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Die Strandkorbflüsterer vom Schönberger Strand

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In der Saison sind Thomas Kaiser und Dirk Rose als Strandwärter im Kreis Plön am Schönberger Strand unterwegs. Im Winter machen sie die Strandkörbe, die dort monatelang dem Besucheransturm und Wetter trotzten, wieder flott. Ein Blick hinter die Kulissen verrät, welch ausgeklügelte Logistik und wie viel traditionelles Handwerk und Herzblut hinter ihrer Arbeit stecken.

Zum Glück waren die rund 800 Strandkörbe schon im sicheren Winterquartier, als die Sturmflut am 20. und 21. Oktober über den Schönberger Strand hinwegfegte und enorme Schäden verursachte. Lars Widder, Werkleiter des Eigenbetriebs Tourist-Service Ostseebad Schönberg, ist zuversichtlich, dass sie nach der Schadensbeseitigung zur nächsten Tourismus-Saison wieder an gewohnter Stelle stehen können. „Mehr als 30.000 Kubikmeter Sand wurden am Schönberger Strand weggespült. Die müssen nun erst einmal wieder aufgefüllt werden“, informiert er.

Beide Strandwärter vor den Strandkörben im Winterquartier

Mit den Mitarbeitern Thomas Kaiser und Dirk Rose führt er durch das Winterlager der Strandkörbe im Schönberger Bauhof. Dicht an dicht, in Reih und Glied, werden sie hier auf einer Fläche von 800 m² eingelagert. Gleich vorn am Eingang der großen Werkhalle steht schon der Nachschub bereit. „Gerade haben wir 60 neue Körbe bekommen, 30 werden noch geliefert“, berichtet der Werkleiter. Rund 50 bis 70 Körbe pro Jahr würden nach der Saison aussortiert,150 bis 180 kämen mit deutlichen Gebrauchsspuren oder kleinen Macken vom Strand zurück und würden sorgfältig wieder aufgemöbelt, die ausgemusterten im Frühjahr versteigert. „Unsere Saison geht vom 1. Mai bis zum 30. September. Um die Körbe zum Strand hin- und wieder zurückzubringen, brauchen wir jeweils 14 Tage. Da packen dann unsere Kollegen vom Bauhof alle tatkräftig mit an“, erzählt Dirk Rose. Mit Traktor, Maschinenunterstützung und Hilfsgeräten transportierten sie die 100 kg schweren Kolosse. „Ohne Muskelkraft geht da nichts“, meint Thomas Kaiser, der Schlosser ist und hier seit 26 Jahren arbeitet.

Damit alle Körbe nach dem Ausladen an der richtigen Stelle stehen und von den Mietern auf den Übersichtsplänen auch gefunden werden können, gibt es ein ausgeklügeltes System. „Unser Strand reicht von Buhne 18 bis Buhne 42. Wir haben ihn in die Abschnitte links, mittig und rechts eingeteilt. Jedes Buhnenfeld hat dabei noch eine eigene Farbe. Damit wir wissen, welche Körbe wo hingehören, haben wir auf den Dachhauben entsprechend der Position schwarze Kabelbinder angebracht. Mit weißen Kabelbindern markieren wir später Exemplare, die im Winter eine Reparatur benötigen“, erläutert Dirk Rose das Prozedere.

Thomas Kaiser zeigt auf eine schadhafte Stelle. 

Jetzt geht der Betrachterin auch ein Licht auf, warum an jedem Strandkorb oben eine kleine „GPS-Antenne“ zu sehen ist, wie Rose sie witzelnd bezeichnet. Der Tischler ist seit 15 Jahren beim Bauhof und findet an seinem Job die Mischung der Aufgaben gut. „Im Sommer bin ich draußen an der frischen Luft, habe viel Kontakt mit Urlaubsgästen, im Winter bin ich in der ruhigeren Reparaturwerkstatt“, erklärt der 51-Jährige. Thomas Kaiser (61) mag das Arbeiten draußen am liebsten. „Wir fangen frühmorgens an. Wenn die Sonne über dem Meer aufgeht und es noch herrlich ruhig ist, ist das mein Highlight des Tages.“ Ob sie selbst morgens oder nach Dienstschluss schnell mal in die Meeresfluten springen? Beide schütteln den Kopf. Kaiser bringt es so auf den Punkt: „Wir baden nicht, für den einen ist es Freizeit, für den anderen Beruf.“

Mit einem Kontrollgang um 7 Uhr beginnt der bis 16 Uhr dauernde Sommerdienst der Strandwärter, die während der Saison von Swantje Bäumer unterstützt werden. Die Männer und ihre Kollegin sind für einen 5 km langen Strandabschnitt von Kalifornien bis vor die Fischerhütten in Stakendorf zuständig. Etwa 450 Strandkörbe stehen dort für Dauermieter bereit. Tagesgäste können über die App „Beach Now“ weitere 350 anmieten. „Wir schauen morgens als Erstes, wie es am Strand aussieht. Wie hoch ist das Müllaufkommen? Müssen wir Scherben im Sand absammeln? Wie viel Seegras liegt am Wassersaum? Auch checken wir die Strandkörbe, gucken, ob etwas defekt ist.“ Gegen 10 Uhr wird es in ihrem „Revier“ langsam geschäftig. Nun sind die Strandwärter für die Besucher da, helfen hier bei einem Problem, geben da eine Auskunft, kontrollieren die Strandkarten und achten auf die Einhaltung der Leinenpflicht für Hunde. Zudem unterstützen sie ihre Bauhof-Kollegen beim Auf- und Abbau von Veranstaltungen. Geduldig beantworten sie daneben jede Menge Fragen der Touristen.

Die Strandkörbe am Schöneberger Strand

Eine kleine Kostprobe gefällig? Dirk Rose plaudert aus dem Nähkästchen: „Wann gibt es die nächste Wattwanderung? Wo bekomme ich den Ebbe-&-Flut-Kalender? Könnt ihr helfen, ich kriege das Strandkorbschloss nicht auf? Oder: Hilfe, ich finde meinen Strandkorb nicht wieder.“ Sogar falls ihre Fahrräder einen Platten haben, wenden sich Urlauber für einen Rat an die Strandwärter-Crew, die am flotten Käppi und blauer Dienstkleidung zu erkennen ist. Mit den Stammgästen ergeben sich oft nette Klönschnacks oder intensivere Gespräche. Dirk Rose denkt dabei an eine ältere Dame, die über 25 Jahre mit ihrem Mann alljährlich einen Strandkorb mietete. Als er gestorben war, kehrte sie allein zu dem Strandkorb zurück. Ein schwerer Moment, den der Strandwärter ihr erleichterte, indem er sich Zeit für ihre Geschichte nahm und zuhörte. „Wir haben aber auch schon romantische Heiratsanträge am hübsch geschmückten Strandkorb erlebt“, meint er schmunzelnd. Und dann seien da noch die Dinge, die ständig am Strand verloren gingen. Immer wieder würden Ringe, Handys, Sonnenbrillen, Portemonnaies oder Schlüssel verzweifelt vermisst. Diese würden beim Wiederauffinden zum Fundbüro oder in das Büro des Tourist-Services gebracht. Ob es etwas gibt, das die Strandwärter ärgert? Zunächst betonen sie, dass sich die große Mehrheit der Leute am Strand rücksichtsvoll und verantwortungsbewusst gegenüber Mitmenschen und Natur verhalte. Kummer machten ihnen diejenigen, die achtlos Zigarettenstummel im Sand entsorgten und so die Umwelt verschmutzten. „Wir haben an jeder Ecke Mülleimer zu stehen, verteilen kostenlose Strandaschenbecher, das muss doch nicht sein.“ Zudem würden manchmal Körbe beschmiert oder der Stoff mutwillig beschädigt.

Während wir uns weiter über das sommerliche Strandleben austauschen, erreichen wir beim Gang durch die Halle nun den wichtigsten Einsatzort der Strandwärter im Winter, die Reparaturwerkstatt. Es schließt sich ein Ersatzteillager mit wandhohen, voll bepackten Regalen an. „Alle Reparaturen und dafür benötigte Teile machen wir selbst“, betont Thomas Kaiser stolz. Flechten, sägen, hobeln, nähen, polstern: Die Männer beherrschen alles aus dem Effeff. Ob eine Fußablage klemmt, ein Stück Stoff abgerissen ist oder der Korbrahmen durch Feuchtigkeit und Belastung gelitten hat – mit Herzblut, handwerklichem Geschick und Erfahrung beheben die beiden Routiniers die Schäden an den ihnen anvertrauten „Sehnsuchtsmöbeln“.

Eines wird deutlich: Nur dank des Einsatzes der Strandwärter und ihrer Bauhof-Kollegen werden die Strandkörbe frisch gereinigt und picobello herausgeputzt pünktlich zum Saisonstart wieder am Schönberger Strand stehen – zur Freude von Einheimischen und Gästen.

Dirk Rose repariert eine der Fußablagen
Fotos: Silke Bromm-Krieger
Ersatzteillager für Strandkörbe
Material für die Strandkörbe
Rahmen, Unterkonstruktion oder abschließbares Strandkorbgatter 
Thomas Kaiser beim Nähen
Thomas Kaiser beim Ausmessen von neuem Bezugsstoff 


„Angriff auf die Landwirtschaft“

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Welche Folgen die Abschaffung der Agrardieselrückerstattung und der Kfz-Steuerbefreiung für die Landwirtschaft hätte, erläutert Klaus-Peter Lucht, Präsident des Bauernverbandes Schleswig-Holstein (BVSH), im Interview.

Wie konnte ein Beschluss der Ampel-Regierung in kürzester Zeit rund 8.000 Bauern mit 2.000 Schleppern nach Berlin treiben?

Klaus-Peter Lucht: Wir lehnen diesen Beschluss ab. Er ist ein Angriff auf die Landwirtschaft und den gesamten ländlichen Raum.

Wie hoch wären die zusätzlichen Kosten für die Betriebe?

Auf unserem Futterbaubetrieb mit 200 Kühen verbrauchen wir zirka 30.000 l Diesel im Jahr. Das bedeutet einen finanziellen Verlust von 6.000 €. Wenn meine Schlepper auch noch eine schwarze Nummer haben müssten, dann wären das noch einmal 3.000 €, die ich mehr verlieren würde, und mein Lohnunternehmer hätte dann auch keine grünen Nummernschilder mehr, was noch einmal mit mindestens 6.000 € zu Buche schlagen würde.

Sind alle Betriebe gleichermaßen betroffen?

Ökobetriebe brauchen ungefähr 20 bis 30 % mehr Diesel, weil sie mit der Hacke übers Feld fahren müssen. Klar ist: Als landwirtschaftlicher Sektor haben wir unsere Klimaziele erreicht. Wir arbeiten schon sehr effizient auf unseren Flächen und in unseren Ställen. Wir wollen und müssen dafür sorgen, dass unsere Bevölkerung mit hochwertigen Lebensmitteln versorgt wird. Das geht nur mit einer funktionierenden Landwirtschaft.

Wie groß ist Ihre Hoffnung, noch Änderungen zu erwirken?

Das ist keine Frage der Hoffnung, sondern wir erwarten einfach, dass diese Beschlüsse zurückgenommen werden. Und wenn das nicht passiert, werden wir auch in Schleswig-Holstein ab dem 8. Januar massiv demonstrieren.

Stimmen aus Schleswig-Holstein

Joachim Becker

Joachim Becker: Wir haben bei der Besteuerung des Agrardiesels schon ein Ungleichgewicht in Europa, das nun verstärkt werden soll. Wenn die Ampel ihre Pläne nicht zurückzieht, gibt es einen heißen Winter. 

Jan-Hinrich Behnk

Jan-Hinrich Behnk: Die Wettbewerbsfähigkeit gegenüber anderen Ländern wird wieder einmal eingeschränkt, und das nimmt gerade mir als jungem Betriebsleiter Perspektiven. Auf unserem Milchviehbetrieb würde der Wegfall der Agrardieselrückerstattung sowie der Kfz-Steuerbefreiung etwa einen Cent je Kilo Milch ausmachen, was voll auf den Gewinn durchschlägt. 

Birte Niemeyer

Birte Niemeyer: In der Familie waren wir uns alle einig, dass wir auf jeden Fall dabei sind, unseren Unmut darzulegen. Wir haben schon zu viele Einschränkungen und Kürzungen hinnehmen müssen. Zu viel ist zu viel. Einsparungen wären für alle nur möglich, wenn wir unsere Schlepper mit Heizöl fahren dürften. 

Marven Böttcher

Marven Böttcher: Wir fahren mit einem mulmigen Gefühl nach Hause, denn aktuell macht es den Eindruck, dass wir gegen eine Wand reden. Wir Landwirte sparen schon. Und durch den Wegfall von diversen Pflanzenschutzmitteln läuft es natürlich darauf hinaus, das mehr mechanische Arbeiten durchgeführt werden müssen. Das belastet die Betriebe schon mit zusätzlichen Dieselkosten und Personalstunden.

Jörn Höper

Jörn Höper: Ich erwarte mir momentan nichts von Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir. Er wäre allerdings derjenige, der Wirtschaftsminister Robert Habeck zum Einleken bewegen müsste. Da wir zuletzt schon genug an Kürzungen hinnehmen mussten, gibt es aus meiner Sicht keinen Verhandlungsspielraum. 

Rukwied kündigt „heißen Januar“ an

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Die Nachricht hatte es in sich: Um das Haushaltsloch zu stopfen, das duch verfassungswidrige Schattenhaushalte der Ampel-Koalition entstanden ist, will die Bundesregierung unter anderem die Agrardieselvergünstigung und die Kfz-Steuerbefreiung für land- und forstwirtschaftliche Fahrzeuge streichen. Nach Bekanntwerden dieser Pläne vergangene Woche Mittwoch formierte sich binnen kürzester Zeit massiver Widerstand in der Agrarbranche, der seinen bisherigen Höhepunkt in einer Protestkundgebung am Montag am Brandenburger Tor in Berlin fand.

„Wenn die Bundesregierung ihre Pläne nicht ändert, sorgen wir dafür, dass es einen heißen Januar gibt“, kündigte Joachim Rukwied weitere Protestaktionen an – und zwar in einer Art, „die das Land zuvor noch nicht gesehen hat“. Nach den Worten des Präsidenten des Deutschen Bauernverbandes (DBV) ist die Branche bereits durch Kürzungen bei der landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaft und der Gemeinschaftsaufgabe Agrarstruktur und Küstenschutz (GAK) mit rund 1 Mrd. € belastet.

Joachim Rukwied

Fundamentale Kritik

Die zusätzliche Milliarde, die der Branche nun abverlangt werden solle, schlage dem Fass den Boden aus. Rukwied verlangt, dass Steuergeld vorrangig dafür verwendet werden müsse, dass Steuerzahler eine Zukunft hätten. Falls sich die Ausrichtung der Regierung nicht ändere, brauche es einen Regierungswechsel. Die Liste kritischer Punkte werde immer länger. Beispiele:

Cem Özdemir

– Die Gemeinsame EU-Agrarpolitik hat mit praktikabler Landwirtschaft nicht mehr zu tun.

– Die Finanzierung des Tierhaltungsumbaus lässt immer noch auf sich warten.

– Beim Konflikt zwischen Wolf und Weidetierhaltung ist keine Lösung in Sicht.

– Der hohe Mindestlohn gefährdet die Existenz insbesondere der Sonderkulturbetriebe.

Dabei hat die deutsche Landwirtschaft laut Rukwied „geliefert“. Europaweit legten die Bauern hierzulande die meisten Blühstreifen an. Hier gebe es den höchsten Anteil an Direktsaatverfahren. Zudem sei die Landwirtschaft der einzige Sektor, der seine Klimaschutzziele erreicht habe. Der DBV-Präsident warnte die Regierung, sich von der sicheren Versorgung mit heimischen Lebensmitteln zu verabschieden und den ländlichen Raum insgesamt zu vernachlässigen. Das sei nicht hinzunehmen. Er stellte klar: „Wir werden jetzt kämpfen.“

Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) verteidigte die Pläne der Bundesregierung. Er erklärte: „Nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichtes ist klar, dass wir sparen müssen.“ Er räumte allerdings ein, dass die gleichzeitige Streichung der Agrardieselvergünstigung und der Kfz-Steuerbefreiung zu einer überproportionalen Belastung der Landwirtschaft führe. Er wolle sich „mit aller Kraft dafür einsetzen, dass das so nicht kommt“. Die Demonstranten konnte der Minister mit seinen Worten kaum befrieden. Neben zahlreichen Buhrufen in Richtung Özdemir waren mehrfach Sprechchöre mit der Forderung nach Neuwahlen zu hören.

Petition gestartet

Klaus Pentzlin, Vorsitzender des Bundesverbandes Lohnunternehmen, hofft, dass die Politik aus ihren Fehlern lernt. Er kritisierte, dass andere um eine Vier-Tage-Woche und 10 % mehr Lohn stritten, während in der Agrarbranche die Einkommen beschnitten würden. Aus seiner Sicht könnte das Herunterfahren des Bürokratismus eine Menge Geld sparen. Pentzlins klare Forderung: „Keine schwarzen Nummernschilder an Traktoren.“

Klaus Pentzlin

Claus Hochrein, Sprecher des Vorstandes von Land schafft Verbindung Deutschland (LsV), erklärte: „Die Zeit der Verhandlungen und faulen Kompromisse ist vorbei.“ Die Bundesregierung verspiele die Ernährungssouveränität in Deutschland und ziehe die Motivation der Bäuerinnen und Bauern „immer weiter runter“.

Max Freiherr von Elverfeldt, Vorsitzender der Familienbetriebe Land und Forst, betonte: „Wir wollen auf unseren Betrieben vernünftig wirtschaften.“ Die Pläne der Bundesregierung seien kein Subventionsabbau, sondern eine Steuererhöhung. Die Biobetriebe, „die wir voranbringen wollen“, würden aufgrund ihres höheren Treibstoffverbrauchs am meisten bestraft. Auch die Waldbauern seien durch die zunehmende Arbeit aufgrund von Schädlingen und der Folgen des Klimawandels betroffen. Von Elverfeldt wies auf eine Online-Petition „Gegen die Streichungen der Agrardieselrückvergütung & Kfz-Steuerbefreiung (Landwirtschaft)“ auf „change.org“ hin, die bereits von knapp 1 Million Personen unterschrieben wurde. Eine weitere ePetition läuft mittlerweile  auf der Internetseite des Deutschen Bundestages.

Claus Hochrein
Max Freiherr von Elverfeldt
Eindrücke aus Berlin. Fotos: rq
Eindrücke aus Berlin. Fotos: rq
Eindrücke aus Berlin. Fotos: rq
Eindrücke aus Berlin. Fotos: rq
Eindrücke aus Berlin. Fotos: rq
Eindrücke aus Berlin. Fotos: rq


Kabinett ebnet Weg für mehr Fläche und Höhe

Die Landesregierung hat am Dienstag Eckpunkte zur zukünftigen Planung der Windenergie in Schleswig-Holstein beschlossen. Anhand der vorgestellten Leitlinien sollen der Landesentwicklungsplan (LEP Wind) und die Regionalpläne Windenergie fortgeschrieben werden. Ziel ist es, die installierte Leistung durch Windenergie an Land bis 2030 auf 15 GW zu erhöhen. Mit den bestehenden Regionalplänen wurden 10 GW angestrebt, die in absehbarer Zeit erreicht sein werden.

Um dieses Energieziel zu erreichen, sollen die Windenergie-Vorranggebiete von derzeit rund 2 % der Landesfläche auf rund 3 % ausgeweitet werden. Dazu erklärte Innenministerin Dr. Sabine Sütterlin-Waack (CDU): „Um dieses Ziel zu erreichen, müssen wir deutlich stärker als bisher in Schutzbelange eingreifen, um zusätzliche Vorranggebiete auszuweisen. Dafür haben wir den bisherigen Kriterienkatalog zur Auswahl der Vorrangflächen überarbeitet. Ich bin den beteiligten Ministerien sehr dankbar, dass sie in den letzten Monaten zu vielen Zugeständnissen bereit waren. Wir haben für die Energiewende in Schleswig-Holstein einen Meilenstein erreicht.“

Innenministerin Dr. Sabine Sütterlin-Waack Foto: jh

Schutzabstände zur Wohnbebauung bleiben unverändert, wie im Koalitionsvertrag vereinbart. Im Außenbereich müssen Vorranggebiete 400 m Abstand zur Wohnbebauung halten, zu Dörfern und Städten 800 beziehungsweise 1.000 m. Landesschutz- und Regionaldeiche sollen mit einem pauschalen Abstand von 100 m binnenseits der Deichkrone berücksichtigt werden. Wegen etwai­ger zukünftiger Deichverstärkungsmaßnahmen besteht ein Bauverbotsstreifen von 50 m Abstand zu Landesschutzdeichen und 25 m bei Regionaldeichen.

„Windplanung flexibler als bisher“

Einige Kriterien des Landschafts- und Artenschutzes und des Denkmalschutzes sollen dagegen geringer gewichtet, weitere Belange auf die Genehmigungsebene verlagert werden. „Mit den beschlossenen Eckpunkten setzen wir auch die geänderten Anforderungen des Bundesrechts um. Zukünftig weisen wir landesseitig Vorranggebiete in einer Positivplanung aus, die Ausschlusswirkung außerhalb dieser Gebiete fällt weg. Darüber hinaus können Gemeinden im Wege von Bauleitplanungen Windenergiegebiete dort festlegen, wo Ziele der Raumordnung dem nicht entgegenstehen. Damit wird die Windplanung deutlich flexibler als bisher“, so die Innenministerin.

Energiewendeminister ­Tobias Goldschmidt (Grüne) erläuterte: „Mit den Grundsatzbeschlüssen setzen wir die Erfolgsgeschichte der Windenergie in Schleswig-Holstein nahtlos fort. Windenergie an Land wird auch weiterhin den größten Beitrag zur Energiewende leisten. Windkraft aus Schleswig-Holstein senkt die Stromkosten, sichert die Versorgung mit Energie und ist ein Standortfaktor für Schleswig-Holstein. Der Ausbau der Erneuerbaren Energien steht im überragenden öffentlichen Interesse.“ Goldschmidt betonte: „Wir haben Kompromisse in der Abwägung der Schutzgüter zugunsten des Klimaschutzes gemacht. Dabei ist es gelungen, die für den Naturschutz besonders bedeutsamen Bereiche weiterhin von Windkraftanlagen frei zu halten und damit auch den Schutz der biologischen Vielfalt in Schleswig-Holstein sicherzustellen. Klima- und Naturschutz sind zwei Seiten derselben Medaille.“

Neue Regionalpläne bis spätestens 2027

Der bestehende Landesentwicklungsplan und die Regionalpläne Windenergie werden schnellstmöglich erneut fortgeschrieben. Dies erfolgt unter Beteiligung der allgemeinen Öffentlichkeit sowie der Kommunen und weiterer Träger öffentlicher Belange. Im LEP Wind setzt das Land die geänderten Anforderungen des Bundesrechts um. Mit den Regionalplänen werden in der Folge genügend Vorranggebiete ausgewiesen, um das Energieziel des Koalitionsvertrages (15 GW aus Wind an Land) und die Flächenvorgabe des WindBG (auf Schleswig-Holstein übertragen rund 3 % der Landesfläche) zu erfüllen. Ziel ist die Aufstellung der neuen Regionalpläne bis spätestens 2027. Die Vorgaben des Bundes würden damit bereits fünf Jahre früher erreicht als notwendig. Am Vorrang einer landesseitigen Steuerung und dem Grundgedanken einer räumlichen Konzentration von Windparks wird festgehalten.

Energiewendeminister Tobias Goldschmidt Foto: jh

Für das Energie- und Flächenziel wird der Kriterienkatalog zur Ermittlung der Vorranggebiete teilweise geändert. Abstände zu Siedlungen und Wohngebäuden im Außenbereich werden unverändert beibehalten. Landschaftsschutzgebiete werden nicht mehr pauschal von Windkraftanlagen frei gehalten. Abstände zu Wäldern sollen abhängig von deren ökologischer Wertigkeit angepasst werden. Die Schutzbereiche um Brutplätze von windkraftsensiblen Großvögeln werden teilweise reduziert.

Auch bei Naturschutzgebieten soll der Abstand künftig vom Schutzziel des Gebietes abhängig sein. Abwägungskriterien wie zum Beispiel die Umfassung von Ortslagen, Migrationskorridore zu den Grünbrücken, Naturparke, der Denkmalschutz oder regionale Grünzüge werden zugunsten der Windenergienutzung geringer gewichtet. Im Küstenmeer wird es keine Ausweisung von Vorranggebieten geben und im Bereich der Deiche wird auf künftige Deichverstärkungsmaßnahmen Rücksicht genommen. Die Berücksichtigung linienhafter Strukturen wie beispielsweise Straßen oder Hochspannungsleitungen wird nach Möglichkeit auf die Genehmigungsebene verlagert. Der ausformulierte Kriterienkatalog wird mit dem Entwurf der Teilfortschreibung des LEP Wind veröffentlicht, voraussichtlich im zweiten Quartal 2024. Grundsätzlich sollen alle bereits in den geltenden Regionalplänen ausgewiesenen Vorranggebiete beibehalten werden.

Schleswig-Holstein hält an einer Rotor-in-Planung fest. Das bedeutet, dass Windenergieanlagen vollständig in den Vorranggebieten errichtet und betrieben werden müssen und mit ihrem Rotor nicht über die Grenze des Gebietes hinausragen dürfen.

Rund drei Prozent der Landesfläche nötig

Weil vom Bund eine Umrechnung der Flächenbeitragswerte nach Rotor-out verlangt wird, muss Schleswig-Holstein etwa 3 % der Landesfläche zur Erreichung seines Beitragswertes erbringen. Das Plankonzept wird auf eine Positivplanung ohne Ausschlusswirkung umgestellt. Mit Erreichen der Flächenbeitragswerte nach WindBG, die mit den neuen Regionalplänen Windenergie voraussichtlich 2026/27 festgestellt werden, verlieren WEA ihre Privilegierung im Außenbereich. Sie können zukünftig grundsätzlich auch außerhalb von Vorranggebieten genehmigt werden, allerdings nur, wenn dadurch öffentliche Belange nicht beeinträchtigt werden.

Die bestehende 3H-/5H-Regelung, wonach WEA im Außenbereich die dreifache Höhe zur Wohnbebauung einhalten müssen und zu Siedlungsbereichen die fünffache Höhe, entfällt. Höhenbegrenzungen für WEA werden sowohl für die landesseitigen Vorranggebiete als auch für Bauleitplanungen der Gemeinden ausgeschlossen.

Auf die Ausweisung von gesonderten Vorranggebieten für Repowering wird zukünftig verzichtet. An ihre Stelle tritt die Möglichkeit, WEA auch außerhalb von Vorranggebieten zu repowern, wenn Ziele der Raumordnung eingehalten und öffentliche Belange nicht beeinträchtigt werden.

Über eine Mindestgröße für Vorranggebiete von 15 ha wird auch weiterhin eine Konzentrationswirkung der Regionalpläne Windenergie sichergestellt. Auf die Ausweisung von Vorranggebieten im Küstenmeer (Küstenlinie bis zur 12-sm (Seemeilen)-Zone) soll weiterhin verzichtet werden. Auf eine Berücksichtigung der Windhöffigkeit und der Leitungsnetzinfrastruktur wird bei der Ermittlung der Vorranggebiete ebenfalls verzichtet.

Für ausführliche Erläuterungen steht ein Hintergrundpapier auf der Internetseite der Landesregierung zur Verfügung unter schleswig-holstein.de/windenergie

Fester Schweine- und Ferkelhandel

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Nach Jahren mit ruinösen Preisen konnten die Schweinehalter im abgelaufenen Jahr 2023 endlich wieder kostendeckende Erlöse erzielen. Der Bestandsabbau hat das Angebot deutlich reduziert. Der Bedarf der Schlachtbetriebe konnte meist nicht bedient werden. Der Basispreis stieg bis Juli dieses Jahres auf 2,50 €/kg SG und erreichte damit ein Allzeithoch. Nach der Grillsaison gab die Notierung wieder nach und lag im Oktober bei 2,10 €/kg SG. Auf diesem Niveau konnte sich der Kurs bis Jahresende behaupten. Auch die Ferkel waren in diesem Jahr knapp und gesucht. Teilweise stiegen die Basispreise hier über die Marke von 100 € je 28-kg-Ferkel. Bis zum Herbst gaben die Notierungen jedoch wieder nach. In den letzten Wochen vor dem Jahreswechsel zeigte sich eine wieder steigende Preisentwicklung für Ferkel, während die Schlachtschweinekurse unverändert geblieben sind. Für die Mäster wird die Kalkulation somit wieder knapp. Bei den aktuellen Ferkelkosten sind eigentlich höhere Erlöse für Mastschweine notwendig. Die Erzeugerseite hat sich jedoch mit höheren Preisforderungen zum Jahresende zurückgehalten in der Hoffnung, dass nach dem Jahreswechsel kein Preisrutsch einsetzt. Ferkel waren zuletzt auch in Polen sehr gefragt und erzielten Preisaufschläge. Dies betrifft vor allem die Importferkel aus Dänemark. Deutschlandweit ist die Zahl der Zuchtsauen zuletzt nochmals um 8 % gegenüber dem Vorjahr zurückgegangen. Ferkelimporte aus Dänemark und den Niederlanden können diesen Rückgang nur zum Teil ersetzen.

Weniger Schweine

Nach Angaben des Statistischen Landesamtes hat sich die Zahl der Schweine haltenden Betriebe in Schleswig-Holstein im vorigen Jahr nicht verringert. Während sich die Zahl der im Land gehaltenen Mastschweine wieder etwas erholt hat, ist die Anzahl der Zuchtsauen jedoch weitergesunken. Bundes- und auch EU-weit ist dagegen das Mastschweineaufkommen in diesem Jahr weiter zurückgegangen. Obwohl schon einige Schlachthöfe den Betrieb eingestellt haben, bleibt ein Überhang an Schlachthaken. Wurden vor einigen Jahren zu dieser Jahreszeit noch über eine Million Schweine pro Woche in Deutschland geschlachtet, ist die Zahl aktuell auf etwa 740.000 gesunken. Mittelfristig geht man davon aus, dass sich dies auf etwa 650.000 Schweine pro Woche verringern wird. Für diese Entwicklung gibt es neben dem geringen Schweinebestand auch noch andere Gründe: So geht der Pro-Kopf-Verzehr immer weiter zurück; seit Anfang der 1990er Jahre um 10 kg. Gleichzeitig machen die gestiegenen Kosten der Branche zu schaffen, beispielsweise für Energie, und ebenso der akute Fachkräftemangel.

Weniger Nachfrage

Vor Weihnachten zeigt sich ein belebter Schlachtschweinehandel. Die Schlacht- und Zerlegebetriebe arbeiten auf Hochtouren, um den Bedarf für das Weihnachtsgeschäft zu decken. Die Mäster liefern ihre Schweine zügig ab. Die rückläufigen Schlachtgewichte zeigen dies. Somit sollten sich Angebotsüberhänge im neuen Jahr in Grenzen halten. Dennoch wird von zu großer Euphorie gewarnt. Die Mengenumsätze im Fleischhandel bleiben hinter dem zurück, was in den Vorjahren abgesetzt wurde. Trotz der inzwischen erfolgten wirtschaftlichen Erholung bleibt die Stimmung in der hiesigen Schweinefleischerzeugung eher getrübt. Es mangelt an Rechts- und Planungssicherheit. Dies bremst Um- und Neubauinvestitionen. Die Schweinebestände befinden sich in Deutschland auf dem tiefsten Stand seit 25 Jahren.

Markterkundung Forstpflanzen und neuartige Baumarten

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Auch in diesem Jahr führte die Forstabteilung der Landwirtschaftskammer Schleswig-Holstein wieder eine Forstpflanzen-Markterkundung durch. Nach der Abfrage des Pflanzenbedarfs in den zwölf Bezirksförstereien und dem Anschreiben an die Baumschulen erfolgte eine Bereisung zur Begutachtung der unterschiedlichen Herkünfte und Sortimente.

Insgesamt fiel der Bedarf mit zirka 600.000 Forstpflanzen nach einer sehr starken Pflanzsaison 2022/2023 geringer aus, befindet sich jedoch weiterhin auf einem hohen Niveau. Hauptursache waren die Sturmereignisse im Februar 2022, die vor allem den Süden und den Norden Schleswig-Holsteins trafen.

Des Weiteren führten Hitzeereignisse, Trockenperioden und Borkenkäferbefall landesweit zu weiteren Waldschäden und schlussendlich zu Baum- und Bestandesverlusten. Die Größe und Zahl der nun wieder aufzuforstenden Flächen im Wald bedeuten somit für alle Beteiligten weiterhin ein hohes Arbeitspensum.

Nach einer intensiven Markterkundung sowie anschließender Besichtigung der Quartiere bezüglich vorgegebener Qualitätsstandards konnten viele Sortimente und regionale Herkünfte auf ganzer Linie überzeugen und uneingeschränkt empfohlen werden. Eine große Herausforderung bestand für die Baumschulen in der Fokussierung auf die besonders nachgefragten fünf bis sechs Baumarten. Vor allem bereits erprobte klimaresiliente Arten wie Esskastanie, Roteiche oder Douglasie waren besonders begehrt. Engpässe waren ebenfalls bei Stiel- und Traubeneiche erkennbar.

Interesse an Alternativen

Im vergangenen Jahr wurde in verschiedenen Gesprächen und Fortbildungen das große Interesse bei Walbesitzenden an alternativen Baumarten, welche in Deutschland nicht heimisch sind, immer deutlicher. Hintergrund ist der Wunsch nach einer besseren Resilienz in Bezug auf den Klimawandel. Auch bei den hervorragend arbeitenden Baumschulen im Pinneberger Raum sind vermehrt Baumarten wie beispielsweise Baumhasel, Orientbuche, Flaumeiche und einige weitere zu entdecken.

Im November fand, initiiert durch die Lehranstalt für Forstwirtschaft, die Fortbildungsveranstaltung „Herkünfte alternativer Baumarten für Schleswig-Holstein“ in Bad Segeberg statt. Die Nordwestdeutsche Forstliche Versuchsanstalt, Abteilung Genressourcen, führte die Teilnehmenden durch einen spannenden Tag mit anschließender Exkursion.

Hier wurde einmal mehr deutlich, dass unsere heimischen Baumarten einer enormen Komplexbelastung durch den Klimawandel ausgesetzt sind. Neben einer Verstärkung ökologischer Interaktionen in alle Richtungen und damit einhergehender Verschiebung interspezifischer Konkurrenz kommt es zu einer Störung ökologischer Gleichgewichte, und das Wechselspiel zwischen Waldschädlingen und ihren Wirtsbäumen gerät aus dem Gleichgewicht. Es kommt zu einer verstärkten Ausbreitung von Pathogenen, insbesondere invasive (Pilz-)Arten sind auf dem Vormarsch. Auch kommt es zu Schädlingsgradationen, und die Spätfrostgefahr sowie Hitzerisiken und Trockenstress steigen.

Welche Baumarten geeignet?

Aus den genannten Aspekten ergeben sich voraussichtlich deutliche Änderungen der derzeitigen Verbreitung unserer heimischen Baumarten. Folgende fünf außereuropäische Baumarten können bereits jetzt als potenzieller Ersatz für die heimischen Hauptbaumarten dienen: Douglasie, Küstentanne, Roteiche, Robinie und Japanische Lärche. Diese Baumarten werden auch aus förderungstechnischer Sicht bereits heute schon in gewissem Umfang akzeptiert.

Für weitere in Europa heimische Baumarten legt die Abteilung Genressourcen nun in großem Stil Herkunftsversuche und Probeanbauten an. Hier liegt das Problem vor allem in der Beschaffung von qualifiziertem Saatgut und in fehlendem Wissen, wie sich diese Baumarten in Deutschland verhalten. Erste Erkenntnisse aus den Anbauversuchen sind frühestens in 20 Jahren zu erwarten.

Genauer beleuchtet wurden während der Fortbildungsveranstaltung die Arten Baumhasel, Orientbuche und Flaumeiche. Nach den geschichtlichen Hintergründen und den natürlichen Verbreitungsgebieten dieser Baumarten ging es vor allem um Standortansprüche, Verjüngungsökologie, Wachstum, waldbauliche Behandlung sowie Leistungsfähigkeit, Verwendung des Holzes und die Beschaffung von Vermehrungsgut.

Fazit

Die drei Baumarten Baumhasel, Orientbuche und Flaumeiche sind möglicherweise zukünftig in der Lage, eine höhere Masse- und Wertleistung zu erzielen. Der Wasserbedarf ist geringer und die Trockenstresstoleranz ist höher.

Bei der Baumhasel sind keine grundlegenden biotischen/abiotischen Problematiken bekannt, und ihre Streu ist gut zersetzbar. Sie trägt somit zur Bodenverbesserung bei. Negativ ist festzuhalten, dass derzeitig wenig Wissen über Provenienzen und Leistungsfähigkeit in Deutschland vorhanden und zum Teil kein gesichertes Saatgut am Markt verfügbar ist.

In der Etablierungsphase sind Baumhasel, Orientbuche und Flaumeiche zum Teil durch Spätfröste gefährdet. Deutlich wurde der weiterhin hohe Bedarf an Forschung auf diesem Themengebiet, um für die Zukunft einen Wald begründen zu können, der sämtlichen Klimaszenarien trotzen kann.

Warten auf Weihnachten

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Das Warten auf Weihnachten fällt bekanntlich den Kindern besonders schwer. Zu verlockend ist der Gedanke an die Geschenke. Die LandFrauen haben auf jeden Fall ein sichereres Mittel, die Wartezeit zu überbrücken. Sie unternehmen Adventsfahrten oder Winterausflüge. Am ausgefallensten feiern die Dithmarscher die Vorweihnachtszeit. Zum zweiten Mal startete eine Weihnachtsparade von Krempel über Lunden nach Lehe. Ein mit Lichtern und viel Fantasie geschmückter Zug aus Bussen, Autos und verkleideten Fußgängergruppen zog durch die drei Gemeinden. Die Straßen waren gesäumt von vielen Schaulustigen, denn der bunte Zug brachte nicht nur Licht in die dunkle Jahreszeit, sondern auch so manche Süßigkeit mit. Da fiel auch den Kindern das Warten etwas leichter. 

Eine zweitägige Winterfahrt unternahmen Mitglieder und Gäste des OV Heide zum Schloss Egeskov auf der dänischen Insel Fünen. Foto: Gabriela Keil
Die Lübecker LandFrauen Helga Thorn, Heike Bandholz und Birgit Dehn (v. li.) besuchten den Wanderuper Weihnachtsmarkt, der einst von LandFrauen mitbegründet wurde. Fotos (2): Monika Kriesten
In Schwerin und an der mecklenburgischen Ostseeküste verbrachten LandFrauen des OV Nahe und Umgebung und Gäste ein Adventswochenende. Das Bild entstand im Ostseebad Boltenhagen. Foto: Ute Leichsenring
OV Marne: Altstadtführung durch OsnabrückFoto: Kerstin Hartz

„Wir kämpfen um unsere Zukunft“

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Mit ordentlich Wut im Bauch und vielen PS protestierten am Montag Landwirte aus ganz Schleswig-Holstein gegen den Plan der Ampel-Regierung, die Steuervorteile bei Agrardiesel und Kfz-Steuer wegfallen zu lassen, mittendrin Laura Stolley und Malte Blöcker vom Agrarausschuss des Landjugendverbandes und Landjugendliche aus dem Norden. Auch viele Junglandwirte aus dem Norden hatten sich schon in der Nacht auf den Weg nach Berlin gemacht, darunter Rune Clausen aus Nordfriesland und Hannes Bumann aus Grömitz.

Zu der Demonstration hatte der Deutsche Bauernverband bundesweit über die Landesbauernverbände aufgerufen. Etwa 6.000 bis 8.000 Landwirte und Landwirtinnen sowie Sympathisanten kamen nach Berlin. „Die Menge der Demonstranten hat auf jeden Fall gezeigt, wie ernst für die Landwirte die Lage ist“, so Laura Stolley. Mit dieser Anzahl an Personen sowie der Anzahl an Treckern, die sich auf den Weg machten, sei angesichts des kurzfristigen Aufrufs nicht zu rechnen gewesen. Die Stimmung sei angespannt, die Lage der Landwirtschaft für viele existenzbedrohend, berichtet die Agrarausschusssprecherin. „Wir Landwirte haben heute nicht für eine bessere Work-Life-Balance, weniger Arbeit oder mehr Lohn demonstriert, sondern dafür, unseren Beruf ausüben zu können und hochwertige Lebensmittel in und für Deutschland zu produzieren.“

Deutlich wurde in Berlin, dass der Druck vor allem für die Junglandwirte und Auszubildenden der Landwirtschaft groß ist. Letztere haben Angst, dass Betriebe schließen müssen und sie entweder ihre Ausbildung nicht beenden können oder nach dem Abschluss keine Anstellung finden.

Den Junglandwirten, die sich zum Teil verschuldet haben, um einen Betrieb zu übernehmen oder in einen einzusteigen, fehlt jegliche Planungssicherheit. Der Wegfall der Steuerbefreiung für landwirtschaftliche Fahrzeuge sowie der Steuervorteile beim Agrardiesel hätte direkte Auswirkungen auf ihre Einkommen. So müssten sie mit einem Einkommensverlust von zirka 10 % rechnen.

Theresa Schmidt, Bundesvorsitzende der Landjugend, trat vor Tausenden Landwirten ans Mikrofon, um deutlich zu machen, was die Landjugend und die jungen Landwirte und Landwirtinnen bewegt: „Die Politik macht gerade alles, um uns die Zukunft zu verbauen. Die Tierhaltung in Deutschland wird schon sukzessive abgebaut“, so Schmidt. Das Argument Klimaschutz sei mit Blick auf die Agrardieselsteuervergünstigung irrsinnig. „Wollen wir Lebensmittel mit viel längeren Transportwegen importieren?“, richtete Schmidt ihre Kritik an die Politik. Letztlich würden höhere Kosten auf die Konsumenten übertragen, die einen höheren Preis zahlen müssten, beschrieb die Bundesvorsitzende die drohenden Folgen. Dann richtete sie sich direkt an Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne). Er habe beim vergangenen Deutschen Bauerntag von Planbarkeit und fairen Bedingungen gesprochen. „Was ist seitdem passiert? Wenig bis gar nichts. Sie haben bei Ihrer Vereidigung gesagt, sie seien der Anwalt der Landwirtschaft. Aber wo sind Sie gewesen, als dieser Beschluss gefasst wurde?“ Schmidt forderte von der Rednerbühne auch Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und Vizekanzler Dr. Robert Habeck (Grüne) auf, die Landwirtschaft zur Chefsache zu machen und endlich zu handeln, denn der Umbau der Tierhaltung werde zwar gefordert, aber nicht finanziert.

Rune Clausen, Junglandwirt aus Nordfriesland, brachte auf den Punkt, was den Nachwuchs der Landwirtschaft an diesem Tag beschäftige: „Wir sind hier, um für unsere Zukunft zu kämpfen. Wir wollen alle später in der Landwirtschaft arbeiten und brauchen eine Perspektive, aber unser Vertrauen in die Politik ist erschüttert.“ rq/Silke Meister/ljv

Zirka 8.000 Demonstranten waren nach Berlin gekommen. Die Zahl der Traktoren wird auf 3.000 geschätzt, laut Polizei waren es etwa 1.700.

Fotos (2): rq
Theresa Schmidt,
Bundesvorsitzende
Laura Stolley und Malte Blöcker vom Agrarausschuss der Laju und Junglandwirt Hannes Bumann (v. li) trafen auf der Demonstration die bayerische Landwirtschaftsministerin Michaela Kaniber (CSU, 2. v. li.)Foto: privat

Zierende Zapfen

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Zum immergrünen Nadelkleid von Tanne, Fichte, Kiefer & Co. gibt’s die farb- und formschönen Zapfen als Zugabe obendrauf. In Herbst und Winter werden sie gern für Dekorationen verwendet. Je nach Nadelbaum-Art reifen sie zu unterschiedlichen Zeitpunkten. Wer sich zierende Zapfen in den Garten holen möchte, kann unter einigen empfehlenswerten Arten auswählen.

Hier sind vor allem solche Nadelgehölze interessant, die schon in jungen Jahren und möglichst in Augenhöhe attraktive Zapfen bilden. Ganz oben auf der Liste stehen da die wunderschönen, blauen Zapfen der Korea-Tanne (Abi­es koreana). Sie passt mit ihrem malerischen Wuchs prima als ruhender Pol zwischen Rosen oder Stauden. Baumschulen bieten viele Sorten an. Die Auswahl reicht von der Zwergform für den Kübel über kompakte Kegelgestalten bis hin zu mächtigen Riesenformen. Wichtig ist ein kühler, feuchter und nährstoffreicher Boden mit leicht saurem pH-Wert an lichtschattigen Standorten mit möglichst wenig Wind. Korea-Tanne ‚Silberlocke‘ bildet schon sehr früh im Alter von fünf bis acht Jahren blaue, schmuckvolle Zapfen mit hohem Zierwert. Die sichelförmig gebogenen Nadeln sind auf der Oberseite grünblau und glänzen auf der Unterseite silbrig. Das beschert ‚Silberlocke‘ einen ausdrucksstarken Charakter. Im Alter von zehn Jahren erreicht diese Sorte etwa eine Höhe von 1,5 m.

Die Koreatanne ist eine Zierde für jeden Garten. Foto: Karin Stern

Die Zapfen-Fichte ‚Acrocona‘ (Picea abies) punktet im Frühjahr mit ihren weiblichen Blütenzapfen. Sie sitzen aufrecht an den Triebspitzen und leuchten in einem auffälligen Rot. Bis zum Herbst entwickeln sich daraus große, herabhängende Zapfen. Die sehr langsam wachsende ‚Acrocona‘ erreicht etwa 3 bis 4 m in der Höhe. Sie verlangt als Flachwurzler einen feuchten Boden in Halbschatten oder Sonne. Mit längeren Trockenperioden kommt die Zapfen-Fichte jedoch nicht so gut zurecht.

Im Frühjahr leuchten die weiblichen Blütenzapfen der Zapfen-Fichte ,Acrocona‘ in auffälligem Rot. Foto: Imago

Die Japanische Hemlocktanne (Tsuga diversifolia) wächst als großer Strauch bis kleiner Baum etwa 5 bis 8 m hoch. Sie schmückt sich mit eiförmigen, anfangs purpur glänzenden und später dunkelbraunen Zapfen. Mit einer Länge von zirka 2 cm hängen sie an den Zweigenden.

Japanische Hemlocktanne (Tsuga diversifolia), Ast mit Zapfen Norther Japanese Hemlock (Tsuga diversifolia), Foto: Imago

Die 10 cm langen, hängenden Zapfen der Latschen- oder Berg-Kiefer (Pinus mugo) erscheinen erstmals im Alter von fünf Jahren. Das Gehölz erreicht eine Höhe von um die 5 m. Die zahlreichen Zwergformen sind in den letzten Jahren immer beliebter geworden. Pinus mugo ‚Gnom‘ punktet mit dichtem, kugeligem Wuchs bei einer Breite und Höhe von bis zu 250 cm. Diese Sorte wird oft unter der Bezeichnung Strauchkiefer angeboten. ‚Mops‘ wächst flachkugelig bis kissenförmig etwa 80 cm hoch. Mit nur 1 m Höhe bleibt ‚Humpy‘ ebenfalls sehr überschaubar. Alle Varianten bevorzugen einen vollsonnigen bis leicht halbschattigen Standort mit durchlässigem, humosem Boden, der mäßig trocken bis feucht ist. Die Berg-Kiefer erweist sich jedoch als sehr standorttolerant und gilt als anpassungs­fähig.

Zwergformen der Latschen- oder Bergkiefer werden immer beliebter. Die Sorte ,Mops‘ wächst flachkugelig etwa 80 cm hoch. Foto: Imago

Einige andere Koniferen-Arten bringen zwar ebenfalls schöne Zapfen hervor, eignen sich jedoch nur für große Grundstücke. So wächst die Lärche (Larix) etwa 40 m hoch. Das Besondere an diesem Nadelbaum ist die gelbe Färbung der Nadeln im Herbst und deren Abwurf. Erste Zapfen bilden sich nach etwa zehn Jahren. Sie verbleiben mehrere Jahre am Zweig. Auch die Douglasie schwingt sich bis in eine Höhe von 40 m auf und bildet erstmals im Alter von zehn Jahren Zapfen.

Tannen und Fichten lassen sich anhand der Zapfen leicht auseinanderhalten. Bei Tannen stehen die reifen Zapfen aufrecht. Bei Fichten hingegen hängen sie vom Zweig herab. Zapfen von Tannen findet man nie auf dem Boden. Ihre Schuppen lösen sich nach der Samenreife bereits am Baum von der Zapfenspindel und fallen einzeln zu Boden. Fichten und Kiefern hingegen werfen die kompletten Zapfen ab.

An den hängenden Zapfen ist die Fichte zu erkennen. Bei Tannen stehen sie aufrecht. Foto: Karin Stern

Botanisch gesehen handelt es sich bei Zapfen um verholzte Samenstände, die sich aus den weiblichen Blüten der Nadelgehölze (Koniferen) entwickeln. Sie bestehen aus Deckschuppen und Samenschuppen. An deren Basis sitzen zwei Samenanlagen. Ganz typisch ist die spiralförmige Anordnung um die Zapfenspindel. Da die Samen auf die Verbreitung durch den Wind angewiesen sind, öffnen sich bei Kiefer, Fichte oder Lärche die Schuppen erst bei trockenem Wetter. Bei feuchter Witterung bleiben die Zapfen geschlossen. Doch das Schließen und Öffnen der Schuppen ist auch noch bei „leeren“ Zapfen zu beobachten. Sie eignen sich daher als eine Art Wettermelder: Bei offenen Schuppen gibt’s schönes Wetter, bei geschlossenen kann es bald regnen. In der Botanik wird der Begriff „Zapfen“ jedoch nicht nur bei Nadelgehölzen verwendet. Neben den roten Früchten der Eiben werden auch die Fruchtstände des Hopfens mit ihren sich überlappenden, schuppenartigen Tragblättern als Zapfen bezeichnet. An den unreifen Beerenzapfen des Wacholders erkennt man noch kleine Schuppen. Aus den obersten entwickeln sich später die fleischigen Wacholderbeeren. 

Dekorative Zapfen auf Augenhöhe entfalten einen hohen Zierwert. Foto: Karin Stern
Pinus banksiana, die Banks-Kiefer, bildet unregelmäßige, leicht gekrümmte Zapfen.  Foto: Karin Stern
Die Lärche punktet mit attraktiven Zapfen und Nadelbüschen. Auf großen Grundstücken kommt sie gut zur Geltung. Foto: Karin Stern
Die Zapfen der Eibe sehen aus wie leuchtend rote Beeren. Der fleischige Samenmantel umgibt den Blütenzapfen. Foto: Karin Stern


Digitale Unterstützung für die Klauengesundheit

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Klauenerkrankungen gehören zu den häufigsten Abgangsgründen von Milchkühen. Wesentliche Voraussetzung für die erfolgreiche Behandlung erkrankter Tiere ist die frühzeitige Erkennung lahmer Tiere. Je früher Klauenerkrankungen ­erkannt werden, desto höher ist die Heilungswahrscheinlichkeit. Mit Klauenfitnet 2.0 kann die Klauengesundheit optimiert werden.

Die visuelle Beurteilung des Gangbilds ist als eine gute und effektive, wenn auch zeitaufwendige Methode für die Früherkennung von Klauenerkrankungen bekannt. Ihre routinemäßige Durchführung konnte sich jedoch bislang nicht in der landwirtschaftlichen Praxis durchsetzen. Das ist ein Ansatzpunkt des Projektkonsortiums des Innovationsprojektes „Klauenfitnet 2.0“. Aufbauend auf dem Vorgängerprojekt „Klauenfitnet 1.0“, war das Hauptziel die Entwicklung eines breit einsetzbaren digitalen Betriebshelfers als Frühwarnsystem mit moderner Technologie und intelligenter Datenvernetzung.

Datenerhebung und Personalschulung

Das Projekt wurde von März 2019 bis Januar 2023 durchgeführt. Insgesamt beteiligten sich 53 Betriebe mit knapp 15.000 Kühen an dem Projekt. Die Betriebe lieferten über zwölf Monate Daten zur Milchleistung, zu Klauenbefunden und -diagnosen, zum Haltungsumfeld sowie Daten aus der elektronischen Aktivitätsmessung mittels Accelerometern/Pedometern. Für die Sicherstellung der einheitlichen Dokumentation der Bewegungsbeurteilung, Klauenbehandlungen und -erkrankungen wurden im Projekt intensive Schulungsmaßnahmen entwickelt und durchgeführt. Weitere Informationen unter https://t1p.de/vogbo

Weiterentwicklung der Software

Schon jetzt können Klauendaten digital erfasst werden und dienen als Grundlage für die Auswertungen von Klauenmanagementprogrammen. Eine Herausforderung bestand jedoch in der Verknüpfung der verschiedenen im Einsatz befindlichen Techniken. Die Vielfalt der vorhandenen Technik stellte das Projektteam immer wieder vor Herausforderungen. Vergleichbar mit anderen automatisierten beziehungsweise digitalisierten Arbeitsbereichen gab es noch keine ausreichende Vernetzung für den Datenaustausch zwischen den Sensortechniken und den Managementprogrammen.

Beispiel einer Sohlenblutung aufgrund zu hoher Klauenbelastung. Foto: Dr. Andrea Fiedler

Ein zentraler Arbeitsbereich des Projekts war so die Schaffung von Schnittstellen, damit die Aktivitäts- und Melkparameter der verschiedenen Technikhersteller ebenfalls für die Weiterentwicklung genutzt werden konnten. Die Softwareanwendung „Klaue Controlling“ (dsp-Agrosoft) wurde so um eine umfangreiche Systematik der Befunderhebung und Auswertung auf Einzeltier- und Herdenebene erweitert. Für den Modellansatz zur Früherkennung von Lahmheiten kamen verschiedene Methoden des Machine-Learnings zum Einsatz.

Aufgrund der sehr ungleich verteilten Datenbasis hinsichtlich als lahm und nicht lahm eingeordneter Kühe gelang es in der Projektlaufzeit nicht, eine entsprechende Softwareanwendung zur Früherkennung von Klauen- und Gliedmaßenproblemen zu entwickeln. Die neu entwickelten Auswertungen zu den Klauenschnittbefunden und -diagnosen konnten bereits, wie auch das darauf aufbauende Benchmarking zur Klauengesundheit, in die Anwendungen des Landeskontrollverbandes Bayern implementiert werden. Diese Auswertungen können zukünftig auch in Programme weiterer Landeskontrollverbände übernommen werden.

Management und E-Learning

Für die Unterstützung des Tiergesundheitsmanagements sowie für die Aufdeckung von Risiken einer ungenügenden Klauengesundheit wurden ein strategisches Klauengesundheitsmanagement auf Grundlage eines HACCP-Konzeptes (Hazard Analysis and Critical Control Points, deutsch: Gefahrenanalyse und kritische Kontroll-, Steuerungs- oder Lenkungspunkte) entwickelt sowie die bereits bestehende E-Learning-Plattform um den Bereich Tierhaltung erweitert. Das risikoorientierte Klauengesundheitsmanagement kombiniert regelmäßige Bewegungsanalysen durch geschulte Personen mit Befunderhebungen an der Klaue und Daten aus der Milchleistungsprüfung (Abgangsraten, Leistungen, Fruchtbarkeit) mit einer Risikoanalyse des betrieblichen Umfelds.

Für die frühzeitige Erkennung von Klauenerkrankungen wird ein geschultes Auge benötigt, da Kühe ihre Schmerzen sehr gut verbergen können. Hier setzt das frei zugängliche E-Learning-Programm von „Klauenfitnet 2.0“ (infothek.die-milchkontrolle.de/) an, das im Vorgängerprojekt „Klauenfitnet 1.0“ entwickelt und nun erweitert wurde. Anhand von Videos, Bildern und Grafiken wird das Expertenwissen vermittelt.

Übersicht der neuen Module (7 bis 12) im E-Learning von „Klauenfitnet“. Screenshot: infothek.die-milchkontrolle.de

In den ersten sieben Modulen werden die Themen Prophylaxe und Früherkennung von Klauenerkrankungen, Bewegungsbeurteilung, funktionelle Klauenpflege sowie therapeutische Maßnahmen behandelt. Im Bereich Tierhaltung (Module 8 bis 12) liegt der Schwerpunkt auf der Vermeidung von Lahmheiten. Ziel dieser Lernmodule ist, das Bewusstsein in Bezug auf die Risikofaktoren für die Entstehung von Klauenkrankheiten zu schärfen.

Das Modul 8 „Risikofaktoren im Stall“ zeigt zum Beispiel den Einfluss der Gestaltung von Liegeboxen, Laufflächen oder Fressplätze auf die Klauengesundheit. Eine hohe Belastung der Klauen durch verlängerte Stehzeiten am Futtertisch oder in den Liegeboxen kann zum vermehrten Auftreten von nichtinfektiösen Erkrankungen wie Sohlengeschwüren, Rusterholz‘schen Sohlengeschwüren oder Klauenrehe führen. Auch das Stallklima beziehungsweise Hitzestress können sich auf die Klauengesundheit auswirken. Im Modul 12 „Klima/Hitzestress“ werden die Zusammenhänge gezeigt. Zusätzlich helfen Checklisten, Kennzahlen und Zieldefinitionen, mögliche Schwachstellen im Management zu identifizieren und abzustellen.

Das Projekt „Klauenfitnet 2.0“ (klauenfitnet.de/) wurde vom Deutschen Verband für Leistungs- und Qualitätsprüfungen (DLQ) in Zusammenarbeit mit Tierärztin und Klauenexpertin Dr. Andrea Fiedler, der Data Service Paretz GmbH, der Lemmer Fullwood GmbH, dem Landeskuratorium der Erzeugerringe für tierische Veredelung in Bayern, dem Vereinigten Informationssysteme Tierhaltung sowie der Klinik für Klauentiere der Freien Universität Berlin erarbeitet. Finanziell gefördert wurde „Klauenfitnet 2.0“ durch das Programm zur Innovationsförderung des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft.

Fazit

Das Projektziel von „Klauenfitnet 2.0“ war die Entwicklung eines breit einsetzbaren Betriebshelfers, der das Klauengesundheitsmanagement mittels modernster Technologien und integrierter Datenvernetzung zuverlässig unterstützt. Parallel zur Datenerhebung wurde die Datenvernetzung zwischen den beteiligten Datenbanken und Rechenzentren sichergestellt. Auswertungen von Klauenschnittbefunden und -diagnosen konnten in Managementprogramme übernommen werden. Zur Unterstützung der Tiergesundheit wurden ein strategisches Klauengesundheitsmanagement auf Grundlage eines HACCP-Konzeptes erarbeitet sowie das E-Learning mit Modulen aus dem Bereich Tierhaltung erweitert.