Start Blog Seite 152

Aufwärtstrend für europäischen Sojaanbau

0

Die Sojaanbaufläche in Europa könnte in diesem Jahr um bis zu 10 % auf 5,6 Mio. ha wachsen, heißt es im ersten Marktreport von Donau Soja für 2024. Die Gründe dafür seien die relativ hohen Preise, die steigende Nachfrage nach pflanzlichen Proteinen oder politische Anreize innerhalb der EU.

Soja erlebte in Europa bereits 2023 eine Rekordernte mit einem Anstieg von fast 24 % auf 12,2 Mio. t im Vergleich zum Vorjahr. Allein in der EU wurden 2023 3 Mio. t Soja geerntet, 740.000 t mehr als 2022, was einer Steigerung um ein Drittel gegenüber dem Vorjahr entspricht. Dieser Trend dürfte sich 2024 fortsetzen – vorausgesetzt, die Witterungsbedingungen in diesem Jahr sind günstig.

Mitte Januar hat in Brasilien die Sojaernte begonnen. In den letzten Monaten waren die Preise für GVO-freies Soja im Vergleich zu gentechnisch verändertem Soja aus Brasilien relativ niedrig. Deshalb war die Nachfrage der konventionell produzierenden Unternehmen nach GVO-freiem Soja höher und die Unternehmen, die GVO-freies Soja verarbeiten, spürten eine Verknappung auf dem Markt.

Das Angebot an gentechnikfreiem Soja in der EU zeigt einen gewissen saisonalen Trend. Bis April kann die Nachfrage mit GVO-freiem Soja aus der EU, Serbien und der Ukraine gedeckt werden. Ab Mai wird dann mehr GVO-freies Soja aus der letzten Ernte in Brasilien verwendet.

Allerdings wird in Brasilien insgesamt weniger GVO-freies Soja produziert als in der EU. Für 2024 wird die brasilianische GVO-freie Produktion auf nur etwa 2 bis maximal 2,5 Mio. t geschätzt. Insgesamt werden in Brasilien mehr als 150 Mio. t Soja produziert. Der überwiegende Teil der brasilianischen Ernte ist nach wie vor gentechnisch verändertes Soja.

Für die Lebensmittelindustrie wird es in Zukunft wichtig sein, dass die Lieferketten für Soja die Anforderungen der EU-Waldschutzverordnung (EUDR) erfüllen. Sie sollen vom Hof bis zum Teller des Verbrauchers vollständig entwaldungsfrei sein. Diese Verordnung wird Ende Dezember 2024 in Kraft treten. Die endgültigen Kriterien werden derzeit definiert.

Den Wald schützen, den Wald schätzen

0

Der Wald als Ökosystem, als Wirtschaftsraum und Dienstleister für die Gesellschaft ist sensibel. Er bedarf der behutsamen Pflege. Den Wald zu schützen bedeutet, ihn aktiv zu gestalten. Es ist Zeit, dass die Gesellschaft dies erkennt und schätzt, welchen Wert der Wald für uns alle hat. Damit stehen die politisch Verantwortlichen dem Waldeigentümer gegenüber in der Pflicht.

Waldeigentümer sind gut beraten, wenn sie sich bei der Waldwirtschaft an den gängigen Standards der Waldzertifizierer (PEFC oder FSC) orientieren. Oberstes Ziel ist es bei allen forstlichen Maßnahmen, den verbleibenden Bestand vor Schäden zu bewahren. Der Waldbesitzende achtet darauf, sein Eigentum bedarfsgerecht und schonend durch Waldwege, Maschinenwege und Rückegassen zu erschließen.

Bei der Holzernte unterscheidet man zwischen motormanuellen und voll mechanisierten Verfahrenstechniken. Schwaches Stammholz kann zum Beispiel an sensiblen Standorten durch Pferde zur Gasse vorgerückt und später zur Waldstraße gebracht werden. Außerdem ist auf die Jahreszeit des Holzeinschlages zu achten. Bodenfrost im Winterhalbjahr verhindert, dass sich der Boden unter der Last der Maschinen verdichtet. Der verbleibende Bestand bleibt von Rücke­schäden unversehrt.

Schützende Maßnahmen

Ziel ist es, das Waldökosystem durch die richtige Wahl der Baumarten, die Pflege des Standortes und der Waldstruktur zu stabilisieren. Dabei verfolgt der Waldbesitzende das Prinzip des Integrierten Pflanzenschutzes. Der standortangepasste, gut gepflegte Wald fördert die Vitalität des Einzelbaumes. Biotische und abiotische Störfaktoren lassen sich dadurch bereits deutlich abmildern. Vogel- und Ameisenschutz bieten vielfältige Möglichkeiten, die Schadinsekten entsprechend kurzzuhalten.

Waldhygienische Maßnahmen sind vor allem nach Windwürfen und Käferbefall in Nadelholzbeständen gefragt. Befallene Schadhölzer müssen sorgfältig aufgearbeitet und möglichst rasch entfernt werden. Im Wald verzichtet der Waldbesitzende – falls möglich – auf chemische Pflanzenschutzmittel.

Der Gesetzgeber verbietet, Waldstandorte neu zu entwässern. Der Wald benötigt auf einigen Standorten einen langfristigen Puffer gegen zu niedrige ph-Werte (Kompensationskalken). Gegen Verbiss- und Schälschäden helfen neben der jagdlichen Strategie Einzel- und Flächenschutz der Waldbestände.

Biotope im Wirtschaftswald

Der Waldbesitzende fördert die Biodiversität im Wald. Er prüft sorgfältig, ob seine Waldstandorte in Flora-Fauna-Habitat-Gebiete, Naturschutzgebiete oder sonstige Schutzgebiete fallen. Gesetzlich geschützte Waldbiotope sind entsprechend zu erhalten und zu fördern. Es bedarf langer Zeiträume, um die angeflogenen Jungpflanzen artgerecht zu etablieren und Altholzbestände zu fördern. Dem Wald Zeit zu lassen bedeutet, organische Substanz im Boden und im Bestand anwachsen zu lassen. Die Struktur des Waldbodens bleibt erhalten. Lichtschächte schaffen Stufigkeit in den Waldbeständen und fördern das natürliche Wiederbesamen in genetischer Vielfalt.

Waldwege und Rückegassen erlauben es, vielfältige Waldbiotope zu schaffen. Fruchttragende Lichtbaumarten und Waldsträucher säumen die offenen Waldbereiche. Waldinnen- und Waldaußenränder bilden wertvolle Waldlebensräume. Geschwungene Waldsäume fördern krautige Pflanzengesellschaften, Ruderalfloren, Insekten, vor allem Bienen, und Singvogelarten. Auch das Wild profitiert von den vielschichtigen Lebensräumen.

Das Belassen von Alt- und Totholz bereichert die Biodiversität. Die alternden einzelnen Baumriesen dürfen die Sicherheit im Wald nicht gefährden. Nist- und Höhlenbäume sind in den Beständen zu erhalten. Waldmoore wieder zu vernässen, trägt zur CO2-Speicherung bei und bietet dem Waldeigentümer ein innovatives Geschäftsfeld im Klimawandel. Beim Pflanzen hält der Forstwirt Abstand von Gewässern, Quellen und Nassgallen ein, damit diese später nicht im Schatten liegen.

Angepasste Wildbestände

Den zukunftsfähigen Wald zu entwickeln bedeutet, die vorhandenen Schalenwilddichte an die Biotopkapazitäten anzupassen und gegebenenfalls zu senken. Hirscharten wie Dam-, Sika- oder Rotwild verbeißen die jungen Leittriebe oder schälen an der Baumrinde. Vitalitätsverlust und Unterbrechen der Wuchsdynamik sind die unweigerliche Folge. Einige Baumarten verlieren den Anschluss an die herrschende Baumschicht und fallen gänzlich aus (zum Beispiel Edellaubholz in Buchenbeständen oder Laubholz in Nadelholz-Grundbeständen). Wälder im Klimawandel aktiv zu entmischen, ist jedoch unbedingt zu vermeiden. Die Biodiversität nimmt dadurch im Wald ab, die Risiken im Klimawandel steigen. In Schleswig-Holstein ist es bisweilen notwendig, junge Kulturen durch einen Drahtzaun oder ein Holzgatter zu schützen. 

Fazit

Waldwirtschaft benötigt wirtschaftlichen Erfolg, um nachhaltig bestehen zu können. Der Klimawandel fordert ein Umdenken in der Waldwirtschaft. Der Blick in die Forstgeschichte zeigt: Lange Zeit war es für die Landbewohner nicht selbstverständlich, sich in Wäldern zu erholen oder seltene Tier- und Pflanzenarten zu beobachten, das erlaubt erst der heutige Wirtschaftswald. Dies zeigt beispielhaft: Der erwerbswirtschaftliche Wald ist in seiner Vielfalt auch zukünftig in der Lage, den unterschiedlichen Ansprüchen der Gesellschaft gerecht zu werden. Die Waldbauern sind durchaus bestrebt, möglichst viele Ökosystemleistungen des Waldes für die Gesellschaft bereitzustellen, solange sie diese auch entsprechend finanziell honoriert bekommen. Die aufgezeigten Grundsätze des Waldbaus auf der Grundlage der guten fachlichen forstlichen Praxis sollen den Waldbauern dabei helfen.

Ältester Hinweis auf jüdisches Leben im Land

0

„Der Burgmann Heine Schack gelobt seiner Tochter, Mitgift und Brautschatz in Höhe von 230 Mark Pfennige dem Knappen Hartwig von Plessen zu zahlen“, so lautet ein Satz aus einer Urkunde von 1424, die das Landesarchiv Schleswig-Holstein Anfang der Woche präsentierte.

Doch ist dieser Satz noch gar nicht das Besondere an diesem Dokument, das am 1. Februar 600 Jahre alt wurde. „Das Besondere ist die Formulierung einer sogenannten Schadensklausel, die besagt, dass derjenige, der nicht zahlen kann, sich Geld bei jüdischen oder christlichen Geldverleihern leihen kann. Diese Textpassage ist eine kleine Sensation, denn das hieße, dass es bereits 1424 in Lauenburg und, nach unserem Kenntnisstand, auf dem Gebiet des heutigen Schleswig-Holstein jüdisches Leben oder zumindest aber Handelsbeziehungen mit Juden gegeben hat“, erklärte Prof. Rainer Hering, Leiter des Landesarchivs, bei der Vorstellung der Urkunde.

Die Forschung sei bislang davon ausgegangen, dass erst Ende des 16. Jahrhunderts Jüdinnen und Juden auf dem Territorium des heutigen Schleswig-Holstein lebten. Diese Urkunde sei ein Hinweis darauf, dass es bereits 150 Jahre vorher schon Kontakte zu Juden gab oder man sich an Kontakte mit ihnen erinnerte. „Es ist kein Beleg, dass es so war. Da sich Geschichte in Prozessen abspielt und wir nur bruchstückhafte Überlieferungen gerade aus dem Mittelalter haben, handelt es sich hier um ein Indiz“, so der Leiter des Landesarchivs. Dennoch sei es auch für ihn persönlich beeindruckend, gerade in der heutigen Situation, wo das Verhältnis wieder angespannt sei und Antisemitismus zunehme, zu sehen, dass es schon vor 600 Jahren jüdisches Leben oder Handelsbeziehungen gegeben haben könnte.

Prof.  Rainer Hering zeigt auf die spannende Textstelle in der Urkunde.

Der agrarische Jahreszyklus seinerzeit sorgte dafür, dass Bauern nicht immer finanziell flüssig waren, da sie ihre Einkünfte erst zur Erntezeit erhielten, den Rest des Jahres aber Ausgaben hatten. Wenn sie Geld brauchten, mussten sie es sich leihen. Juden waren nicht an die Verbote der katholischen Kirche gebunden, die für Christen den Geldverleih einschränkten oder untersagten. Zudem wurden sie von vielen Berufen ausgeschlossen und so in die Rolle des Geldverleihers gedrängt, erläuterte Rainer Hering die Hintergründe des Geldverleihs.

1880 gelangte die Urkunde nach Schleswig-Holstein ins Landesarchiv. Entdeckt habe er sie vergangenes Jahr bei Online-Recherchen im Archivinformationssystem Arcinsys. „Wir haben in etwa 1,6 Millionen Datensätze im Archivinformationssystem, dazu 52 Kilometer Unterlagen und Akten im Magazin des Landesarchivs. Darin befinden sich noch viele unendeckte Schätze. Aber Abfragen des Quellenmaterials können solche Ergebnisse wie die wiederentdeckte Urkunde hervorbringen. Konkreter Anlass war der Antrittsbesuch des neuen Beauftragten für jüdisches Leben und gegen Antisemitismus, Dr. Gerhard Ulrich“, erinnert sich Rainer Hering. Dafür habe er nachgeschaut, was es an Unterlagen zu dem Thema Juden in Schleswig-Holstein gebe, und sei dabei auf diese Urkunde gestoßen. Aufgrund der Masse an Unterlagen entdecke man manche Dinge erst, wenn konkret danach gefragt werde. 

Zu Stein gewordene Erdgeschichte wieder erlebbar

0

Wenn die vielen verschiedenen Steine bei uns an der Ostseeküste sprechen könnten, wäre es nicht nur ganz schön laut, sie hätten alle auch eine Menge zu erzählen. Denn die ältesten Exemplare von ihnen sind zwei Milliarden Jahre alt, die jüngsten wenige Millionen. Einige besonderen Exemplare sowie zahlreiche weitere fossile Zeitzeugen aus zwei Milliarden Erdgeschichte sind im Eiszeit-Haus in Flensburg zu bestaunen, das am vergangenen Sonntag nach vier Jahren Zwangspause wiederöffnete.

Erst kam Corona, dann umfangreiche Bauarbeiten rund um das historische, denkmalgeschützte Gebäude in der Mühlenstraße 7, das zum alten Gebäudebestand des Christiansenparks gehört. Doch nun können die versteinerten Überreste beispielsweise von Mammuts, Seeigeln, Schwämmen, Rentieren oder Wollnashörnern, aber auch Bernsteine, Feuersteine oder Donnerkeile wieder mittwochs und sonntags besichtigt werden.

Nach Abschluss der Bauarbeiten ist das hübsche Gebäude wieder offen.

Um 1820 als Wirtschaftsgebäude entstanden, wurde es für die Unterbringung von Pferden genutzt. Die Stadt Flensburg baute das Gebäude auf Initiative des damaligen Bürgermeisters und Kulturdezernenten Hermann Stell zum erdgeschichtlichen Schaumagazin des Naturwissenschaftlichen Museums um. „Die Eröffnung und die Möglichkeit, unsere Sammlungen nach so langer Zeit wieder einem Publikum zu präsentieren, fühlen sich toll an“, erzählt Kerstin Meise, Leiterin des Naturwissenschaftlichen Museums Flensburg, zu dem das Eiszeit-Haus gehört. Sie und ihr zum größten Teil ehrenamtlich arbeitendes Team nutzten die Zeit, um mehrere sehr umfangreiche Fossilien- und Gesteinssammlungen, die sie angenommen hatten, zu sichten und einige sehr besondere Funde darin nach und nach in die Schausammlung zu integrieren. So zum Beispiel die gewaltigen Hörner eines Auerochsen, der nach der letzten Eiszeit in der Nähe der heutigen Bokelholmer Fischteiche gelebt hat. Sein Gehörn ziert nun als neues Ausstellungsstück eine der Wände im Museum.

Wiedereröffnung Eiszeit-Haus Flensburg, versteinerte Knochen, Fossilien, Minerale, Gesteine
Fotos: Iris Jaeger

Das Interesse am Eröffnungstag war groß, viele nutzten die Gelegenheit, um eigene Funde begutachten und einschätzen zu lassen oder Bernsteine zu schleifen. Oder sie ließen sich von Zoologe und Paläontologe Frank Rudolph mit auf eine unterhaltsam und anschaulich erzählte erdgeschichtliche Zeitreise nehmen und erfuhren auf diese Weise, wie die Steine in der Eiszeit per Gletschertransfer aus Skandinavien zu uns ins nördliche Schleswig-Holstein kamen oder dass ein Mammut nur vier Zähne besaß, die es bis zu sechs Mal erneuern konnte, bis es dann nach dem letzten heruntergekauten Zahn verhungern musste. Oder dass ein Einhorn nicht mit einem Pferd, sondern mit einer Ziege verwandt ist, der Königsthron im dänischen Schloss Rosenborg in Kopenhagen aus dem Elfenbein eines Narwals geschnitzt ist, was einem Einhorn schon sehr ähnlich sieht. Die Zuhörer erfuhren, was ein Donnerkeil mit der Schwimmfähigkeit von Kopffüßern zu tun hat und was sich die Evolution noch alles hat einfallen lassen, um die vor Milliarden und Millionen Jahren lebenden Geschöpfe an ihre Umgebungen anzupassen, „sie war ja nicht doof, die Evolution“, so Frank Rudolph.

Anschaulich und mit viel Humor nahm Frank Rudolph seine Zuhörer mit auf eine Kurzreise durch die Erdgeschichte.

Wie kann man überhaupt eine Million Jahre begreifen? „Stellt euch vor, ihr kommt zur Schule und habt nur ein Schulfach: Zählen. Jede Sekunde eine Zahl, fünf Stunden am Tag, fünf Tage die Woche, inklusive sechs Wochen Schulferien. Nach einem Jahr ist man bei 3,7 Millionen, bis zum Hauptschulabschluss nach neun Jahren sind es 34 Millionen, und wenn ihr noch bis zum Abitur weiterzählt, landet ihr bei 49 Millionen. Die Dinosaurier starben vor 65 Millionen Jahren aus, also schaffen wir es nicht, in der Schulzeit bis zu den Dinos zu zählen.“

Klappersteine, Bernsteine, Flintsteine – zu jedem dieser Fossilien hatte der ehrenamtliche Mitarbeiter eine Geschichte und ein Exemplar bereit, das er den Zuschauern zum Anschauen und Anfassen gab, Geschichte auf diese Weise auch begreifbar machte. Darunter war auch ein dunkelbraunes, fast schwarzes Exemplar mit vielen Ausstülpungen, das von der Form her einer Koralle ähnelte. Was nicht abwegig ist, Gotland war ein einziges Korallenriff und wurde von der Südsee in die heutige Ostsee geschoben. Tatsächlich aber handelte es sich bei dem Gebilde um versteinertes Dinosaurier-Exkrement. „Zu den 100 Dingen, die man im Leben gemacht haben sollte, gehört das Anfassen von versteinerter Dinokacke dazu“, lautete das Fazit von Frank Rudolph.

Schneckengehäuse 
Fotos: Iris Jaeger
Mammut-Zähne
Werkzeuge aus Stein
Schöne Muster auf Steinen
Versteinerte Seeigel
Verkieselter Kalkstein mit einer versteinerten Einzelkoralle (Parasmilia)
Versteinerte Schwämme von der Insel Sylt
Museumsleiterin Kerstin Meise schaut sich einen mitgebrachten Fund genauer an
Ebenfalls versteinerte Schwämme, die wie Hütchen aussehen.
Aulocopium aurantium
Ochsenherz-Muschel von der Insel Sylt
Im Laufe der Evolution passten sich Lebewesen wie die Kopffüßer in ihrer Gestalt immer besser an die Gegebenheiten an.
Darstellung von der Entstehung der Bernsteine


Folgen der Nässe in Herbst und Winter

0

Der Winter ist zwar noch nicht vorbei und könnte die Karten noch neu mischen, aber bereits jetzt stellt sich für viele Bestände von Wintergetreide und auch -raps landesweit die Frage, ob ein Umbruch mit folgender Neuansaat in Betracht gezogen werden muss. Hierbei sollten verschiedene Kriterien berücksichtigt werden.

Wie ist die verbleibende Pflanzenzahl, ist die Verteilung gleichmäßig oder nicht? Gleichmäßig dünne Bestände können bestenfalls durch gute Bestockung in einem wüchsigen Frühjahr die Zielgröße Ähren tragender Halme noch erreichen. Sind Teilflächen gezielt anzusprechen oder ist der gesamte Schlag betroffen? Bei flächenhaft sehr lückigen, ungleichmäßigen und schwach entwickelten Beständen muss umgebrochen werden. Weiterhin stellt sich die Frage, wie die Bodenstruktur einzuschätzen ist. Stark verschlämmte Flächen mit Verdichtungshorizonten durch nasses Ackern im Herbst leiden stark und die Wurzelentwicklung ist zusätzlich gestört. Diese Pflanzen werden sich kaum entwickeln. Eine Bodenansprache mit dem Spaten liefert hier hilfreiche Informationen. Gegebenenfalls kann in befahrbaren und abgetrockneten Beständen der Einsatz von Striegel oder einer Rollhacke, eventuell einer Ackerwalze zur Brechung oberflächlicher Krusten hilfreich sein. Unbedingt beurteilt werden muss auch die Vitalität der einzelnen Pflanzen. Sind sichtbar aktive Wurzeln (weiße Wurzelspitzen) vorhanden, wie weit sind der Blattapparat und insbesondere der Vegetationskegel intakt? Spielen Schneeschimmel oder in Wintergerste Typhula-Fäule eine Rolle? Vorsicht gilt auch nach der Anwendung von Herbiziden. Hier kann es unter Umständen in Neuansaaten zu Unverträglichkeiten kommen, deren empfindliche Schäden vorab ausgeschlossen werden sollten. Dabei kann ein Pflugeinsatz Probleme reduzieren.

In diesem Jahr besonders besteht aber die Frage nach den möglichen Alternativen. Sommergetreide wie Qualitätshafer und Sommer-(Brau-)Gerste, aber auch Sommerweizen dürften in der Ernte auf einen günstigen Markt treffen. Die Vermarktung von Körnerleguminosen ist regional gut möglich. Dennoch besteht das Problem der deutlichen Unterversorgung des Marktes mit Saatgut, da eine in ganz Mitteleuropa ertraglich und qualitativ schlechte Saatgut­ernte des letzten Jahres auf eine ungewöhnlich hohe Nachfrage durch die teils nicht mehr erfolgte Herbstaussaat trifft. Bei später Anbauentscheidung kann es regional zu Versorgungslücken kommen und Wünsche nach gezielt gewählten Sorten könnten nicht befriedigt werden. Der Anbau von Silo- und Körnermais ist eine mögliche Alternative und bietet auch den Vorteil von Aussaaten im fortgeschrittenen Mai, was eine späte Umbruchentscheidung ermöglicht. Jedoch muss hier der Markt im Blick behalten werden, ebenso wie die Frage nach der Fruchtwechselregelung (Glöz 7). In der Marsch kann Maisanbau eine Alternative sein, allerdings sollten frühe Sorten mit Blick auf die Ernte unbedingt in Betracht gezogen werden. Bei Körnermais müssen Trocknungskosten in der Regel berücksichtigt werden oder eine regionale Verwendung im Futter. Zudem ist der Markt vermutlich nur begrenzt aufnahmefähig.

Weitere Alternativen können unter anderem Zucker- oder Futterrüben (idealerweise mit Anbauverträgen), Ackergras oder Kleegrasanbau sein, ebenso wie die Anlage von Sommerzwischenfrüchten oder Blühflächen, entsprechend geförderte Maßnahmen vorausgesetzt.

Neben der eigentlichen Frage nach dem Weiterführen eines Bestandes oder der Neuetablierung sollte der geschädigte Pflanzenbestand genau geprüft und vorsichtig das Ertragspotenzial abgeschätzt werden. Die Etablierung von Sommergetreide und Körnerleguminosen birgt auch immer gewisse Unsicherheiten hinsichtlich des Bestellzeitpunktes und der folgenden Witterung. Zudem ist hier die Verfügbarkeit sehr kritisch und damit eine Neuetablierung vielfach schwer umsetzbar.

Anderer Blickwinkel auf  Vorstandsarbeit

0

Mit nun schon drei Jungen LandFrauen im Vorstand setzt der OV Schwarzenbeck seine gute Zusammenarbeit mit den der nächsten Generation fort. Auf der Jahreshauptversammlung erhielt das Führungs-Team des Vereins jetzt weitere Unterstützung von der Jungen LandFrau Ann-Kathrin Bernhöft.

Bereits vor zwei Jahren wurden zwei Junge LandFrauen als Beisitzerinnen in den Vorstand aufgenommen, auch mit dem Anliegen, einiges aus einem anderen Blickwinkel betrachten. Inzwischen ist der Vorstand sehr glücklich darüber, dass sich die beiden jungen Damen sich so engagiert einbringen. Eine von ihnen, Alex Funke, hat bereits die Qualifizierung „Aktiv im Ehrenamt“ abgeschlossen und bringt ihre Ideen nicht nur im Ortsverein, sondern neuerdings auch im Kreisverband ein. Zudem war sie bereits bei der Arbeitstagung in Neumünster auf der Bühne als Diskussionspartnerin rund um das Thema „Unsere Zukunft: Junge LandFrauen“.

Die andere, Kati Siemers, ist privat noch etwas eingeschränkt mit zwei kleinen Kindern. Sie hat aber den Instagram-Auftritt des Vereins übernommen, und das ist sehr gut für die Öffentlichkeitsarbeit und die Kommunikation im Verein.

Der Vorstand freut sich, dass das Miteinander mit den Jungen LandFrauen so gut läuft.

Nach der Jahreshauptversammlung sprach Katharina Seyer, Kriminalhauptkommissarin i. R., über neue Betrugsmaschinen wie Enkeltrick, Schockanrufe und falsche Polizisten. Die Betrüger gingen so perfide vor, dass viele Menschen darauf hereinfielen. Eine der anwesenden LandFrauen brachte den Mut auf zu berichten, dass auch sie beinahe um viel Geld betrogen worden wäre. Im letzten Moment habe eine aufmerksame Bankmitarbeiterin mit ihr gesprochen und die Polizei eingeschaltet.

Messeflair und Partystimmung

0

Bei der Internationalen Grünen Woche (IGW) in Berlin dabei zu sein, ist für jeden Landjugendlichen etwas Besonderes. Auch in diesem Jahr bot die Reise in die Hauptstadt Messeflair, Berliner Luft und Partystimmung, denn es ging in Schapptüch zum Ball des BDL oder ganz leger zur Party mit der Band „Krachleder“.  

Fünf Busse fuhren in diesem Jahr aus Schleswig-Holstein in die Hauptstadt zur IGW, darunter der Bus des Landjugendverbandes. Die Stimmung war voller Vorfreude und Spannung auf die kommenden vier Tage. Neben alt bekannten Teilnehmern, die schon fast ein Jahrzehnt mitfahren, war es für andere das erste Mal.

Schon bei der Ankunft – ganz Schleswig-Holstein war im gleichen Hotel untergebracht – kam das vertraute IGW-Gefühl auf: Man ist weit weg von zu Hause und fühlt sich durch die bekannten Gesichter doch etwas heimisch. Während der Willkommenstrubel im Hotel seinen Lauf nahm, hatte auf der Messe für einige der Junglandwirte­kongress begonnen. Es ging um das Thema „Lieferkettenkarrussel – Landwirtschaft unter Druck?“, unter dem konstruktiv und zugleich kritisch über die Nachweispflicht ab 2025, „bürokratische Monster“, Mindeststandards und faire Wettbewerbsbedingungen diskutiert wurde.

Am Abend ging es in die Columbiahalle zu der Fete des Bundes der Deutschen Landjugend (BDL). Die Liveband Krachleder brachte die ganze Halle zum Tanzen. Es wurde den ganzen Abend gesungen und gelacht: der perfekte Start für ein Wochenende in Berlin.

Tag zwei begann wie immer mit der Jugendveranstaltung des BDL. Nach der einführenden politischen Diskussion folgte die Filmpremiere der Berlin-Brandenburgischen Landjugend. Dies war das allererste Mal, dass kein Theaterstück zu sehen war. Mit einfachen Mitteln wurde in dem Film wiedergegeben, wie man auch als Zugezogener auf dem Dorf in die Gemeinschaft aufgenommen wird. Dabei wurden verschiedene Facetten der Landwirtschaft und des ländlichen Raumes beleuchtet.

Anschließend ging es vom CityCube direkt hinüber auf die Messe. Dort gab es viele kulinarische Spezialitäten aus der ganzen Welt sowie heimische Köstlichkeiten aus den verschiedenen Bundesländern. Was natürlich auch nicht fehlen durfte, war der Besuch am Landjugendstand auf dem Erlebnisbauernhof. Der wurde in diesem Jahr von der Landjugend Rheinland-Nassau gestaltet. Die Lajus mischten auf unterhaltsame Weise Entenangeln mit politischen Themen und sorgten für viele Gespräche und einen guten Austausch.

Einige der Teilnehmer hatten noch ein weiteres Ziel, die Kulturveranstaltung. Dabei ging es in diesem Jahr zur Vorführung der Blue Man Group. Die Gruppe von Schauspielern und Musikern, die als stumme, blau maskierte Personen performen, ist schon seit vielen Jahren Kult.

Nach so einem bunt gefüllten Tag stand noch ein Besuch bei unseren benachbarten Freunden an, denn die Niedersachsenfete rief. Ein weiterer Abend mit Liveband, an dem durch die Nacht getanzt werden konnte.

Der letzte ganze Tag in Berlin begann für die Reisegruppe der Landjugend mit etwas Bildung im Spionagemuseum, das Exponate von den Anfängen der Spionage zu Zeiten der Ägypter bis zur heutigen Technologie zeigt. Vom BH mit integrierter Kamera bis zum hoch komplexen System der Nachrichtenverschlüsselung konnte einiges bewundert werden. Dabei gab es auch immer wieder die Möglichkeit, sein eigenes Spionagetalent an Stationen zu beweisen.

Der Nachmittag konnte von allen Teilnehmern frei gestaltet werden. Während einige noch einmal über die Messe gingen und dort auch am BDL-Jugendforum mit dem Thema „Im Gespräch mit einem Rabbiner und einem Imam“ teilnahmen, nutzten andere die Zeit, um Sehenswürdigkeiten Berlins zu erkunden.

Den Abschluss einer jeden Fahrt zur IGW bildet der BDL-Landjugendball. Dort hieß es für die Schleswig-Holsteiner mit Fähnchen und in Schapptüüch ab auf das Tanzparkett. Traditionell beginnt der Abend mit einem Eröffnungswalzer aller Landesvorsitzenden. Mit Discofox und Co. ging es dann für alle durch den letzten Abend.

Am Dienstagmorgen mussten dann nur noch die Koffer gepackt werden und es ging zurück in die Heimat. Bis zum nächsten Mal, denn auch 2025 wird die IGW wieder viele Landjugendliche nach Berlin ziehen. 

Was steckt in der Milchtüte und im Schnitzel?

0

Bei den Bauernprotesten und in der aktuellen Diskussion sind immer wieder Schlagworte zu hören wie „Der Bauer bekommt zu wenig vom Endpreis der Lebensmittel ab“ oder „Die Supermärkte verdienen auf Kosten der Bauern“. Wie verteilen sich die Preisanteile tatsächlich auf die verschiedenen Stufen der Herstellungskette und warum?

Das Bauernblatt hat die Agrarmarkt Informations-Gesellschaft (AMI) und das Institut für Ernährung und Ernährungswirtschaft (IFE) sowie Wissenschaftler der Christian-Albrechts-Universität (CAU) zu Kiel und der Fachhochschule (FH) Kiel befragt.

Vom Schwein zum Schnitzel: Der Anteil des Rohstoffes am Verbraucherpreis …

Es ist kaum verwunderlich, dass die Kostenanteile sehr vom Produkt abhängen und innerhalb des Produktes zusätzlich von der Herstellung: bio oder konventionell, Haltungsstufe, Eierklasse, an Milchsorten stehen sechs bis sieben verschiedene im Regal von H-Milch bis Weidemilch mit verschiedenen Fettanteilen.  Und schließlich folgen die Verbraucherpreise den Erzeugerpreisen erst mit zeitlicher Verzögerung, die ein paar Wochen ausmachen kann.

Über alle Produkte gemittelt sieht Martin Braatz, Professor für Agrarökonomie mit dem Schwerpunkt Betriebswirtschaft und Marketing an der FH Kiel, einen Preisanteil von rund 25 % für die Rohstoffe von Lebensmitteln – „nur ein kleiner Anteil für die Bauern“, findet er. Der war, jeder weiß es, früher größer, auch wenn es Täler gab mit um die 20 ct/l für Milch in der Milchkrise um 2015.

… beträgt für Lebensmittel im Durchschnitt rund 25 %.   Fotos: kel, Imago

Mehr Dienstleistungen im Preis enthalten

Als Grund für das allgemein weitere Verhältnis zwischen Erzeuger- und Verbraucherpreisen sieht Braatz vor allem Veränderungen im gesellschaftlichen Verhalten: „Die Verbraucher wollen mehr Dienstleistungen haben: Convenience-Produkte fertig in den Mund, Möhren geraspelt und mit Soße, gewürztes Grillfleisch statt dem zerlegten Rind in der Kühltruhe – alles, was die Oma früher selbst geschlachtet oder eingeweckt hat.“  Heute habe man gar nicht mehr die privaten Lagerkapazitäten – einen Kühlschrank mit Gefrierfach. Die Verpackungen sind kleiner. „Wer kann heute zehn Kilo Kartoffeln in der warmen Wohnung lagern, ohne dass sie keimen?“

Der Außer-Haus-Verzehr habe gewaltig zugenommen, vom Restaurantbesuch über die Betriebskantine bis zur Schul- und Kitaverpflegung. Aber auch die Landwirtschaft habe Dienstleistungen abgegeben an Transport- und Lohnunternehmen. Die damit verbundenen komplementären Dienstleistungen müssten Menschen erbringen, die entlohnt würden. „Die Löhne sind nach oben geschossen und ebenfalls die Energiekosten.“  Ein Beispiel: Die zuvor genannten vielen Milchsorten müssen alle in der Meierei abgefüllt werden, das verursache Produktionspausen für Umstellung und Reinigung. „Die erhöhte Wahlfreiheit macht auch die Milch teurer“, erklärt Braatz.

Laut AMI haben Eier mit 78,72 % das engste Erzeuger-Verbraucher-Preisverhältnis – außer Verpackung und Transport ist für sie kaum eine Zusatzleistung zum Rohprodukt erforderlich. Dass das Verhältnis bei Kartoffeln wesentlich weiter ist (31 %), könnte verwundern, deutet aber darauf hin, dass auch dort inzwischen erhebliche Dienstleistungen anfallen, etwa Aussortieren und Lagerung im ­Handel.

Der Weltmarkt ist ausschlaggebend

Durch die gestiegenen Zusatzkosten verschieben sich die Anteile am ebenfalls gestiegenen Endpreis, doch dies für sich genommen, so Braatz, wirke sich nicht nachteilig auf das Entgelt für den Landwirt aus. Dieses werde maßgeblich beeinflusst durch die Rohstoffpreise auf dem Weltmarkt. Die Spanne des viel gescholtenen Lebensmitteleinzelhandels (LEH) – 16 % bei Milch laut IFE – sieht Braatz als „sehr gering“ im Vergleich mit anderen Industrieländern. Dies sei bedingt durch die hohe Konkurrenz hierzulande.

Dies bestätigt Uwe Latacz-Lohmann, Professor für landwirtschaftliche Betriebslehre und Produktionsökonomie an der CAU. „Das Modell des LEH ist die Kostenführerschaft. Aufgrund des starken Wettbewerbs versucht er, die Verbraucherpreise niedrig zu halten, besonders bei Lockprodukten wie der Milch. Der größte Hebel dabei ist der Einkaufspreis.“

Daher komme durchaus ein Druck „von oben“ auf die Erzeugerpreise. Wenn nun auf dem Weltmarkt zum Beispiel hohe Milchpreise gezahlt werden, können die Meiereien ausweichen und die Milch in den Export geben, etwa als Milchpulver, Butter oder Käse. Wenn die Weltmarktpreise allerdings niedrig sind, gibt es keine Vermarktungsalternativen, und die Meiereien sind in einer schlechten Verhandlungsposition. Die Landwirte indes haben nur über ihre Miteigentümerschaft an den Meiereigenossenschaften einen Einfluss auf die Preisgestaltung, „einen recht geringen Einfluss“, wie Latacz-Lohmann einräumt.

Zurück zur Ausgangsfrage: Ist der LEH „schuld“ am oft geringen Anteil der Erzeuger am Gesamtpreis der Lebensmittel? Tatsächlich haben die Bauern kaum Einfluss auf die Preisgestaltung des LEH, sie können aber bei günstiger Marktlage auf andere Abnehmer ausweichen. Zusätzliche Dienstleistungen haben jedoch keinen Einfluss auf die Rohstoffpreise.

Raus aus der Blase!

0

„Raus aus der Blase – wie kommuniziert der Zukunftsbauer?“ war der provokante Titel eines Fachforums auf der Internationalen Grünen Woche in Berlin zum gleichnamigen Konzept des Deutschen Bauernverbands (DBV). Und provokant zur Sache ging es auch auf dem Podium. Ja, sind wir Bauern denn in einer Blase?

Die Podiumsteilnehmerinnen und der -teilnehmer ließen jedenfalls keinen Zweifel daran, dass in puncto Kommunikation mit der nichtlandwirtschaftlichen Öffentlichkeit noch Luft nach oben und selbstkritische Reflexion durchaus angebracht sei. Dabei sparten sie nicht die aktuellen Bauernproteste aus.

„Die Demonstrationen haben die Themen der Landwirtschaft sichtbar gemacht, das hat der Branche geholfen. Doch die wenigsten sind von den Schleppern heruntergestiegen und in den Dialog getreten“, sagte Susanne Schulze-Bockeloh, Vizepräsidentin des DBV und Vorsitzende der AG „Zukunftsbauer“ auf Bundesebene. Jetzt gehe es darum, nicht bei Parolen stehen zu bleiben, sondern Botschaften und Lösungen zu setzen.

Konkrete Forderungen seien hilfreicher als plakative Schlagwörter, bekräftigte die Agrarjournalistin der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ (FAZ), Anne Kokenbrink. Es stelle sich die Aufgabe, komplexe Zusammenhänge allgemein verständlich herunterzubrechen. So müsse zum Beispiel die Forderung nach Bürokratieabbau konkret mit Beispielen versehen werden.

Als nicht falsch, aber nicht weiterführend wurde auf dem Podium das Motto „Der Bauer als Ernährer“ gesehen, das derzeit vielfach auf Schildern an den Treckern transportiert wird. „Von der Parole ,Wir machen euch satt‘ sollten wir wegkommen“, meinte die Landwirtin und Agrar-Podcasterin Maja Mokwitz. „Das wirkt von oben herab und bietet keine Diskussionsgrundlage. Eine zeitgemäßere Frage wäre eher: ,Wie wollen wir satt werden?‘ – unter Wahrung von Umwelt und Tierwohl.“ Überhaupt empfahl sie den Bauern, nicht nur Botschaften zu verkünden, sondern den Gesprächspartnern zuzuhören und ihnen auch Fragen zu stellen: Wovor habt ihr Angst? Warum seht ihr uns Bauern so und so?

Jörg Struve ist Schweinehalter aus Nübel bei Schleswig und von Anfang an in der AG Zukunftsbauer dabei. „Die Menschen müssen sehen, was wir machen“, betont er und bringt ein Beispiel: „Ich erfuhr nebenbei, dass ein Nachbar im Dorf davon ausging, dass ich 40 Mitarbeiter beschäftige, während es tatsächlich zehn sind.“ Nun hat Struve Schilder aufgestellt, die auf seine Homepage hinweisen, wo er seinen Betrieb darstellt. Die Proteste hätten erreicht, dass die Probleme der Bauern in der Gesellschaft angekommen sind. Nun gelte es, Perspektiven zu entwickeln und zu kommunizieren. Struve: „Veränderung ist nicht bauerntypisch, sondern gesellschaftstypisch. Die Ernährung ändert sich, und wir sollten darauf eingehen und es nicht anderen überlassen.“

Moderatorin Sofie Sponbiel (DBV) fasste das Konzept des Zukunftsbauern zusammen. Im Zentrum steht ein zukunftsweisendes Selbstverständnis: heraus aus der Opferhaltung, weg von Schuldzuweisungen, hin zur Rolle als Gestalter und Lösungsanbieter für die Herausforderungen der Gesellschaft – das Ganze allerdings als tragfähiges Geschäftsmodell. Schulze-Bockeloh brachte es so auf den Punkt: „Wir haben viele tolle Dinge zu zeigen, die wir machen!“

Info

Grundlage des Konzeptes Zukunftsbauer ist eine Studie des Instituts Rheingold Salon, die vom DBV beauftragt wurde und in der 275 Landwirte und 1.033 nichtlandwirtschaftliche Verbraucher befragt und die Ergebnisse ausgewertet wurden. Das Bauernblatt wird in einer Serie über das Konzept Zukunftsbauer berichten und Landwirte und Landwirtinnen aus Schleswig-Holstein vorstellen, die bereits daran teilnehmen. 

Esel richtig halten

0

Der Esel ist eine Tierart, über deren Haltung und Gesundheit viele Halter zu wenig informiert sind. Der Schweizer Tierschutz (STS) ließ daher in mehreren Online-Seminaren Experten zur Gesundheit, Haltung und Fütterung des Esels zu Wort kommen. Dabei wurde schnell klar, dass Esel andere Ansprüche an Fütterung und Haltung haben als Pferde.

Der Tierarzt und Eselkenner Hans­peter Meier hielt fest: „Der Esel ist kein kleines Pferd.“ Das zeige sich schon in seiner Herkunft. Während Hauspferde in den grünen Steppen Asiens domestiziert wurden, stammen die Vorfahren der Hausesel vom Afrikanischen Esel ab. Dessen Lebensraum sind die rauen und gebirgigen Gebiete Ostafrikas. Esel haben daher andere Ansprüche an ihre Ernährung und Umgebung als Pferde.

Die Tiermedizin habe den Esel als vermeintliches „Pferd des armen Mannes“ lange Zeit vernachlässigt. Erst in neuerer Zeit gebe es eselspezifische Fachliteratur. „Viele Krankheiten sind haltungsbedingt“, stellte Meier außerdem fest. Um ihnen vorzubeugen, müsse man die Eigenheiten des Esels verstehen, namentlich seine „Sturheit“ sowie sein Ernährungsverhalten. Die Zucht von Eseln solle man Fachleuten überlassen.

Prof. Ingrid Vervuert vom Institut für Tierernährung, Ernährungsschäden und Diätetik der Universität Leipzig kennt sich mit der Fütterung von Eseln und Mauleseln, der Kreuzung von Esel und Pferd, aus. Wie Pferde seien auch Esel „Dauerfresser“, erklärte sie. Doch noch mehr als beim Pferd besteht bei ihnen die Gefahr, dass sie zu viel Futter aufnehmen, denn aufgrund ihrer Herkunft verfügen sie über eine sehr effiziente Verdauung von strukturreichem, nährstoffarmem Futter. Sie können deswegen Getreidestroh besser abbauen als Pferde und Ponys. Verstopfungskoliken infolge von Strohfütterung kommen viel seltener vor.

Effiziente Verdauung

Wegen der besseren Verdauung kommt es bei Eseln leicht zu Übergewicht und deswegen zu einem größeren Risiko, an Hufrehe zu erkranken. Dies passiert häufig dann, wenn sie auf der Weide zu viel Gras fressen. Eine Reduktion der Weidezeit führe beim Esel jedoch nicht zu der erwünschten Futterreduktion, denn er kompensiere durch schnellere Futteraufnahme. „Ein stundenweises Grasen ist somit nicht geeignet, um die Grasaufnahme bei Eseln und Maultieren einzuschränken“, hielt Vervuert fest.

Genau wie Pferde brauchen Esel immer frisches und sauberes Wasser. Foto: Imago

Im Frühling und Sommer genüge es für gesunde, adulte Esel, sie auf einer parzellierten, kurz gehaltenen Weidefläche zu halten und ihnen Stroh, Mineralfutter, Salz und Zweige anzubieten. Im Winter sollten sie anstelle von Gras auf der Weide 0,3 bis 0,5 kg spät geschnittenes Heu erhalten. Für abgemagerte Esel eigneten sich Heu, stärkereduziertes Ergänzungsfutter und etwas Luzerne. Übergewicht stelle für Esel und Maultiere ein hohes gesundheitliches Risiko dar, betonte die Fütterungsspezialistin.

Um Übergewicht zu vermeiden, empfahl Vervuert, regelmäßig das Körpergewicht und den Body Condition Score (BCS) zu erfassen und die Fütterung daran anzupassen. Da eine allgemeine Beurteilung des Ernährungszustands per Auge sehr ungenau sei, sollten Eselbesitzer den BCS monatlich erheben. Dabei werden die Fettdepots an genau definierten Körperstellen betrachtet, erfühlt und anhand eines Bewertungsschemas beurteilt. Bei der Ermittlung des BCS muss ein auf Esel zugeschnittenes Bewertungssystem verwendet werden, denn die Fettreserven sind anders lokalisiert als bei Pferden.

Doch nicht nur zu viel Futter kann zum Problem werden, sondern auch zu wenig: Wenn ein fetter Esel plötzlich nichts mehr frisst, besteht die Gefahr einer Hyperlipämie. Bei dieser Stoffwechselstörung beträgt die Mortalitätsrate bis zu 80 %. Sie kommt häufig bei älteren und übergewichtigen Tieren sowie bei Zwergeseln vor.

Hufe kontrollieren

Eseln, die nicht fressen, sollte man schmackhafte Futtermittel wie Gras, Getreide oder Rübenschnitzel anbieten. Pfefferminzsirup, Karotten und Äpfel eignen sich als Appetitanreger. Nicht immer ist eine Verdauungsstörung die Ursache dafür, dass der Esel nicht fressen möchte. Dies kann auch psychisch bedingt sein, wenn zum Beispiel der Esel plötzlich seinen Sozialpartner verliert. „Wenn ihr euren Esel in die Tierklinik bringt, dann nehmt am besten auch seinen Kumpan mit. Sonst frisst er nicht“, riet Vervuert.

Besonderen Wert legte sie auch darauf, bei Eseln nicht mit Trinkwasser zu sparen. Über kurze Zeit könnten sie zwar einen Wassermangel besser kompensieren als Pferde und Ponys, aber ihr Wasserbedarf sei nicht kleiner.

„Wer Esel hält, sollte täglich ihre Hufe kontrollieren“, empfahl Edith Müller von der Eselmüller-Stiftung. Auch sollte man die Hufpflege alle acht bis zehn Wochen durch eine Fachperson ausführen lassen. „Alle sechs Monate genügt nicht“, betonte sie, denn auf den üblichen relativ weichen Böden hätten die Hufe zu wenig Abrieb.

Ein sandiger Trockenplatz mit Hölzern zum Beknabbern biete den Eseln Bewegung, Beschäftigung und eine angenehme Unterlage zum Liegen. Doch auch Müller warnte vor grünen Weiden. In diesem Zusammenhang sprach sie sich gegen das Anbringen eines Weidemaulkorbs aus, da der Esel beim Fressen mit den Schneidezähnen gegen den Maulkorb drücke. Dies könne zu einer Deformation der Zähne und Entzündungen des Zahnfleischs führen. Auch hindere der Maulkorb die Tiere am Trinken und Gähnen.

„Fast zwei Drittel der Esel in der Schweiz führen ein trauriges Eselleben“, schätzte die Eselfreundin, die immer wieder vernachlässigte Tiere aufnimmt. Esel seien billig zu haben und würden oft nicht tiergerecht gehalten. Eselhalter müssen sich bewusst sein, dass sie im Gegensatz zu Pferden nicht „autoritätsgläubig“ seien. Das bedeutet, dass der Umgang noch partnerschaftlicher gestaltet werden muss als beim Pferd.

Meist nicht artgerecht

„Esel werden oft verniedlicht und nicht ernst genommen“, stellte Sandra Schaefler vom STS fest. „Viele Leute wissen nicht, was auf sie zukommt.“ Allein das Einhalten der Tierschutzverordnung sei keine Gewähr für eine tiergerechte Haltung. Diese setze die Kenntnis der artspezifischen Eigenheiten des Esels voraus. Beispielsweise benötigen Esel einen Artgenossen als Kumpan. Ein Pferd oder ein Pony als Sozialpartner genügt nicht.

Die Heimat des Esels sind trockene Gebiete mit kargem Pflanzenwuchs. Grüne Weiden führen bei ihnen schnell zu Übergewicht und Krankheiten. Foto: Agroscope SNG

Auch Schaefler empfahl, Esel ganztags auf kargen Flächen mit Sträuchern, Bäumen oder Totholz zu halten. Dort könnten sie sich nicht „überfressen“. Wo eine solche karge Weide nicht möglich ist, sollte den Eseln ein großer, trockener Auslauf zur Verfügung stehen. Esel, die bei jedem Wetter draußen sind, benötigen einen Unterstand. „Er ist von extremer Wichtigkeit“, betonte Schaefler, denn das Fell von Eseln ist wenig wasserabweisend, sodass sie bei Regen und Kälte frieren.

„Esel lassen sich oft nicht oder kaum anmerken, dass sie krank sind. Das liegt daran, dass sie ihren natürlichen Feinden gegenüber Stärke zeigen müssen“, erklärte Lucia Unger, Tierärztin an der Pferdeklinik der Universität Bern. Um zu erkennen, ob ein Esel krank ist, muss man ihn daher gut beobachten. Subtile Anzeichen für Krankheit oder Schmerz seien aufgezogene Nüstern, seitlich oder nach hinten gestellte Ohren, eine gesenkte Kopf-Hals-Haltung oder eine Entlastung von Gliedmaßen.

Als Warnsignale nannte die Eselkennerin auch Apathie und ein Absondern von der Gruppe. „Kranke Esel liegen vermehrt, was häufig auf eine Kolik oder auch auf eine Hufrehe hindeutet. Oder sie stehen herum und weigern sich abzuliegen“, erklärte Unger und fügte hinzu: „Sie fressen oft nicht, wobei sie das Maul am Heu oder Stroh haben, dieses aber nicht aufnehmen.“ In diesem Fall spricht man von Scheinfressen. „Ein Esel, der nicht frisst, ist ein Notfall“, betonte die Tierärztin.

Stroh ist kein Risiko

Gründe für eine reduzierte Futteraufnahme können nicht nur Koliken und Schmerzen, sondern auch Zahnprobleme sein. Diese können sich in abnormen Kaugeräuschen und -bewegungen zeigen, zum Teil auch in einseitigem Nasen- und Tränenausfluss. Bei unvollständigem Kauen entstehen manchmal Futterwickel, die auf den Boden fallen, daher der Ausdruck „Wickelkauen“. Bei mageren Eseln sollte man auf jeden Fall auch das Gebiss untersuchen.

Für Esel eignet sich strukturreiches, nährstoffarmes Futter. Sie können auch Stroh noch gut verdauen. Foto: Michael Götz

Koliken entstehen beim Esel häufig als Folge von Darmverstopfungen. Sie treten meist bei älteren Tieren und bei Kraftfuttergabe auf, können aber auch psychisch bedingt sein, wenn zum Beispiel die Betreuungsperson wechselt. Stroh sei beim Esel kein Risikofaktor für Verstopfung, außer bei ernsten Zahnproblemen, ergänzte Unger.

Die Hufrehe ist auch beim Esel eine sehr ernst zu nehmende Erkrankung. Sie trete häufig infolge von Hormonstörungen wie dem Asinen Metabolischen Syndrom oder dem Cushing-Syndrom auf, werde meist spät erkannt, könne starke Schmerzen verursachen und sei ein häufiger Grund für eine Euthanasie. Als weitere ernst zu nehmende Krankheit nannte die Tierärztin Sarkoide. Diese Hauttumore treten vor allem im Gesicht, der Leistengegend und der Vorhaut auf. Hierbei sollte man gleich den Tierarzt zurate ziehen und nicht selbst „herumdoktern“.