Meldeverordnung zum Düngerecht seien Betriebe verpflichtet, bis zum 31. März eines Jahres die Dokumentation des Vorjahres in Endo zu melden. Ein Großteil der Betriebe habe dies fristgerecht erledigt. Zirka 60 % der Nutzer hätten ihre Daten dabei aus anderen Programmen importiert. „Alle, die bisher noch nicht gemeldet haben, erhalten in den kommenden Wochen ein Informationsschreiben“, kündigte Reinsch an. Für 2023 könne bereits jetzt die Dokumentation eingepflegt werden, was die Meldung zum 31. März 2024 vereinfache. Das Ministerium sehe daher keine Veranlassung, die Frist zu verändern.
Technische Fragen zur Endo-Plattform können Anwender per Telefon (04347-704777) und per E-Mail (endo-sh@llnl.landsh.de) stellen.
Reinsch berichtete, dass alle Betriebe mit mehr als 20 ha oder 50 GV seit diesem Jahr eine Stoffstrombilanz erstellen müssten. Er gehe davon aus, dass die Bilanzobergrenze von 175 kg N/ha zukünftig angepasst werde. Die Grenzen würden möglicherweise für jeden Betrieb individualisiert. Abhängig vom Versorgungsgrad der Böden mit Phosphat werde es zukünftig möglicherweise auch P-Bilanzwerte geben. Es könnte dann zu einem großen Problem für Tierhalter werden, wenn Böden gut mit Phosphor versorgt seien und in der Folge keine Wirtschaftsdünger mehr ausgebracht werden dürften.
Mineralisation als Problem
Heinrich Hack vom Ingenieurdienst Ingus berichtete, dass die Gewässerschutzberatung in Schleswig-Holstein 2021 auf die gesamte Landesfläche ausgedehnt worden sei. Die Gewässerschutzberatung sei mittlerweile zu einer ganzheitlichen Agrar-Umweltberatung geworden. Ein ganz wichtiger Faktor sei der Herbst-Nmin-Wert, den es zu senken gelte. Auffällig mit hohen Werten seien vor allem die Kulturen Winterraps, Winterweizen und Mais. Jahreseffekte spielten jedoch auch eine wichtige Rolle. Das Dürrejahr 2018 beispielsweise steche mit sehr hohen Werten bei fast allen Kulturarten hervor. „Milde Herbste als Folge des Klimawandels können uns zukünftig vor große Herausforderungen stellen“, betonte Hack. Dadurch steige das Mineralisationspotenzial. Er nannte mögliche Maßnahmen, um N-Verluste im Winter zu reduzieren:
– Düngehöhe anpassen
– Sommerungen mit Winterbegrünung anbauen
– Bodenbearbeitung im Herbst reduzieren
– Herbstdüngung weiter einschränken
Ein Fokus der Beratung liege in diesem Zusammenhang auf der Düngeplanung. Dazu kämen vegetationsbegleitende Maßnahmen, zum Beispiel die Messung von N-Aufnahmen mittels Nitrachek oder N-Tester. Nicht zu unterschätzen sei auch die Spannweite der Nährstoffgehalte von Wirtschaftsdüngern. Diese regelmäßig bei der Ausbringung zu analysieren, helfe für die bedarfsgerechte Ausbringung. Letztlich habe jeder Betrieb seine eigenen Besonderheiten. Daher sei die individuelle Beratung sehr wichtig.
Hack hob hervor, dass ein niedriger Ente-Nmin-Wert nicht gleichbedeutend mit einem niedrigen Herbst-Nmin-Wert sei. Folgekultur, Zwischenfrucht und Mineralisation hätten einen großen Einfluss. Was nach der Ernte genau passiere, sei oft noch eine „Blackbox“. Grundsätzliche hülfen Winterzwischenfrüchte nach Getreide zur Verringerung der Nitratausträge. Eine Untersaat im Mais sei für die N-Auswaschung im Herbst vorteilhafter als Zwischenfruchtanbau, weil Mais spät räumend sei und die Bodenbearbeitung die Mineralisation anrege. Untersaaten im Mais hätten hingegen leicht positive Effekte.
Als Herausforderung für den Gewässerschutz bezeichnete Hack den Verzicht auf Glyphosat, weil dies in vielen Fällen eine verstärkte Bodenbearbeitung notwendig mache.
Bald gut 600 Messstellen
Dr. Frank Dethlefsen vom Landesamt für Umwelt (LfU) erläuterte, nach welchen Kriterien die aktuelle Nitratkulisse in Schleswig-Holstein ausgewiesen worden sei. Die Zahl der Messstellen sei von 225 (2020) auf 552 erhöht worden. Die Abgrenzung erfolge nach hydraulischen/hydrogeologischen Kriterien. Durch die Anwendung der sogenannten N2/Argon-Methode, die Denitrifikationseffekte ausklammere, seien insgesamt 17 Messstellen zusätzlich als belastet bewertet worden, obwohl die Nitrat-Messwerte weniger als 50 mg/l betrügen.
Das Land plane, die Zahl der Messstellen auf gut 600 zu erhöhen. Das sei Grundlage, um künftig für die Ausweisung das sogenannte geostatistische Regionalisierungsverfahren anzuwenden. Dies könne abermals zu einer deutlichen Verschiebung der Roten Gebiete führen. Wann genau die nächste Ausweisung erfolgt, konnte Dethlefsen nicht beantworten, spätestens aber in vier Jahren.
Einfluss der Denitrifikation
Dr. Frank Steinmann (LfU) erläuterte die Abläufe der Denitrifikation. Bei diesem Prozess werde Nitrat im Grundwasser abgebaut und in elementaren Stickstoff umgewandelt. „Die Denitrifikation ist endlich“, so Steinmann. Allerdings gebe es in Schleswig-Holstein bisher keine Messstelle, bei der sich das Denitrifikationspotenzial erschöpft habe und Nitratgehalte aufgrund dessen wieder gestiegen seien.
Die Denitrifikation ist eine Redoxreaktion. Nitrat wird dabei laut Steinmann reduziert. Ein anderer Stoff müsse daher als Reaktionspartner oxidiert werden. Das könnten anorganische Stoffe (etwa Sulfitverbindungen/Pyrit) sein oder auch organische Kohlenstoffverbindungen. Rund 65 % des Nitrats werden laut dem LfU-Experten im oberflächennahen Grundwasser durch Denitrifikation abgebaut. Die standortspezifische Variation sei aber enorm. So gebe es einige Bereiche, in denen keine Denitrifikation stattfinde. In anderen Bereichen würden 90 bis 100 % des Nitrats abgebaut. Insgesamt zeigten die Nitratwerte in den Messstellen eine positive Tendenz. Optimistisch schätzt Steinmann zudem ein, dass die Maßnahmen der vergangenen Jahre voraussichtlich noch weitere Wirkung entfalten würden.
Die Allianz für den Gewässerschutz haben das schleswig-holsteinische Umwelt- sowie das Landwirtschaftsministerium, der Bauernverband Schleswig-Holstein, der Landesverband der Wasser- und Bodenverbände Schleswig-Holstein sowie die Landesgruppe Norddeutschland des Bundesverbandes der Energie- und Wasserwirtschaft geschlossen, um sich gemeinsam für den Gewässerschutz einzusetzen. Mehr Informationen im Internet: www.allianz-gewaesserschutz.de




