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Rücksicht macht Wege breit

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Jetzt ist sie wieder da, die gefahrenträchtige Zeit auf den Feldwegen. Nahezu gleichzeitig beginnen Sommerferien und Erntearbeiten. Da sind zum einen Mähdrescher und voll beladene Strohwagen, zum anderen Urlauber, die mit ihren Fahrrädern dem Autoverkehr ausweichen wollen und die Feldwege nutzen.

„Noch bis Ende Oktober herrscht bei uns auf den Feldwegen rege Betriebsamkeit, danach wird es dann ruhiger“, erzählt Janina Schöttler, Landwirtin in Neversdorf, Kreis Segeberg, bei einem gemeinsamen Termin von Landesbauernverband und Vertretern der Radfahrer. Gemeinsam werben beide Verbände für ein respektvolles und achtsames Umgehen miteinander.

Dietrich Pritschau, Vizepräsident des Bauernverbandes Schleswig-Holstein, zählt einige grundsätzliche Probleme auf. Die meisten der früher „Grüne-Plan Wege“ genannten Straßen sind nur 3,5 m breit, die Traktoren und Arbeitsmaschinen können 3 m erreichen. Die Banketten sind von den bis zu 40 t schweren Fahrzeugen nicht immer befahrbar, ein Ausweichen oft nicht möglich. Zudem würden die Knicks immer weniger gestutzt, das sogenannte Lichtraumprofil wachse daher immer weiter zu. Die Traktoren hingegen würden immer größer, auch der Fahrer sitze viel höher, als früher. Vor ihm eine lange Motorhaube, vielleicht noch Anbauten an der Fronthydraulik, da wird die Übersicht über das Monstrum schon schwer. Zwar hätten viele Fahrzeuge schon Heckkameras, aber alle Seiten des Zuges technisch zu überwachen, sei kaum möglich.

Verführt zu schneller Fahrt

Pritschau, selbst Radfahrer, zeigte durchaus Verständnis für die Biker, die zunehmend die Feldwege nutzen. Die seien oft hervorragend asphaltiert, oft sogar besser als Radwege entlang von Bundes- und Landesstraßen. Dazu komme der starke Zuwachs seit der Corona-Krise vor allem von Pedelecs mit deren viel höherer Geschwindigkeit im Verhältnis zu nur muskelbetriebenen Zweirädern. Eine große Bitte hat Pritschau an die Radfahrer: „Tragt bitte einen Helm und eine gelbe Weste!“

An der Ausfahrt wird‘s eng

Dem kann sich auch Landwirtin Janina Schöttler nur anschließen. Erst vor ein paar Tagen hatte sie ihren Traktor samt Arbeitsgerät mit einer Vollbremsung zum Stillstand bringen müssen, weil vor ihr plötzlich eine dunkel gekleidete Familie auf Rädern aufgetaucht war. „Da liegen die Nerven blank“, meinte sie, und das auf beiden Seiten. Um solche Situationen zu vermeiden, hatten sich Landwirte und Radfahrer auf eine gemeinsame Aktion geeinigt, „Rücksicht macht die Wege breit“, lautet das Motto, das sie am gemeinsamen Termin per Spraydose auf dem Asphalt aufbrachten.

Arne Hansen, Abgeordneter der Grünen im Kreistag und Vorsitzender des Ausschusses für Umwelt-, Natur-, und Klimaschutz, sowie Zeruja Hohmeier, Radverkehrsbeauftragte des Kreises, hatten ihre Fahrräder mitgebracht und demonstrierten, wie schnell es eng werden kann auf den Wirtschaftswegen. Während die beiden Radfahrer, Hohmeier sogar mit einem Lastenfahrrad, normal auf dem Feldweg fuhren, versuchte Landwirtin Schöttler mit ihrem Traktor und Anhänger, aus einer Feldzufahrt auszufahren. Dabei konnte sie die Zweiradfahrer erst dann sehen, als die Front des Traktors schon komplett auf der Fahrbahn war. Natürlich war die Situation gestellt, doch allen Zuschauern wurde klar, dass sich hier eine fast unvermeidliche Gefahr darstellte. „Das ist keine böse Absicht“, betonte Hansen, aber manche Radfahrer, insbesondere Rennradfahrer, gingen voll ins Risiko, seien oft wie berauscht von der hohen Geschwindigkeit, die auf den Feldwegen möglich sei.

Ein weiteres Problem machten Zeruja Hohmeier und Janina Schöttler aus, als sie zusammen im Cockpit des großen Schleppers saßen. Die Schlepperfahrer säßen heutzutage in einer vollklimatisierten Kabine mit Radio, oft auch Funkgerät, vielen Hebeln, Schaltern und Monitoren. Die Radfahrer hingegen hätten oft i-Pods oder Kopfhörer auf und dazu auch noch ein Smartphone am Lenker. Das alles lenkt ab und kann zu Konflikten führen, meinte Arne Hansen. Dabei würden Radfahrer als die schwächeren Verkehrsteilnehmer bei Kollisionen immer den Kürzeren ziehen.

Erntestress macht unachtsam

Dazu komme, dass Städter meist nicht vertraut mit dem Landleben seien. Sie kennen nicht den Druck, dem Landwirte bei der Ernte unterliegen. Da droht eine Regenfront, der Mähdrescherfahrer meldet einen vollen Korntank, das Feld muss vor Sonnenuntergang abgedroschen werden. Dennoch wünscht sich Hansen von den Schlepperfahrern, dass sie sich vom Erntestress nicht dazu verleiten lassen, andere in Gefahr zu bringen.

Oft sind diese etwa 16-Jährige, die gern gute Leistung erbringen wollen. Für sie hat Dietrich Pritschau Merksprüche, wie „Ortsfeld in Sicht, 30 ist Pflicht!“ Die rechtliche Seite, nach der Gerichte bei einem Unfall urteilen, ist klar. Zu einem Fahrrad müssen beim Überholen 2 m Seitenabstand eingehalten werden – auf den schmalen Feldwegen unmöglich. Und bei Unfällen mit Kindern oder Jugendlichen zieht vor Gericht immer der Fahrer des größeren Fahrzeuges den Kürzeren.

Um dem allen aus dem Weg zu gehen, möchten beide Seiten auf das gegenseitige Verständnis von Landwirten und Radfahrern zählen. „Wenn wir uns alle an den Paragraphen 1 der Straßenverkehrsordnung halten würden, bräuchten wir keine andere rechtliche Regelung“, seufzt Arne Hansen. Gegenseitige Vor- und Rücksichtnahme, ein wenig mehr Hineindenken in den anderen Verkehrsteilnehmer – dann würde alles laufen. So empfiehlt sich für Traktorfahrer, die hinter langsamen Radfahrern herfahren, ein kurzes Hupsignal, die Radfahrer könnten dann kurz rechts halten und den Traktor vorbeilassen. Nach einem freundlichen Gruß per Handzeichen fühlen sich dann beide besser.

Video zum zum Thema: https://youtu.be/5vX1PI5waaY

Dietrich Pritschau (Bauernverband), die Landwirte Janina und Dirk Schöttler und die Vertreter der Radfahrer, Zeruja Hohmeier und Arne Hansen, werben für achtsamen Umgang miteinander auf Feldwegen.

Die Zukunft muß schnell beginnen

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Der Deutsche Bauerntag 2023 stand unter dem Motto: „Perspektiven schaffen – Zukunft bauen“. Das zeigt schon, dass sich einiges in Schieflage befindet. Aktuell hat sich die wirtschaftliche Lage der meisten Betriebe verbessert und ist besser als die mentale Stimmung auf den Höfen. Deshalb war das Motto der 91. Mitgliederversammlung, die am vorigen Donnerstag mit der Verabschiedung der Münsteraner Erklärung endete, gut getroffen.

Die Münsteraner Erklärung  ist der Aufruf für eine zukunftsfähige Landwirtschaft. Sie beinhaltet Forderungen an die Politik und bietet Lösungsvorschläge aus der Landwirtschaft. Für ein Gelingen ist eine handlungsfähige Politik Voraussetzung. „Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) reicht uns den kleinen Finger, aber wir brauchen seine ganze Hand für die anstehenden Veränderungen“, brachte es Klaus-Peter Lucht, BVSH-Präsident auf den Punkt. Das Resümee der Teilnehmer aus Schleswig-Holstein fiel einstimmig aus. Zwischen Worten und Taten aus dem Bundeslandwirtschaftsministerium (BMEL) klafft eine große Lücke.

Immerhin stellte sich Landwirtschaftsminister Özdemir der Diskussion mit den Landwirtinnen und Landwirten in Münster. Inhaltlich hatte er wenig Neues dabei. Das verpackte er in einer klugen Rede, die er mit Zitaten geschätzter CDU-Größen würzte, bis hin zur Selbstironie, indem er sagte, er wolle nicht Minister im „Soja-Würstchen-Ministerium“ sein. Özdemir verbuchte als Erfolg der aktuellen Etatdiskussionen um den Agrarhaushalt, dass die Kürzungen der Mittel für die Gemeinschaftsaufgabe Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes (GAK) und für die landwirtschaftliche Sozialversicherung nun schwächer ausfallen als befürchtet. Ansonsten unterstützt er weiterhin die EU-Pläne zur Halbierung des Pflanzenschutzmitteleinsatzes und will Totalverbote in sensiblen Gebieten vermeiden. Klingt ganz ok, aber diese Gedanken muss Özdemir zuvor noch im Bundeskabinett und gegenüber Umweltministerin Steffi Lemke (Grüne) durchsetzen. Er hat seinen Stolz über die Umsetzung der Haltungskennzeichnung ausgedrückt und will sie ausweiten. Gründe für Verdrossenheit und für den Ausstieg liefert er genug, das machte die Diskussion leider deutlich.

DBV-Präsident Joachim Rukwied, hatte am Tag zuvor die Bedeutung der Landwirtschaft vor der prekären weltpolitischen Sicherheitslage eingeordnet. Er machte deutlich, Versorgungssicherheit für die Bevölkerung durch heimische Landwirte gibt es nur mit verlässlichen politischen Rahmenbedingungen, das gilt für die EU-Politik genauso wie für die Bundespolitik. Auffällig war dabei, die Sachlichkeit und Souveränität des Bauernpräsidenten, der in seiner frei gehaltenen Grundsatzrede, eine Zeitenwende der Landwirtschaftspolitik forderte. Rukwied hat auf eine öffentliche Abrechnung mit der Politik verzichtet und bot Özdemir so einen Dialog auf Augenhöhe an. Die Standpunkte sind ausgetauscht, jetzt sollte die Zukunftsmaschine Landwirtschaft schnell einen Gang höher schalten.

Scholz und Wüst zeigen Anerkennung für die Landwirtschaft

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Die Politik spielt traditionell eine wichtige Rolle beim Bauerntag. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und sein möglicher künftiger Herausforderer Hendrik Wüst (CDU), Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident, sprachen in Münster. Beide hoben die Bedeutung der Landwirtschaft insbesondere für die Lebensmittelversorgung, sowie den Umwelt- und Naturschutz hervor.

Scholz sagte in seiner Videobotschaft an die Delegierten, die hiesige Landwirtschaft sei zentral für die Ernährungssicherheit. Er versicherte, die Bundesregierung werde die Branche beim gegenwärtigen Wandel unterstützen. Wesentliche Treiber sieht Scholz im Klimawandel sowie in gesellschaftlichen Erwartungen an eine nachhaltigere Agrarerzeugung. Für die Bundesregierung sei klar, dass Landwirte, egal ob konventionell oder bio, von ihrer Arbeit leben müssen: „Sie ermöglichen, dass 84 Milionen Menschen in Deutschland gut leben können.“

Der Bundeskanzler erinnerte an die durch den russischen Angriffskrieg ausgelöste weltweite Knappheit an Getreide. „Frieden und Ernährungssicherheit sind eng miteinander verknüpft.“

Den Bauerntag nahm Ministerpräsident Wüst zum Anlass, persönlich den Bäuerinnen und Bauern zu danken für ihren direkten und zupackenden Einsatz nach der Flutkatastrophe 2021. Aus dem ganzen Land seinen Landwirte als erste zur Hilfe gekommen und zur Stelle gewesen, das erfordere Dank und Respekt. Wüst bekannte sich zu einer starken heimischen Landwirtschaft. Die Politik müsse dafür durch verlässliche Rahmenbedingungen die Voraussetzungen schaffen. Der geforderte Umbau der Tierhaltung ist dem Ministerpräsidenten zufolge längst im Gange. Entscheidend sei, dass sich der Umbau für die Tierhalter rechne. Wüst stellte sich in seiner Rede demonstrativ vor die Landwirte und forderte, Probleme bei Flächenfraß, Gewässerschutz, Tierwohl und Ernährungssicherheit im Dialog mit der Politik anzugehen. Er räumte ein, dass die Lebensmittelerzeugung zu lange als selbstverständlich hingenommen wurde. Es müsse in der Politik wieder klar sein, dass die Erzeugung von Lebensmitteln Priorität hat. mbw/age

Aufruf an die Politik zur richtigen Weichenstellung

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Der Deutsche Bauerntag hat am Donnerstag die Münsteraner Erklärung verabschiedet. Die Delegierten stimmten damit zu, sich den wichtigsten Herausforderungen des Klimaschutzes und dem Erhalt der Biodiversität zu stellen.

Eine vielfältige, wettbewerbs- und zukunftsfähige sowie gleichzeitig wirtschaftlich nachhaltige Landwirtschaft sei auf eine Landwirtschafts- und Ernährungspolitik angewiesen, die die richtigen Weichen stellt und die Voraussetzungen dafür schafft, dass dieses Potenzial genutzt werden kann, heißt es in der Erklärung.

Die deutschen Bauernfamilien fordern die Zukunftsaufgabe der Versorgungsicherheit mit Lebensmitteln und nachwachsenden Rohstoffen konsequent anzugehen und dies als Ziel im Grundgesetz zu verankern. Ferner fordern sie, nicht beim erreichten Ausbaustand Erneuerbarer Energien im ländlichen Raum stehenzubleiben, sondern Potenziale nachhaltiger Bioenergie und Biomassenutzung sowie Windenergie und Agri-­Photovoltaik weiter zu erschließen. Klimaleistungen sollten durch Anreize entlohnt werden, indem unter anderem humusmehrende Maßnahmen im Pflanzenbau und klimaeffiziente Tierhaltung gefördert werden. In der Münsteraner Erklärung fordern die Landwirte, der Tierhaltung eine Perspektive zu geben und Umbau sowie Weiterentwicklung möglich zu machen. Anstelle nationaler Alleingänge im Ordnungsrecht müssten die Lücken in der Tierhaltungskennzeichnung geschlossen, ein klarer Tierwohlvorrang im Bau- und Immissionsschutzrecht festgeschrieben und ein tragfähiges Förder- und Finanzierungskonzept realisiert werden.

Die Erklärung fordert auch, Nutzungsänderungen von Moorstandorten nur freiwillig und in Kooperation mit den Landnutzern und -eigentümern anzugehen und die Möglichkeit der landwirtschaftlichen Nutzung zu erhalten. Eine klare Absage wird dem Zugriff auf landwirtschaftliche Flächen für den Naturschutz über privilegierten Landerwerb erteilt. Weitere Themen waren der European Green Deal, die Gemeinsame Agrarpolitik (GAP), Artenschutz, neue Züchtungstechniken sowie Handels- und Ernährungspolitik.

Auch das DBV-Präsidium legte eine Erklärung vor, in der eine kritische Prüfung der Novelle des Düngegesetzes gefordert wird. Grund sind die weitreichenden Änderungen des nationalen Düngerechts im Zusammenhang mit dem Vertragsverletzungsverfahren zur Umsetzung der Nitratrichtlinie. Dadurch entstehen erheblich höhere Kosten bei der Bewirtschaftung, und das Prinzip der bedarfsgerechten Düngung ist gefährdet. Gefordert wird Planungssicherheit und keine Verschärfungen im Jahrestakt und die Anpassung des Entwurfs an EU-rechtlichen Vorgaben. mbw/age

Die Koloniale Frauenschule

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Der Kolonialismus gehört auch in Deutschland zu den dunklen Kapiteln der Geschichte. Sie hat Spuren hinterlassen, mit deren Aufarbeitung sich Geschichtswissenschaften, Politik und viele Museen in Deutschland bis heute beschäftigen. Eine Spur der kolonialen Aufarbeitung führt nach Rendsburg. Dort befand sich am heutigen Standort des Nordkollegs die Koloniale Frauenschule. Wer waren diese Frauen, die diese Schule besuchten? Was waren die Lehrinhalte und welche Rolle spielten die Frauen im Kontext des Kolonialismus? Einige von vielen Fragen, die Kuratorin Joana Schröder in ihrer Sonderausstellung „Von Rendsburg in die weite Welt. Die Koloniale Frauenschule“ in den Museen im Kulturzentrum Rendsburg (museen-rendsburg.de) zu beantworten versucht. 

Als die Schule am 1. Mai 1927 ihren Lehrbetrieb aufnahm, hatte Deutschland gar keine Kolonien mehr. Nach dem Ende des Ersten Weltkriegs musste das Deutsche Reich gemäß dem Versailler Vertrag alle seine überseeischen Kolonien abgeben. Doch Jahrzehnte nach dieser Regelung war die Begeisterung für Koloniales in Deutschland immer noch groß, zudem lebten immer noch viele deutsche Familien in den ehemaligen Kolonien. Aus diesem ­Kolonialrevisionismus der Zwischenkriegsjahre entstand die Koloniale Frauenschule in Rendsburg, die junge Frauen im Alter von 18 bis 25 Jahren theoretisch und praktisch für haus- und landwirtschaftliche Berufe in den ehemaligen Kolonien ausbildete. Die Schülerinnen kamen sowohl aus ganz Deutschland als auch aus den ehemaligen Kolonien nach Rendsburg. Bis zur Auflösung der Schule 1945 besuchten rund 1.100 Frauen die Einrichtung. 

Das ehemalige Hauptgebäude der Kolonialen Frauenschule in Rendsburg
Foto: Museen im Kulturzentrum Rendsburg 

„Die Schule war in vielerlei Hinsicht eine der bedeutendsten deutsch-kolonialen Institutionen Schleswig-Holsteins, deren Schülerinnen einerseits die traditionellen Frauenrollen der 1920er und 30er Jahre vereinten, andererseits Tätigkeiten vermittelt bekamen, die im Bezug der damals vorherrschenden Rollenbilder der Zeit als neu und ungewöhnlich angesehen werden konnten“, erklärte Museumsleiter Florian Böings bei der Ausstellungseröffnung.

So umfassten die Lehrinhalte neben Maschineschreiben, Sprachen lernen, Kochen, Handarbeit und Gemüseanbau auch das Schlachten von Tieren, Aufgaben der Milchwirtschaft, Handwerksarbeiten, Körper- und Krankenpflege, Tropenhygiene, Schießübungen und vieles mehr. Einer großen Bedeutung wurden der Pflege und Vermittlung des Deutschtums zugeschrieben. Mit der Machtübernahme der Nationalsozialisten wurden Rassekunde, Vererbungslehre und Ostfragen Teil des Unterrichtsstoffes. Die Ausbildung dauerte ein Jahr, anschließend folgte ein Praxissemester, bevor die Absolventinnen entweder auf ihre elterlichen Betriebe in Übersee zurückkehrten oder erstmals in die ehemaligen Kolonien, verstärkt nach „Deutsch-Südwestafrika“, vermittelt wurden. Die Frauen selbst träumten davon, es von Rendsburg in die weite Welt zu schaffen. Sie sehnten sich nach Abenteuern, dem Fremden und dem Exotischen. Faszinierend seien auch die bestehenden Netzwerke der Absolventinnen über die Schließung der Schule hinaus gewesen, noch Jahrzehnte danach blieben enge Kontakte bestehen, wurde sich getroffen und ausgetauscht. 

Die Ausstellung ist das Abschlussprojekt von Joana Schröder, die in den Museen im Kulturzentrum Rendsburg ein zweijähriges Volontariat absolvierte. Mit begrenzten Mitteln in der Kürze der Zeit ein so komplexes Thema in der Form aufzubereiten und dabei die Rolle der Frauen in einem männlich dominierten Themenkontext herauszuarbeiten, sei mehr als beeindruckend, lobte Böings. „Mir war wichtig, die vielen Facetten des Themas nicht allein aus meiner zentraleuropäischen Perspektive zu erzählen“, so die junge Kuratorin. Die Ausstellung soll zu einem transparenten Umgang und einer Auseinandersetzung mit der eigenen Geschichte motivieren. Mit ihr versuche ich, einen Beitrag zu aktuellen Debatten zu leisten und ein Forum für den Austausch zu bieten.“ 

Museumsleiter Florian Böings
Fotos: Iris Jaeger
Reges Interesse zu Ausstellungsbeginn
Tingatinga-Malereien aus Afrika
Schreibheft
Stundenplan
Handarbeiten gehörte ebenso mit zum Lehrplan …
… wie Schießübungen
Postkarten der ehemaligen Schülerinnen 
Am damaligen Standort der Kolonialen Frauenschule befindet sich heute die kulturelle Bildungseinrichtung Nordkolleg


Flatterhaft zarte Schönheiten

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Sie haben Namen wie Kleiner Postbote, Malachit oder blauer Morpho und wissen in den Bann zu ziehen – tropische Falter in allen möglichen Formen und Farben. Zu sehen sind die Schmetterlinge bis zum 27. August in einer Schau in der separaten Freiflughalle auf dem Gelände des Botanischen Gartens der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel.

Bereits beim Betreten der Freiflughalle ist man sofort verzaubert: zwischen den vielfältigen Pflanzen, die an sich schon eine eigene Ausstellung Wert sind, flattert es munter hin und her, zarte Falterflügel schweben um einen herum oder sitzen auf den bereit gestellten Futterplätzen und an den Pflanzen. Seit vergangener Woche kann man die gut 50 verschiedenen tropischen Schmetterlingsarten in hunderten Exemplaren in der Schmetterlingsschau bewundern. Ihr natürlicher Lebensraum sind die bedrohten Regenwaldgebiete Südamerikas, die Puppen für die Ausstellung stammen aus Costa Rica. Die in Kiel zu bestaunenden Exemplare geben einen Einblick in die unglaubliche Verwandlung und Vielfalt dieser faszinierenden Organismen. Gezeigt wird der einzigartige Verwandlungszyklus der Falter von der Eiablage, über Raupe und Puppe bis hin zum Schmetterling. Da auch bei uns heimische Schmetterlingsarten im Rückgang begriffen sind, geben eigens für die Ausstellung angelegte Beete Hinweise auf eine schmetterlingsgerechte Gartenbepflanzung. „Das gärtnerische Können zeigt sich darin, zur rechten Zeit die für die Schmetterlinge notwendigen Pflanzen im richtigen Stadium bereitzuhalten, über Jahre hinweg hat das Team des Botanischen Gartens darin eine eigene Meisterschaft entwickelt“, sagt Gartenkustos Dr. Martin Nickol. Nach der Ausstellung finden die Schmetterlinge und Puppen eine dauerhafte Bleibe im Garten der Schmetterlinge in Friedrichsruh. Iris Jaeger

Schmetterlingsschau der CAU Kiel
Fotos: Iris Jaeger
Schmetterlingsschau der CAU Kiel
Schmetterlingsschau der CAU Kiel, Freiflughalle, Tropische Falter, Puppen, Botanischer Garten Kiel
Fotos: Iris Jaeger


Rund 122.000 Kilometer gesammelt

Dieses Jahr fand zum zweiten Mal der Kampf der Landkreise statt. In dem Bemühen, innerhalb von 18 Wochen die meisten gefahrenen, gerittenen oder gelaufenen Kilometer für sich und die eigene Region zu sammeln, kamen die 500 Teilnehmer insgesamt auf rund 122.000 km.

„Wir haben diese Veranstaltung ins Leben gerufen, um verwertbare Zahlen zu dokumentieren, die den Bedarf an Reit- und Fahrwegen in Schleswig-Holstein aufzeigen. Gleichzeitig wollten wir einen Anreiz schaffen, dass sich die Teilnehmer untereinander austauschen, treffen und wieder häufiger ins Gelände gehen“, erklärt Stacy Bradtke. Die Nordfriesin ist im Vorstand des Vereins Reit- und Fahrwege in Schleswig-Holstein und engagiert sich, „weil unser Landkreis für Touristen ein echtes Highlight ist. Nur leider bleiben einheimische und auswärtige Reiter und Fahrer auf der Strecke, wenn sie nicht gerade den Strand besuchen möchten.“

Gemeinsam mit ihren Vorstandskolleginnen startete sie im vergangenen Jahr den ersten Schleswig-Holstein Cup. „Wir hofften auf etwa 100 Teilnehmer“, erinnert sie sich lachend, denn die Begeisterung für den Wettbewerb habe sie alle gleichermaßen überrascht und gefreut. Es meldeten sich 300 Reiter, Fahrer und Säumer an, die in den 16 Wochen des Wettkampfs 81.182 km sammelten. „Somit sind die Schleswig-Holsteiner mit ihren Pferden zweimal um die Welt geritten, gefahren oder gelaufen“, berichtet Bradtke und meint: „Das war schon eine beeindruckende Leistung.“

Mehrere Wertungen

Für dieses Jahr hatte das Organisationsteam anhand des Feedbacks der Teilnehmer einige Verbesserungen an der Veranstaltung vorgenommen. So wurde die Kilometerabgabe vereinfacht und die Prämie wurde auf zwei Wertungen aufgeteilt: Einen Teil bekommt der Kreis mit den meisten Gesamtkilometern, der andere Teil geht an den Kreis mit den meisten durchschnittlichen Kilometern pro Teilnehmer. So haben auch Landkreise mit weniger Teilnehmern eine Chance auf eine Prämie.

Diese Regelung kommt nun den Steinburgern zugute, denn hier kamen im Durchschnitt 337,66 km pro Teilnehmer zusammen. Die Steinburger waren den Kiel-Plönern wochenlang auf den Fersen und schafften es in der letzten Woche des Cups tatsächlich noch, sich mit rund 9 km Vorsprung auf Rang eins vorzukämpfen. Segeberg lag bei den Gesamtkilometern von Anfang an in Führung, was aber auch darauf zurückzuführen ist, dass dieser Landkreis mit Abstand die meisten Teilnehmer hatte. Pinneberg war ihnen mit weitaus weniger Teilnehmern immer auf den Fersen, doch schließlich trug Segeberg mit 30.429,28 km den Sieg davon.

Inken Greve aus Negernbötel, Kreis Segeberg, hatte auch schon im vergangenen Jahr teilgenommen. Für sie ist der Cup eine gute Ergänzung des Konditionstrainings für Turniere, denn im Frühjahr wird ihr KWPN-Wallach Hugo immer für die Fahrsaison fit gemacht. Sie sammelt ihre Kilometer nicht nur auf dem Kutschbock: „Für das Fahren müssen die Pferde auch unter dem Sattel laufen.“ In diesem Jahr hat sie nicht so viele Kilometer gesammelt, dafür war sie zu viel auf Turnieren unterwegs. Dennoch sei der Cup „toll, weil man sich trifft“.

Die Teilnehmer aus dem Kreis Segeberg waren wieder besonders fleißig. Mit 30.429,28 km gewannen sie den zweiten Schleswig-Holstein Cup.

Große Gemeinschaft

Gerade in Segeberg würden viele gemeinsame Aktionen organisiert, bei denen sie oft dabei sei. „Man stellt die eigenen Scheuklappen mal wieder weiter“, schwärmt sie über diese Treffen, an denen viele Reiter und Fahrer aus dem Breitensport teilnehmen.

Zum ersten Mal fand auch ein Vergleich auf Bundesebene statt. „Der Verein Die FreiZeitReiter aus Hessen hat sich an uns gewandt und ebenfalls den Cup ausgerichtet“, berichtet Stacy Bradtke. Dort haben sich etwa 70 Teilnehmer angemeldet, die am Ende fast 18.000 km gesammelt haben. „Wir hoffen, dass in Zukunft noch andere Vereine einen Cup ins Leben rufen möchten“, resümiert ihre Vereinskollegin Jessica Möller. Der Fokus läge aber weiterhin auf Schleswig-Holstein.

Für die Reiter, Fahrer und Säumer hier vor Ort ist durch den Zuwachs an Teilnehmern auch die Prämie gestiegen. Die Übergabe und eine feierliche Ehrung der besten Teilnehmer findet voraussichtlich am Sonntag, 20. August, beim Landesbreitensportturnier in Bad Segeberg statt. Doch am schönsten sei die Gemeinschaft, die sich rund um den Cup bildet. „Die Teilnehmer verabreden sich auch kreisübergreifend zu gemeinsamen Ausfahrten und -ritten“, weiß Möller. Einige Teilnehmer nähmen den Cup zum Anlass, Ängste zu überwinden oder sich eigene Challenges zu setzen: „Wir bekommen sehr viel positives Feedback und freuen uns sehr, dass die Teilnehmer so viel Spaß an dem jährlichen Cup haben.“

„Käse trifft Wein“ am Bootshafen

Bereits zum 15. Mal findet vom 14. bis 16. Juli die Genussveranstaltung „Käse trifft Wein“ am Bootshafen in Kiel statt. Käseliebhaber können hier Schleswig-Holsteins Käsevielfalt direkt beim Produzenten probieren.

Die Käsereien Hof Berg, Rohmilchkäserei Backensholz, Ostenfelder Meierei, Holtseer Landkäserei, Jahnkes Ziegenkäse und Meierhof Möllgaard sind vor Ort und präsentieren ihre Käse gemeinsam mit Deutschen Winzern. Am Gütezeichen-Stand der Landwirtschaftskammer gibt es Produkte mit dem EU-Herkunftsschutz, Holsteiner Tilsiter g.g.A. und Holsteiner Katenschinken g.g.A. Auf dem Ponton finden während der Veranstaltung vier Käse- und Weinverkostungen statt. In diesem Jahr werden sie von Diplom-Käsesommerlière Petra Schweim und Cindy Jahnke, der Vorsitzenden der Käse­Straße Schleswig-Holstein, durchgeführt. Die Verkostungen können über die Website von Kiel Marketing für 35 € pro Person gebucht werden. Zwei Tickets für die Käseverkostung am Samstag um 12 Uhr werden über die Website von Gutes vom Hof.SH verlost. Teilnahmeschluss ist Mittwoch, der 12. Juli 2023. Teilnahme über: gutes-vom-hof.sh/
gewinnspiel 

Alt und schön zugleich

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In Meldorf an der Westküste Schleswig-Holsteins befindet sich zwischen dem Landwirtschaftsmuseum und dem zugehörigen Bauernhaus ein Historischer Rosengarten, der bei Rosenfreunden weit über die Region hinaus bekannt ist. Durch die intensive Recherche-, Bestimmungs-, Sammel- und Pflegetätigkeit der Rosenkennerin, Journalistin und Fachbuchautorin Gerda Nissen wurde die inzwischen weit über 50 Sorten historischer Rosen aus Dithmarschen umfassende Sammlung begründet. Vom Mai bis in den Juli erwartet den Besucher nicht nur ein faszinierendes Farbspektakel blühender Rosen, sondern auch ein ebenso intensives Dufterlebnis.

Halbgefüllte rosa Blüten besitzt die Rosa spinosissima ‚William III‘.

Auf dem Weg vom Vorplatz des Landwirtschaftsmuseums zum etwas zurückliegenden 300 Jahre alten Bauernhaus passiert man den Museumsgarten mit den historischen Rosen, deren Sorten und Pflanzungen mit Nummern versehen sind. Die Zuordnung zu den Sorten können Besucher dem im Museum erhältlichen Infoblatt oder dem aufgestellten Infokasten entnehmen.

Als alte oder historische Rosen werden in der Regel diejenigen bezeichnet, die vor 1867 entstanden sind. Ab der Mitte des 19. Jahrhunderts ist die moderne Rosenzucht mit der Einkreuzung chinesischer Rosen entstanden. Die Vorteile waren eine mehrmalige und längere Blütezeit und eine größere Blütenfarbenpalette, vor allem der Rottöne. Erkennen kann man die alten Sorten meist an den mattfarbigen Laubblättern, die bei den modernen Sorten eher glänzend, fast wie lackiert erscheinen. Die alten Sorten, die zum Teil bereits aus der Antike bekannt waren oder die im 16. bis 19. Jahrhundert entstanden sind, waren damit aus der Mode gekommen und in Vergessenheit geraten, aber erfreuen sich mittlerweile wieder einer gewissen Renaissance.

Die Alba-Rose ‚Maxima‘ war früher in vielfacher Hinsicht eng mit dem dörflichen Leben verbunden.

Unbestrittene Vorteile der alten Rosen sind ihre Anspruchslosigkeit und die gute Angepasstheit an die lokalen Boden- und Klimabedingungen. Allerdings blühen die alten Rosen meist nur einmal und über einen kürzeren Zeitraum, weshalb sie allerdings geringerer Pflege bedürfen. Einen weiteren Vorteil betont Gerda Nissen in ihrem Buch über alte Rosen: „Das Faszinierende an alten Rosen ist nämlich, dass sie beides vereinen: den Sinnenreiz betörender Schönheit und den intellektuellen Reiz ihrer geschichtsträchtigen Vergangenheit.“

Die oft gemalte Damaszenerrose ‚Celsiana‘ besitzt durchscheinende rosa Blüten, die etwas verknittert wirken. Fotos: Hans-Dieter Reinke

Bei ihrer systematischen Suche nach alten Sorten im Kreis Dithmarschen ab der Mitte der 1970er Jahre wurde Gerda Nissen in alten Dorfgärten, verlassen Siedlungen, auf Friedhöfen, aber auch in Knicks fündig. Bereits 1976 erschienen in der Zeitschrift „Dithmarschen“ unter dem Titel „Alte Rosen aus Dithmarschen“ erste Ergebnisse ihrer Bemühungen. 23 Sorten wurden dargestellt und bald darauf im Jahre 1984 folgte das Buch „Alte Rosen“, das zu einem Standardwerk der regionalen Rosenforschung wurde. Es erschienen diverse Auflagen und inzwischen liegt eine von der langjährigen Mitarbeiterin des Museums Dr. Jutta Müller behutsam überarbeitete und herausgegebene Version mit den Texten von Nissen vor – ergänzt durch zeitgemäße neue Fotografien der einzelnen Rosensorten von der Fotografin Melitta Kolberg.

Die ‚Rose de Resht‘ ist mit ihren leuchtendroten Blütenpompons die einzige mehrfach blühende Damaszenerrose.

Neben der Sammlung und Publikation kümmerte sich Gerda Nissen auch um die Entwicklung eines Gartens der alten Rosen, zunächst im Innenhof des Dithmarscher Landesmuseums und später Ende der 1980er Jahre beim Neubau des Schleswig-Holsteinischen Landwirtschaftsmuseums am heutigen Standort.

So werden heute über 50 in Dithmarschen gefundene und wiederentdeckte Sorten alter Rosen im Museumsgarten präsentiert. Sie gehören zu den bekannten Rosenklassen, in die die dornigen Blütenschönheiten wie Gallica-, Alba-, Damaszener-, Spinosissima, Zentifolia-, Bourbon und Francofurtana-Rosen einsortiert werden.

Die Rosa damascena ‚Duke of Cambridge‘ besitzt gefüllte kräftig rosa farbene Blüten, die relativ schnell verblassen.

Da ist beispielsweise die Gallicarose ‚Officinalis‘, die bereits die Römer kannten und die Plinius der Ältere im ersten Jahrhundert unserer Zeitrechnung eingehend beschrieben hat. „Sie hat seitdem an allem teilgehabt, was wir heute europäische Kultur nennen“, sagt Gerda Nissen in ihrem Buch und erwähnt die Verwendung in der Medizin als Rosenwasser oder Rosenöl, in der Kunstdarstellung, als Heil- und Blütenpflanze in den mittelalterlichen Klostergärten und als eines der Madonnensymbole in der christlichen Religion. Weitere dithmarscher Gallicarosen sind die ‚Versicolor‘ mit rot-weiß gestreiften Blüten, ‚Tuscany‘ mit schwärzlich roten Blüten, oder ‚Conditorum‘, die auch als Zuckerröslein benannt wurde und zu allerlei süßen Leckereien, wie kandierten Blütenblättern verarbeitet wurde. Hierzu gehört auch ‚Royale Marbrée‘, deren Blütenfarbe sich verschiedentlich etwas im Laufe der Blütenentwicklung verändert und bei anderen Boden- und Sonnenscheinverhältnissen leichte Farbveränderungen der Blüte besitzt. Ihre Blüten lassen sich sogar für die Vase schneiden, was ansonsten bei den alten Sorten eher selten der Fall ist.

Sehr beliebt sind die weiß blühenden Rosen der „Alba-Gruppe“ mit der halbgefüllten ‚Semiplena“, die wohl die älteste und jahrhundertelang einzige reinweiß blühende Gartenrose Europas war. Die ebenfalls weiß blühende ‚Maxima‘, die Rose unserer Märchen und Sagen und der Dichtungen, die mit ihren gefüllten Blüten über zwei Meter hohe und ausladende Sträucher ausbildet, war als haus- und stallnahe Hofrose beliebt. Ihre Blüten überdeckten früher an Ställen und Haustüren mit ihrem Rosenduft den Geruch von Vieh und Mist.

Die als ‚Gelbe Rose von Texas‘ bezeichnete Rosa harisonii stammt aus den USA und ist eine der wenigen gelb blühenden alten Rosen.

Die Damaszenerrosen sind vertreten mit der Sorte ‚Celsiana‘, die der berühmte Rosenmaler Redouté Anfang des 19. Jahrhunderts porträtierte und die auch in den Blumenbildern Van Huysums schon früher dargestellt worden war. Die ‚Rose de Resht‘ mit ihren leuchtend­roten Blütenpompons ist sogar die einzige öfterblühende oder sogar dauerblühende Damaszenerrose. Sie gilt trotz der Mehrfachblüte als robust und frosthart und weist den typischen schweren Ölrosenduft der Damaszenerrosen auf.

Mit vielen kleinen Dornen versehen sind die Spinosissima-Sorten, deren Wildformen an den Küsten Nordeuropas bis nach Sibirien beheimatet sind. ‚Staffa‘ ist der Name einer schottischen Insel und aus der nördlichen Region könnte die weiß blühende Sorte auch kommen, die bereits frühzeitig im Mai ihre Blütenpracht im Meldorfer Rosengarten entfaltet.

Die Farbe gelb war unter den alten Sorten eine seltene und begehrte Farbe, die in Meldorf durch Rosa harisonii vertreten ist, die auch als ‚gelbe Rose von Texas‘ bekannt ist. Sie kam 1930 nach Europa und war im Garten des New Yorker Rosenzüchters Georg Harison entstanden. Sie erwies sich als robust und für das raue nördliche Klima geeignet.

Die Rosa centifolia ‚Robert le Diable‘ kann in verschiedenen Blütenfarben, wie rosa, rot, purpur oder lila auftreten.

Die Rosenblütezeit im Meldorfer Rosengarten beginnt alljährlich im späten Mai und zieht sich bis Mitte Juli, so dass man Gelegenheit hat sich vielleicht eine geeignete Rosensorte für den eigenen Garten auszusuchen. Im Herbst gibt es dann die Möglichkeit, diese Sorte zu erwerben, wenn von einigen Rosensorten Ausläufer zum Verkauf stehen.

Zudem gibt es im Museumsgarten neben den Rosen auch andere Blumen in den Beeten wie Funkie, Frauenmantel, Telekia, Astilbe, Taglilie, Iris, Kronenlichtnelke, Sonnenbraut und andere sowie einige Sträucher mit Johannisbeeren und Flieder, ein Birnenspalierobst an der Mauer des Museumsgebäudes oder auch Gräser, wie Horste von Rohr-Glanzgras. Im herbstlichen Garten bieten die Rosen nochmals ein schönes Schauspiel, wenn sie die verschiedenfarbigen und unterschiedlich geformten Früchte (Hagebutten) zur Schau tragen.

Rapsextraktionsschrot weiterhin beliebt

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Der Winterrapsanbau zur Ernte 2023 wurde erneut ausgedehnt. Mit 1,10 bis 1,13 Mio. ha Hektar liegt die Aussaatfläche ein weiteres Mal oberhalb der Erntefläche. Der scharfe Anstieg der Rapserzeugerpreise im Frühjahr/Sommer nach dem Angriff Russlands auf die Ukraine dürfte nach den Experten der Union zur Förderung von Oel- und Proteinpflanzen (Ufop) viele Landwirte bewogen haben, ihren Anbau auszudehnen.

Anbauausdehnungen sind in erster Linie im Norden (Schleswig-Holstein, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen) und in Süddeutschland (Bayern, Baden-Württemberg) beobachtet worden, berichtet die Ufop in ihrer Prognose zur Anbauentwicklung für das Jahr 2023. Damit steht auch in diesem Jahr den deutschen Ölmühlen ein wichtiger Rohstoff gleich vor der Tür zur Verfügung.

Dass Rapsextraktionsschrot (RES) aus den deutschen Ölmühlen in der Tierfütterung weiterhin sehr beliebt ist, zeigen die Einsatzzahlen, die der Verband der Ölmühlen und der Deutsche Verband Tiernahrung (DVT) jährlich herausgeben. Wie in Abbildung 1 dargestellt, übersteigt in den vergangenen fünf Jahren der Verbrauch an RES den des Sojaextraktionsschrotes (SES) deutlich. Gedeckt wird dieser Bedarf zum größten Teil aus deutschen Ölmühlen, die mittlerweile eine Verarbeitungskapazität von 9,5 Mio. t Rapssaat im Jahr aufweisen.

Der leichte Rückgang seit dem Jahr 2017, der das SES stärker getroffen hat als das RES, lässt sich möglicherweise auf geringere Tierzahlen, aber auch auf eine Reduzierung des Proteingehaltes in den Futtermischungen aufgrund der neuen Düngerichtlinien zurückführen. Aufgrund der extremen Rückgänge der Tierzahlen in 2022 werden weiter sinkende Einsatzmengen prognostiziert.

Der hohe Anteil an RES ist Ausdruck dafür, dass vor allem Rinderhalter dieses Futtermittel schon seit Längerem als Alternative zum SES akzeptieren. Eine wesentliche Grundlage dafür haben umfassende Fütterungsversuche gelegt, die in Koordination zwischen mehreren Landesversuchseinrichtungen und mit maßgeblicher Unterstützung der Ufop durchgeführt worden sind. Die Versuche zeigen, dass Milchkuhrationen auch im Hochleistungsbereich ganz ohne SES machbar sind und so die mittlerweile nahezu als Standard geforderte Gentechnikfreiheit der Futtermittel gewährleisten können.

Rapsextraktionsschrot kann im Futter für Milchkühe alleine die benötigte Proteinfuttermenge ausmachen.

Aber auch im Bereich der Schweinefütterung beginnt unter den momentanen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen ein Umdenken. Nachdem auch hier Untersuchungen der vergangenen Jahre (Tabelle 1) deutlich gezeigt haben, dass bei Einhaltung der Empfehlungen für die Gesamtration ohne Probleme bis zu 15 % RES in der Mastschweineration eingesetzt werden können, hat sich der Einsatz im Schweinefutter ebenfalls deutlich erhöht. Interessant ist es immer dann, wenn sich eine Preisrelation von unter 65 bis 68 % zum Preis von SES ergibt.

Von den in Deutschland verarbeiteten 9,5 Mio. t Rapssaat kommen gute 40 % aus Deutschland selbst. Die übrigen 60 % werden importiert. Daher lag auch in diesem Jahr ein Schwerpunkt auf der Analyse der antinutriven Glucosinolate.

Zahlreiche Proben untersucht

Unter dieser Maßgabe konnten durch die Landesfütterungsreferenten knapp 40 RES-Proben gezogen und bei der Landwirtschaftlichen Kommunikations- und Servicegesellschaft (LKS) Lichtenwalde auf Inhaltsstoffe untersucht. Damit schließt das Monitoring auch an die Untersuchungen von 2018 bis 2021 an.

Beim Schwein können bis zu 15 % RES im Futter eingesetzt werden.

Ähnlich den Ergebnissen der vergangenen Jahre zeigte das RES auch in 2022 eine durchgehend gleichmäßig hohe Qualität. Mit einer mittleren Trockenmasse von 89,1 % waren optimale Voraussetzungen für die Lagerung gegeben. Der Rohfasergehalt bewegt sich etwas höher als in den Vorjahren bei 13,2 %. Der Fettgehalt liegt mit 3,8 % auf gleichem Niveau wie in den vergangenen Jahren. Der Eiweißgehalt lag mit 32,4 % knapp unter dem Vorjahresniveau.

Alles dies hat keine Auswirkungen auf den Energiegehalt, der im Jahr 2021 mit 6,3 MJ NEL für das Rind und 9,8 MJ ME für das Schwein im Mittel der Jahre zuvor lag. Der Energiewert für das Geflügel liegt mit durchschnittlich 7,5 MJ ME im Bereich der Tabellenwerte. Sowohl die nXP-Werte (215 g) (nutzbares Rohprotein) als auch die RNB (Ruminale Stickstoffbilanz)-Werte (17 g) trafen die Werte der vergangenen Jahre ziemlich genau.

Der Lysingehalt lag im Jahr 2022 mit 18,0 g/kg etwas niedriger als 2020 und 2021. Bei der Untersuchung auf Mengen- und Spurenelemente zeigte sich auch in 2022, dass die tabellierten Werte in etwa erreicht wurden (Tabelle 2). Der besonders interessante P-Gehalt lag in 2022 Jahr mit 10,6 g/kg RES ähnlich dem Mittelwert des Jahres 2020. Man erkennt eine Streuung der Werte, die Abweichungen von rund 20 % nach oben und unten ausweisen. Da wir aber dabei noch im Bereich des Analysenfehlers bleiben, kann man von einer recht niedrigen Streuung sprechen.

Berechnet man aus den Werten für K, Na, Cl und S das Kationen-Anionen-Verhältnis (DCAB), das für die Beurteilung einer eventuell bestehenden Milchfiebergefahr in der Vorbereitungsfütterung bei Milchkühen von Bedeutung ist, erhält man hier Werte von durchschnittlich –78 meq/kg. Damit liegt der Wert etwas tiefer als der des Vorjahres.

Der Glucosinolatwert liegt im Mittel mit 9,1 mmol in gleicher Größenordnung wie in den vergangenen Jahren. Dabei schwanken die Werte zwischen 1,3 und 15 mmol. Ausreißer über 15 mmol/kg waren in diesem Jahr nicht zu beobachten.

Deklarationen wurden eingehalten

Im Zuge des Monitorings wurden weiterhin die Angaben der Hersteller/Verkäufer von RES in Bezug auf die Rohproteinwerte der verkauften Ware überprüft. Dazu galt es, die Abweichungen der Analysewerte von den deklarierten Werten festzustellen. In Abbildung 2 sind diese Abweichungen für jede einzelne Partie dargestellt.

Abweichungen nach oben sagen aus, dass bei den Analysen mehr Rohprotein gefunden wurde, als deklariert war. Bei nach unten abweichenden Werten lagen die Analysenwerte unter den deklarierten Werten. Bezieht man die Toleranzen mit ein, haben im Jahr 2022 mit Ausnahme eines der untersuchten RES alle die deklarierten Rohproteinwerte eingehalten. Die Auswertung belegt also, dass bei Rationsberechnungen der vom Verkäufer deklarierte Rohproteinwert angesetzt werden kann und sollte.