Um den Zukauf proteinreicher Kraftfuttermittel zu reduzieren, können beispielsweise Leguminosen angebaut und in der Fütterung von Rindern eingesetzt werden. Die Landwirtschaftskammer Schleswig-Holstein hat am Lehr- und Versuchszentrum Futterkamp in den vergangenen Jahren den Luzerneanbau mit vielen Untersuchungen begleitet. Die Ergebnisse des Fütterungsversuches sollen im Folgenden vorgestellt werden.
Ein wesentlicher Anteil der Ration von Rindern besteht aus Grundfutter. Für hohe Leistungen bei gesunden Tieren muss es unter anderem einen hohen Nährstoffgehalt haben. Anderenfalls müssen fehlende Nährstoffe über zugekauftes Futter ausgeglichen werden.
Die Luzerne wird oft als „Königin der Futterpflanzen“ bezeichnet und spielt vor allem im Ackerfutterbau eine bedeutende Rolle. Die hohen Struktur- und Proteingehalte machen sie zu einer wertvollen Grundfutterkomponente, insbesondere in Rationen mit hohen Maissilageanteilen. In Regionen mit geringen Niederschlägen über die Vegetationsperiode wird die Luzerne aufgrund ihrer großen Trockenheitstoleranz bevorzugt angebaut und in der Rinderfütterung eingesetzt.
Die möglichen Vorteile der Luzerne sollten nun unter norddeutschen Verhältnissen eingehend untersucht werden. Hierfür wurden 2020 insgesamt 4,5 ha Luzerne in Reinsaat am Standort des Lehr- und Versuchszentrums Futterkamp angebaut. In den ersten beiden Anbaujahren wurden jeweils drei Schnitte geerntet, in Rundballen gepresst und in Fütterungsversuchen an die Milchkühe des Betriebes verfüttert.
Fragestellungen im Versuch
Im Rahmen des ersten Fütterungsversuches, bei dem die Luzernesilage über die TMR verfüttert wurde, sollte geklärt werden, ob durch den Einsatz von Luzernesilage Strukturfuttermittel und proteinreiche Kraftfutter bei gleicher Leistung und Tiergesundheit eingespart werden können. In Praxisberichten und wissenschaftlichen Veröffentlichungen wurde von einer hohen Schmackhaftigkeit der Luzerne berichtet. Es sollte daher untersucht werden, ob die Futteraufnahme durch die Luzernesilage erhöht werden kann.
Einteilung der Tiere
Der Fütterungsversuch wurde über eine Dauer von 64 Tagen im Sommer 2021 durchgeführt. Insgesamt wurden 72 Versuchstiere, davon 34 Erstkalbskühe, anhand der Milchleistungsprüfung kurz vor dem Versuchsbeginn gleichmäßig auf zwei Gruppen aufgeteilt. Die durchschnittlichen Leistungs- und Produktionskennzahlen zu Beginn des Versuches sind in Tabelle 1 dargestellt. Die Milchleistung der letzten Milchkontrolle vor Versuchsbeginn betrug im Durchschnitt über alle Tiere beider Gruppen 38,4 kg energiekorrigierte Milch (ECM), die Anzahl der Laktationstage lag zum Versuchsbeginn bei 135 Tagen in Milch.
Gestaltung der Rationen
Die Ration der Kontrollgruppe entsprach der betriebsüblichen, maisbetonten Ration ohne Luzernesilage. Diese Ration wurde in der ersten Versuchswoche über beide Versuchsgruppen, so auch an die Luzernegruppe verfüttert. Erst ab der zweiten Versuchswoche enthielt die Ration der Luzernegruppe 2,5 beziehungsweise 3,4 kg TS Luzernesilage. Die Rationen wurden so berechnet, dass die wichtigsten Rationskennzahlen zwischen der Kontroll- und Luzernegruppe möglichst übereinstimmend sind.
Während des Versuches fand eine Rationsänderung aufgrund eines Futterwechsels statt, bei dem vom ersten auf den zweiten Schnitt der Grassilage gewechselt werden musste. Während der ersten Versuchshälfte mit dem ersten Schnitt wurden in der Luzernegruppe 3,0 kg TS weniger Grassilage und keinerlei Stroh eingesetzt, welches in der Kontrollgruppe mit 0,4 kg TS pro Tier und Tag verfüttert wurde. Die insgesamt eingesetzte Kraftfuttermenge unterschied sich in beiden Fütterungsabschnitten nicht zwischen der Kontroll- und der Luzernegruppe.
In der Luzernegruppe wurde insgesamt weniger proteinreiche Vormischung beziehungsweise im zweiten Abschnitt gar keine Vormischung eingesetzt, wohingegen mehr Milchleistungsfutter in die Ration kam. In der Luzernegruppe konnten 47 % im ersten und 32 % im zweiten Abschnitt an Harnstoff eingespart werden. Die gesamte Ration wurde auf eine Futteraufnahme von 23 kg TS berechnet.
Ergebnisse der Futteraufnahme
Die Futter- und Wasseraufnahme wurde täglich von jedem Tier in beiden Versuchsgruppen erfasst und ausgewertet. Die TS-Aufnahme lag in beiden Versuchsgruppen auf einem ähnlichen Niveau (22,6 beziehungsweise 22,1 kg TS) und blieb hinter den angenommenen 23 kg TS-Aufnahme zurück. Die Luzernegruppe lag zwar numerisch um 0,5 kg niedriger, dieser Unterschied konnte statistisch aber nicht abgesichert werden.
In der Energie-, Rohasche-, Rohprotein- und der Aufnahme von nutzbarem Rohprotein zeigten sich erwartungsgemäß keine Unterschiede zwischen den Versuchsgruppen. Lediglich bei der Rohfaser, der aschefreien Säure-Detergenzien-Faser (ADFom) und der aschefreien Neutrale-Detergenzien-Faser (aNDFom) sind die Aufnahmen in der Luzernegruppe signifikant geringer. Dies kann mit der Rationsgestaltung begründet werden. Die Gehalte an Rohfaser, ADFom und aNDFom sind, abhängig vom Zeitraum, bereits in der vorgelegten Ration in der Luzernegruppe geringer. Die Wasseraufnahme lag mit knapp 92 und 94 kg je Tier und Tag auf einem gleichwertigen Niveau und unterschied sich nicht signifikant.
Milchleistung und -inhaltsstoffe
Die Milchmenge aller Versuchstiere wurde täglich erfasst. Milchkontrollen wurden wöchentlich durchgeführt, um die Inhaltsstoffe Fett, Eiweiß, Laktose sowie die Zellzahl und den Harnstoffwert zu bestimmen. Die Ergebnisse beider Gruppen im Vergleich über die gesamte Versuchsdauer sind in Tabelle 5 dargestellt. Die Kühe der Kontrollgruppe gaben mit durchschnittlich 37,4 kg täglich zwar numerisch gesehen mehr Milch, doch auch dieser Unterschied konnte nicht statistisch abgesichert werden beziehungsweise ist nicht auf die unterschiedliche Fütterung zurückzuführen.
Die leicht höheren Milchinhaltsstoffe in der Luzernegruppe – ebenfalls nicht signifikant – führen dazu, dass die ECM-Menge in beiden Gruppen mit 35,7 kg identisch ist. Ebenfalls sind keine signifikanten Unterschiede beim Harnstoffwert und der Zellzahl in der Milch zu finden. Die numerisch höhere Energieaufnahme der Kontrollgruppe kann einen möglichen Einfluss auf das um 7 kg höhere Körpergewicht oder die um 0,1 höhere BCS-Zahl in der Kontrollgruppe haben. Aber auch hier handelt es sich um nicht signifikante Unterschiede zwischen den beiden Versuchsgruppen.
Vorteile von Luzerne
Die vor dem Versuch gestellten Fragen können aufgrund der Ergebnisse nun eindeutig beantwortet werden. Der Einsatz von Luzernesilage kann den Einsatz von Strukturfuttermitteln wie zum Beispiel Stroh und proteinreichem Kraftfuttermittel reduzieren. Dies bedeutet aber nicht, dass die Kraftfuttermenge in einer Ration mit Luzernesilage reduziert werden kann. 
Zwar weist Luzerne hohe Rohproteingehalte auf, die Energiegehalte sind auf der anderen Seite aber als verhältnismäßig gering zu bewerten. Daher muss in der Regel ein Energieausgleich übers Kraftfutter stattfinden. Je nach betrieblichen Gegebenheiten und dem Kostenverhältnis von Protein- zu Energiekraftfuttermitteln können Kraftfutterkosten eingespart werden. Dies ist beispielsweise der Fall, wenn proteinreiche Komponenten teurer als energiereiche Komponenten sind. Eine Erhöhung der Futteraufnahme durch eine mögliche hohe Schmackhaftigkeit der Luzernesilage konnte nicht dokumentiert werden.
Fazit
2021 hat die Landwirtschaftskammer Schleswig-Holstein am Lehr- und Versuchszentrum Futterkamp einen Fütterungsversuch zum Einsatz von Luzernesilage bei laktierenden Milchkühen durchgeführt. Hierfür wurden 4,5 ha Luzerne in Reinsaat angebaut, in Rundballen gepresst und anschließend verfüttert. Die Ergebnisse des Fütterungsversuches zeigen, dass sowohl Strukturfuttermittel als auch proteinreiches Kraftfutter bei gleichen Leistungskennzahlen durch den Einsatz von Luzernesilage eingespart werden können. Dabei muss betont werden, dass die absolute Kraftfuttermenge in beiden Versuchsgruppen identisch war, da durch den verhältnismäßig geringen Energiegehalt der Luzerne ein Energieausgleich über Kraftfutter notwendig wurde.