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Die ersten heimischen Erdbeeren sind reif

Die Landwirtschaftskammer Schleswig-Holstein und der Obstbauversuchsring des Alten Landes haben am 4. Mai offiziell die Erdbeersaison auf dem Betrieb von Bastian Soltau in Barsbüttel, Kreis Stormarn eröffnet.

Wenn Erdbeeranbauer bereits im Mai regional erzeugte Früchte anbieten können, geht die Nachfrage nach Import-Erdbeeren aus Südeuropa zurück. Die Erdbeerproduktion in den Exportländern, beispielsweise Spanien, verbraucht weit mehr Wasser als hierzulande. Zudem ist Wasser in diesen Ländern ein kostbares, knappes Gut. Außerdem entsteht beim Transport zusätzlich klimaschädliches CO2. Der Selbstversorgungsgrad, der Anteil an in Deutschland produzierten und verzehrten Erdbeeren, liegt bei rund 50 %. Die Empfehlung der Landwirtschaftskammer lauter daher, Erdbeeren direkt vor der Haustür beim Erzeuger regional und saisonal zu kaufen. „Die Früchte schmecken, sind frisch und durch die kurzen Wege wird die Umwelt geschont“, betonte Ute Volquardsen, Präsidentin der Landwirtschaftskammer.

Nach einem nassen Februar gestaltete sich der März weiterhin dunkel und kalt. Im April schien zwar öfters die Sonne, aber die Nächte waren bis in die letzten Tage hinein kalt. Wiederholt traten leichte Nachtfröste auf. Trotz dieser kalten Nächte konnte die Sonne die Erdbeeren in den begehbaren Folientunneln sehr gut erwärmen und die frühe Reife ermöglichen, sodass jetzt die ersten Erdbeeren reif sind. Allerdings sind die Freilandkulturen aufgrund des kühlen Aprils noch weit zurück in der Entwicklung. „Aktuell sieht dennoch alles nach guten Voraussetzungen für einen hohen Ertrag aus, aber es kommt eben auf das Wetter der kommenden Wochen an“, so Präsidentin Volquardsen.

Erdbeeren wurden hierzulande zuletzt von 89 Betrieben auf einer Freilandfläche von insgesamt 862 ha erzeugt. Die größten Flächen liegen in den Kreisen Herzogtum Lauenburg (150 ha), Plön und Ostholstein (150 ha).

„Wenn alles glatt läuft, produzieren wir in Schleswig-Holstein rund 10.000 Tonnen Erdbeeren. Dank der Folien stehen Erdbeeren hierzulande nicht erst im Juni bereit und Verbraucher sind nicht auf Ware aus dem Ausland angewiesen!“, sagt Ute Volquardsen. Wie die Agrarmarkt Informations-Gesellschaft (AMI) berichtet, griffen 2022 mehr Haushalte zu heimischer Ware als 2021.

Begehbare Folientunnel nehmen zu

Alle Erdbeerbetriebe in Schleswig-Holstein verfrühen einen Teil ihres Anbaues. Das sind rund 300 ha und 30 % der Gesamtanbaufläche. Weitere rund 550 ha Erdbeeren stehen ohne Verfrühung im Freiland.

Eine lang gestreckte Erdbeersaison reduziert das Risiko in einem schwankenden Markt und führt zu einer gleichmäßigeren Auslastung der Arbeitskräfte. Höchstwahrscheinlich werden ausreichend Arbeitskräfte aus nah und fern zum Pflücken und Verkaufen der Früchte da sein, so die Prognose.

Es sind ausreichend Arbeitskräfte für die Ernte und den Erdbeerverkauf vor Ort. Hier Erntehelfer Lukasz Garbaczy aus Polen mit der Pflückkarre im Folientunnel von Hof Soltau in Barsbüttel 

Aufgrund der gestiegenen Energiekosten, Löhne und Logistikkosten haben die Erzeuger höhere Kosten zu verzeichnen. Erdbeerproduzent Bastian Soltau betont, dass zum Saisonauftakt die Preise auf ähnlichem Niveau wie im Vorjahr seien. Er blicke zuversichtlich auf die Saison. Zum Ende der Saison werde man sehen, ob die Preis- und Kostenstruktur zusammengepasst haben.

Kurze Wege durch Direktvermarktung

Der Vorteil der schleswig-holsteinischen Anbauer ist die Marktnähe: Kurze Transportwege ermöglichen besonders geschmacksstarke Sorten und vor allem ein spätes Pflücken reifer Früchte. Viele Erdbeererzeuger setzen auf die Direktvermarktung: In Hofläden oder Verkaufsständen an verbrauchernahen Standorten bieten sie die Früchte pflückfrisch an. Auch bei Bastian Soltau ist die Direktvermarktung ein wichtiges Standbein. Wenn die Früchte zahlreich an den Pflanzen hängen, setzt er – wie viele seiner Kollegen – aufs Selbstpflücken. „Dies soll je nach Wetter in etwa vier Wochen beginnen. Dann können die Verbraucher die leckeren Früchte selber ernten und probieren. Erdbeeren sind lecker und gesund: 100 Gramm Erdbeeren haben lediglich 32 Kilokalorien. Sie haben einen hohen Gehalt an Fruchtsäuren, Mineralstoffen und Vitamin C.“

Reif geerntet werden die prallen, roten Beeren hier direkt vor der Haustür. Das typische Aroma und die absolute Frische sowie der unvergleichliche Geschmack sind Prädikatsmerkmale der kurzen Wege zum Verbraucher im regionalen Anbau. Fotos: Daniela Rixen

Erdbeeren sind sensible Früchtchen. Da sie leicht zerdrückt werden können, sollten sie im Einkaufskorb obenauf transportiert und keiner großen Hitze, beispielsweise im aufgeheizten Pkw, ausgesetzt werden. Auch beim Waschen ist Vorsicht geboten, denn sie verlieren rasch an Aroma, wenn sie einem starken Wasserstrahl oder einem langen Wasserbad ausgesetzt sind. Am besten wäscht man Erdbeeren vorsichtig kurz in einer Schüssel. Die Kelchblätter sollten zuletzt entfernt werden. Tagesfrisch schmecken Erdbeeren am besten.

Frühjahrsentwicklung und Folienschutz

Die Erdbeeren haben schon Anfang März mit dem Wachstum begonnen. Die Felder werden zur Verfrühung ab Mitte Februar mit Folien und Vlies bedeckt. Die Sonne erwärmt dann die Pflanzen und auch den Boden viel schneller. Nach dem nassen Februar brachten der sonnenreiche März und April schnell steigende Temperaturen im begehbaren Folientunnel. Sonne bedeutet immer guten Geschmack.

Fazit

Dank der Folien stehen Erdbeeren hierzulande nicht erst im Juni bereit und Verbraucher sind nicht auf Ware aus dem Ausland angewiesen.

Auf der Internetseite der Landwirtschaftskammer finden sich Kontakte zu hiesigen Obstproduzenten – darunter auch Erdbeererzeuger:

www.lksh.de/landleben/ein​kaufen-beim-erzeuger/obst-aus-der-region

Infos zum Thema „regional einkaufen“ finden sich auch unter www.gutes-vom-hof.sh

Exquisites Starterfeld

In diesem Jahr kann das Deutsche Spring- und Dressurderby in Hamburg eines der besten Starterfelder vorweisen: Aus vielen Ländern der Welt werden die erfolgreichsten Reiter anreisen. Zugleich soll es das nachhaltigste Derby der Geschichte werden. Der Countdown läuft – bald ist Derbyzeit.

Jedes Jahr wird der Nennungsschluss zum Deutschen Spring- und Dressurderby mit Spannung erwartet. Welche Stars im und unter dem Sattel kommen diesmal? Und wer wird schließlich das Derby reiten?

Die Hälfte der aktuellen Top 50 der Welt reist für die Fünfsternetour nach Hamburg-Klein Flottbek, darunter auch der amtierende Vizeweltmeister Jérôme Guery aus Belgien. Aus der Schweiz kommen der Weltcupsieger von 2022, Martin Fuchs, und Steve Guerdat, Olympiasieger von 2012. Gemeinsam wurden sie 2021 Teameuropameister.

Olympiasilber in Tokio ist eine der vielen Medaillen, die Peder Fredricson bereits für Schweden erritten hat, auch er kommt an die Elbe. Die Briten entsenden mit Scott Brash, Harry Charles und Ben Maher ein championatstaugliches Trio. Letzterer ist Olympiasieger der Sommerspiele in Tokio. Die irischen Farben werden von den absoluten Topreitern der Grünen Insel vertreten: Bertram Allen, Denis Lynch und Shane Breen. „Eine derartige Dichte an internationalen Topreitern hat Hamburg lange nicht mehr gesehen“, freut sich Derbychef Volker Wulff.

Aus deutscher Sicht muss leider der Vorjahressieger im Longines Grand Prix of Hamburg, Christian Ahlmann, verletzungsbedingt passen. Doch er wird sicher seinen Kollegen die Daumen drücken. Dazu gehört der amtierende Europameister André Thieme, der als dreifacher Derbysieger natürlich auch für die Derbytour genannt hat. Marcus Ehning, Christian Kukuk und David Will werden ebenfalls anreisen, außerdem die deutsche Nummer eins, Daniel Deußer, und der Shootingstar des vergangenen Jahres, Gerrit Nieberg. Ist Turnier in Hamburg, darf natürlich auch Lokalmatadorin Janne Friederike Meyer-Zimmermann nicht fehlen.

Derby für alle

Ein spannendes Starterfeld kündigt sich auch für das Deutsche Springderby an. Natürlich will Cassandra Orschel nach ihrem Derbysieg im vergangenen Jahr wieder mit ihrer Dacara E angreifen. Denn eins ist klar: Wen das Derbyfieber einmal gepackt hat, den lässt es nicht so schnell wieder los. Die Familie Tillmann reist in diesem Jahr sogar im Dreierpack an: Neben Derbysieger Gilbert (2013 mit Hello Max) kommt auch sein Bruder Frederic, der 2022 auf Platz zwei sprang, dazu Cousin Hendrik, der in diesem Jahr Derbypremiere feiert. Benjamin Wulsch­ner und der Ire Michael Duffy haben gemeinsam, dass sie schon Qualifikationen gewinnen konnten – nicht jedoch das Derby selbst.

Nachhaltigkeit und Inklusion sind inzwischen in aller Munde und werden mit vielen Projekten gefördert. Für das Deutsche Spring- und Dressurderby sind beide Begriffe aber längst nichts Neues. Besucher mit entsprechendem Behindertenausweis können kostenlos beim Derby dabei sein. Einen ganz besonderen Service gibt es dieses Jahr erstmals für sehbehinderte Gäste. Die Reporter von „HörMal Audiodeskription“ sind besonders darin geschult, visuelle Eindrücke in Sprache umzusetzen, und ermöglichen so auch sehbehinderten Menschen, das Derby zu erleben. Als Pilotprojekt gestartet, sind die Tickets der Audiodeskription für das diesjährige Derby bereits vergriffen. Wer dennoch lauschen möchte, kann dies über den Livestream unter www.hoermal-audio.org tun.

Auch beim Thema Nachhaltigkeit ist das Derby in Klein Flottbek nicht erst dem Trend gefolgt: „Wir sind tatsächlich schon lange ziemlich nachhaltig, aber möchten uns da natürlich auch weiterentwickeln“, erklärt Wulff. „An erster Stelle der CO2-Emissionen bei Veranstaltungen steht tatsächlich die Anreise der Besucher. Deswegen möchte ich ausdrücklich darauf hinweisen, dass es eine S-Bahnstation und eine Bushaltestelle direkt am Derbyplatz gibt.“

Nachhaltigkeit überall

Darüber hinaus werden bereits vorhandene Abstellflächen für Fahrräder erweitert. Zahlreiche Park & Ride-Plätze im weiteren Umfeld des Derbyparks sollen den Anreiseverkehr reduzieren. Aber auch hinsichtlich der Materialien, die bei einem solchen Event verbaut werden, wurden umfangreiche Änderungen vorgenommen. Überall, wo es möglich ist, wird auf Mehrweglösungen gesetzt. Das gilt für Stoffe, Teppich und auch für Mehrweggeschirr in der Gastronomie.

Das Stichwort Nachhaltigkeit in der Gastronomie füllt besonders gut der Caterer für den VIP-Bereich: „Dem Landhaus Scherrer, mit dem wir schon viele Jahre zusammenarbeiten, ist das Thema Nachhaltigkeit seit Jahrzehnten sehr wichtig“, so Wulff. Das Team rund um Sternegastronom Heinz Wehmann setzt seit jeher auf regionale Produkte in Bioqualität und unterstützt die Initiativen des Vereins Greentable, der sich für einen „Zero Foodprint“ in der Gastronomie einsetzt. Außerdem erhielt das Landhaus Scherrer in diesem Jahr den sogenannten Grünen Michelinstern. Diese Auszeichnung hebt das Engagement für nachhaltiges Arbeiten der Gastronomen besonders hervor.

Großer Wert wird auch darauf gelegt, dass der Derbypark die Turniertage absolut unbeschadet übersteht, und zwar unter der Kontrolle eines Landschaftsarchitekten. Nicht zu verkennen ist zudem die soziale Nachhaltigkeit, der ein derartiges Event wie das Deutsche Spring- und Dressurderby gerecht wird. Belastbare Studien der Handelshochschule Leipzig (HHL) belegen, dass Reitsportevents dieser Größenordnung sich in Übereinstimmung mit den UN-Nachhaltigkeitszielen befinden und besonders in den Punkten „hochwertige Bildung“, „Geschlechtergleichheit“ und „weniger Ungleichheiten“ überdurchschnittliche Werte erzielen. pm

Sonder-AMK schafft keine Einigung

In der Diskussion um die zukünftige Form der Tierhaltung vermochte auch die Sonder-Agrarministerkonferenz (AMK) „die Kuh nicht vom Eis zu holen“. Die Streitpunkte zwischen Bund und Ländern bleiben die Finanzierung und rechtssichere Vertragslaufzeiten. Einigung konnte bei den Gesprächen vorige Woche erzielt werden im Hinblick auf die Auslegung der TA Luft.

Die Sonder-AMK zum Umbau der Tierhaltung hat in einigen Punkten Einvernehmen erzielen können, ist aber insgesamt hinter den Erwartungen zurückgeblieben. Auf der Habenseite des Treffens vergangene Woche Freitag in Berlin steht ein erneutes Bekenntnis zu einem Gesamtkonzept sowie zu einer Ausweitung der Tierhaltungskennzeichnung. Die AMK spricht sich dafür aus, die Sauen- und Ferkelhaltung einzubeziehen und die Kennzeichnung auf die Außer-Haus-Verpflegung sowie verarbeitete Produkte auszudehnen. Die Minister bezeichnen die bereitgestellte Summe von 1 Mrd. € als „deutlich zu niedrig“ und plädieren für ein langfristiges Finanzierungskonzept, ohne dass es Hinweise auf Bewegung des Bundes in dieser Frage gibt.

Cem Özdemir. Fotos (2): Imago
Werner Schwarz

Keinen Eingang in den gemeinsamen Beschluss fanden die Forderungen der Unionsländer nach rechtssicheren Verträgen mit Laufzeiten von 20 Jahren, nach einem Förderbetrag von zunächst 80 % bis 90 % der Mehrkosten sowie nach Einbeziehung eines Großteils der Schweine haltenden Betriebe in die Förderung. Einvernehmen erzielte die AMK im Hinblick auf die Auslegung der TA Luft. Ziel ist es, die Genehmigung von Frischluft- und Bioställen trotz höherer Emissionen zu ermöglichen.

Sonder-AMK brachte nur wenige Verbesserungen

Der AMK-Vorsitzende, der schleswig-holsteinische Landwirtschaftsminister Werner Schwarz (CDU), sprach nach der Sitzung von einigen Verbesserungen, die man auf den Weg gebracht habe. Gemessen an den Empfehlungen der Borchert-Kommission und den Herausforderungen, vor denen die Betriebe stünden, blieben die Beschlüsse jedoch hinter dem zurück, was notwendig sei, stellte er fest.

Wie unterschiedlich die Interpretationen sind, zeigte die Einschätzung von Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne), der das Treffen als weitere Etappe auf dem Weg zu einer zukunftsfesten Tierhaltung wertete. „Wir kommen schrittweise voran“, sagte der Grünen-Politiker. Er hielt erneut der unionsgeführten Vorgängerregierung Versäumnisse vor. In den anderthalb Jahren der Ampel-Regierung habe man für die Tierhalter mehr erreicht als in den Jahren davor.

Der Deutsche Bauernverband (DBV) reagierte enttäuscht auf die Ergebnisse. Nach wie vor gebe es nur allgemeine Arbeitsaufträge an Expertengruppen, jedoch keine verbindlichen und zudem nur kurzfristige Zeitvorgaben, kritisierte Generalsekretär Bernhard Krüsken. Eine gemeinsame Auslegung der TA Luft sei nur ein kleiner Schritt. Dem müsse eine Überarbeitung dieser Verwaltungsvorschrift folgen, wenn höhere Tierwohlstandards in der Fläche umgesetzt werden sollten.

Quer durch die Agrarministerien verläuft eine schwarz-grüne Linie. Das zeigen die unterschiedlichen Echos, die die Ergebnisse ausgelöst haben. Der Sprecher der unionsgeführten Ressortchefs, Baden-Württembergs Landwirtschaftsminister Peter Hauk (CDU), zeigte sich ebenfalls enttäuscht. „Der Bund muss endlich die Empfehlungen der Borchert-Kommission umsetzen“, forderte der CDU-Politiker. Ohne ein Gesamtkonzept aus Tierhaltungskennzeichnung, langfristiger, verlässlicher und ausreichender Finanzierung sowie Anpassungen im Immissionsschutz und im Baurecht liefen ein Umbau der Tierhaltung und ein Umstieg auf höhere Haltungsformen ins Leere.

„Özdemir schafft Abbau, nicht Umbau“

Die bayerische Landwirtschaftsministerin Michaela Kaniber (CSU) kritisierte die Bereitstellung von 1 Mrd. € für vier Jahre angesichts des von der Borchert-Kommission auf 4 Mrd. € pro Jahr veranschlagten Finanzbedarfs als „Feigenblatt“. „Der Bund muss endlich die Karten auf den Tisch legen und sich klar zu mehr Tierwohl bekennen“, forderte die CSU-Politikerin. Sie hielt Bundeslandwirtschaftsminister Özdemir vor, mit den derzeit geplanten Maßnahmen schaffe er „kein Umbau-, sondern ein Abbauprogramm“.

Aus Sicht der nordrhein-westfälischen Ressortchefin Silke Gorißen (CDU) bewegt sich der Bund beim Umbau der Nutztierhaltung weiter in die richtige Richtung. Bei vielen Forderungen zum Stallumbau habe der Bund in Aussicht gestellt, in der nächsten Zeit die Vorstellungen der Länder anzugehen. Auf Initiative von NRW habe die AMK dem Bund einen Prüfauftrag erteilt, wie Erleichterungen im Immissionsschutzrecht auch für die Vielzahl von kleineren landwirtschaftlichen Betrieben durchgeführt werden könnten.

Unmut über unzureichende Finanzierung

„Wir haben uns auf den Weg gemacht“, sagte Mecklenburg-Vorpommerns SPD-Ressortchef Dr. Till Backhaus. Gleichwohl äußerte auch er seinen Unmut über die unzureichende Finanzierung. Der Bund sei gefordert, das bisher für den Umbau der Tierhaltung veranschlagte Förderbudget deutlich aufzustocken. Backhaus warf der Ampel in Berlin vor, ihr zögerndes Handeln in der Finanzierungsfrage gefährde einen ganzen Volkswirtschaftszweig. Positiv bewertet der SPD-Politiker, dass der Tier- und Immissionsschutz im Bau- und Genehmigungsrecht so harmonisiert werden sollen, dass beispielsweise große Freiluftställe künftig leichter zu realisieren sind. Das sei ein weiterer wichtiger Schritt hin zu mehr Tierwohl, ersetze aber kein finanzstarkes Gesamtkonzept, „dass möglichst vielen Betrieben unabhängig von ihrer Größe eine nachhaltige Perspektive aufzeigt“.

Nach den Worten von Sachsens Landwirtschaftsminister Wolfram Günther (Grüne) wurde der Umbau der Tierhaltung in der Vergangenheit sträflich ausgebremst. Mit der neuen Bundesregierung habe das Thema „endlich wieder die Priorität, die es braucht“. Der Grünen-Politiker räumte ein, man sei noch längst nicht am Ziel: „Ich will eine Tierhaltung, die im Einklang mit unseren Zielen beim Klimaschutz, beim Naturschutz und beim Erhalt der Artenvielfalt steht.“ Günther nannte die Lage der Tierhalter „dramatisch“.

Grüne Minister sehen Ergebnisse positiv

Durchweg zufrieden mit den Ergebnissen der Sonder-AMK zeigte sich Niedersachsens Agrarministerin Miriam Staudte (Grüne): „Man kann sagen, dass sich die Bundesländer wirklich zusammengerauft haben.“ Zu den Verbesserungen zählte die Grünen-Politikerin einen dauerhaften Zugang für Tiere zu einem Auslauf in der Haltungsstufe Auslauf/Weide. Positiv sei auch die sich abzeichnende Lösung bei der TA Luft: „Die große Herausforderung liegt darin, Tieren mehr Auslauf zu gewähren und gleichzeitig Vorgaben für saubere Luft einzuhalten.“ age


Verbände fordern ein echtes Gesamtkonzept – Unzufriedenheit auf allen Ebenen

Im Vorfeld der AMK hatten zahlreiche Verbände ihre Erwartungen formuliert. Der Präsident des Deutschen Raiffeisenverbandes (DRV), Franz-Josef Holzenkamp, hatte an die Ministerinnen und Minister appelliert, sich klar zur Tierhaltung in Deutschland zu bekennen. Er mahnte die Länder zudem, die Wettbewerbsbedingungen für die Betriebe im Blick zu behalten: „Bei den notwendigen gesetzlichen Anpassungen brauchen wir bundeseinheitliche Regeln, insbesondere beim Immissionsschutzgesetz.“ Unterschiede zwischen den Bundesländern dürfe es hier nicht geben.

Der DBV hatte seine Kritik an den geplanten Obergrenzen im Bundesprogramm zum Umbau der Tierhaltung bekräftigt. Keinesfalls dürfe der überwiegende Teil der landwirtschaftlichen Tierhaltung in Vollerwerbsbetrieben von vornherein aus der Tierwohlförderung ausgeschlossen werden. Dies sei der Fall, wenn die Förderung wie geplant auf maximal 200 Sauen und 6.000 verkaufte Mastschweine jährlich begrenzt werde.

An der Realität vorbei verhandelt

Ähnlich äußerte sich der Präsident des Westfälisch-Lippischen Landwirtschaftsverbandes (WLV), Hubertus Beringmeier: In der aktuellen Fassung könne die Förderung nicht zu einem breiten Umbau der Tierhaltung führen, weil durch die vorgesehenen Fördergrenzen nach Betriebsgröße nur eine beschränkte Zugänglichkeit bestehe. Nach wie vor fehle ein schlüssiges Gesamtkonzept, um den tierhaltenden Betrieben für den Umbau langfristige und tragfähige Zukunftsperspektiven zu bieten.

„Die Tierhalter brauchen eine Garantie, dass sie nach dem Umbau auch die höheren laufenden Kosten gedeckt bekommen“, mahnte der Vizepräsident des Landesbauernverbandes in Baden-Württemberg (LBV), Hans-Benno Wichert. Dauer und Höhe der Förderung deckten nicht annährend die tatsächlichen Umbaukosten und können jederzeit vom Gesetzgeber willkürlich gekürzt werden.

Das Landvolk Niedersachsen warnte davor, dass der Umbau der Tierhaltung misslinge. „Wir brauchen endlich das schlüssige und längst vorliegende Gesamtkonzept aus Tierhaltungskennzeichnung, solider Finanzierung und einer Anpassung von rechtlichen Vorgaben zum Immissions- und Baurecht. Kommt das nicht, stolpern wir in eine Sackgasse“, so Landvolk-Vizepräsident Jörn Ehlers.

Wo bleiben Borchert-Empfehlungen?

Die Interessengemeinschaft der Schweinehalter Deutschlands (ISN) forderte ein echtes Gesamtkonzept, das die entscheidenden Genehmigungsfragen im Emissions- und Umweltrecht und ebenso die Finanzierung für die tierhaltenden Betriebe lösen müsse. ISN-Geschäftsführer Dr. Torsten Staack warf dem Bundeslandwirtschaftsminister vor, entgegen seinen Aussagen nicht den Vorschlägen der Borchert-Kommission zu folgen.

Der Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft (BÖLW) forderte, Betriebe in der Biostufe bei der Finanzierung des Umbaus der Tierhaltung besserzustellen. Für eine faire Wettbewerbssituation müsse die Förderquote für Biotiere bei den laufenden Mehrkosten gleich hoch liegen wie beispielsweise bei der geplanten Stufe „Frischluft“, unterstrich der geschäftsführende BÖLW-Vorstand Peter Röhrig. Röhrig bekräftigte die grundsätzliche Unterstützung des BÖLW für die verpflichtende staatliche Tierhaltungskennzeichnung. Er begrüßte, dass es eine eigene Biostufe geben soll. age

Tag des offenen Hofes war ein Megaerfolg

Alles hat gepasst am 7. Mai zum Tag des offenen Hofes. Das Wetter war stabil, die Preise erschwinglich, die Besucherinnen und Besucher hatten Spaß und nebenbei konnten sie viele Informationen aus der Landwirtschaft mitnehmen.

„Nehmen Sie sich Zeit“, ­hatte Ute Volquardsen, Präsidentin der Kammer, bei der Eröffnung gesagt und so schlenderten die Menschen, Groß und Klein, aus der Stadt und vom Land über das weitläufige Hofgelände mit seinen 90 Ständen, den Versuchsfeldern und Ställen. Landwirtschaft zum Anfassen und Erleben wurde geboten, geschmückt mit einem rustikalen und spaßigen Beiprogramm: Bullen- und Ponyreiten, Feuerwehr, Shantymusik und schmissigem Jagdhorn. Es gab viel zu sehen rund ums Pferd, Hütehunde und Maschinen sowie ein Hofquiz. Überall waren Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die man bei Interesse fragen konnte. Alles in allem hat die Kammer mit ihren Partnern ein abwechslungsreiches Programm auf die Beine gestellt, das über 15.000 Gäste angelockt hat, sodass alle zufrieden nach Hause gegangen sind. Denn überall auf dem Gelände luden gemütliche Sitzecken mit Strandkörben und Bänken zum Pausieren und Schlemmen ein. Produzenten aus der Region und Lebensmitteleinzelhändler Rewe hatten aufgefahren: Fisch und Fleisch, Milchprodukte und Käse, Backwaren und Honig, Gemüsepflanzen, Dekoration, Pflanzen und lässige Bekleidung.

Wer schwindelfrei war, konnte sich mit der Arbeitsbühne in den Himmel fahren lassen. Von oben hatte man einen fantastischen Ausblick auf das Gelände und die Umgebung des Ostholsteinischen Hügellandes mit ihren wunderbar leuchtenden Rapsfeldern.

Wieder festen Boden unter den Füßen, galt es noch die Bau- und Energieausstellung mit Tipps rund um den Stallbau, die Stalleinrichtung und das Energiesparen zu besuchen.

Fröhliche Begrüßung beim Tag des offenen Hofes mit Holzschnitzereien
Minister Werner Schwarz (r.) und Kreispräsident Stefan Leyk (li.) informierten sich bei Dr. Sophie Diers und Claus-Peter Boyens über die aktuelle Entwicklung in der Schweinehaltung.
Landwirtschaftskammerpräsidentin Ute Volquardsen eröffnete die Veranstaltung.
Pastorin Anja Haustein hielt einen plattdeutschen Gottesdienst ab.
Eine Feldfahrt durch den blühenden Raps ist ein besonderes Erlebnis.
Baumarten-Memory und Informationen übers Ökokonto bei der Forstabteilung
Wer besteht das Getreideabitur?
Und wer träumt nicht von einem Oldtimer?
Hier ist nicht ganz klar, wer wen beäugt.
Gemütliche Sitzecken überall auf dem Gelände
Hans-Jochim Rohweder (r.), Chef der Bau- und Energieausstellung, hatte guten Zulauf.
In und bei der Reithalle herrschten immer viel Aktion, Spaß und Andrang.
Wunderbare Torten und Kuchen bei den LandFrauen
Die Lütjenburger Liedertafel sorgte für Stimmung.
Auch Hundevorführungen begeisterten die Gäste in der Reithalle.
Viele blickten hinter die Kulissen, etwa bei der neuen Gruppenhaltung für Kälber.
Isabel van der Walle (Rewe, r.) am Stand der KäseStraße


Strategien auf Verbandsebene sind gefragt

Die Position des Bauernverbandes Schleswig-Holstein (BVSH) zum geplanten Nationalpark Ostsee diskutierten die Mitglieder des Landesvorstandes am Mittwoch auf ihrer Sitzung im Detlef-Struve-Haus in Rendsburg. Ebenso stand der Ausgang der Sonder-Agrarministerkonferenz (AMK), die am vorigen Freitag in Berlin stattfand, auf der Tagesordnung.

Die Bedenken unter den Mitgliedern des Landesvorstandes gegenüber den Planungen zu einem Nationalpark Ostsee, den Umweltminister Tobias Goldschmidt (Grüne) vorsieht, sind groß. Der verbleibende Handlungsspielraum für die Landwirtschaft wird als nur gering eingeschätzt, wenn das Vorhaben an Fahrt gewinnt.

Diese Einschätzung unterstrich Heinrich Mougin, der in der vorigen Woche für den BVSH am Verbändegespräch zum Nationalpark Ostsee teilgenommen hat. Dort stellte sich heraus, dass die Masse der Verbände, bis auf den BUND, Bedenken hegt, oder das Projekt aus den unterschiedlichsten Beweggründen, wie der Einschränkung des Tourismus oder der Fischerei, entschieden ablehnt.

Die Lage des geplanten Nationalparks sei so geschickt ausgewählt, dass die betroffenen Kreise regelrecht gespalten würden. So sei der Kreis Ostholstein genau zur Hälfte betroffen. Das werde es immer erschweren, auf Kreisebene Mehrheiten zu organisieren, wenn es um Protest ginge, so Mougin.

Landwirtschaft betroffen

Das Argument von Umweltminister Goldschmidt, die Landwirtschaft sei nicht betroffen, wies Mougin zurück. So verlaufe beispielsweise in Entfernung von nur 1.000 m Luftlinie zur Lehr- und Versuchsanstalt Futterkamp in Blekendorf die Grenze zum Sehlendorfer Binnensee, der an die Hohwachter Bucht grenzt.

BVSH-Vorstandsmitglied und Vizepräsident Ludwig Hirschberg, plädierte für eine klare Strategie auf Verbandsebene. Die Forderungen gingen dahin, dass von Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) noch vor der Kommunalwahl erwartet wird, dass er sich zu dem Thema äußert und positioniert.

Jennifer Müller und Inken Burmester berichteten zum aktuellen Arbeitsstand des Unterneh­merinnen­netzwerkes des BVSH. Die Vorstandssprecherinnen des Netzwerkes erläuterten, dass sie aktuell dabei sind, die Kommunikationswege auszubauen. Zugleich werde daran gearbeitet, Vertreterinnen für die BVSH-Fachausschüsse zu benennen. Präsident Klaus-Peter Lucht unterstrich die hohe Bedeutung des Netzwerkes für den BVSH und betonte, wie wichtig ihm die Sichtweise der Frauen auf die Themen der Agrarpolitik und -wirtschaft sei. Hirschberg äußerte die Erwartung, dass sich in Zukunft mehr Frauen zu den Verbandswahlen aufstellen lassen.

Enttäuschung über AMK

Mit Blick auf die Sonder-AMK waren sich alle einig: sie hat nichts gebracht. Vizepräsident Dietrich Pritschau betonte zwar, dass die aktuell hohen Ferkelpreise die Branche beruhigen und dazu beitragen, Verluste aus dem vorigen Jahr auszugleichen, dennoch sei für die Zukunft der Betriebe auf politischer Ebene weiterhin nichts geklärt.

Von Landwirtschaftsminister Werner Schwarz (CDU) hätte man in der Pressekonferenz und gegenüber dem Berufsstand deutlichere Worte erwartet über den verpassten Ausgang der AMK. 

Klaus-Peter Lucht, Ludwig Hirschberg, Dietrich Pritschau, Heinrich Mougin, Inken Burmester und Jennifer Müller (v. li.). Fotos: mbw

Resilienz – einfach mal abtauchen!

Von Krisen, Schicksalsschlägen und Notlagen werden die meisten Menschen irgendwann getroffen – manche mehr, manche weniger, verschont bleibt wohl kaum jemand. Landwirte wissen ein Lied davon zu singen: Missernten, Preisstürze, überbordende bürokratische Auflagen, gesellschaftliche Anfechtungen. Wenn mehreres zusammenkommt und vielleicht noch persönliche Probleme dazu, etwa in der Ehe oder Familie, kann die Kraft erschöpft sein, und man weiß nicht mehr weiter.

Manchen Menschen gelingt es ganz gut, durch solche Täler hindurchzugehen, sich wieder aufzurappeln, neue Kraft zu schöpfen und nach vorn zu schauen. Sie sind wie Stehaufmännchen. Diese Widerstandskraft nennt man Resilienz, und sie ist offenbar nur bedingt von der Schwere der Notlage abhängig, sondern eher von der eigenen Konstitution. Warum schaffen dies manche sogar unter starken Belastungen, während andere unter vermeintlich leichteren zusammenbrechen? Ist es ihnen in die Wiege gelegt, quasi in den Genen verankert oder in der Kindheit, die man nicht mehr nachholen kann? Mag sein, doch Fachleute sagen, unabhängig von günstiger oder ungünstiger Veranlagung könne man Resilienz auch lernen, besser gesagt: aufbauen.

Das Bauernblatt hat dem Thema „Resilienz in der Landwirtschaft“ einen Schwerpunkt gewidmet. Eine Fachfrau erklärt, was Resilienz ausmacht (siehe Seite 19). Dabei kristallisieren sich einige Eckpunkte heraus. Allem vorweg: Resiliente Menschen sind keine Einzelkämpfer. Sie haben nicht die Überzeugung, sie müssten schwierige Situationen oder Notlagen allein meistern. Sie holen sich Hilfe und Rat, bevor ihnen die Sache über den Kopf wächst. Das kann fachliche, medizinische oder psychologische Betreuung sein (Kontaktadressen und ein Interview in Ausgabe 19, Seite 20). Doch ebenso wichtig ist der seelische Beistand von guten Freunden oder Verwandten, und zwar von solchen, die einem nicht im Elend beipflichten, sondern konstruktiv nach vorn blicken.

So kommt ein zweiter Umstand ins Blickfeld: Resiliente Menschen haben Freunde und Bezugspersonen. Das gerät zum Teufelskreis, wenn ausgerechnet die Einsamkeit das Hauptproblem ist. Doch Freundschaften und Beziehungen fallen nicht vom Himmel, vor allem nicht, wenn man schon im Loch sitzt. Sie wollen aufgebaut und gepflegt werden, brauchen Zeit, Rücksichtnahme, Toleranz, Ehrlichkeit, eine Balance von Geben und Nehmen.

Meine Mutter hat mit über 90 Jahren noch gute Freundinnen und Freunde, aber nicht, weil sie jetzt welche braucht, sondern weil sie sich über Jahre um sie gekümmert hat. Doch man kann immer damit anfangen. „Gefährlich wird‘s, wenn‘s still wird“, so die Erfahrung eines interviewten Landwirts zu diesem Thema. – Resilienz statt Silence!

Zu einem dritten Aspekt beginnt in dieser Ausgabe eine Serie (siehe Ausabe 19, Seite 21): Das Bauernblatt hat Landwirte befragt, die einem außerlandwirtschaftlichen Hobby nachgehen. Eine Beschäftigung abseits des Hauptberufes kann Entspannung und Ausgleich bieten, macht den Kopf frei für andere Gedanken und neue Perspektiven. Und sie bringt einen mit Menschen zusammen, die nicht in derselben Suppe schwimmen, die andere Sichtweisen auf die Dinge haben und mit denen man auch mal über etwas anderes reden kann. Auch das kann Element einer gesunden Widerstandskraft sein.

Den ersten Teil der Serie „Bauern mit außerlandwirtschaftlichen Hobbys“ lesen Sie hier.

Automatisierte Lüftungssteuerung im Kälberstall

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Das Verbundprojekt „AI4Calf – Steuerung von Stall-Belüftungen mittels künstlicher Intelligenz zur Verbesserung der Nachhaltigkeit am Beispiel eines Kälberstalls“ setzt bei der Frage nach automatisierter Lüftungssteuerung an. In Zusammenarbeit mit der Fachhochschule Kiel und den Universitäten Kiel und Lübeck werden Daten aus verschiedenen Quellen genutzt, um einen Algorithmus zur Lüftungssteuerung des Holsteiner Kälberstalls am Lehr- und Versuchszentrum Futterkamp anzulernen.

Die Steuerung der Lüftung im Kälberstall ist eine Aufgabe, die nicht nur große Expertise erfordert, sondern auch essenziell ist, um die Gesundheit der Kälber zu erhalten. Gleichzeitig fehlt es an automatischen Steuerungssystemen. Künstliche Intelligenz (KI) könnte die Automatisierung an dieser Stelle einen entscheidenden Schritt weiterbringen. Obwohl KI in einigen Bereichen schon erfolgreich eingesetzt wird, gibt es noch keine Lösung für die Lüftungssteuerung in Rinderställen. In Kaltställen, wie dem Holsteiner Kälberstall am Lehr- und Versuchszentrum Futterkamp, wird das Stallklima erheblich durch die Wetterlage und weitere Umgebungsfaktoren beeinflusst. Kommt es durch niedrige Außentemperaturen oder starken Wind zu niedrigen Temperaturen, starken und schnellen Temperaturschwankungen oder Zugluft, können Atemwegserkrankungen folgen. Ebenso kann bei hohen Außentemperaturen und ungünstiger Einstellung der Lüftung ein Wärmestau entstehen, der zu Hitzestress führen kann. Unabhängig davon, ob es zu warm oder zu kalt ist oder Zugluft entsteht: Jeder dieser Herausforderungen kann durch eine möglichst optimal gesteuerte Lüftung begegnet werden. Die Steuerung von Jalousien, Lüftern, Türen, Toren und Klappen bedarf einiger Expertise und der Berücksichtigung einer Vielzahl von Einflussfaktoren aus der Umwelt, aber auch von den Kälbern selbst.

Vorgehensweise beim Projekt „AI4Calf“

Innerhalb des Projektes ­„AI4Calf“ werden Daten aus verschiedenen Quellen herangezogen, die als Input für die KI genutzt werden. Der Soll- beziehungsweise Istzustand des Stallklimas fließt mittels Innentemperatur, Luftfeuchte, Luftgeschwindigkeit sowie Luftqualität (CO2, Ammoniak) in die KI ein. Aus der Umgebung des Stalls werden Temperaturen, Niederschläge, Windstärke und -richtung sowie die Strahlungsintensität der Sonne mittels Wetterstation ermittelt. Diese Wetterdaten werden auch aus der Wettervorhersage integriert. Die Beobachtung der Kälber im Hinblick auf ihre Aktivität (Kamera) und Gesundheit sowie Daten aus Herdenmanagementsystem und Tränkeautomaten dienen als weiterer Input und lassen Rückschlüsse auf die Qualität des Stallklimas zu. Der Gesundheitsstatus wird regelmäßig durch einen geübten Experten anhand einer Checkliste zur Kälbergesundheit des Thünen-Instituts erfasst. Behandlungen, Impfungen und weitere Eingriffe, zum Beispiel das Enthornen, werden aus dem Herdenmanagementsystem bereitgestellt.

Die Kälbergesundheit ist die wichtigste Referenz für die Qualität des Stallklimas. 

Sammlung der relevanten Daten

In der ersten Phase des Projektes werden zunächst Sensoren und Kameras installiert, die die Witterung, das Stallklima und die Aktivität der Kälber beobachten. Diese Daten werden zunächst gespeichert und durch weitere Daten, zum Beispiel Tränkemengen, ergänzt. Unter Berücksichtigung der Entscheidungen des Herdenmanagers beziehungsweise der Stallmitarbeiter zur Position der Jalousien, Lüfter, Türen und Tore wird die KI dann angelernt. Wichtig zu berücksichtigen ist, dass neu installierte Technik, zum Beispiel die Wetterstation, und bereits Vorhandenes, zum Beispiel die Tiererkennung des Tränkeautomaten, sich nicht negativ beeinflussen. Die Frequenzen der verschiedenen Techniken müssen so abgestimmt sein, dass keine Beeinträchtigung der Datenübertragung entsteht und der Betriebsablauf nicht gestört wird. Nach Sicherstellung aller Datenflüsse folgt die nächste Phase des Projektes.

Trainingsphase im Projekt

In der zweiten Phase des Projektes findet die sogenannte Trainingsphase statt. Dieser Lernprozess der KI ist vergleichbar mit der menschlichen Art des Lernens. Ziel des Lernprozesses ist es, dass der Algorithmus wiederkehrende Muster und Zusammenhänge, zum Beispiel geschlossene Türen bei niedrigen Temperaturen, kennenlernt. Vergleichen kann man die KI in dieser Zeit mit einem „unsichtbaren Auszubildenden“, der keine Vorkenntnisse im Bereich Lüftungssteuerung und Tiergesundheit hat. Dieser Auszubildende muss also alle Bereiche im Rahmen der Lüftungssteuerung kennen- und die Zusammenhänge erkennen lernen. Entsprechend gilt für Mensch und KI gleichermaßen „Man lernt nie aus“.

Selbstständiger Einsatz der KI

Im letzten Schritt übernimmt die angelernte KI die Steuerung des Lüftungssystems und ist dann in der Lage, Jalousien, Klappen und Ventilatoren selbstständig zu steuern. Dazu läuft der „unsichtbare Auszubildende“ pausenlos durch den Kälberstall und dessen Umgebung und behält alle Einflussfaktoren auf das Stallklima im Blick. Aus dieser Phase lässt sich ableiten, ob das Gelernte verinnerlicht wurde und die richtigen Entscheidungen getroffen werden. Rückmeldung und Kommunikation mit dem „unsichtbaren Auszubildenden“ ist entscheidend, um festzustellen, ob der Lernprozess erfolgreich war. Erkennt man hier große Wissenslücken, muss nachjustiert werden. Entscheidendes Kriterium bleibt neben dem Stallklima die Gesundheit der Kälber. Die Kälbergesundheit ist und bleibt die entscheidende Referenz. Ist der Sollzustand durch die Entscheidungen der KI erreicht, es treten aber gleichzeitig vermehrt Atemwegserkrankungen auf, ist die Lüftungsteuerung nicht optimal. Besonders solche Zusammenhänge müssen dem „unsichtbaren Auszubildenden“ sofort zurückgemeldet werden. So kann die KI optimiert und ihre Vorteile effektiv genutzt werden. Sie sollte an diesem Punkt ausreichend gelernt haben und kann selbstständig eingesetzt werden.

Übertragbarkeit in die Praxis

Nach der Lern- und Einsatzphase am Lehr- und Versuchszentrum Futterkamp soll die entwickelte KI in die Praxis übertragen werden. Dieser Schritt ermöglicht der KI, sich weiterzuverbessern und sich mit möglichst vielen unterschiedlichen Betrieben vertraut zu machen. So kann gewährleistet werden, dass die KI unabhängig von der Bauart des Stalls arbeiten kann. Zusätzlich zur KI im Kälberstall ist so dann auch denkbar, die Lüftung im Milchviehstall durch KI zu steuern. Insbesondere die wachsende Herausforderung des Hitzestresses ist hier zu nennen. Durch frühzeitiges Erkennen von hohen Temperaturen im Außenbereich und im Stall kann ebenso frühzeitig eingegriffen werden.

Fazit

„AI4Calf“ entwickelt eine KI-Lösung zur Automatisierung der Lüftungssteuerung in Kaltställen. Am Beispiel des Holsteiner Kälberstalls am Lehr- und Versuchszentrum Futterkamp wird ein KI-Algorithmus entwickelt und angelernt. Die KI vergleicht stetig den Ist- und Sollzustand des Stallklimas und steuert die Lüftung anhand dieser und weiterer Informationen über die Witterung. Die wichtigste Referenz sind die Gesundheit und das Tierwohl der Kälber. Ziel ist es, die KI so gut anzulernen, dass sie in die breite Praxis übertragen und auf andere Stallungen angewendet werden kann.

Alle Videos auf YouTube

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Es war etwas ganz Neues für die  jungen Landwirte und Landwirtinnen von der Höheren Landbauschule, selbst ein Video aufzunehmen und dafür sogar ein kleines Drehbuch zu schreiben. Das Bauernblatt begleitete Max Grünert und seinen Freund Lars Bardt. Inzwischen hat die Jury getagt und das Siegervideo gekürt. Gewonnen hat Evje Wieck. Alles Videos hier auf einen Blick.

„Ihr seid die Helden am Hammer“

Nachwuchssorgen, Fachkräftemangel – auch Handwerksbetriebe bekommen das derzeit massiv zu spüren. Wie schafft man es also auf unterhaltsame Art und Weise, Schüler und Jugendliche für eine Handwerksausbildung zu begeistern? Wie erreicht man sie, um sie über Angebote und Firmen zu informieren? „Mit Humor, denn Humor ist das stärkste Werkzeug“, findet Christoph Laloi, selbst Geschäftsführer eines Sanitär- und Heizungsbetriebes in Kiel. Er lud unter der Überschrift „Helden am Hammer“ zu einem unterhaltsamen Comedy-Abend mit Ausbildungs-Speeddating in den Alten Güterbahnhof nach Kiel ein.

Handwerksmeister und Geschäftsführer eines Heizung- und Sanitärbetriebes, Christoph Laloi, in seiner Rolle als Comedian

Laloi selbst hat neben seinem Handwerksberuf eine Ausbildung zum Comedian an der Hamburger Schule für Comedy absolviert und lernte dort „seinen Meister“, den deutschen Schauspieler, Comedian, Moderator, Autor, Produzenten und Unternehmer, Cem Ali Gültekin, kennen. Die Idee für „Helden am Hammer“ war geboren. Eine Stunde lachen mit den beiden YouTube-Star-Comedians Fabi Rommel und Osan Yaran, mit Neu-Comedian Christoph Laloi sowie mit Quatsch-Comedy-Live-Club-Moderator Heino Trusheim, der auch an diesem Abend unterhaltsam durch das Programm moderierte. Danach eine Stunde lang eine Ausbildung klarmachen beim Speeddating mit den anwesenden Handwerksbetrieben.

Die waren mit kleinen Ständen vertreten und informierten jeweils über ihre Berufe sowie die Ausbildungsmöglichkeiten. Viele der Firmen hatten ihre Auszubildenden gleich mitgebracht, die direkt im Gespräch mit den Schülern über ihre Erfahrungen berichten und so für ihren Beruf werben konnten.

„Macht nicht das, was andere von euch erwarten oder wollen. Ihr seid die Helden am Hammer, also sucht euch euren Hammer“, rief Christoph Laloi auf der Bühne den Schülern zu. Und verdeutlichte auf humorvolle Weise, dass Handwerk nach wie vor sehr marktrelevant sei. Zum Beispiel wenn an einem Wochenende die Toilette verstopft sei, dann sei er als Sanitärbetrieb dringend gefragt und relevant.

Comedian und You-Tube-Star Fabi Rommel

Und auch Osan Yaran und Fabi Rommel sorgten mit eigenen Erfahrungen aus dem Privat- und Berufsleben für Lacher, appellierten gleichzeitig an ihre jungen Zuschauer, sich nicht verunsichern zu lassen, sich bei Absagen, aus welchen Gründen auch immer, nicht gleich unterkriegen zu lassen und auf die eigenen Stärken zu vertrauen. 

Nach der Comedyshow konnten sich die Schüler bei den teilnehmenden Handwerksbetrieben im Rahmen eines Speeddatings über Berufsbilder und Ausbildungsmöglichkeiten informieren.
Fotos: Iris Jaeger
Das Format erwies sich als Besuchermagnet
Quatsch-Comedy-Live-Club-Moderator Heino Trusheim
Osan Yaran


Blasmusik zum Oktoberfest

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Widerstandskraft gegen Belastungen stärken kann unter anderem auch eine Beschäftigung abseits vom Beruf, die Freude bereitet, den Kopf frei macht und Kraft schöpfen lässt. Das Bauernblatt hat Landwirte mit ungewöhnlichen Hobbys befragt. Heute: Familie Grell und die Duvenseer Blasmusik.

Wenn sie die „Guten-Morgen-Polka“ spielen, springen die Leute auf und klatschen im Takt. „Das Stück haben wir aus Österreich eingeführt, und jetzt ist es das Duvenseer Lied geworden“, sagt Hans-Peter Grell. Die Original Duvenseer Blasmusik ist für ihn und seine Familie ein willkommener Ausgleich zum landwirtschaflichen Alltag auf dem Milchviehbetrieb.

Die Blasmusik ist eigentlich der Musikzug der Freiwilligen Feuerwehr, und bei gegebenen Anlässen trägt man Feuerwehruniform. Doch meist tritt die Kapelle in bayerisch-österreichisch anmutender Tracht auf, und es versteht sich, dass dann nicht Seemannslieder oder die „Nordseewellen“ erklingen, sondern zum Beispiel der „Erzherzog-Albrecht-Marsch“.

„Seit fast 30 Jahren haben wir die Tracht“, erzählt Hans-Peter Grell, der bis vor Kurzem Vorsitzender des Kreisbauernverbands Herzogtum Lauenburg war. „Am Anfang haben sie alle geguckt, aber inzwischen sind ja auch im Norden Oktoberfeste ,in‘.“ Das Oktoberfest in Duvensee, ausgerichtet von der Feuerwehr, sei immer ein Highlight. „Vergangenes Jahr waren über 500 Gäste aus Schleswig-Holstein und darüber hinaus da.“ Und wenn seine Söhne auf die Kieler Woche gingen, dann überhaupt nur wegen der Bayernzelte!

Der derzeit fast zwanzigköpfige Musikzug besteht mehrheitlich aus Duvenseern. Drei kommen allein vom Hof Grell: Der 66-jährige Hans-Peter spielt erste Trompete. Bis vor 20 Jahren war er Musikzugführer, dann wurde er zum Bürgermeister der Gemeinde Duvensee gewählt und gab die Leitung an seinen Sohn Knud-Frithjof (35) ab, der das Baritonhorn bläst. Junior Frenz-Jasper (21) spielt Tenorhorn. Einmal in der Woche wird geprobt, und dazu kommen diverse Auftritte – natürlich abhängig vom Wetter und Betriebsablauf, das geht vor. „Unsere Familie war schon immer musikalisch, auch mein Vater Franz war schon in der Kapelle“, sagt Hans-Peter Grell.

Zwar ist die Musik für ihn willkommener Ausgleich zur Landwirtschaft, aber nicht als Notwendigkeit. „Ich bin beides gern, Landwirt und Musiker. Es ist ein schönes Hobby, und ich bin froh, die Musik zu haben.“ Für seinen Sohn Knud-Frithjof, Juniorchef auf dem Familienbetrieb, ist es ähnlich: „Es ist eine schöne Abwechslung zum Alltag“, sagt er. „Bei den Proben und auch bei den Veranstaltungen entstehen Kontakte. So erweitert man sein Netzwerk, auch über den landwirtschaftlichen Bereich hinaus. Wir verstehen uns alle gut und haben viel Spaß.“

„Es ist uns eine Herzensangelegenheit, die Musik im Dorf am Leben zu erhalten“, resümiert Vater Hans-Peter. Und die Landwirtschaft natürlich. Aber darüber werde bei den Proben eher weniger geredet. „Da trifft man ja auch völlig andere Leute, und das ist auch mal gut.“

Foto von einem früheren Auftritt am Tag des offenen Hofes auf Hof Wilke in Labenz. Fotos: Tonio Keller
„Ich bin beides gern, Landwirt und Musiker“, sagt Hans-Peter Grell. Die Familie hält rund 550 Milchkühe und bewirtschaftet 400 ha.