In der Saison sind Thomas Kaiser und Dirk Rose als Strandwärter im Kreis Plön am Schönberger Strand unterwegs. Im Winter machen sie die Strandkörbe, die dort monatelang dem Besucheransturm und Wetter trotzten, wieder flott. Ein Blick hinter die Kulissen verrät, welch ausgeklügelte Logistik und wie viel traditionelles Handwerk und Herzblut hinter ihrer Arbeit stecken.
Zum Glück waren die rund 800 Strandkörbe schon im sicheren Winterquartier, als die Sturmflut am 20. und 21. Oktober über den Schönberger Strand hinwegfegte und enorme Schäden verursachte. Lars Widder, Werkleiter des Eigenbetriebs Tourist-Service Ostseebad Schönberg, ist zuversichtlich, dass sie nach der Schadensbeseitigung zur nächsten Tourismus-Saison wieder an gewohnter Stelle stehen können. „Mehr als 30.000 Kubikmeter Sand wurden am Schönberger Strand weggespült. Die müssen nun erst einmal wieder aufgefüllt werden“, informiert er.
Mit den Mitarbeitern Thomas Kaiser und Dirk Rose führt er durch das Winterlager der Strandkörbe im Schönberger Bauhof. Dicht an dicht, in Reih und Glied, werden sie hier auf einer Fläche von 800 m² eingelagert. Gleich vorn am Eingang der großen Werkhalle steht schon der Nachschub bereit. „Gerade haben wir 60 neue Körbe bekommen, 30 werden noch geliefert“, berichtet der Werkleiter. Rund 50 bis 70 Körbe pro Jahr würden nach der Saison aussortiert,150 bis 180 kämen mit deutlichen Gebrauchsspuren oder kleinen Macken vom Strand zurück und würden sorgfältig wieder aufgemöbelt, die ausgemusterten im Frühjahr versteigert. „Unsere Saison geht vom 1. Mai bis zum 30. September. Um die Körbe zum Strand hin- und wieder zurückzubringen, brauchen wir jeweils 14 Tage. Da packen dann unsere Kollegen vom Bauhof alle tatkräftig mit an“, erzählt Dirk Rose. Mit Traktor, Maschinenunterstützung und Hilfsgeräten transportierten sie die 100 kg schweren Kolosse. „Ohne Muskelkraft geht da nichts“, meint Thomas Kaiser, der Schlosser ist und hier seit 26 Jahren arbeitet.
Damit alle Körbe nach dem Ausladen an der richtigen Stelle stehen und von den Mietern auf den Übersichtsplänen auch gefunden werden können, gibt es ein ausgeklügeltes System. „Unser Strand reicht von Buhne 18 bis Buhne 42. Wir haben ihn in die Abschnitte links, mittig und rechts eingeteilt. Jedes Buhnenfeld hat dabei noch eine eigene Farbe. Damit wir wissen, welche Körbe wo hingehören, haben wir auf den Dachhauben entsprechend der Position schwarze Kabelbinder angebracht. Mit weißen Kabelbindern markieren wir später Exemplare, die im Winter eine Reparatur benötigen“, erläutert Dirk Rose das Prozedere.
Jetzt geht der Betrachterin auch ein Licht auf, warum an jedem Strandkorb oben eine kleine „GPS-Antenne“ zu sehen ist, wie Rose sie witzelnd bezeichnet. Der Tischler ist seit 15 Jahren beim Bauhof und findet an seinem Job die Mischung der Aufgaben gut. „Im Sommer bin ich draußen an der frischen Luft, habe viel Kontakt mit Urlaubsgästen, im Winter bin ich in der ruhigeren Reparaturwerkstatt“, erklärt der 51-Jährige. Thomas Kaiser (61) mag das Arbeiten draußen am liebsten. „Wir fangen frühmorgens an. Wenn die Sonne über dem Meer aufgeht und es noch herrlich ruhig ist, ist das mein Highlight des Tages.“ Ob sie selbst morgens oder nach Dienstschluss schnell mal in die Meeresfluten springen? Beide schütteln den Kopf. Kaiser bringt es so auf den Punkt: „Wir baden nicht, für den einen ist es Freizeit, für den anderen Beruf.“
Mit einem Kontrollgang um 7 Uhr beginnt der bis 16 Uhr dauernde Sommerdienst der Strandwärter, die während der Saison von Swantje Bäumer unterstützt werden. Die Männer und ihre Kollegin sind für einen 5 km langen Strandabschnitt von Kalifornien bis vor die Fischerhütten in Stakendorf zuständig. Etwa 450 Strandkörbe stehen dort für Dauermieter bereit. Tagesgäste können über die App „Beach Now“ weitere 350 anmieten. „Wir schauen morgens als Erstes, wie es am Strand aussieht. Wie hoch ist das Müllaufkommen? Müssen wir Scherben im Sand absammeln? Wie viel Seegras liegt am Wassersaum? Auch checken wir die Strandkörbe, gucken, ob etwas defekt ist.“ Gegen 10 Uhr wird es in ihrem „Revier“ langsam geschäftig. Nun sind die Strandwärter für die Besucher da, helfen hier bei einem Problem, geben da eine Auskunft, kontrollieren die Strandkarten und achten auf die Einhaltung der Leinenpflicht für Hunde. Zudem unterstützen sie ihre Bauhof-Kollegen beim Auf- und Abbau von Veranstaltungen. Geduldig beantworten sie daneben jede Menge Fragen der Touristen.
Eine kleine Kostprobe gefällig? Dirk Rose plaudert aus dem Nähkästchen: „Wann gibt es die nächste Wattwanderung? Wo bekomme ich den Ebbe-&-Flut-Kalender? Könnt ihr helfen, ich kriege das Strandkorbschloss nicht auf? Oder: Hilfe, ich finde meinen Strandkorb nicht wieder.“ Sogar falls ihre Fahrräder einen Platten haben, wenden sich Urlauber für einen Rat an die Strandwärter-Crew, die am flotten Käppi und blauer Dienstkleidung zu erkennen ist. Mit den Stammgästen ergeben sich oft nette Klönschnacks oder intensivere Gespräche. Dirk Rose denkt dabei an eine ältere Dame, die über 25 Jahre mit ihrem Mann alljährlich einen Strandkorb mietete. Als er gestorben war, kehrte sie allein zu dem Strandkorb zurück. Ein schwerer Moment, den der Strandwärter ihr erleichterte, indem er sich Zeit für ihre Geschichte nahm und zuhörte. „Wir haben aber auch schon romantische Heiratsanträge am hübsch geschmückten Strandkorb erlebt“, meint er schmunzelnd. Und dann seien da noch die Dinge, die ständig am Strand verloren gingen. Immer wieder würden Ringe, Handys, Sonnenbrillen, Portemonnaies oder Schlüssel verzweifelt vermisst. Diese würden beim Wiederauffinden zum Fundbüro oder in das Büro des Tourist-Services gebracht. Ob es etwas gibt, das die Strandwärter ärgert? Zunächst betonen sie, dass sich die große Mehrheit der Leute am Strand rücksichtsvoll und verantwortungsbewusst gegenüber Mitmenschen und Natur verhalte. Kummer machten ihnen diejenigen, die achtlos Zigarettenstummel im Sand entsorgten und so die Umwelt verschmutzten. „Wir haben an jeder Ecke Mülleimer zu stehen, verteilen kostenlose Strandaschenbecher, das muss doch nicht sein.“ Zudem würden manchmal Körbe beschmiert oder der Stoff mutwillig beschädigt.
Während wir uns weiter über das sommerliche Strandleben austauschen, erreichen wir beim Gang durch die Halle nun den wichtigsten Einsatzort der Strandwärter im Winter, die Reparaturwerkstatt. Es schließt sich ein Ersatzteillager mit wandhohen, voll bepackten Regalen an. „Alle Reparaturen und dafür benötigte Teile machen wir selbst“, betont Thomas Kaiser stolz. Flechten, sägen, hobeln, nähen, polstern: Die Männer beherrschen alles aus dem Effeff. Ob eine Fußablage klemmt, ein Stück Stoff abgerissen ist oder der Korbrahmen durch Feuchtigkeit und Belastung gelitten hat – mit Herzblut, handwerklichem Geschick und Erfahrung beheben die beiden Routiniers die Schäden an den ihnen anvertrauten „Sehnsuchtsmöbeln“.
Eines wird deutlich: Nur dank des Einsatzes der Strandwärter und ihrer Bauhof-Kollegen werden die Strandkörbe frisch gereinigt und picobello herausgeputzt pünktlich zum Saisonstart wieder am Schönberger Strand stehen – zur Freude von Einheimischen und Gästen.