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„Er hatte einen schönen Blick auf die Dinge“

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„Der Mann im Wald ist Jürgen Friedrich Mahrt. Er war Bauer in Schleswig-Holstein. Aber statt wie die anderen Bauern seine Felder zu bestellen, zog er sich einen Anzug an, setzte einen Hut auf, stellte sich in eine Farn-Gruppe und hörte den Vögeln zu. Der Bauer Jürgen Mahrt war mein Urgroßvater.“

Mit diesen Worten beginnt der Kino-Dokumentarfilm „Die toten Vögel sind oben“ von Regisseurin und Produzentin Sönje Storm, der kommende Woche in den Kinos startet. In diesem Film widmet sie sich dem naturkundlichen Nachlass ihres Urgroßvaters Jürgen Friedrich Mahrt (1882-1940) aus Elsdorf (Kreis Rendsburg-Eckernförde).

Ein Nachlass, der noch heute Experten, Wissenschaftler und Nachfahren staunen lässt und dessen Inhalte eindringlich verdeutlichen, wie sehr sich eine Landschaft in mehr als hundert Jahren verändern kann. 350 präparierte Vögel, 3.000 Schmetterlinge, Pilze, Käfer und Raupen, fast 8.000 Fotos mit Waldmotiven und Lichtstimmungen zu allen Jahreszeiten, Fotos von Nestern, Vögeln, Schmetterlingen, Käfern, aber auch von Menschen in ihrem Dorf- und Bauernalltag der 1920er und -30er Jahre zeugen von Akribie, Obsession, Poesie und Leidenschaft. Viele der Fotos hat Mahrt in anscheinend stunden- oder gar monatelanger Arbeit von Hand nachkoloriert. Sönje Storm zeigt im Film viele dieser Bilder und Funde und unterlegt sie mit Tönen und Musik, um dem naturkundlichen Ansinnen ihres Urgroßvaters nachzuspüren und diese Stimmung auf die Zuschauer zu übertragen. Ergänzt werden die Bilder durch Interviews, O-Töne, Einschätzungen und Erfahrungsberichte.

Mitarbeiter des Museums der Natur Hamburg sichten die Tiersammlung auf dem Dachboden in Hohn.

Was war das für ein Mensch? Was hat ihn bewegt, was ging in seinem Kopf herum? „Ich kannte ihn nicht, aber er ist eine so spannende Figur. Ich habe versucht, mich in ihn hineinzuversetzen, und kann nur mutmaßen, welche Gedanken er gehabt haben mag, zum Beispiel als er in den Ersten Weltkrieg gezogen ist, aber auch danach, als er mit den schrecklichen Erlebnissen wieder ins ländliche Leben zurückkehrte. Ich werde oft gefragt, wie er war. Das kann ich nicht beantworten und mache das auch im Film nicht. Ich zeige, was er gesammelt hat, ich erzähle die Hintergründe, lasse die Fotos und Exponate von Experten einschätzen“, erklärt die Regisseurin.

Die Idee, über Jürgen Mahrt und seine Sammlung einen Film zu machen, entstand erst allmählich. „Der Nachlass ist in der Familie zweigeteilt. Ein Teil der Familie hat die Tiere geerbt, mein Teil der Familie hat den Fotonachlass erhalten“, erinnert sich Sönje Storm. „Mein Vater Hans Hermann Storm hat mit vielen dieser Fotos gearbeitet und in den 1980er und -90er Jahren 17 Bildbände mit ihnen herausgebracht. Er hat sich dabei auf die Fotos konzentriert, auf denen man landwirtschaftliche Arbeiten sieht, das Leben auf dem Land. Er fragte mich, ob ich mir vorstellen könnte, mit dem Archiv auch etwas anzufangen. Mein erster Gedanke war ‚Nein‘, denn es schien durch die Bildbände alles auserzählt. Aber dann habe ich doch noch mal in das Archiv geschaut und so den Teil des Fotonachlasses entdeckt, mit dem mein Vater nicht gearbeitet hatte. Das waren all die naturkundlichen Fotos. Das war neu und spannend für mich“, erzählt Sönje Storm.

Präparatoren im Museum der Natur in Hamburg begutachten einige der Exponate von Mahrt. Interessant für sie ist es zu sehen, womit die Vögel seinerzeit ausgestopft wurden.

Sie habe dann damit begonnen, in dem Bereich zu recherchieren und Mahrts naturkundliches Tagebuch zu lesen. Dadurch erfuhr sie, dass es auch noch eine Sammlung von Schmetterlingen und anderen Tieren gab. „Dem bin ich nachgegangen und habe diese Sammlung auf einem Dachboden eines Bauernhauses in Hohn gefunden. Dort lag sie fast 25 Jahre.“ Sönje Storm wandte sich an das Museum der Natur in Hamburg und fragte, ob man dort Interesse an der Sammlung habe. Tatsächlich kannte man dort die Sammlung aus historischen Publikationen, wusste aber nicht, dass sie noch existierte. „Wir sind dann zusammen da hingefahren und die Experten von dem Museum haben die Präparate und Dioramen anschließend gesichtet. Das haben wir uninszeniert mit der Kamera verfolgt“, berichtet Storm. Das Museum erklärte sich bereit, die Sammlung in seinen Bestand zu übernehmen, bietet sie ihm doch die Gelegenheit, daran zu forschen. „Denn der Großteil der durch meinen Urgroßvater gefundenen Arten ist inzwischen ausgestorben, stark gefährdet oder aus dieser Region verschwunden. Allein von den Schmetterlingen, die er damals gesammelt hat, sind 40 bis 50 Prozent ausgestorben.“

Und so habe sich der Film im Laufe der Produktionsjahre entwickelt. „Je mehr ich für meinen Film über meinen Urgroßvater recherchierte, die Geschichten über ihn von meiner Familie erzählt bekam und in seine Sammlungen eintauchte, umso mehr habe ich ihn entdeckt, über seine Fotos ein Gefühl für ihn entwickelt. Ich mochte ihn von Anfang an und finde, er hatte einen schönen Blick auf die Dinge, auf die Menschen, die Tiere und die Landschaft. Mir gefällt die Art und Weise, wie er Menschen fotografierte. Er hatte einen universellen Blick auf alles, was kreucht und fleucht“, so Storm.

Die Schmetterlingssammlung wird aufbereitet. Viele der von Mahrt gefundenen Arten sind bereits ausgestorben.

Aber er hatte auch einen Blick für die Veränderungen in seiner Umgebung. Er begann 1919 nach seiner Rückkehr aus dem Ersten Weltkrieg nicht nur zu dokumentieren, was da war, sondern zunehmend auch das, was verschwand, durch Waldrodung, das Trockenlegen der Moore und die zunehmende Technisierung auch in der Landwirtschaft. Täglich ging er ins Elsdorfer Gehege, um zu fotografieren, oder fuhr mit seinem Fahrrad in einem Radius von zirka 30 km um Elsdorf herum seine Routen ab, fuhr zum Hohner See oder nach Sophienhamm ins ­Hartshoper Moor. Seine Eindrücke hielt er in seinem naturkundlichen Tagebuch fest.

Bestand anfangs noch die Idee, die Mahrt-Geschichten mit dem Zeithorizont des Ersten Weltkriegs sowie den Jahren davor und danach zu verbinden, wurde diese zunehmend durch die Themen Artenrückgang und erste klimatische Veränderungen ersetzt. „Das hat sich so ergeben, seine Sammlung ist wie eine Wundertüte“, so Storm. Jürgen Friedrich Mahrt war aber in erster Linie Bauer, der einen Hof in Elsdorf bewirtschaftete und von klein auf mit der Natur und ihren Gegebenheiten vertraut war. „Die Landwirte von damals hatten noch ein ungeheures Wissen, weil sie noch so naturnah gearbeitet haben“, so Storm.

Nur dass Mahrt dann irgendwann, statt frühmorgens wie die anderen Bauern aufs Feld zu gehen und die Kühe zu melken, mit dem Kescher durch die Eiderwiesen lief, um Schmetterlinge zu fangen, und neben der Hofbewirtschaftung seinem naturkundlichen Interesse nachging. Er übergab seinen Hof dann auch früh an seinen damals 20-jährigen Sohn, um sich ganz seiner naturkundlichen Arbeit zu widmen. „Und er tat das, was für einen Bauern damals eigentlich undenkbar war: Er verkaufte Land, um sich von dem Geld eine Fotokamera samt Ausrüstung zu kaufen und eine Dunkelkammer einzurichten.“ Es gebe so viele Geschichten über ihn, die man sich in ihrer Familie bis heute erzähle. „Zum Beispiel, dass er mit seinem Fahrrad bis an die schweizerisch-italienische Grenze gefahren ist, um einem ebenfalls naturkundlich interessierten Freund und Sammler einen seltenen Schmetterling zu zeigen, den er gefunden hatte, und sich mit ihm auszutauschen.“

1928 tat er wiederum etwas, das im Dorf vermutlich zunächst für Kopfschütteln sorgte: Er räumte das Obergeschoss seines Hauses aus und stellte zimmergroße Dioramen auf, in denen er seine präparierten Vögel in Naturlandschaften hineinstellte und die Wände bemalte. Die ersten Schulklassen aus dem Dorf kamen zu Besuch, dann wurden aus dem ganzen Land Schulausflüge dorthin gemacht. „Noch heute werde ich von Leuten angesprochen, die als Kind da waren. Bis 1966 gab es das private Museum“, so Storm. „Und vielleicht war man am Ende doch ein wenig stolz auf ihn im Dorf, dass er etwas geschaffen hatte, was Anklang fand und respektiert wurde“, hofft Sönje Storm.

Info

Kinostart für den Film „Die toten Vögel sind oben“ ist am Donnerstag, 31. August, unter anderem im Rendsburger Kino Schauburg. Eine Preview mit Filmgespräch findet am Dienstag, 29. August, in der Schauburg in Rendsburg statt. Alle Kinotermine bundesweit sowie weitere Informationen und Trailer unter ­realfictionfilme.de/die-toten-voegel-sind-oben.html

Lernhilfe auf vier Pfoten

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Der Lesehund-Verein hat es sich zur Aufgabe gemacht, die Lesekompetenz von Kindern mit einer Leseschwäche zu verbessern. Lesehund ist kein Leseunterricht, sondern eine Lernhilfe. Es geht nicht so sehr darum, wie die Kinder lesen, sondern dass sie sich gut fühlen, während sie lesen. Speziell ausgebildete Lesehunde helfen, dass sie ihre Ängste vor dem (Vor-)Lesen verlieren und Spaß dabei haben.

Sabine Hoffmann ist zertifizierte Hundetrainerin in Wedel (Kreis Pinneberg). In ihrer Hundeschule „Born to train dogs“ schult sie Vierbeiner mit ihren Besitzern im großen Einmaleins des Hundebenimms und Gehorsams. Doch einmal in der Woche ist Lesestunde. Dann sind ihre beiden Hunde Mila und Bobby der Coach und helfen Kindern mit Leseschwäche, ihre Hemmungen vor dem (Vor-)Lesen abzubauen. Vier Kinder aus der zweiten und dritten Grundschulklasse sind es, die jeden Mittwochnachmittag zu den Hoffmanns nach Hause kommen. Darunter auch Jonas Schuldt. Dann macht er es sich mit der Ungarischen Hütehündin Mila auf dem Sofa gemütlich, um ihr eine schöne Geschichte vorzulesen.

Lesehündin Mila

Als er vor einem Jahr zu Sabine kam, wusste er zwar alle Buchstaben, doch fiel es ihm schwer, sie zu Wörtern oder Sätzen aneinanderzureihen. Aus Sorge, ausgelacht zu werden, traute er sich nicht mehr, in der Schule vorzulesen. Doch in Mila hat er eine geduldige Zuhörerin gefunden. Sie stört es nicht, wenn seine Sätze noch etwas holprig sind. „Zu Hause klappt es mit dem Vorlesen inzwischen schon recht gut“, bestätigt seine Mutter, „vor der ganzen Klasse zu lesen, das traut er sich noch nicht.“ „Er ist mein erster Schüler“, erzählt Sabine Hoffmann, „als ich von dem Lesehund-Projekt hörte, war ich sofort begeistert.“ Seit einem Jahr engagiert sie sich mit ihren beiden Hunden ehrenamtlich für das Projekt. Mit ihr sind 120 Teams in ganz Deutschland unterwegs. In der Regel besuchen sie Schulen, Büchereien, Schulkindbetreuungen und heilpädagogische Einrichtungen, um vor Ort leseschwachen Kindern zu helfen.

Dass die Kinder wie bei Sabine Hoffmann ins Haus kommen, ist eher die Ausnahme: „Ich finde, dass die Kinder bei mir auf der Couch noch entspannter sein können als in der Schule.“ Welche Kinder an der Lesestunde mit Hund teilnehmen, entscheiden die Lehrer. Kerstin Deters-Köhnke ist Ausbilderin im Norden und betreut hier die Lesehund-Teams. Sie entdeckte die Lesehund-Initiative vor zehn Jahren. „Mein Sohn war damals acht“, erinnert sich die Mutter von drei Kindern, „wegen seiner Leseschwäche wurde er von seinen Mitschülern oft gehänselt und vor der Klasse bloßgestellt. Das war nicht so schön.“

Um einen Ausweg aus der Situation zu finden, nahm sie Kontakt zu Kimberly Kistler-Grobholz auf, die 2008 das Lesehund-Projekt in München gründete. Sie war so begeistert davon, dass sie 2017 nach Bayern reiste, um mit ihrer Hündin Emmy – sie war damals gerade ein Jahr alt – an einem Workshop teilzunehmen und selbst die Lesehund-Teamausbildung zu machen.

Seither ist sie nicht mehr nur mit Golden Retriever Emmy, sondern auch mit Golden Doodle Nala regelmäßig in der Wedeler Moorwegschule zu Besuch, um leseschwachen Kindern zu helfen.
Seit 2019 bildet Deters-Köhnke selbst Besitzer und Besitzerinnen mit ihren Vierbeinern zu Lesehund-Teams aus. „Nicht jeder Hund ist geeignet“, wie die Ausbilderin betont, „deshalb durchlaufen die Kandidaten erst mal einen Test.“

Kerstin Deters-Köhnke mit Golden Doodle Nala (li.) und Golden Retriever Emmy (r.) betreut das Lesehund-Projekt im Norden.

Grundvoraussetzung ist natürlich, dass die Hunde Kinder mögen. „Bei einem Casting finden wir heraus, wie der Hund in bestimmten Situationen reagiert“, erklärt die Expertin, die bei dieser Aufgabe von Sabine Hoffmann als erfahrener Hundetrainerin unterstützt wird. „Als Vorleserin assistiert mir meine kleine Tochter“, erläutert Hoffmann, „dabei beobachte ich den Hund und kreiere ganz bewusst Stress-Situationen, indem ich zum Beispiel plötzlich aufspringe und mit den Armen in der Luft herumwedele.“ Gehe der Hund nach vorn und zeige Aggressionsverhalten, dann sei er für die Aufgabe als Lesehund nicht geeignet. Ziehe er sich zurück oder frage er seinen Halter um Hilfe, sei das in Ordnung. Dann wird für ihn gesorgt.

Auch wenn die Hunde nur neben ihren Schülern auf dem Sofa liegen und kuscheln dürfen, ist es für sie ein aufregender Job. Sie müssen sich immer wieder auf neue Kinder einstellen, aufmerksam zuhören und stets die Ruhe bewahren. Deshalb sollten sie nicht mehr als maximal drei Stunden pro Woche im Einsatz sein. Wichtig sei, wie die Trainerin betont, dass sich nicht nur das Kind, sondern auch der Hund in der Lesestunde wohlfühle. Lesehund-Besitzer benötigen außerdem einen Hundeführerschein mit theoretischer und praktischer Prüfung. Das kann die Begleithundeprüfung, der Sachkundenachweis oder der Dog-Owners-Qualification (D.O.Q)-Test 2.0 sein.

Die Hundebesitzer werden in einem Tages-Workshop – ohne Hund – auf ihre Aufgabe vorbereitet. Sie lernen, Versagensängste beim Kind abzubauen, die Lesekompetenz zu verbessern und den Kindern den achtsamen Umgang mit dem Hund beizubringen.

Das Lesen lernen an sich bringen die Lesehund-Teams den Kindern nicht bei. Dafür ist die Schule zuständig. Das Ziel ist vielmehr, die Kinder in ihrem Selbstvertrauen zu stärken, damit sie wieder Spaß am Lesen bekommen. Dabei übernehmen die Hunde einen wichtigen Part, nämlich eine wertschätzende und vertrauensvolle Atmosphäre zu schaffen. Eine Leseeinheit dauert in der Regel 20 min. In dem einen Jahr, in dem Jonas mit Mila, seiner Lehrerin auf vier Pfoten, das Lesen übt, hat er die fast sechzig Bücher der speziell für Kinder mit Leseschwäche entwickelten Serie vorgelesen. Die Geschichten sind in einfachen Sätzen und mit großen Buchstaben geschrieben, um das Lesen einfacher zu machen. So stellt sich schnell der Erfolg ein.

Noch vor den Sommerferien hat Jonas die 58. Folge begonnen. Er freut sich schon jetzt: „Wenn die Schule wieder anfängt, lese ich mit Mila weiter.“ Mirjam Greisen, Lehrerin an der Moorwegschule, ist von der Arbeit der Lesehund-Teams überzeugt. Als eine ihrer Schülerinnen eines Tages von selbst den Wunsch äußerte, vor der Klasse vorzulesen, kamen ihr vor Freude die Tränen. Die Szene wird ihr immer in Erinnerung bleiben: „Mit der einen Hand hielt das Mädchen das Buch, mit der anderen streichelte sie den Hund.“

Info

Wer einen Lesehund für seine Schule oder Einrichtung buchen, sich selbst ehrenamtlich mit seinem Hund als Lesehund-Team engagieren oder ganz einfach den gemeinnützigen Lesehund-Verein unterstützen möchte, sei es als förderndes Mitglied oder mit einer Spende, der kann sich bei Kerstin Deters-Köhnke unter Tel.: 0177-8 25 89 80 melden. Alle Infos gibt es unter lese​hund-im-norden.de

Von der Monokultur zum Mischwald

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Der Waldumbau in den Schleswig-Holsteinischen Landesforsten kommt gut voran. Davon konnte sich Landwirtschaftsminister Werner Schwarz (CDU) überzeugen, als er im Rahmen seiner Sommertour die Försterei Daldorf im Kreis Segeberg besuchte. Schritt für Schritt wird der Wald umgebaut von der Monokultur Fichte hin zu einem Mischwald mit Bäumen, die dem Klimawandel besser trotzen. Fichten haben vor 20 Jahren noch 70 % des Bestandes ausgemacht.

Auf dem Pflanzprogramm stehen vor allem Douglasien, Küstentannen, Rotbuchen und Winterlinden. 3.000 bis 4.000 junge Bäume werden pro Hektar gepflanzt. Zu einem vollständigen Kahlschlag kommt es beim Waldumbau nicht. Die jungen Bäume werden zwischen die alten gepflanzt, so sind die jungen nicht schutzlos der Sonne ausgeliefert. Und „wenn die alten Bäume geerntet sind, steht der neue Wald schon da“, so Revierleiter Thomas Jacobi.

Eine Million Bäume jedes Jahr

In den nächsten zehn Jahren sollen in den Schleswig-Holsteinischen Landesforsten rund 2.880 ha neu bepflanzt werden, das heißt jedes Jahr etwa eine Million Bäume. Der Waldumbau ist nicht zuletzt auch deshalb wichtig, weil Schleswig-Holstein verhältnismäßig wenig Wald besitzt.

Das wird sich in nächster Zeit auch nicht in großem Stil ändern. „In Schleswig-Holstein ist die Flächenkonkurrenz sehr groß. Deshalb konzentrieren sich die Landesforsten auf den Waldumbau und weniger auf neuen Wald“, so Landesforstminister Werner Schwarz.

Das ist auch im Revier Daldorf so. „Es steht wenig Fläche zum Verkauf, und wenn, dann können wir preislich nicht konkurrieren“, erklärt Jacobi. „Als Landesforsten dürfen wir nur zum Durchschnittspreis kaufen. Kürzlich hat uns ein Landwirt vier Hektar verkauft. Der wollte etwas Gutes für die Allgemeinheit tun. Das passiert aber eher selten.“

Die Försterei Daldorf hat früh mit dem Waldumbau begonnen, sodass von den 1.500 ha Wald jetzt nur noch 135 ha umgebaut werden müssen – davon sind 35 ha reine Fichte. Seit etwa zehn Jahren setzt man hier auf moderne Methoden. „Gemeinsam mit der Baumschule Heydorn haben wir ein Substrat entwickelt, in dem die Pflanzen heranwachsen und einen festen Wurzelballen bilden. Diese Containerpflanzen können wir praktisch das ganze Jahr über pflanzen.“ Und noch einen Vorteil haben sie: Sie passen mit dem Container genau in das Bohrloch einer „Waldbohrmaschine“ hinein. „So schaffen wir mit einer Maschine 160 Pflanzen pro Stunde. Aber nicht nur die Pflanzleistung, sondern auch die Pflanzqualität ist hoch.“ Der Minister probierte die Bohrmaschine selbst aus und pflanzte einige Bäume.

Traubenkirschen sind dominant

Den Wald sich selbst zu überlassen und wachsen zu lassen, was wächst, ist in der Försterei Daldorf keine Alternative. „Die Traubenkirsche würde alles überwuchern. Sie wächst in den ersten Jahren ein bis eineinhalb Meter pro Jahr. Da hätte kein anderer Baum eine Chance. Die Samen werden von Vögeln und Waschbären im ganzen Wald verteilt“, so Thomas Jacobi.

Junge Bäume gilt es vor Wildverbiss zu schützen. „Dafür verwenden wir Schafsfett, mit dem die jungen Bäume bestrichen werden. Das mögen weder die Hasen noch die Rehe“, so Jacobi. Außerdem muss ausreichend Wild gejagt werden. „Das Ziel ist, zehn Rehe pro Hektar pro Jahr zu erlegen. Das schaffen wir meist nicht ganz.“ Offensichtlich erreichen die Jäger ihr Ziel aber zumindest annähernd, denn die Eberesche gedeiht gut in den Wäldern des Reviers. „Rehe fressen besonders gern die Triebe von Ebereschen. Deshalb ist ein guter Bestand an Ebereschen ein positives Zeichen für einen gut regulierten Wildbestand.“

Ebereschen werden nicht angepflanzt. Sie samen sich selbst aus. „Nach dem Umbau des Waldes brauchen wir hoffentlich keine Bäume mehr zu pflanzen, weil sie sich selbst vermehren“, so Thomas Jacobi. 

Fischer halten sich mühsam über Wasser

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Fischereiminister Werner Schwarz (CDU) brachte die Gummistiefel selbst mit. In Begleitung seines Fischerei-Referatsleiters Martin Momme kam er im Rahmen seiner Sommertour zum Niendorfer Hafen in der Gemeinde Timmendorfer Strand. Hier nahm er die restliche Fischerdienstkleidung im Empfang, und dann ging es los mit dem Fischkutter von Peter Dietze, einem der letzten Küstenfischer in der Lübecker Bucht.

Klare Sicht und ruhige See, beste Voraussetzungen für ein erstes Fischereipraktikum. Der Fang an diesem sonnigen Morgen fiel dann eher bescheiden aus. Auch wenn das nicht immer so ist – ein Küstenfischer an Schleswig-Holsteins Ostseeküste hat zu kämpfen, muss sich immer wieder etwas Neues einfallen lassen, um sich wirtschaftlich über Wasser zu halten.

Von der Fischerei allein kann Dietze nicht mehr leben. In der Saison schippert er Touristen durch die Lübecker Bucht. „Bei diesen Touren fische ich tatsächlich und erkläre den Fang an Bord, damit Groß und Klein anschaulich die Meerestiere erleben können“, so Dietze.

Geplanter Nationalpark bereitet Sorgen

Von Oktober bis April fährt er in die Kieler Bucht zum Fischen. Doch damit könnte es bald vorbei sein, wenn sich das Land dafür entscheiden sollte, die schleswig-holsteinische Ostseeküste zum Nationalpark zu erklären. „Dann dürften 50 Prozent nicht mehr genutzt werden“, so Minister Schwarz. Er plädierte für einen Schutzstatus unterhalb eines Nationalparks und versprach: „Ich werde mich für die Interessen der Fischer starkmachen.“ Prognosen wage er zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht. „Wir befinden uns in einem offenen Konsultationsprozess.“ Und in einer schwarz-grünen Koalition. Die Entscheidung soll Mitte nächsten Jahres fallen.

Unterstützung für den Schutz der Interessen der Fischer erhielt der Minister von der Landtagsabgeordneten Wiebke Zweig (CDU), die mit an Bord war. Sollte die schleswig-holsteinische Ostseeküste Nationalpark werden, können Peter Dietze und seine Kollegen nicht mit staatlichen Ausgleichszahlungen rechnen. Minister Schwarz erklärte die Unterschiede zur Landwirtschaft: Den Landwirten gehöre das Land. Das heißt, der Staat greife bei Verfügungen in ihre Eigentumsrechte ein.

Sollte der Nationalpark kommen, wird es eng für Dietze und seine Kollegen. An den Personalkosten kann er nicht sparen. Sein Mitarbeiter Jan Schuld ist nur heute ausnahmsweise mit an Bord. An den Tagen ohne Ministerbesuch sind Dietze und Schuld jeder allein mit einem Kutter unterwegs.

Krebspopulation ist eine Plage

Da die Dorschpopulation in der Ostsee zurückgegangen ist, breiten sich Krebse immer mehr aus. „Früher haben die Dorsche junge Krebse gefressen. Jetzt fressen Krebse in der Reuse die Flossen der Plattfische an“, so Dietze. „Die Flossen regenerieren sich wieder, aber die Krebse sind wie ein Heuschreckenschwarm unter Wasser. Sie sind Allesfresser, und genau das tun sie. Sie fressen auch die Nahrung der Fische. Viele Fische sind magerer als früher. Ob das an den Krebsen liegt oder an den schlechten Umweltbedingungen, etwa durch die Überdüngung, ist noch nicht wissenschaftlich untersucht.“

Magere Fische kann Dietze ab Kutter jedoch nicht verkaufen. Die will niemand haben. Dafür ist er auf die Fischauktionen in Holland angewiesen. Ein Lkw sammelt die Fische entlang der Küste ein und fährt sie nach Holland. Aber nicht immer wird ein Lkw voll. Dann lohnt die Fahrt nicht. Die minderwertigeren Fische lassen sich dann nur noch als Tierfutter verwerten.

Das Netz wird eingezogen.

An diesem Tag waren wenige Plattfische im Netz und auch wenige Krebse. Der Minister pulte sie alle einzeln aus dem Netz und setzte fachgerecht den tödlichen Stich. Die Krebse gingen über Bord. In der Reuse waren nur kleine Dorsche und viele Krebse. Ist ein Dorsch unter 35 cm lang, muss er zurück ins Wasser. Ein Lineal ist immer an Bord, um nachzumessen. Fischer Dietze wünscht sich, dass er auch die sich stark vermehrenden Krebse verkaufen könnte. Doch hierzu fehlen zurzeit noch die Vermarktungsmöglichkeiten.

Zwischen dem Land Schleswig-Holstein und den Fischern gibt es freiwillige Vereinbarungen zum Schutz von Schweinswalen und Meeresvögeln. Damit die Schweinswale nicht versehentlich als Beifang in den Fischernetzen landen, werden sie mittels akustischer Signale gewarnt, die von sogenannten Pals ausgesendet werden. Das Land fördert die Anschaffung der Pal-Geräte, die an den Netzen befestigt werden.

Benjamin Schröder, Geschäftsführer der Erzeugergemeinschaft Nord- und Ostseefische GmbH, zeigte sich zufrieden mit dem prominenten Praktikanten. „Minister waren schon einige an Bord, und wir haben ihnen auch immer das Angebot gemacht mitzuarbeiten. Herr Schwarz war der Erste, der wirklich mitgearbeitet hat. Er darf gerne wiederkommen“, versicherte er. 

Werner Schwarz (li.) und Fischer Peter Dietze im Gespräch

Rund 700 verendete Schweine im Kreis Plön entdeckt

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In Großharrie im Kreis Plön wurden auf einem Betrieb rund 700 verendete Schweine gefunden. „Eine Tragödie“ nennt es Dietrich Pritschau, Vorsitzender der AG Schweinehaltung und Vizepräsident des Bauernverbandes Schleswig-Holstein: „Das hat nichts mit der Art der Tierhaltung zu tun, es muss eine extreme Überforderung bei dem Halter vorgelegen haben.“ Die Sache wurde aufgedeckt, als der Halter einem Veterinär den Zugang verweigerte und dieser ihn sich mittels der Polizei verschaffte. So wurden die verendeten Kadaver entdeckt.

„Der Halter muss die Tiere schon seit 2020 nicht mehr ordnungsgemäß oder gar nicht versorgt haben, sie sind verhungert und verdurstet“, sagt Dr. Henning Hadeler von der Staatsanwaltschaft Kiel. Sie ermittelt nun gegen den 43-jährigen Halter wegen Verstoßes gegen das Tierschutzgesetz.

Die Frage stellt sich, warum die Angelegenheit nicht früher bemerkt wurde. Die Schweine waren in drei Ställen untergebracht, zwei außerhalb des Ortes und einer abgewandt zur Straße. Eine Geruchsbelästigung war offensichtlich nicht aufgefallen, auch keine Schreie der Tiere. „Es muss ein langsames Abgleiten in den Tod gewesen sein“, meint Pritschau. Der Landwirt hatte vor drei Jahren die Schweinehaltung abgemeldet, man hatte also dort keine Schweine mehr vermutet. Ob sie tatsächlich fortgeschafft wurden, wurde offensichtlich nicht überprüft.

„Der Kollege muss überfordert gewesen sein“, sagt Joachim Flessner, Vorsitzender des Kreisbauernverbands Plön: „Es ist unser aller Aufgabe, die Augen offenzuhalten und Hilfe anzubieten.“ Dr. Uwe Scheper, Vertrauensperson Tierschutz in der Landwirtschaft der Landesregierung, bekräftigt dies: „Fasst euch ein Herz, meldet euch, wenn ihr Probleme habt, es gibt immer einen Weg. Die Landwirtschaft muss lernen, über Probleme zu reden.“ Und an das Umfeld gewandt: „Lieber einmal mehr als zu wenig nachfragen!“

Ansprechpersonen:

Dr. Uwe Scheper, Tel.: 01 51-52 78 98 40, vertrauensperson.tierschutz@mllev.landsh.de
Klaus Dahmke, BVSH, Tel.: 01 71-972 72 23
Sönke Harders, LKSH, Tel.: 01 70-561 15 53, sharders@lksh.de
Dr. Jan Menkhaus, Nordkirche, Tel.: 01 51-22 56 50 28, jan.menkhaus@kda.nordkirche.de

Erfolgreiche Florum in Ellerhoop

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Klimawandel, umweltschonende Techniken und Torfersatz, Wirtschaftlichkeit, Umweltauflagen, Kundenwünsche – dies waren Themen der Fachveranstaltung Florum – Forum für Grünes Wissen, die am 22. August mit reger Beteiligung im Gartenbauzentrum der Landwirtschaftskammer in Ellerhoop stattfand.

Baumschulen sind die Wiege und die Kinderstube unserer künftigen Waldbäume, Stadtbäume und Gehölze. Ihre Produzenten, die Baumschuler, müssen dafür vielfältige Herausforderungen meistern. Das gilt für die Betriebe vor Ort, aber auch in Europa und weltweit. Was liegt da näher, als sich über neue Erkenntnisse in Fachvorträgen schlauzumachen (www.flo​rum.sh/vortrag/82).

Schlüsselfunktion fürs Klima

Zudem hatten rund 50 Baumschulbetriebe vor Ort ihre Tore für die Fachwelt geöffnet. Sie informierten Kommunen, Einzelhandelsgärtnereien und andere Kunden über ihre Wirtschaftsweise und ihre Pflanzen.

Ute Volquardsen, Präsidentin der Landwirtschaftskammer, eröffnete die Florum gemeinsam mit Landwirtschaftsminister Werner Schwarz (CDU). Sie sagte: „Ich freue mich, dass Sie alle nach Ellerhoop gekommen sind, in unser Kompetenzzentrum Baumschule. Wir befinden uns hier in einem der größten zusammenhängenden Baumschulgebiete Europas.

Werner Schwarz, Minister für Landwirtschaft, ländliche Räume, Europa und Verbraucherschutz, betonte: „Die Baumschulwirtschaft in Schleswig-Holstein ist nicht nur ein wichtiger Wirtschaftszweig, sondern sie leistet auch einen wertvollen Beitrag zur nachhaltigen Entwicklung unserer Region. Die Baumschulen prägen unser Landschaftsbild und schaffen die Grundlage für die Begrünung von urbanen und ländlichen Räumen.“ Und weiter: „Als Landesregierung ist es uns wichtig, den Baumschulstandort Schleswig-Holstein zu stärken und bei anstehenden Transformationsprozessen zu unterstützen.“

Hajo Hinrichs, Präsident des Bundes deutscher Baumschulen, dankte allen Engagierten, vor allen Dingen dem Vorstand im Landesverband Schleswig-Holstein.

Dr. Frank Schoppa, Ge­schäftsführer der Florum und Geschäftsführer des Baumschulverbandes auf Landesebene, sagte: „Im Gartenbauzentrum Ellerhoop bieten wir Wissenstransfer und fachlichen Austausch untereinander und wir fördern zugleich den Absatz im Pinneberger Baumschulland.“

Sie eröffneten die Florum 2023 im Gartenbauzentrum in Ellerhoop: Jan-Peter Beese, Leiter der Abteilung Gartenbau (LKSH), Axel Huckfeldt, Vorstand Bund deutscher Baumschulen (BdB SH), Dr. Frank Schoppa, Geschäftsführer von BdB SH und Florum, Wetterexperte Sven Plöger, die Präsidentin der Landwirtschaftskammer, Ute Volquardsen, Landwirtschaftsminister Werner Schwarz und der Präsident des BdB auf Bundesebene, Hajo Hinrichs (v. li.). Foto: Daniela Rixen

Wetterexperte Sven Plöger sprach zum Thema „Zieht euch warm an, es wird heiß!“. Er sagte: „Wir brauchen eine Verländlichung der Städte – mehr Grün und mehr Blau“, damit Verdunstungskälte entstehen könne. „Da ist die Baumschulbranche eine Schlüsselbranche. Leider hätten wir ein Handlungsproblem als Menschen, dem stehe aber eine physikalische Realität gegenüber – es gebe keine Wunschwelt, so der Meteorologe. Und noch immer wüchsen die Emissionen, legte er dar.

Dr. Andreas Wrede, Leiter des Baumschulversuchswesens im Gartenbauzentrum der Landwirtschaftskammer in Ellerhoop, informierte über Klimawandelgehölze und gab aktuelle Empfehlungen für Garten, Stadt und Land.

Seit zirka zwölf Jahren arbeitet die Landwirtschaftskammer am Thema der Gestaltung zukünftiger Baumsortimente. Es geht um die unverzichtbaren Eigenschaften für ein funktionierendes (Stadt-)Grün und dessen klimaresiliente Gestaltung.

Hendrik Averdieck, ebenfalls Mitarbeiter im Versuchswesen der Landwirtschaftskammer, referierte zum Thema „Torfersatz in Gehölzsubstraten“. Auch dabei spiele der Klima­aspekt eine Rolle.

Fazit

Die Veranstalter, Landwirtschaftskammer und Bund deutscher Baumschulen in Schleswig-Holstein, zeigten sich zufrieden. Es gab auch genügend Raum zum fachlichen Austausch und Netzwerken. Die Landwirtschaftskammer führt in ihrem Gartenbauzentrum in Ellerhoop, dem Kompetenzzentrum Baumschule in der norddeutschen Kooperation im Gartenbau, jährlich rund 80 Baumschulversuche durch. Mehr zu diesen Themen unter www.lksh.de

Wissenstransfer in die Praxis – den Fachvorträgen zum Klimawandel folgten viele interessierte Fachbesucher. Foto: Daniela Rixen

Pferdefest des Nordens in Bad Segeberg

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Auf dem Landesturnierplatz in Bad Segeberg fand das Pferdefest des Nordens statt, der Höhepunkt des Jahres für alle Breitensportler. Ganz gleich, ob Fahrer, Voltigierer oder Reiter, ob am Boden oder im klassischen, Western-, Tölt-, Barock- oder Damensattel, egal ob Shetlandpony oder Shire Horse: Unter dem Motto „Pferde und Freu(n)de” kamen sie zusammen, maßen sich in vielen bunten Wettbewerben und feierten gemeinsam die Freude am Pferd.

„Es ist ein beachtliches Kunstwerk“, sagte Dr. Katja Krugmann am Sonntagnachmittag über das Pferdefest des Nordens. Die neue Referentin für Breitensport, Vereine und Betriebe des Pferdesportverbandes Schleswig-Holstein (PSH) war zum ersten Mal mit der Organisation des Turniers beauftragt und erst vor drei Monaten in die Vorbereitungen eingestiegen.

Anne Rahlf (li.) und ihr Team aus dem Reit- und Fahrverein Bordesholm konnten eine der zehn Prüfungen für Voltigierer gewinnen. Foto: Stefan Stuhr/Rathmann Verlag

Es sei komplex gewesen, berichtet die 32-Jährige. Mit der sehr guten Unterstützung der Kollegen in der Geschäftsstelle, der dazugehörigen Ehrenamtlichen und vor allem der vielen Verbände und eingespielten Organisationsteams, die einzelne Prüfungen veranstalteten, sei es jedoch gut zu schaffen gewesen. Krugmann profitierte außerdem von ihrer Erfahrung in der Durchführung von Turnieren in ihrem Heimatverein in Bad Schwartau, Kreis Ostholstein, auch wenn es dort klassische Dressur- und Springprüfungen gegeben habe. „Es war sehr beeindruckend, wie vielfältig es war“, resümierte sie dann auch und fügte hinzu: „Die einzelnen Teams haben super funktioniert.“

Vom Shetty bis zum Kaltblut war in Bad Segeberg wieder jede Pferdegröße dabei. Foto: Stefan Stuhr/Rathmann Verlag
Integriert in das Pferdefest war auch ein C-Turnier der Ersten Westernreiter Union. Foto: Stefan Stuhr/Rathmann Verlag


„Dabei stand die ganze Veranstaltung am Donnerstag noch auf der Kippe, denn es hatte viel geregnet und alles war aufgeweicht“, so Matthias Karstens, Geschäftsführer des PSH. „Das Landesbreitensportturnier ist ja wie ein großes Festival. Viele Teilnehmer campen auf der Wiese und bleiben mit den Pferden über Nacht“, erklärte Krugmann.

Zum Glück sah der Wetterbericht für das Wochenende gut aus, also wurde die Veranstaltung durchgeführt und die Organisatoren wurden mit trockenem Wetter belohnt. Am Sonnabend war es dann allerdings so heiß, dass die Rettungssanitäter einige Besucher wegen Kreislaufproblemen versorgen mussten. Die Pferde kamen hingegen gut zurecht, die Tierärztin hatte keinen Einsatz.

Gelassenheit war bei vielen Prüfungen gefragt. Foto: Stefan Stuhr/Rathmann Verlag

Die Isländer machten am Sonnabendmorgen mit einer besonderen Prüfung den Anfang. „Blinder Führer“ hieß die Prüfung, bei der verschiedene Aufgaben von einem Team absolviert wurden, das aus einem Reiter auf einem Pferd und einem Führer mit verbundenen Augen bestand. Etwas später ging es mit einem gebisslosen Geschicklichkeitswettbewerb für Reiter weiter. Währenddessen konnte Tessa Hieronymi mit Baltic Blue die Prüfung „Ohne leichten Sitz nichts los“ gewinnen. Die Prüfung gehörte zum Bereich „Gehüpft wie Gesprungen“ und wurde vom Landesverband der Reit- und Fahrvereine Hamburg gemeinsam mit dem PSH ausgeschrieben.

Auch die Fahrergemeinschaft Schleswig-Holstein/Hamburg und das Team Légèreté, der Verein Schleswiger Pferdezüchter sowie Mounted Games Deutschland, der Verband für Reiterspiele, hatten Prüfungen im Angebot. Zum zweiten Mal mit dabei waren die Hobby Horser. Ihr Mächtigkeitsspringen gewann Tyra-May Friedel mit HH Browny. „Ich könnte mir vorstellen, dass das Hobby Horsing aufgrund der aktuell hohen Nachfrage noch mehr Raum bekommt“, sagte Katja Krugmann. Viel Änderungsbedarf sehe sie aber nicht, denn das Turnier stehe ja im Großen und Ganzen und sei über Jahre hin entwickelt worden. Außerdem waren alle „mit Witz und guter Laune dabei“, und was gibt es Besseres?

Im Hobby Horsing wurden fünf Prüfungen für Einsteiger und Fortgeschrittene angeboten. Foto: Stefan Stuhr/Rathmann Verlag

Der Bürgermeistergarten in Wilster

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Das denkmalgeschützte Neue Rathaus der Stadt Wilster in der Elbmarsch, ehemals das Wohnhaus des Kanzleirates Johann Hinrich Doos und seiner Frau Luise, gilt zusammen mit dem Bürgermeistergarten als bedeutendstes bürgerliches Ensemble des 18. Jahrhunderts in Schleswig-Holstein. Der formale Garten mit seinen Marmorskulpturen und barocken Elementen ist aufgrund der testamentarischen Verfügung der Stiftung an die Stadt bis heute weitgehend in seinem Stil erhalten geblieben.

Außer dem Alten Rathaus von 1585 mit anliegendem, heute als Naturkundliches Museum genutztem Speicher aus dem gleichen Entstehungsjahr gibt es in Wilster das Neue Rathaus, das auch als Palais Doos bekannt ist. Es wurde nämlich in den Jahren 1785/86 als großbürgerliches Wohnhaus von Kanzleirat Johann Hinrich Doos (1738-1804) erbaut. Teile der Innenausstattung und die Gartenstatuen aus Carrara-Mamor konnte er aus der Auflösung des 1787 bis 1790 abgerissenen Schlosses Friedrichsruh bei Drage nördlich von Itzehoe erwerben. Zehn der Statuen sind erhalten und sind im rückwärtigen Garten zu besichtigen.

Das ehemalige Wohnhaus der Familie Doos ging im Jahre 1829 in den Besitz der Stadt Wilster über. Foto: Hans-Dieter Reinke

Die Frau des Kanzleirats, die Etatsrätin Luise Charlotte Dorothea Christine Doos, in deren Besitz das Palais und der Garten übergegangen waren, vermachte das Bürgerhaus zusammen mit dem Garten der Stadt Wilster. So wurde das Palais Doos nach dem Tod der Stifterin ab 1829 zum Sitz des Bürgermeisters der Stadt und erst seitdem gibt es die Bezeichnungen Neues Rathaus und Bürgermeistergarten. Dessen barocke Grundformen sind bis heute weitgehend unverändert erhalten, da es eine der Auflage des Vermächtnisses von der Etatsrätin Doos war, dass der Garten unverändert bleiben möge.

Gliederung des Bürgermeistergartens

Man gelangt von der straßenabgewandten Seite des Neuen Rathauses über eine Freitreppe und einen befestigten Vorplatz zur etwa 250 m langen Wegachse des 2,4 ha großen Bürgermeistergartens. Es folgt ein erster geschlossener, als Rondell angelegter Gartenteil, an dessen Rändern sich vier der Gartenplastiken befinden. Neben den römischen Göttinnen Juno, der Göttin der Ehe und Fürsorge, und der Göttin der Jugend, der Blumen und der Sinnesfreuden, Flora, sowie Aphro­dite, der griechischen Göttin der Schönheit und Liebe, finden wir hier den römischen Himmels- und Wettergott Jupiter.

Über einen Eibenbogen gelangt man in das zentrale Gartenparterre, das an den Wegenden durch Doppellinden begrenzt ist. In der Mitte, wo die buchsbaumgesäumten Rosenbeete zusammenlaufen, befindet sich ein zentraler Tulpenbaum, der wiederum von vier Marmorstatuen umstanden ist. Hier finden wir etwa Apoll, den griechischen Gott des Lichts, des Frühlings und der Künste, Saturn, den römischen Gott des Ackerbaus und des goldenen Zeitalters, sowie Neptun, den römischen Gott des Meeres und des fließenden Wassers. Etwas abseits steht ein Steintisch mit Altarplatte aus der alten Kirche in Wilster, der aus dem Besitz der Familie Doos stammt.

Blick durch den Eibengang zur Freitreppe des Neuen Rathauses Foto: Hans-Dieter Reinke

Es folgt weiterhin der mittlere Gartenbereich mit kreisrunden Gehölzinseln und einem zentralen Wassergraben mit Bastion, in dem ab Frühjahr gelbe Sumpf-Schwertlilien zur Blüte kommen. Am Beginn des südlichen Weges säumen zwei weitere Marmorskulpturen den Weg: die römische Göttin der Liebe und Schönheit, Venus, die der Aphrodite in der griechischen Mythologie der entspricht, und die römische Glücks- und Schicksalsgöttin Fortuna.

Zehn Skulpturen aus weißem Marmor prägen den barocken Eindruck des Bürgermeistergartens in Wilster. Foto: Hans-Dieter Reinke

Der hintere Gartenbereich wurde früher durch ein großes, klassizistisches Gartenhaus geprägt, das allerdings im Zweiten Weltkrieg vollständig zerstört worden ist. Auf dieses Gebäude lief die Hauptsichtachse des Gartens zu. Der Grundriss des Gartenhauses wurde im Jahre 2018 durch ein niedriges, gemauertes Steinrechteck in seinen Abmessungen nachgebildet, in dessen Zentrum sich ein Gedenkstein für die Stifterfamilie Doos befindet.

Landschaftlicher Teil und Gehölzsammlung

Im späten 19. Jahrhundert wurde der folgende hintere Bereich landschaftlich gestaltet und erscheint heute als kleines Wäldchen, in dem im Frühjahr die dort in den Baumwipfeln brütenden Saatkrähen den akustischen Hintergrund liefern. Blühende Hasenglöckchen (Hyacinthoides) säumen zu der Zeit die Wege. Ein kleiner Teich befindet sich hier, während das ehemalige Badehaus nicht mehr existiert. Die Wilster Au, die mittlerweile an dieser Stelle verrohrt ist, bildete in früheren Zeiten die natürliche östliche Grenze der Parkanlage.

Die im Süden angrenzende ehemalige Wiesenfläche gehört zwar nicht zum denkmalgeschützten Bereich des Gartens, wird aber bereits seit Längerem als Fläche für eine Gehölzsammlung genutzt, wo neben heimischen Arten wie Eiche, Ahorn, Hainbuche, Ulme, Birke und Rosskastanie auch fremdländische Parkbäume wie Roteiche, Ginkgo, Trompetenbaum oder Sonderformen wie Blutbuche und Blutahorn angepflanzt wurden.

Neben dem Neuen Rathaus mit dem Bürgermeistergarten gibt es in Wilster auch ein Altes Rathaus von 1585. Foto: Hans-Dieter Reinke

Stadtpark Wilster und Ausflüge

Wenige Hundert Meter vom Bürgermeistergarten entfernt erreicht man über den Marktplatz mit der in der Marsch weithin sichtbaren St. Bartholomäus-Kirche, die 1775 bis 1780 erbaut wurde, die zweite Grünanlage der Stadt, den Stadtpark Wilsters. Die knapp 1 ha große Fläche der heutigen Grünanlage wurde 1907 von der Stadt erworben und in einen Stadtpark umgewandelt. Zuvor war dies ab 1604 der Kirchhof (Friedhof) der Stadt, der bis 1859 als solcher genutzt wurde, in Einzelfällen sogar noch etwas länger. Das Mausoleum der Stifterin und Wohltäterin der Stadt Wilster, der erwähnten Etatsrätin Luise Doos, befindet sich im Stadtpark, ebenso wie ein Denkmal für den 1829 in Wilster geborenen Dichter Johann Meyer, der seine Werke in niederdeutscher Mundart verfasste. Ein großes Ehrenmal für die im Ersten Weltkrieg gefallenen Soldaten der Kirchengemeinde Wilster mit dem Bildnis eines sterbenden Soldaten stammt von dem Bildhauer Richard Kuöhl. Im Jahre 1955 wurde das Denkmal erweitert und erinnert heute an alle Opfer der Kriege. Neben den Rasenflächen prägen verschiedene Bäume wie Rosskastanie, Blutbuche, Trauerweide, Ahorn, Esche, Linde, Säulenbuche, Säuleneibe und andere die Grünanlage, wobei auch diverse Baumneupflanzungen auf dem Gelände vorgenommen worden sind.

Einen Besuch des Alten Rathauses und des Naturkundlichen Museums im Speicher sowie der Kirche am Markt mit ihrer schlichten barocken Innenausstattung kann man noch anschließen.

Weitere lohnende Ausflugsziele in der Nähe der Stadt sind die mit 3,54 m unter NN tiefste Landstelle Deutschlands in Neuendorf-Sachsenbande, die historische Schleuse Kasenort und die Schopfmühle Honigfleth, das Wahrzeichen der Wilstermarsch.

Die alte Schöpfmühle bei Honigfleth ist das Wahrzeichen der Wilstermarsch. Foto: Hans-Dieter Reinke

Ergebnisse der Landessortenversuche Winterraps

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Zu spät, zu kalt, zu trocken, zu nass. Am Ende entschieden Befallsdruck, Erntezeitpunkt, Stängelgesundheit und Schotenplatzfestigkeit über den Ernteerfolg. Aufgrund der späten Ernte beim Raps und der geringen Datenlage werden nur die Ergebnisse der Einzelorte gezeigt. Sobald die Ergebnisse vollständig vorliegen, werden sie online unter www.lksh.de veröffentlicht. Heterogen fallen die Ergebnisse in der Praxis aus. In den Landessortenversuchen der Landwirtschaftskammer sieht es ähnlich aus.

Ergebnisse der Landessortenversuche

Insgesamt konnten sechs Landessortenversuche (LSV) angelegt werden: drei im Östlichen Hügelland, zwei in der Marsch und einer auf der Geest. Der Versuch in Schuby wurde aufgrund von Starkregen verschlämmt und musste abgebrochen werden. Somit gibt es in diesem Jahr keine Ergebnisse von der Geest. Für die Ergebnisse von Sandstandorten wird daher auf Ergebnisse vom Standort Ohrensen am Nordrand der Lüneburger Heide zurückgegriffen. Die Sortenempfehlung beruht größtenteils auf der Marktleistung (Tabelle 3), die sich aus dem Kornertrag und dem Grundpreis zuzüglich eines Zuschlags für jeden Prozentpunkt Öl über 40 % ergibt.

Die Landessortenversuche zeigten besonders zu den frühen Ernteterminen ein hohes Ertragsniveau (Tabelle 1) bei gleichzeitig sehr geringer Tausendkornmasse (nicht dargestellt). Im Mittel wogen 1.000 Rapskörner in diesem Jahr unter 4,5 g, was dafür spricht, dass der Raps eigentlich bis zur Blüte optimale Bedingungen vorfand und nicht gezwungen war, Ertragsanlagen zu reduzieren. Aber offenbar konnten die üppig vorhandenen Ertragsanlagen im Juni und Juli nur unzureichend gefüllt werden. Diese Aussage wird auch durch die im mittel nur durchschnittlichen Ölgehalte (Tabelle 2) gestützt, insbesondere da ein Großteil der jungen Sorten gegenüber ihren Vorgängerinnen aus den jeweiligen Züchterhäusern deutlich gesteigerte Ölgehalte in den Wertprüfungen und dem Bundessortenversuch gezeigt hatte.

Diesmal trat Cylindrosporiose verstärkt auf. Besonders in kalten, nassen Frühjahren wie 2023 kann Cylindrosporium verstärkt beobachtet werden. Typisch sind die einseitig absterbenden Blätter, die sich zur absterbenden Seite hin verkrümmen. Die Photosyntheseleistung ist dadurch eingeschränkt, und das Auftreten kann mit zu den streuenden Ergebnissen beigetragen haben. Die Trockenheit im Mai und Juni hat aber verhindert, dass sich die Krankheit auf den oberen Stängelbereich ausbreiten konnte. Später traten Phoma und Verticillium in den Beständen auf. Die Infektion mit beiden Krankheiten findet bereits im Herbst statt, und der Pilz wächst unbemerkt in der Pflanze. Beginnt die Abreife, werden die generativen Organe der Pilze sichtbar. Phoma führt zu einem Vermorschen der Stängelbasis, die Rapspflanze stirbt ab und beginnt zu lagern. Mit der Rlm7 besitzt Raps ein hohes Resistenzniveau gegen den in Norddeutschland am häufigsten auftretenden Phoma-Stamm, dennoch kann es sein, dass sich der Pilz in geschwächten Beständen etabliert. Kurz vor der Ernte trat auch vermehrt Verticillium auf, besonders in vom Stängelrüssler geschädigten Beständen. Die Infektionen breiteten sich häufig von den Einbohrstellen der Larven aus. Bei Verticillium bildet sich ein brauner Streifen auf dem Stängel, der mit zunehmender Abreife heller wird. Es zeigt sich ein ähnliches Bild wie bei Sclerotinia. Anders als bei Sclerotinia lässt sich an der Befallsstelle die Epidermis der Rapspflanze aber abziehen. Dort zeigen sich Mikrosklerotien, die außen am Stängel sitzen. Bei Sclero­tinia sind die Sklerotien so groß wie Weizenkörner und sitzen im Mark der Pflanze. Besonders in diesem kalten Frühjahr war die Aktivität der Schadinsekten niedrig, sodass über die Gelbschalen selten ein Befall über der Schadschwelle festgestellt werden konnte. Dabei ist durch die latent, aber permanent vorhandenen Käfer ein hoher Befallsdruck da gewesen, dessen Schwere wohl auch erst hinterher erkannt wurde. Der Befall trat meistens nes­terweise auf und hat zu den stark variierenden Erträgen der Sortenversuche beigetragen. Besonders in Barlt zog sich ein Streifen quer durch den Landessortenversuch. Vielerorts konnt auch Botrytis als Sekundärinfektion zusammen mit den Rüsslern festgestellt werden. In der Regel ist das Sortiment aber so gesund gewesen, dass die Krankheiten erst kurz vor der Ernte auftreten sind, sodass sie nicht mehr ertragsrelevant waren. Dabei hilft ein leichter Befall oftmals, die Abreife der Stängel zu beschleunigen, was den Drusch erleichtert. In einem Jahr wie diesem, wenn der Raps aufgrund der Nässe nicht trocknet, kann ein Befall jedoch zum Problem werden.

Raps in voller Blütenpracht: Bis Mitte Mai konnte sich der Raps optimal entwickeln.

Sortenempfehlung der Kammer

In diesem Jahr wurde die Ernte durch Regen und Unwetter stark beeinträchtigt, sodass sie erst spät erfolgte und sich kein stimmiges Bild über die Leistung der Sorten in den einzelnen Bodenklimaräumen zeigte. Daher können bis jetzt nur die Ergebnisse der Einzelorte präsentiert werden. Die Werte der einzelnen Sorten schwanken innerhalb der Bodenklimaräume aufgrund der Wettereinflüsse teils sehr stark, und Mittelwerte aus den Regionen sind wenig aussagekräftig. Für die Mittelwertbestimmung nach der Hohenheimer Methode werden hier Ergebnisse aus den Nachbarbundesländern benötigt. Diese liegen jedoch noch nicht vor, sodass eine abschließende Beurteilung der Sorten erst nach Redaktionsschluss erfolgen kann. Für die vorläufige Sortenempfehlung wird hier daher auf Ergebnisse aus dem Vorjahr zurückgegriffen. Die abschließenden Ergebnisse werden auf der Internetseite der Landwirtschaftskammer veröffentlicht.

Mehrjährig geprüfte Sorten

‚Ambassador‘ ist die Rapssorte mit der größten Anbaufläche im Land und hat die stabil guten Leistungen der Vorjahre bestätigt. Besonders auf leichten Standorten liegt die Sorte im relativen Ertrag oft über 110 %. Aus dem Segment der Ogura-Hybriden ist sie die früheste Sorte. Sie zeigt die geringste Reifeverzögerung. Besonders die genetisch fixierte Schotenplatzfestigkeit liefert Sicherheit, wenn sich die Ernte verzögert (Barlt).

Die Sorte ‚Ambassador‘ hat Schwächen im Ölgehalt. Die Sorten ‚LG Activus‘, ‚LG Adonis‘, ‚Archivar‘ haben diese nicht mehr, dafür aber keine Schotenplatzfestigkeit. Die Sorte ist in der Herbstentwicklung mit der Note 6 eingestuft und eignet sich daher für sehr späte Saattermine.

‚Smaragd‘, beliebt auf größeren Betrieben, zeichnet sich durch eine besonders geringe Reifeverzögerung des Strohs aus und damit durch eine schnelle Trocknung des Korns. Diese trägt dazu bei, dass die Sorte ‚Smaragd’ vor ‚Ambassador‘ gedroschen werden kann. Auf den besseren Böden im Östlichen Hügelland ist deswegen ‚Smaragd‘ ‚Ambassador‘ überlegen.

‚Picard‘ zeigt Stabilität über alle Anbaugebiete. Die Sorte hat in der Ernte 2023 und 2022 auf der Geest, in der Marsch und im Östlichen Hügelland eine relative Leistung von teils deutlich über 105 % im Kornertrag abgeliefert. In diesem Jahr zeigte sie sich nur durchschnittlich im Ölgehalt.

‚Daktari‘ zeigt über alle Bodenklimaräume robuste Erträge, konstant über dem Mittel. Die wüchsige Herbstentwicklung macht die Sorte auch für späte Saaten attraktiv.

‚LG Activus‘ ist zweijährig im LSV geprüft. Die Sorte konnte das hohe Leistungsniveau bestätigen. Das Bundessortenamt hat sie für die Aussaat 2023 zur Verrechnungssorte ernannt. Der Ölgehalt wurde gesteigert: 2022 hatte ‚LG Activus‘ den höchsten Ölgehalt. 2023 wurden die Ölgehalte nur von den jüngeren Schwestersorten ‚LG Adonis‘ und ‚Archivar‘ übertroffen. Für das jüngere Sortiment kann aufgrund der bisherigen Werte noch keine Empfehlung ausgesprochen werden. Eine Übersicht über die Sorteneigenschaften ist in Tabelle 4 zusammengefasst.

Schadbild der Cylindrosporiose: Nasskalte Perioden im zeitigen Frühjahr begünstigen den Befall. Typisch sind blasse Blattflecken. Werden Blattränder oder Stängelrippen befallen, kommt es zu den typisch sichelartig verformten Blättern, die halbseitig absterben. Am Stängel zeigen sich später lila Verfärbungen. 

Kohlhernieprüfung im Überblick

Kohlhernie ist im Rapsanbau die bedeutendste (Fruchtfolge-)Krankheit. Besonders der Befall im Herbst reduziert die Leistungsfähigkeit der Rapspflanze und führt zu deutlichen Ertragsausfällen. Daher wird in den Regionen, in denen besonders viel Raps angebaut wird, die Leistungsprüfung der Kohlherniesorten durchgeführt. Im Gegensatz zum Landessortenversuch, der als Teil des amtlichen Prüfwesens nach den Vorschriften des Bundessortenamtes einfaktoriell gefahren wird, hat die Leistungsprüfung der Kohlherniesorten zusätzlich eine behandelte Variante, die eine an die Praxis angelehnte ortsübliche Behandlung mit Fungiziden und Wachstumsreglern erfährt. Zudem ist das Sortiment sehr jung und enthält auch noch unzugelassene Stämme. Dennoch ist Voraussetzung für die Aufnahme in die Prüfung, dass zur Ernte Saatgut entweder als EU-Sorte oder als Versuchssaatgut mit orangefarbenem Etikett vorliegt.

Kohlhernie-Sortenempfehlung/Leistungsprüfung

Die Leistungsprüfung konnte diesmal an vier Orten angelegt werden und wurde auch an allen Orten beerntet. Da in Futterkamp aufgrund der späten Herbstentwicklung und des kalten Frühjahrs keine Wachstumsregler eingesetzt wurden, ist die zweite Stufe der Leistungsprüfung dort auch einstufig behandelt worden. In Kastorf konnte die Kohlhernieprüfung erst zehn Tage nach dem LSV geerntet werden, die Ergebnisse erscheinen hier eher untypisch.

Generell bestätigt sich das Leistungsniveau der Marktführer. Darüber hinaus streuen die Erträge ähnlich breit wie im Landessortenversuch. Dabei erreichen nur die Sorten ‚Crocodile‘, ‚Cromat‘ und ‚Credo‘ das Leistungsniveau der anfälligen Vergleichssorten ‚Picard‘ und ‚Ambassador‘. Alle anderen Sorten liegen auf einem soliden Leistungsniveau, welches in Barlt und Loit über dem Niveau der Landessortenversuche und in Futterkamp und Kastorf nur ganz knapp darunter liegt. Auch hier wird bei der Sortenempfehlung auf mehrjährige Ergebnisse aus dem Vorjahr zurückgegriffen. Eine endgültige Empfehlung wird auf der Seite der Landwirtschaftskammer erscheinen, sobald dann alle nötigen Ergebnisse dafür vorliegen.

Schadbild von Verticillium: Der Befall findet zumeist schon im Herbst statt, zeigt sich aber erst zur Abreife. An den Stängeln zeigen sich streifige, braune Verfärbungen, später wird der Stängel hell und die Pflanze stirbt ab. Die Symptome sind später der Weißstängeligkeit (Sclerotinia) ähnlich, jedoch sitzen bei Verticillium die Mikrosklerotien als charakteristischer „Eisenstaub“ außen an der Pflanze.

Was gilt es zur Aussaat 2023 zu beachten?

Das A und O für eine erfolgreiche Ernte ist eine optimale Etablierung der Rapsbestände im Herbst. Dazu wird in der Fruchtfolge klassisch zum Raps gepflügt und gekalkt, da ein hoher pH-Wert die Aktivität der Zoosporen der Kohlhernie deutlich hemmt. Die tiefe Lockerung ist wichtig für die Etablierung der Pfahlwurzel. Das Saatbett muss rückverfestigt sein, damit der kapillare Aufstieg den jungen Raps ausreichend mit Wasser versorgt. Der Boden muss aber locker genug sein, damit er sich schnell erwärmt und der Keimling sich schnell entwickeln kann. Der Anbau nach der früh räumenden Wintergerste könnte in diesem Jahr besondere Bedeutung erlangen. Die Böden sind wassergesättigt. Die Befahrbarkeit vorausgesetzt, kann die Erstellung eines falschen Saatbetts helfen, Ausfallraps und Unkräuter auflaufen zu lassen, welche bei der Saatbettbereitung zur eigentlichen Aussaat dann beseitigt werden können. Das klassische „Rum und Rein“, sprich Pflügen mit Packer und zwei bis drei Tage später Drillen mit der Kreiseleggen-Drillkombi, kann ab Ende August, also der 35. Kalenderwoche, auch funktionieren, wenn wieder ausreichend Niederschläge im September vorhergesagt sind. Hier ist der Aufwand im Pflanzenschutz im Nachhinein aber größer und besonders Altraps stellt hier das am schwersten zu bekämpfende Unkraut dar. Altraps ist in der Regel anfällig für Kohlhernie und stellt somit den Schwachpunkt in der Bekämpfung dar. Zu dichte Bestände sind oftmals auch eine Folge von zu viel Altraps. In dichten Beständen steigt der Krankheitsdruck, die Stängel werden dünner und die Bestände neigen später zu Lager. In der Tabelle mit den Sorteneigenschaften wurde daher eine Zeile mit der Spätsaateignung der Sorten aufgeführt. Sie beruht auf Züchterangaben.

Laut der Wettervorhersage soll es Ende August wieder warm werden. Damit sind, zusammen mit dem feuchten Boden, die Bedingungen für einen frühen und somit besonders gefährlichen Befall mit Kohlhernie gegeben. Das sollte bei der Sortenwahl berücksichtigt werden. Wenn auf einer Fläche in der Vergangenheit Kohlhernie auftrat, sollte unbedingt auf eine kohlhernieresistente Sorte zurückgegriffen werden.

Der Landessortenversuch Raps in Loit. Kurz vor der Ernte gingen einige Parzellen der gescheitelten Versuche ins Lager. Foto: Henrik-Christoph Hansen

Wie war das Rapsjahr?

Der Spätsommer begann vergangenes Jahr trocken und der Raps lief erst zum Herbstanfang um den 20. September nach Einsetzen der Niederschläge auf, und das aufgrund der inhomogenen Verteilung der Niederschläge oftmals in mehreren Wellen. Gleichwohl war die Sommergare in den Böden gut, der Raps konnte eine tiefe Pfahlwurzel ausbilden. Die überraschend wüchsige Wetterlage bis Anfang November trug dazu bei, dass er den Entwicklungsrückstand aus dem späten Aufgang bis zur Vegetationsruhe aufholen konnte. Um Weihnachten herum gab es einige frostige Tage, aber bereits zu Silvester folgten heftige Niederschläge bei Temperaturen um 15 °C. Dennoch blieb das Frühjahr lange kalt und besonders nass, sodass der Raps spät mit der Blüte begann und noch bis weit in den Mai hinein blühte. Bis zum 15. April gab es reichlich Niederschläge, sodass die Nährstoffverfügbarkeit im Boden günstig war. In der letzten Juniwoche schlug die Großwetterlage um und regnerisches Wetter hielt sich bis Mitte August. Dabei fielen im Juli dieses Jahr und in der ersten Augusthälfte deutlich mehr als 100 mm Niederschlag. Es gab nur kurze Erntefenster und in weiten Teilen des Landes standen selbst um den 10. August noch Rapsbestände, die zu feucht waren, um gedroschen zu werden. Unter diesen Bedingungen stellen pilzliche Erreger, allen voran Verticillium, die Standfestigkeit des Rapses auf die Probe, sodass Bestände durch Starkregenereignisse, den Sturm in der zweiten Augustwoche oder einzelne Gewitter ins Lager gingen und Körner ausfielen.


Milchpreisvergleich

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Die Milchauszahlungspreise im Bundesgebiet sind im Monatsvergleich bei vielen Meiereien niedriger. Einige Meiereien haben ihre Auszahlungspreise um bis zu 4 ct reduziert, mindestens eine hat den Preis angehoben, viele Meiereien zahlen erneut den Vormonatspreis aus. Im Vergleich liegen die Preise deutlich unter den Vorjahreswerten.

Die Situation für Milchviehhalter ist weiterhin angespannt. Für Betriebe, die aufgrund langer Kontrakte nicht von gesenkten Mischfutterkosten profitieren können, ist die Lage noch schwieriger. Im Bundesgebiet schwanken die Auszahlungspreise zwischen 33,47 und 49,46 ct/kg ECM, wobei im Süden mit die höchsten Auszahlungspreise erzielt werden können.

Hierzulande wird im Durchschnitt ein Preis von 37,33 ct/kg ECM mit einer Spanne von 34,1 bis 39 beziehungsweise 45 ct/kg ECM ausbezahlt. Dies entspricht einem Minus von etwa einem halben Cent im Vergleich zum Vormonat. In Deutschland sind die witterungsbedingten rückläufigen Tendenzen für die Milchanlieferung gestoppt worden und es wurde ein leichter Anstieg des Milchaufkommens von 0,2 % erfasst. Für die KW 30 wurde das Vorjahresniveau um 2,6 % überschritten und der saisonale Rückgang vorerst unterbrochen. Der Markt wird als überwiegend ruhig beschrieben und die Akteure befinden sich größtenteils in der Ferienzeit. Am Weltmarkt ist europäische Ware nur eingeschränkt konkurrenzfähig.

Die europäische Anlieferungsmenge lag zwischen Januar und Mai 2023 0,8 % über dem Vorjahreszeitraum. Gleiches gilt für die US-Milchmenge im Zeitraum Januar bis Juni 2023. Australiens Milchproduktion liegt weit hinter dem Vorjahr zurück. Das Minus beträgt 4,8 % für den Zeitraum Juli 2022 bis Mai 2023. In Neuseeland ist die Anlieferungsmenge nur 0,5 % kleiner als im zurückliegenden Jahreszeitraum (Juni 2022 bis Mai 2023). An der Global Dairy Trade (GDT) in Neuseeland wurde nun erneut ein Minus von –4,3 % realisiert. Ein etwa gleich starkes Minus wurde zuletzt im April registriert. Für Vollmilchpulver ergab sich die größte Preissenkung mit einem Minus von –8 %. Buttermilchpulver hingegen verzeichnet eine gegensätzliche Entwicklung mit +9,9 %. Alle anderen Produkte erzielten Verluste.

Die Terminmarktnotierung an der EEX in Leipzig für Magermilchpulver (MMP) sind im Monatsverlauf deutlich gefallen, wobei Butter mit Schwankungen auf einem stabilen Niveau tendiert. Der ife-Börsenmilchwert leitet sich von den EEX-Notierungen ab und wird mehrfach pro Woche aktualisiert. Für den Monat August liegt dieser bei 36,1 ct/ kg Milch. Bis zum Jahresende erwartet man einen Anstieg um etwa 2 ct. EU-weit ergibt sich für Juli im Mittel ein rückläufiger Milchauszahlungspreis. Am niederländischen Spotmarkt legt der Preis um 2 ct im Monatsvergleich auf 39,5 ct zu. In Italien fielen die Spotmarktpreise innerhalb eines Monats um 0,5 ct auf 51,3 ct.

Der Preis am Milchpulvermarkt liegt diesen Monat für alle Produktgruppen schwächer. Für Vollmilch sind die Notierungen an der Kemptener Börse um –23,75 €/t gesunken und liegen im Durchschnittspreis bei 3.477,50 €/t. Bei MMP in Lebensmittelqualität lag die monatliche Differenz bei –115 €/t für Juli auf 2.385 €/t. MMP in Futtermittelqualität ist auf 2.070 €/t (–100 €/t) gesunken. Die Marktlage ist weiterhin ruhig und es werden überwiegend bestehende Kontrakte abgewickelt. Marktteilnehmer verweilen in einer abwartenden Haltung.

Am Markt für Käse besteht ebenfalls eine ruhige Nachfrage und die Preise sind auf dem Vormonatsniveau bei 3,55 bis 3,75 €/kg stabil. Brotware wird weiterhin für 3,80 bis 4,00 €/ kg gehandelt. Lediglich für langfristige Abschlüsse ist eine sinkende Tendenz von 5 bis 15 ct/kg zu beobachten. Am Buttermarkt sind die Preise auf 4,28 bis 4,45 €/t gefallen, eine monatliche Differenz von –32 ct für die untere Spanne. Geformte Butter bleibt auf dem Vormonatsniveau von 4,80 bis 4,96 €/kg.