„Die Tierhaltung ist das Rückgrat der Landwirtschaft“, sagte Bauernverbandspräsident Klaus-Peter Lucht vor den Teilnehmern der Rindermastbereisung in der Vortragsrunde. Landwirtschaftsminister Werner Schwarz (CDU) betonte die Bedeutung der Wertschöpfung in der Viehhaltung.
„In der Veredelung liegt die größte Wertschöpfung für die Landwirtinnen und Landwirte, genauso wie die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im vor- und nachgelagerten Bereich, verfügen über die besten Ausbildungen“, stellte Lucht heraus. Auch habe sich die Qualität der Kommunikation zwischen Vertretern aus der Landwirtschaft und dem Lebensmittelhandel in den vergangenen Jahren deutlich verbessert.
Er hob die Bedeutung hervor, die Qualität der tierischen Erzeugung und die Leistungsfähigkeit der Branche positiv zu kommunizieren und nannte als Beispiel die Initiative Milch. Außer Frage steht für ihn die Notwendigkeit der Transparenz. Das heißt für die Landwirtschaft, ihre Produktionsmethoden darzustellen und zu dokumentieren. Er setzt dabei auf Freiwilligkeit und ein gemeinsames Vorgehen mit der Verarbeitungswirtschaft. Besonders betonte er seine Zufriedenheit, dass auch die Branchenkommunikation Fleisch kurz vor dem Start stehe.
Kritische Schlachthofstruktur
Schwarz machte deutlich, dass im Landwirtschaftsministerium (MLLEV) die wirtschaftenden Betriebe im Fokus stehen. „Landwirtschaft hat immer etwas mit Wirtschaft zu tun“, so Schwarz. Die hohe Gänsepopulation in Schleswig-Holstein sieht er als Herausforderung. Sie sei bekannt in der Staatskanzlei bis zu den Veterinärämtern. Aber in Berlin sei das Thema nur untergeordnet bekannt. Im MLLEV sei die Jagd angesiedelt als ein Punkt, über den aktuell besprochen würde, so Schwarz, und dass die Möglichkeit von Verordnungen oder Erlassen durch sein Ministerium bestehe. Alles andere, was mit der Nonnengans zu tun habe, betreffe das Umweltministerium (MEKUN). Schwarz erinnerte an die Koalitionsverhandlungen, die keinerlei Bewegung in diesem Thema zeigten und wies dadurch auf die Schwierigkeit von Veränderungen hin. Die Ausgleichszahlungen für benachteiligte Gebiete deckten nicht die zusätzlichen Kosten für Transporte zwischen Insel und Festland. „Das betrifft die Inselbauern“, hob Schwarz hervor, musste aber auf den schmalen Landeshaushalt verweisen.
Auch Schwarz sieht die Schlachthofstruktur in Schleswig-Holstein kritisch. Das Land verliere, wenn es um die Transportdauer gehe, die Möglichkeit, dass jeder Betrieb einen Schlachthof in den vorgegebenen Zeiten erreichen könne. Er forderte die Vertreter der Schlachtwirtschaft auf, sich dazu Gedanken zu machen. Es sei keine Option, wenn in Husum mehr Rinder geschlachtet würden und dafür die Lämmer nach Hessen gefahren werden müssten.
Gänsepolitik ist Inselthema
Die Nonnengans stellt in Schleswig-Holstein ein zunehmendes Problem dar aufgrund ihrer Bestandszahlen und der nur beschränkten Bejagungsmöglichkeit, erläuterte Dr. Susanne Werner vom Bauernverband Schleswig-Holstein (BVSH). Aktuelles Zahlenmaterial zu Bestandszahlen zu erhalten ist schwierig, so Werner. „Die Daten des Artenschutzberichtes hängen in der Regel ein Jahr hinterher. Die höchsten Bestandszahlen, die gemeldet wurden, lagen im März 2019 bei 303.000 Nonnengänsen“, so Werner. Der jährliche Bestandszuwachs liegt bei 10 %, diese Zahlen seien bestätigt vom MEKUN und EU-Institutionen. Der Graugansbestand liegt bei 80.000 Gänsen. Diese Zahlen verdeutlichten das hohe Schadenspotenzial durch die Nonnengans.
Prognosen, dass die Gänse entlang der Wassergebiete Eider und Nord-Ostsee-Kanal, die als Ruhegebiete genutzt werden, stärker ins Landesinnere ziehen, bestätigten sich mittlerweile. Dort erfolgt auf landwirtschaftlichen Flächen die Nahrungsaufnahme.
Trotz Vergrämungsjagd auf die Nonnengans sieht Werner weiter ein Ungleichgewicht der Bestände und keine anhaltende Reduktion.
Seit 2016 besteht auf Landtagsbeschluss der Runde Tisch Gänsemanagement, mit Vertrern aus Ministerien, Behörden, Naturschutz, Bauernverband, Jägern und Schäfern, der zuvor als Arbeitskreis Wildgänse tagte. Hier sollte regelmäßig eine Abstimmung zu Gänsethemen stattfinden.
Seit Corona und im Jahr 2021 fand keine Tagung statt, die letzte im Januar 2022. Seitdem sind viele Themen aufgelaufen, wie der Vertragsnaturschutz. Aufgrund der wenigen Treffen fand zu wenig Abstimmung statt.
Weil der Erhaltungszustand der Nonnengans erreicht ist, setzt der BVSH in seinen Forderungen auf Bestandsmanagement und Regulierung der Bestände, dazu könnte eine Anpassung der Jagdzeiten zählen.
Rinderbestände nehmen ab
Dr. Albert Hortmann-Scholten, Marktexperte und Geschäftsführer der Erzeugergemeinschaften für Vieh und Fleisch, machte deutlich, dass die Rinderschlachtungen in Deutschland zwischen 2000 und 2022 um 22,1 % zurückgangen sind. In Schleswig-Holstein lag der Rückgang sogar bei 39,8 %. Damit einher gehen Strukturveränderungen in der Schlachtbranche, die durch weitere Kostensteigerungen anhalten könnten.
Als einen Grund für den Rückgang der Tierhaltung nannte er die mangelnde Kostendeckung, vor allem in Relation zu steigenden Tierwohlanforderungen. Daran knüpfte er die Befrüchtung an, dass Fleisch aus Haltungsform 3 und 4 künftig mehr im Ausland erzeugt würde. Insgesamt erwartet er weiter abnehmende Rinderbestände, höhere Kälberkosten, ein schwächeres EU-Konsumklima und höhere Umweltkosten. mbw