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Den Wald schützen, den Wald schätzen

Grundlagen des Waldbaus, Teil 3
Von Dr. Gerrit Bub, Landwirtschaftskammer SH
Die Rotbuche ist auch in Schleswig-Holstein vom Klimawandel gezeichnet. Foto: Dr. Gerrit Bub

Der Wald als Ökosystem, als Wirtschaftsraum und Dienstleister für die Gesellschaft ist sensibel. Er bedarf der behutsamen Pflege. Den Wald zu schützen bedeutet, ihn aktiv zu gestalten. Es ist Zeit, dass die Gesellschaft dies erkennt und schätzt, welchen Wert der Wald für uns alle hat. Damit stehen die politisch Verantwortlichen dem Waldeigentümer gegenüber in der Pflicht.

Waldeigentümer sind gut beraten, wenn sie sich bei der Waldwirtschaft an den gängigen Standards der Waldzertifizierer (PEFC oder FSC) orientieren. Oberstes Ziel ist es bei allen forstlichen Maßnahmen, den verbleibenden Bestand vor Schäden zu bewahren. Der Waldbesitzende achtet darauf, sein Eigentum bedarfsgerecht und schonend durch Waldwege, Maschinenwege und Rückegassen zu erschließen.

Bei der Holzernte unterscheidet man zwischen motormanuellen und voll mechanisierten Verfahrenstechniken. Schwaches Stammholz kann zum Beispiel an sensiblen Standorten durch Pferde zur Gasse vorgerückt und später zur Waldstraße gebracht werden. Außerdem ist auf die Jahreszeit des Holzeinschlages zu achten. Bodenfrost im Winterhalbjahr verhindert, dass sich der Boden unter der Last der Maschinen verdichtet. Der verbleibende Bestand bleibt von Rücke­schäden unversehrt.

Schützende Maßnahmen

Ziel ist es, das Waldökosystem durch die richtige Wahl der Baumarten, die Pflege des Standortes und der Waldstruktur zu stabilisieren. Dabei verfolgt der Waldbesitzende das Prinzip des Integrierten Pflanzenschutzes. Der standortangepasste, gut gepflegte Wald fördert die Vitalität des Einzelbaumes. Biotische und abiotische Störfaktoren lassen sich dadurch bereits deutlich abmildern. Vogel- und Ameisenschutz bieten vielfältige Möglichkeiten, die Schadinsekten entsprechend kurzzuhalten.

Waldhygienische Maßnahmen sind vor allem nach Windwürfen und Käferbefall in Nadelholzbeständen gefragt. Befallene Schadhölzer müssen sorgfältig aufgearbeitet und möglichst rasch entfernt werden. Im Wald verzichtet der Waldbesitzende – falls möglich – auf chemische Pflanzenschutzmittel.

Der Gesetzgeber verbietet, Waldstandorte neu zu entwässern. Der Wald benötigt auf einigen Standorten einen langfristigen Puffer gegen zu niedrige ph-Werte (Kompensationskalken). Gegen Verbiss- und Schälschäden helfen neben der jagdlichen Strategie Einzel- und Flächenschutz der Waldbestände.

Biotope im Wirtschaftswald

Der Waldbesitzende fördert die Biodiversität im Wald. Er prüft sorgfältig, ob seine Waldstandorte in Flora-Fauna-Habitat-Gebiete, Naturschutzgebiete oder sonstige Schutzgebiete fallen. Gesetzlich geschützte Waldbiotope sind entsprechend zu erhalten und zu fördern. Es bedarf langer Zeiträume, um die angeflogenen Jungpflanzen artgerecht zu etablieren und Altholzbestände zu fördern. Dem Wald Zeit zu lassen bedeutet, organische Substanz im Boden und im Bestand anwachsen zu lassen. Die Struktur des Waldbodens bleibt erhalten. Lichtschächte schaffen Stufigkeit in den Waldbeständen und fördern das natürliche Wiederbesamen in genetischer Vielfalt.

Waldwege und Rückegassen erlauben es, vielfältige Waldbiotope zu schaffen. Fruchttragende Lichtbaumarten und Waldsträucher säumen die offenen Waldbereiche. Waldinnen- und Waldaußenränder bilden wertvolle Waldlebensräume. Geschwungene Waldsäume fördern krautige Pflanzengesellschaften, Ruderalfloren, Insekten, vor allem Bienen, und Singvogelarten. Auch das Wild profitiert von den vielschichtigen Lebensräumen.

Das Belassen von Alt- und Totholz bereichert die Biodiversität. Die alternden einzelnen Baumriesen dürfen die Sicherheit im Wald nicht gefährden. Nist- und Höhlenbäume sind in den Beständen zu erhalten. Waldmoore wieder zu vernässen, trägt zur CO2-Speicherung bei und bietet dem Waldeigentümer ein innovatives Geschäftsfeld im Klimawandel. Beim Pflanzen hält der Forstwirt Abstand von Gewässern, Quellen und Nassgallen ein, damit diese später nicht im Schatten liegen.

Angepasste Wildbestände

Den zukunftsfähigen Wald zu entwickeln bedeutet, die vorhandenen Schalenwilddichte an die Biotopkapazitäten anzupassen und gegebenenfalls zu senken. Hirscharten wie Dam-, Sika- oder Rotwild verbeißen die jungen Leittriebe oder schälen an der Baumrinde. Vitalitätsverlust und Unterbrechen der Wuchsdynamik sind die unweigerliche Folge. Einige Baumarten verlieren den Anschluss an die herrschende Baumschicht und fallen gänzlich aus (zum Beispiel Edellaubholz in Buchenbeständen oder Laubholz in Nadelholz-Grundbeständen). Wälder im Klimawandel aktiv zu entmischen, ist jedoch unbedingt zu vermeiden. Die Biodiversität nimmt dadurch im Wald ab, die Risiken im Klimawandel steigen. In Schleswig-Holstein ist es bisweilen notwendig, junge Kulturen durch einen Drahtzaun oder ein Holzgatter zu schützen. 

Fazit

Waldwirtschaft benötigt wirtschaftlichen Erfolg, um nachhaltig bestehen zu können. Der Klimawandel fordert ein Umdenken in der Waldwirtschaft. Der Blick in die Forstgeschichte zeigt: Lange Zeit war es für die Landbewohner nicht selbstverständlich, sich in Wäldern zu erholen oder seltene Tier- und Pflanzenarten zu beobachten, das erlaubt erst der heutige Wirtschaftswald. Dies zeigt beispielhaft: Der erwerbswirtschaftliche Wald ist in seiner Vielfalt auch zukünftig in der Lage, den unterschiedlichen Ansprüchen der Gesellschaft gerecht zu werden. Die Waldbauern sind durchaus bestrebt, möglichst viele Ökosystemleistungen des Waldes für die Gesellschaft bereitzustellen, solange sie diese auch entsprechend finanziell honoriert bekommen. Die aufgezeigten Grundsätze des Waldbaus auf der Grundlage der guten fachlichen forstlichen Praxis sollen den Waldbauern dabei helfen.

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