Nach der jüngsten Landwirtschaftszählung im Jahr 2020 werden in Schleswig-Holstein 1.406 landwirtschaftliche Betriebe von einer Frau geleitet. Den höchsten Anteil weiblicher Betriebsleitungen verzeichnet dabei der Kreis Plön mit 15 %. Eine von ihnen ist Dörte Mohr aus der Gemeinde Wendtorf. Mit innovativen Ideen brachte sie frischen Wind auf den elterlichen Betrieb.
Ein Sonnabendmorgen. Während Sohn Paul (1) draußen in seiner Karre schlummert, Emil (3) mit einem Feriengast spielt, Max (5) einem Hörspiel lauscht und Ehemann Martin die Hühner füttert, hat Dörte Mohr etwas Luft, um mit der Bauernblatt-Reporterin einen Hofrundgang zu unternehmen. „Seit etwa 1520 ist unser Betrieb in Familienbesitz. Meine Eltern betrieben im Vollerwerb Ackerbau, Schweinemast und hatten Ferienwohnungen. Früher unterstützte ich meinen Vater in der Buchhaltung. Als ich vor neun Jahren den Hof pachtete, nahm ich mir vor, alles Schritt für Schritt so umzugestalten, dass ich es als Frau auch allein schaffe“, blickt sie zurück.
Damals sei sie noch ohne einen Partner durchs Leben gegangen. Und so ließ sie die Schweineställe leer laufen, baute einen von ihnen zum Kuhstall um und begann mit der Mutterkuhhaltung. Den Ackerbau behielt sie bei. Hühner gab es auf dem Hof schon vorher. Dörte Mohr stockte die Anzahl erheblich auf. In mobilen Hühnerställen legen mittlerweile rund 600 Hennen fleißig Eier in Freilandhaltung. Diese verkauft sie unter anderem in einem von ihr eingerichteten Hoflädchen. Manchmal gibt’s frische Suppenhühner für die Kunden. Die entsprechenden Termine teilt sie über Facebook mit.
Einen Teil der Eier schickt sie nach Niedersachsen, wo sie von einem Kooperationspartner zu Nudeln verarbeitet werden. Sie hat sich für die Frischei-Nudeln und Frischei-Dinkelnudeln klangvolle Namen mit regionalem Bezug ausgedacht, nennt sie Wendtorfer Wattwurm oder Wendtorfer Riff. Auf Etiketten der Verpackungen ist das prägnante Hoflogo gedruckt, welches sie mit Marketingexperten entwickelte. Neben Nudeln werden Eierplätzchen in unterschiedlichen Geschmacksrichtungen und Kuchen im Glas für sie hergestellt. „Mit unseren Produkten, zu denen ebenfalls Säfte, Eierlikör, Marmeladen sowie Frucht- und Kräuteressige gehören, stehen wir dienstags auf dem Wochenmarkt in Laboe. Mein Schwiegervater betreut den Stand“, freut sie sich. Schließlich hat sie als Dreifachmama und Unternehmerin genug um die Ohren, kann nicht überall gleichzeitig sein, sondern muss ihren Tag gut durchstrukturieren. Da ist sie auch froh, dass ihr Mann die Landwirtschaft und die Tiere genauso liebt wie sie. In jeder freien Minute packt er mit an und unterstützt seine Frau nach Kräften. „Er arbeitet zusätzlich in Vollzeit als Werkzeugmechaniker, um ein festes Einkommen für unsere Familie zu erwirtschaften“, erzählt die 40-Jährige, die ihren Betrieb im Nebenerwerb führt. Viele frische Ideen hat sie über die Jahre bereits verwirklicht, sich kontinuierlich mehrere Standbeine aufgebaut. „Manchmal muss man auch was wagen“, lautet das Motto der Bankbetriebswirtin und studierten Landwirtin.
So erwarb sie vor einiger Zeit als neue Vermarktungsform zwei Automaten, die jeweils mit einer Investition von rund 10.000 € zu Buche schlugen. Für das Projekt holte sie weitere heimische Erzeuger ins Boot, die diese mitbeschicken. „So ist das Angebot vielfältiger und attraktiver“, ist sie überzeugt. Ein Automat stehe im Hoflädchen, der andere im Nachbardorf Stein. „Als dort im vorigen Jahr die Bäckerei schloss, es keine örtliche Lebensmittelversorgung mehr gab, fragte ich bei der Gemeinde an, ob sie Interesse an einem Automaten hätte, und sie bejahte. Seit Ende August 2022 steht er neben der Touristinformation und wird super angenommen“, zieht sie eine durchweg positive Zwischenbilanz. Über eine App kontrolliert sie fortlaufend den Warenbestand und füllt ihn je nach Bedarf wieder auf.
Beim Rundgang zeigt Dörte Mohr auf einer angrenzenden Weide einen mobilen Hühnerstall. Eine Gruppe Ziegen wuselt hier in schönster Eintracht mit den Hennen um die Wette. „Die Ziegen sind zum einen Publikumsmagnet, dienen aber vor allem als Hühner-Flugabwehr gegen Angriffe von oben“, erklärt sie. Hinter dem Federvieh weiden auf einer separat eingezäunten Fläche ihre Angus-Rinder. „Als im November 2022 unser erstes eigenes Kälbchen zur Welt kam, waren wir stolz wie Bolle“, schmunzelt die Hofbetreiberin und macht auf den stattlichen Angus-Bullen aufmerksam.
Die Mutter ist dankbar, dass sie Arbeit und Familie auf dem Hof miteinander verbinden kann. Entweder lässt sie ihre Kinder an den anfallenden Tätigkeiten teilhaben, oder sie beschäftigten sich allein. Sie haben Freiraum für die Entfaltung ihrer eigenen Kreativität, außerdem nahezu unendliche Spiel- und Lernmöglichkeiten auf dem Hof und in der Natur. „Da wir zwei Ferienwohnungen im Altenteilerhaus vermieten, sind zudem häufig Ferienkinder da, mit denen meine Söhne spielen können“, bemerkt sie.
Wie ein ganz normaler Wochentag im Leben der viel beschäftigten Landwirtin aussieht? Dörte Mohr lacht. „Auf jeden Fall nicht wie in Bullerbü. Er beginnt morgens um 6 Uhr. Wenn Max und Emil von 8 bis 12 Uhr im Kindergarten sind, verrichte ich Hofarbeiten, versorge die Tiere, miste aus, fülle Futter nach, sammle Eier ein und bestücke das Hoflädchen. Nach dem Mittagessen gibt es eine Verschnaufpause, in der die Kinder einen Film anschauen, während ich die frisch gewaschene Wäsche zusammenlege oder E-Mails abarbeite“, verrät sie. Seien gerade Gäste aus den Ferienwohnungen abgereist, übernehme sie zeitnah die Reinigung. Eine dritte Wohnung vermiete sie in der Marina Wendtorf. Ebenfalls biete sie Schiffslagerplätze für den Winter an. Brauche sie zwischendurch eine Kinderbetreuung, sprängen die Großeltern nach Absprache ein. Um 18 Uhr bereite sie das Abendessen zu, um 19 Uhr lägen die Kleinen im Bett. Nun seien Haushalt, Bürokram und die Buchhaltung dran, bevor es dann für die Großen zur Nachtruhe gehe. „Mein Mann und ich haben viel Arbeit und kaum frei. Wir können nicht in den Urlaub fahren. Familienausflüge mit den Kindern sind selten, müssen vorher genau geplant sein“, gibt die Betriebsleiterin zu bedenken. Doch sei all das frei gewählt und somit völlig okay. Dass sie mit Mann und Söhnen auf dem Hof viel gemeinsame Zeit verbringen könne, sei schön. „Und es ist für mich immer wieder eine Freude, wenn ich unsere Kinder hier so zufrieden und glücklich beim Spielen sehe“, meint sie, während Emil samt Feriengast jetzt mit Futter auf dem Trettraktor zu den Ziegen unterwegs ist.
Welche Pläne sie für die Zukunft hat? Da muss sie nicht lange überlegen. Sie wirft ihrem Mann einen Blick zu und sagt: „Unser Zukunftswunsch ist, dass sich der Hof so weiterentwickelt, dass wir von ihm leben können, und dass mein Mann dann auch beruflich voll mit einsteigt.“