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Wirtschaftsjahr 2022/23 – Rekorderlöse und -kosten

Das Jahr 2023 war erneut ein Jahr mit außergewöhnlichen Entwicklungen. Durch den russischen ­Angriffskrieg im Jahr 2022 kam es zu einer international engen Versorgungslage mit Nahrungsmitteln und Energie. Die sorgte für große Preisaufschläge in ­vielen Bereichen. Der folgende Artikel gibt einen Überblick.

Ab dem Jahreswechsel 2022/2023 beruhigten sich die Märkte. Die Kurse, vor allem für Ackerfrüchte, Milch- und Schlachtrinder, gaben wieder nach. Die Notierungen für Schlachtschweine stiegen dagegen im Jahr 2023 deutlich an, da die Schweinebestände zurückgegangen sind.

Im Wirtschaftsjahr 2022/2023 zeigen die landwirtschaftlichen Betriebe, die die Krisen der vergangenen Jahre überstanden haben einen deutlichen Anstieg des Einkommens. Nach Auswertung der Zahlen des Testbetriebsnetzes (TBN) in Schleswig-Holstein betrifft dies alle Betriebstypen. Im Mittel erhöhte sich der Gewinn um 30 % auf 127.440 €/Betrieb.

Schwierige Erntebedingungen

Die Ackerbaubetriebe blicken auf ein sehr herausforderndes Jahr zurück. Während es in der Wachstumsphase des Getreides zu trocken war, setzte mit dem Erntebeginn der Regen ein. Die Erträge lagen zum Teil deutlich unter dem Mittelwert der Vorjahre. Der Weizen konnte meist nur in Futterqualität geerntet werden. Es sind hohe Trocknungskosten angefallen. Ab Oktober hatte sich die Lage nochmals zugespitzt. Sturm und Regen machten die Felder unbefahrbar. Die Ernte von Silomais und Zuckerrüben war aufgrund der nassen Böden sehr schwierig. Viele Rübenbestände konnten bis Dezember nicht gerodet werden. Durch den Wintereinbruch verschärfte sich die Lage dann nochmals.

Die Erlöse für Getreide und Raps haben im Jahr 2023 wieder nachgegeben und lagen unter den Rekordmarken des Vorjahres. Dabei zeigt sich weltweit eine eher angespannte Versorgungslage. Die Lagerbestände gehen weltweit zurück. Dennoch haben die Getreidekurse auch Ende des Jahres 2023 wenig Spielraum nach oben. Derzeit sorgen günstige Exporte aus Russland, aber auch aus der Ukraine für Druck auf die Märkte mit pflanzlichen Erzeugnissen. Auch für das Jahr 2024 wird mit hohen Preisschwankungen auf den Märkten gerechnet. Experten sehen im Mittel ein erhöhtes Preisniveau. Nach einer Prognose der EU-Kommission sieht man für die nächsten Jahre eine leicht ansteigende Preisentwicklung. Nicht nur Angebot und Nachfrage, sondern auch Ereignisse wie Kriege, Unwetter und auch die Entwicklung der Energiemärkte können zu starken Preisausschlägen führen.

Die Entwicklung der Gewinne der TBN-Ackerbaubetriebe im Jahresabschluss 2022/2023 waren jedoch noch von den guten Erträgen und den hohen Erlösen des Erntejahres 2022 geprägt. Obwohl hier auch schon gestiegene Preise für Betriebsmittel gezahlt werden mussten, stieg der Gewinn um 20 % auf 87.100 €/Betrieb.

Hohe Schlachtschweinepreise

Nach einer langen Phase mit einer ruinösen Erlössituation brachte das Jahr 2023 endlich wieder kostendeckende Preise für die schweinehaltenden Betriebe. Im Gegensatz zum übrigen Bundesgebiet ist der Schweinebestand in Schleswig-Holstein im Jahr 2023 nicht weiter zurückgegangen. Vor allem die Bestände mit Mastschweinen haben sich wieder etwas erholt, während die Zahl der Zuchtsauen nochmals gesunken ist. Bundes- und auch EU-weit gehen die Bestände jedoch weiter zurück.

Trotz tendenziell rückläufiger Schweinefleischnachfrage reichen die Stückzahlen aktuell nicht für den Bedarf der Schlachtbetriebe aus. Im ersten Halbjahr 2023 stiegen die Kurse für Schlachtschweine stetig an und erreichten im Juli mit 2,50 €/ kg SG ein neues Allzeithoch. Nach der Grillsaison verringerte sich die Nachfrage etwas, sodass die Notierungen wieder bis Mitte Oktober auf 2,10 €/ kg SG nachgaben. Auf diesem Niveau konnte sich der Schweinekurs bis zum Jahresende behaupten. Auch die Ferkelkurse profitierten von dieser Entwicklung. Im Sommer dieses Jahres waren Mastferkel nicht unter 100 €/ 28 kg Ferkel zu bekommen. Auf der Kostenseite zeigen sich weiter hohe Preise für Mischfutter, auch wenn die Forderungen hier nicht so hoch waren wie im Rekordjahr 2022. In Abhängigkeit von der weiteren Marktentwicklung werden für 2024 etwas rückläufige Preise für möglich gehalten.

Der TBN-Betrieb mit dem Schwerpunkt Schweinehaltung konnten den Gewinn im Wirtschaftsjahr 2022/23 auf 112.520 € steigern. Das sind deutliche 250 % mehr als im schwachen vorhergehenden Wirtschaftsjahr.

Milchgeldauszahlungspreise verlassen Rekordniveau

Im zweiten Halbjahr 2022 lagen die Basispreise vieler Molkereien in Schleswig-Holstein über 60 ct/ kg Milch. Damit hatten die Erlöse eine neue Dimension erreicht. Doch bereits seit Oktober 2022 drehten sich die Märkte für Butter und für Milchpulver wieder nach unten.

Die Auszahlungskurse gaben im Mittel von 60 auf unter 40 ct/kg im April 2023 nach. Seit Juli ziehen die Kurse wieder leicht an und bewegen sich Ende 2023 an der Marke von 40 ct/kg. Trotz der Preiskorrektur bleiben die Milchpreise über dem Mittel der Vorjahre. Dies ist auch notwendig, da weiterhin hohe Produktionskosten anfallen. Der Blick auf die Preisentwicklung im Jahr 2024 ist zwar mit vielen Unsicherheiten behaftet, lässt aber angesichts einer sich erholenden Nachfrage und wenig veränderter Erzeugung weiter feste Markttendenzen erwarten. Darauf deuten auch die Spotmärkte und die international anziehenden Notierungen hin.

Auch die Kurse für Schlachtrinder liegen im Jahr 2023 wieder unter dem Niveau des Rekordjahres 2022. Durch die Schließung des Rinderschlachthofs in Bad Bramstedt fehlt ein wichtiger Abnehmer für Schlachtrinder in Schleswig-Holstein. Dies betrifft vor allem den Absatz von Jungbullen. Nach einer deutlich rückläufigen Produktion von Rindfleisch in den Jahren 2017 bis 2022 gehen Marktexperten in der Prognose für 2023 und 2024 von einer Stabilisierung der in Deutschland erzeugten Rindfleischmenge aus. Die Importe sollten weiter sinken, während die Ausfuhren wieder steigen könnten. Der Verbrauch von Rindfleisch dürfte sich 2024 verringern. In Zeiten einer erhöhten Inflation greifen Verbraucher weniger zu dem verhältnismäßig hochpreisigen Rindfleisch.

Der TBN-Futterbaubetrieb konnte das Ergebnis im Wirtschaftsjahr 2022/23 um 30 % auf 151.200 € erhöhen.

Fazit

Das Wirtschaftsjahr 2022/2023 brachte in vielen Bereichen gute Ergebnisse, auch wenn die Bandbreite zwischen den Betrieben groß bleibt. Volatile Märkte und schwierige Witterungsverhältnisse erhöhen jedoch das Risiko und erschweren die Betriebsführung. Die Liquidität hat sich nur zwischenzeitlich verbessert. Zum Jahreswechsel 2023/2024 kann man beobachten, dass die Betriebsmittelkosten langsamer sinken als die Erlöse für Getreide, Milch und Schlachtvieh.

Bauernverband distanziert sich von Blockadeaktion

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In Schlüttsiel im Kreis Nordfriesland hinderten Landwirte am späten Donnerstagnachmittag Vizekanzler und Bundeswirtschaftsminister Dr. Robert Habeck (Grüne) daran, eine Fähre zu verlassen. Die Polizei musste eingreifen, die Fähre mit Habeck an Bord wieder ablegen. Der Bauernverband Schleswig-Holstein (BVSH) und der Deutsche Bauernverband (DBV) distanzieren sich in aller Deutlichkeit von dem Vorfall.

Bauernverbandspräsident Klaus-Peter Lucht Foto: jh

„Das Bedrängen und Bedrohen von Politikern untergräbt den demokratischen Diskurs und hilft uns bei der Durchsetzung unserer berechtigten Forderungen nicht. Gewalt darf kein Mittel in der politischen Auseinandersetzung sein“. Mit diesen Worten nimmt BVSH-Präsident Klaus-Peter Lucht Stellung zur gestrigen Blockadeaktion am Fähranleger Schlüttsiel.

“Wir haben bereits im Vorwege unserer Aktionen klar gemacht, dass wir keine Blockadeaktionen planen und unterstützen und Rechtsbrüche und Aufrufe dazu klar ablehnen”, so Lucht. „Für die in der nächsten Woche geplanten Aktionen rufe ich alle Berufskolleginnen und Berufskollegen zu Besonnenheit und Rücksichtnahme auf“, so der dringliche Appell des Bauernpräsidenten.

Von der Blockadeaktion distanziert sich auch der Präsident des DBV, Joachim Rukwied, in aller Deutlichkeit: „Blockaden dieser Art sind ein No-Go. Wir sind ein Verband, der die demokratischen Gepflogenheiten wahrt. Persönliche Angriffe, Beleidigungen, Bedrohungen, Nötigung oder Gewalt gehen gar nicht. Bei allem Unmut respektieren wir selbstverständlich die Privatsphäre von Politikern.“

DRV und DBV: Nachbesserungen unzureichend

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Die Nachbesserungen der Bundesregierung bei den geplanten Kürzungen beim Agrardiesel und bei der Kfz-Steuer sehen der Deutsche Raiffeisenverband (DRV) und der Deutsche Bauernverband (DBV) als unzureichend an.

DRV-Präsident Franz-Josef Holzenkamp erklärte dazu am Donnerstag: „Die Nachbesserungen der Ampelregierung sind ein Teilerfolg, nicht mehr. Unverändert forciert die Bundesregierung die Abkehr vom Dieselkraftstoff. Doch ein Ausstieg ohne Alternativen ist sinnlos und hat keine steuernde Wirkung. Da nutzt auch keine Stufenregelung beim Agrardiesel – die Zeitspanne ist schlichtweg zu kurz. Damit verschlechtert sich die Wettbewerbsfähigkeit der heimischen Landwirtschaft weiter. Die Fortführung der Befreiung von der Kfz-Steuer ist ein richtiger Schritt in die richtige Richtung. Doch die Bundesregierung muss die berechtigen Belange der Branche ernst nehmen. Die heute vorgelegten Kompromisse zeigen, dass sie davon noch weit entfernt ist. Wertschätzung sieht anders aus.“

Der Präsident des DBV, Joachim Rukwied, hält die Nachbesserungen der Bundesregierung bei den geplanten Kürzungen ebenfalls  für unzureichend: „Dies kann nur ein erster Schritt sein. Unsere Position bleibt unverändert: Beide Kürzungsvorschläge müssen vom Tisch. Es geht hier ganz klar auch um die Zukunftsfähigkeit unserer Branche und um die Frage, ob heimische Lebensmittelerzeugung überhaupt noch gewünscht ist. An unserer Aktionswoche halten wir daher weiter fest.“

China – Hoffnungsmarkt aller Agrarexporteure

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China nimmt als weltgrößter Konsument und Importeur von Nahrungsmitteln eine zentrale Position ein. Im Jahr 2021 waren Chinas Einfuhren landwirtschaftlicher Erzeugnisse von 219,8 Mrd. US-$ 2,6-mal so hoch wie seine Ausfuhren. Mit der wachsenden Mittelschicht steigt auch die Nachfrage nach Fleisch- und Milchprodukten. Diese benötigen jedoch mehr Land- und Wasserressourcen zur Herstellung als Getreide und Gemüse, welche bisher die Speisepläne dominierten. China kann 135 Mio. ha für den Ackerbau nutzen, verfügt damit über etwa 9 % der weltweiten Ackerfläche, stellt mit seinen 1,4 Milliarden Einwohnern aber zirka 22 % der Weltbevölkerung.

Ernährungssicherheit zentrales Anliegen

Ernährungssicherheit als Kernelement der Legitimität der Kommunistischen Partei wurde in den 1960er Jahren kurz nach der durch den „Großen Sprung nach vorn“ verursachten Hungersnot begründet. Dies erklärt auch die großen staatlichen Reserven, China hält zum Beispiel 50 % der weltweiten Weizenreserven. Nach dem WTO Beitritt Chinas 2001 wurden Agrarimporte liberalisiert, China entwickelte sich zum wichtigsten Importmarkt dafür – und hat großen Einfluss auf die Preise.

China dominiert wichtige Agrarmärkte

Wichtigstes Einfuhrgut sind Sojabohnen mit ungefähr 100 Mio. t. Aus Brasilien wurden 2021 etwa 60 Mio. t importiert (= 50 % der brasilianischen Ernte), aus den USA zirka 30 Mio. t. Die lokale Produktion erreichte nur zirka 16 Mio. t. Auch im Weizenhandel entwickelt China sich zu einem globalen Akteur – es wird 2023/24 mit mindestens 14 Mio. t der größte Weizenimporteur sein, obwohl es mit 136 Mio. t auch der weltgrößte Weizenproduzent ist. Allerdings liegt der Verbrauch seit 2020 deutlich über 150 Mio. t. Aktuell gibt es wegen Dauerregen zur Erntezeit große Qualitätsprobleme, der erhebliche Bedarf an Weizen mit Aufmischqualität muss aus Australien und Frankreich sowie zuletzt auch aus den USA und vom Schwarzen Meer importiert werden. Nachrichten über Einkäufe in den USA trieben zuletzt den Kurs in Chicago auf ein Zwischenhoch, fehlende Anschlussverträge ließen ihn wieder sinken. China ist der weltweit zweitgrößte Maisproduzent mit einem Selbstversorgungsgrad von über 90 %, muss aber etwa 20 Mio. t pro Jahr importieren, hauptsächlich aus Brasilien und USA.

China ist mit zirka 56 Mio. t der größte Schweinefleischproduzent, muss aber zirka 2 Mio. t jährlich importieren. Derzeit stagniert der Konsum, seit Sommer 2023 wird deutlich weniger importiert als von einigen Lieferanten erhofft. Dies hat auch zum ruinösen Preisverfall von 50 % im zweiten Halbjahr 2023 in den USA beigetragen.

Diversifizierung von Lieferanten

Es ist nicht ratsam, zu sehr auf China als sicheren Absatzmarkt zu bauen. Es ist sich seiner Rolle auf dem Weltmarkt sehr wohl bewusst und diversifiziert aktiv seine Lieferanten. So hat es kürzlich mit Russland ein Abkommen zur Lieferung von Schweinefleisch geschlossen, dass sich Exporte von mindestens 100.000 t jährlich in Konkurrenz zu jetzigen Lieferanten erhofft, was den Preis drücken wird.

Chinesische Nachfrage und globale Landnutzung

Die chinesische Nachfrage wurde eher durch Umwandlung von Weide in Ackerflächen als durch Ertragssteigerungen gedeckt. Analysen zeigen, dass die chinesische Nachfrage zusätzlich die Ursache für ein Drittel bis zwei Drittel der weltweiten Entwaldung seit 1995 war.

Gute fachliche Praxis in der Forstwirtschaft

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Der Klimawandel ist in den Wäldern Schleswig-Holsteins allgegenwärtig. Die Wirtschaftswälder verändern sich. Kommunale und private Waldbesitzende sind aktuell gehalten, ihre Wälder fit zu machen, sodass der Wald von morgen den Widrigkeiten der drohenden Extremwetterlagen zu trotzen vermag. Diese Serie soll an die Grundlagen des Waldbaues im Wirtschaftswald aufgrund der „guten fachlichen Praxis“ erinnern.

Es gilt gerade heute, das Waldvermögen sorgfältig zu bewahren und zu entwickeln, um den Enkeln einen stabilen zukunftsfähigen Wald zu übergeben. Der Forstwirt steht dabei vor einer weitreichenden Aufgabe, bei der die Grundsätze der guten fachlichen Praxis in der Forstwirtschaft einen Leitfaden bieten, zukünftige Ziele durch waldbauliche Maßnahmen erreichen zu können.

Die Abteilung Forstwirtschaft der Landwirtschaftskammer berät die Waldbesitzenden dahingehend gern und beantwortet fachkompetent und unbürokratisch alle Fragen rund um den zukunftsfähigen Waldbau.

Nachhaltig im Wald wirtschaften

Der Wald ist ein Multitalent und ein Wirtschaftsraum. Er bietet einerseits der Gesellschaft viele Leistungen, andererseits hat er einen Eigentümer, der das Waldeigentum wirtschaftlich nutzen möchte. Der fachgerechte Waldbau im Kommunal- und Privatwald schlägt daher eine Brücke zwischen den vielfältigen Ökosystemleistungen des Waldes und den unterschiedlichen Zielen des Waldeigentümers.

Das Bundeswaldgesetz umreißt in § 1 den gesetzlichen Auftrag des Waldbaus: „Der Wald soll wegen seiner Nutz-, Schutz- und Erholungsfunktion erhalten, naturnah entwickelt, gemehrt und seine nachhaltige Bewirtschaftung gesichert werden.“ Dies gelingt den Waldeigentümern jedoch nur, wenn die Gesellschaft den kommunalen und privaten Forstbetrieben auch eine nachhaltige wirtschaftliche Erfolgsaussicht aufzeigen kann.

Der Waldbau nimmt daher eine zentrale Rolle ein. Waldbau ist das aktive Gestalten und Lenken von Wirtschaftswäldern durch planende, begründende, pflegende und nutzende Eingriffe in den Wald. Waldökologische Kenntnisse helfen, die Kräfte der Natur für das jeweilige Wirtschaftsziel umfassend und zielgerichtet zu nutzen, Erträge zu optimieren und Kosten für den Waldeigentümer zu vermindern.

Naturnahe Forstwirtschaft im Wirtschaftswald

Der Wald der Zukunft ist vielfältig. Waldökosysteme bieten Lebensräume für eine artenreiche heimische Tier- und Pflanzenwelt. Waldökosysteme in Schleswig-Holstein nutzen viele Bürger, um sich zu erholen. Wälder sind auch ein Wirtschaftsgut. Sie liefern Holz und wertvolle Naturgüter.

Der Gesetzgeber fordert einen hohen Bewirtschaftungsstandard (§ 5 LWaldG), der sich an der naturnahen Forstwirtschaft orientiert. Naturnahe, standortgerechte, gemischte Wälder weisen viele Baumarten und Altersstufen auf. Sie sind horizontal und vertikal reich strukturiert. Ertragreiche Wirtschaftswälder mehren die Biodiversität und vermindern die CO2-Emissionen.

Das Bundesnaturschutzgesetz ergänzt das Waldgesetz und verweist auf einen hinreichend hohen Anteil standortheimischer Forstpflanzen (BNatG § 5). Eine Baumart ist nämlich dann „standortheimisch“, wenn sie der potenziell natürlichen Waldgesellschaft (PNV) angehört. Naturnahe Forstwirtschaft strebt eine standortgerechte Baumartenwahl an. Sie verfolgt langfristige forstliche Ziele, nutzt natürlich angeflogene Jungbäume und bewahrt die genetische Vielfalt im Wald. Sie sichert die nachhaltige Holzproduktion.

Naturnahe Forstwirtschaft nutzt die Kräfte der „biologischen Automation“ im Wald. Über Licht und Schatten steuert der Waldbauer die Wuchsverhältnisse der Waldbäume durch pflegende Eingriffe. Der Waldbauer nutzt das Holz einzelstammweise nach seiner Zielstärke und prüft, wie sich der Wert des Stammes zukünftig entwickelt. Er steuert das Waldwachstum des verbleibenden Bestandes. Der Waldbauer schützt den Wald, indem er Holz nutzt.

Standortpotenzial im Wirtschaftswald erhalten

Der Waldboden ist ein wertvoller Biodiversitäts- und Wirtschaftsfaktor. Er setzt sich zusammen aus den geologischen Ausgangsgestein, den Waldböden mit dem vorhandenen Edaphon, der Topografie des Waldortes sowie den klimatischen Einflüssen, die sich im Wandel des Klimas verschieben dürften.

Waldstandorte sind sensibel. Sie bedürfen der sorgfältigen und nachhaltigen Pflege. Es gilt bei allen forstlichen Maßnahmen, die Ertragskraft und den Wasserhaushalt des Bodens zu erhalten und weiter auszubauen. Dazu gehört ein umfassendes Wissen über das Wassermanagement der einzelnen Bodentypen und der gesamten biotischen und abiotischen Umweltfaktoren des jeweiligen Waldortes.

Entscheidet sich der Forstwirt bestimmte Baumarten zu mischen, so sollte er dringend die Bodenlebenswelt und die nachhaltige Ertragskraft des Standortes umfassend im Auge behalten. Er vermeidet Kahlschläge und nutzt Sukzessionsphasen. Vorwälder aus Weichlaubhölzern mit hohen Laubholzanteilen, durchsetzt mit Nadelhölzern, sorgen bei stufigem Durchwurzeln des Waldbodens für einen ausgeglichenen Nährstoffumsatz.

Nährstoffe aus der Laubstreu verlagern sich durch eine umsichtige Waldwirtschaft in den mittleren und unteren Mineralboden. Der Wald ernährt sich folglich ausgewogener. Das Waldökosystem gewinnt an Stabilität und der Einzelbaum an Vitalität. Nicht umsonst ist der Waldboden 2024 zum Boden des Jahres gekürt worden.

Gemischte Wirtschaftswälder

Den Wald zu verjüngen bedeutet, den jugendlichen Waldbestand dauerhaft und zielgerichtet zu entwickeln. Waldbestände zu begründen, leitet sich aus dem Zielsystem des Forstbetriebes, der ökologischen Verantwortlichkeit und den sozioökonomischen Notwendigkeiten ab.

Der Waldbauer arbeitet mit den Kräften der Natur und nutzt die waldbaulichen Möglichkeiten auf der Fläche. Frisch auflaufende Setzlinge verschiedener Weichlaubhölzern nutzt er als wertvolle Vorwälder für die sensiblen Wirtschaftsbaumarten. Verschiedene Weiden- oder Birkenarten dienen nicht nur vielen Insektenarten als Lebensraum, sondern spenden forstempfindlichen Schatthölzern wie der Buche oder der Weißtanne Schatten und Schutz vor extremen Temperaturen.

Der Waldbauer übernimmt also möglichst die vorhandene Naturverjüngung des Waldortes, solange sie die Standorttriften des Klimawandels toleriert. Auf der Fläche aktiv zu sähen oder zu pflanzen ermöglicht es, die vorhandenen Wirtschaftswälder flexibel umzubauen und an den Klimawandel anzupassen.

Soweit es möglich ist, sollen die zukünftigen Baumarten aus einem hinreichenden Anteil standortheimischer Baumarten bestehen. Der Forstwirt verwendet dazu geeignetes Saat- und Pflanzgut. Er vermeidet genetisch verändertes Pflanzenmaterial. Er strebt klimastabile Wirtschaftsbaumarten an und integriert diese im Klimawandel in die natürliche Waldgesellschaft. Perspektivisch und mit Augenmaß mischt der Forstwirt neue bislang nicht heimische Baumarten in angemessener Anzahl den heimischen Baumarten bei.

Widerstandsfähigkeit als Schlüssel zum Erfolg

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Frühzeitig erkannt, ist die Kälber­grippe effektiv zu behandeln. Wenn dies aber nicht gelingt, sind die eigentlichen wirtschaftlichen Verluste bei Atemwegserkrankungen nicht die Ausgaben für die Behandlung, sondern Leistungseinbußen durch die lebenslang eingeschränkte Lungenfunktion. Dadurch können sich die betroffenen Tiere nicht mehr gemäß ihres Leistungspotenzials entwickeln und werden zu Kümmerern.

Atemwegserkrankungen entstehen durch ein komplexes Zusammenspiel zwischen der Immunreaktion des Tieres, Stressfaktoren und Krankheitserregern. Das Immunsystem eines Kalbes reagiert auf Krankheitserreger, indem es Abwehrmechanismen in Gang setzt, die zu Entzündungen in den Atemwegen führen.

Um die Entstehung der Kälbergrippe besser verstehen zu können, wird ständig an diesem Komplex geforscht. Eine Studie von Wissenschaftlern aus Italien untersuchte die Zusammensetzung der Bakterienpopulationen im oberen Atmungstrakt im Vergleich zu denen in den unteren Atemwegen.

Das sogenannte Mikrobiom der Lunge kann als Ökosystem angesehen werden, dessen Zusammensetzung von der Einwanderung, Beseitigung und der Vermehrungsrate der Mikroorganismen abhängt. Die Kälbergrippe wiederum wird nicht nur allein durch das Vorhandensein oder Nichtvorhandensein von Grippeerregern ausgelöst, sondern viele Faktoren sind an der Entstehung beteiligt. Dabei spielen Management, Physiologie, Umweltfaktoren und natürlich die Erreger eine Rolle.

Beispielsweise werden bei Kälbergrippe oft die Bakterien Mannheimia haemolytica, Pasteurella multocida, Histophilus somni und Mycoplasma bovis nachgewiesen. Sie werden als allgegenwärtige Bewohner des oberen Atemtrakts angesehen, die allerdings nach stressvollen Ereignissen oder bei viralen Infekten in die Lunge gelangen können. Andererseits wurden diese Erreger auch schon in Kälberlungen gefunden, die keinerlei Grippeanzeichen aufwiesen.

Mithilfe einer Gensequenzierungsmethode ermittelten die italienischen Wissenschaftler nun die jeweilige Zusammensetzung der Mikroorganismen der oberen und unteren Atemwege bei gesunden sowie bei kranken Kälbern. Sie fanden heraus, dass die Umweltfaktoren des jeweiligen Betriebes die Zusammensetzung der Bakterien der oberen Atemwege beeinflussen kann. Die Zusammensetzung der unteren Atemwege unterscheidet sich von der der oberen Atemwege. In der Lunge besteht ein selbsterhaltendes, einheitlicheres Ökosystem, welches aber durch das Mikrobiom der oberen Atemwege beeinflussbar ist.

Mit diesen Erkenntnissen können hoffentlich zukunftsnah Wege gefunden werden, um die Entstehung der Kälbergrippe zu reduzieren und den Krankheitsverlauf abzumildern.

Eingeschränktes Wohlbefinden zeigt sich auch durch einen eingetrübten Blick und herabhängende Ohren. 

Anzeichen der Kälbergrippe

Zu den Symptomen der Kälbergrippe gehören Nasen- und Augenausfluss (zunächst klar, später auch eitrig), Husten, ein hängender Kopf, Absonderung von der Herde, Tränke- beziehungsweise Futteraufnahmeverweigerung, eine sichtbare beschleunigte Atmung bis hin zur schweren Atemnot (breitbeiniges Stehen, Kopf und Hals gestreckt). Alle diese Anzeichen können von kaum wahrnehmbar bis hin zur tödlichen Ausprägung reichen. Deshalb ist die Früherkennung so wichtig.

Die wirksamste Maßnahme ist das regelmäßige Fiebermessen. Denn häufig ist ein Temperaturanstieg das erste erfassbare Zeichen einer beginnenden Erkrankung, wenn andere Krankheitssymptome noch nicht deutlich ausgeprägt sind. Sobald die ersten Tiere mit Fieber (über 39,5 °C) erkannt werden, sollte eine Behandlung begonnen werden.

Therapie der Kälbergrippe

Die Therapie der Rindergrippe besteht im Einsatz von Antibiotika zusammen mit schleimlösenden Medikamenten und Entzündungshemmern. Antibiotika wirken nur gegen Bakterien und haben keine Wirkung auf Viren. Sie sollen die bakterielle Zweitinfektion bekämpfen und weitere Komplikationen im Krankheitsverlauf verhindern.

Es ist ohne Zweifel sinnvoll und notwendig, wenn vor der ersten Behandlung ein Antibiogramm angelegt wird. Beispielsweise sind Mykoplasmen sehr kleine Bakterien ohne Zellwand, deshalb weisen sie eine natürliche Resistenz gegenüber Antibiotika auf, die gegen die Zellwand gerichtet sind. Penicilline wirken nicht. Nur bestimmte Wirkstoffe wie Makrolide, Tetrazykline oder Gyrasehemmer zeigen eine Wirkung. Eine Therapie ist aber nur aussichtsreich, wenn sie frühzeitig begonnen und konsequent durchgehalten wird.

Durch schleimlösende Medikamente (mit dem Wirkstoff Bromhexin) kann die antibiotische Therapie sinnvoll ergänzt werden. Durch die Anwendung wird vermehrt flüssiger Schleim in der Lunge gebildet. Dadurch gelangen eingesetzte Antibiotika (und auch körpereigene Abwehrzellen) schneller und in höherer Menge in die Lunge. Die Anwendung erfolgt täglich bis zur Besserung des Krankheitsbildes.

Insbesondere bei schwer kranken Kälbern kann die Anwendung von Entzündungshemmern beziehungsweise Schmerzmitteln das Wohlbefinden der Tiere deutlich verbessern. Das Fieber sinkt, und die Tiere beginnen wieder zu saufen. Überschießende Entzündungsreaktionen, die mitverantwortlich für bleibende Lungenschäden sind, werden deutlich reduziert.

In der frühen Gruppenhaltung von Kälbern ist bei gutem Management kein erhöhtes Risiko für Erkrankungen zu erwarten, und sie birgt gleichzeitig Vorteile, die der Abwehrkraft der Kälber dienen.

Faktorenkrankheit Kälbergrippe

Bei der Kälbergrippe handelt es sich um eine Faktorenkrankheit, das heißt, dass die Erkrankung durch viele Faktoren beeinflusst wird und deshalb auch nicht durch eine einzelne Maßnahme verhindert werden kann. Insgesamt ist eine hohe Widerstandskraft jedes einzelnen Tieres von großer Bedeutung.

Neue Forschungsergebnisse legen nahe, dass eine Gruppenhaltung von Anfang an, gekoppelt mit einer ad libitum Fütterung, dafür beste Voraussetzungen bietet. In Studien zeigte sich, dass die Ausprägung von Atemwegserkrankungen bei einer Intensivtränke gesenkt werden konnte. Ein erhöhtes Durchfallrisiko entsteht bei einer Intensivtränke nicht. Voraussetzungen für eine frühe Gruppenhaltung sind natürlich die Einhaltung eines guten Hygienemanagements mit optimalem Stallklima und Tränkehygiene. Eine möglichst tiefe Einstreu sorgt für ein geeignetes Mikroklima beim liegenden Kalb im Bereich der Nase.

Insbesondere der Stressfaktor Kälte scheint bei der Ausprägung von Mykoplasmeninfektionen eine wichtige Rolle zu spielen. Im Allgemeinen kommt es bei Kälbern, die zwar mit Mykoplasmen infiziert, aber keinen Stresssituationen ausgesetzt sind, nicht zu schwerwiegenden Symptomen. In einem Versuch wurde nach der experimentellen Infektion des Atemtraktes von Kälbern mit M. bovis nur eine milde, subklinische Mykoplasmose beobachtet, die keine eindeutigen Auswirkungen auf die Atmung hatte. In einem weiteren Versuch wurden Kälber starken Temperaturschwankungen ausgesetzt. Diese Kältestresssituation wirkte immunsuppressiv, mehrere Tiere aus der Versuchsgruppe erkrankten. Bei der bakteriologischen Untersuchung wurden gehäuft Mykoplasmen nachgewiesen. Die Tiere aus der Kontrollgruppe ohne starke Temperaturschwankungen blieben alle gesund.

Ist eine Impfung sinnvoll?

Es stehen eine Reihe von Impfstoffen gegen die verschiedenen Erreger des Rindergrippekomplexes zur Verfügung. Sie richten sich gegen bestimmte Viren (zum Beispiel BRSV, PI3) und Bakterien (Mannheimia haemolytica). Die Auswahl der Produkte ist abhängig von der individuellen Betriebssituation und kann nur durch den Hoftierarzt erfolgen. Eine Impfung kann nicht zu 100 % vor einer Erkrankung schützen, aber die Symptome werden deutlich milder bis gar nicht auftreten. Die Erregerausscheidung und die damit einhergehende Ausbreitung im Bestand wird so verringert. Wirtschaftlich ist dies von Vorteil, da es so zu weniger Leistungseinbußen, weniger Behandlungskosten und einem verringerten Einsatz von Antibiotika kommt.

Kolostrumversorgung und Muttertierimpfung

Die passive Immunität der Kälber entsteht durch die Aufnahme von Biestmilch, die Antikörper gegen eine Vielzahl von Krankheitserregern enthält. Um die spezifischen Antikörper im Kolostrum zu erhöhen, können hochträchtige Rinder gegen die hauptsächlich am Rindergrippekomplex beteiligten viralen und bakteriellen Erreger geimpft werden (Muttertierimpfung). Erfolgversprechend ist dies aber nur dann, wenn eine optimale Kolostrumversorgung des Kalbes gewährleistet wird: ausreichend früh, in der richtigen Menge und möglichst lange. Die Wirkung des Kolostrums geht über die der Immunglobuline hinaus, es enthält viele bioaktive Substanzen mit positiver Wirkung auf das Kalb, sodass eine Tränke mit der sogenannten Transitmilch über fünf Tage zum deutlichen Vorteil für das Kalb wird.

Fazit

Kälbergrippe ist eine Faktorenerkrankung. Die beteiligten Erreger sind allgegenwärtig und auch bei gesunden Tieren nachweisbar. Erst bei einer Schwächung des Immunsystems führen sie zu einer Erkrankung. Der beste Schutz ist ein widerstandsfähiges Kalb (Stichworte Intensivfütterung, Gruppenhaltung von Anfang an, Impfung). Falls es dennoch zu einem Krankheitsausbruch kommen sollte, so ist das frühzeitige Erkennen der Schlüssel für eine aussichtsreiche Behandlung und Eindämmung auf Herdenebene.

Geplante Kürzungen werden teilweise zurückgenommen

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Die Ampel-Regierung will ihre Sparbeschlüsse für den Bundeshaushalt des kommenden Jahres teilweise zurücknehmen. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), Vizekanzler Dr. Robert Habeck (Grüne) und Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) verständigten sich auf Änderungen der Vereinbarung vom Dezember zur Aufstellung des Bundeshaushalts 2024. Dies teilte das Presse- und Informationsamt der Bundesregierung am Donnerstagnachmittag mit.

Im Vergleich zur Einigung vom 15. Dezember 2023 ist nun vereinbart worden, auf die Abschaffung der Begünstigung bei der Kraftfahrzeugsteuer für Forst- und Landwirtschaft zu verzichten. Dies erfolge insbesondere „um den zum Teil erheblichen bürokratischen Aufwand für die betroffenen Unternehmen zu vermeiden“, hieß es.

Die Abschaffung der Steuerbegünstigung beim Agrardiesel werde zudem nicht in einem Schritt vollzogen. Stattdessen erfolge eine schrittweise Reduzierung der Begünstigung, um betroffenen Unternehmen „mehr Zeit zur Anpassung zu geben“. Im Jahr 2024 soll eine Reduzierung des Entlastungssatzes um 40 % erfolgen. In den Jahren 2025 und 2026 werde jeweils eine weitere Reduzierung um 30 % erfolgen, sodass für im Jahr 2026 verbrauchte Mengen keine Subvention mehr erfolgt. Die Rückvergütung der im Jahr 2023 verbrauchten Mengen im Jahr 2024 erfolge unverändert.

Auf der Online-Plattform X (ehemals Twitter) verkündete Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne): „Wir haben gemeinsam eine Lösung gefunden, die eine überproportionale Belastung der Land- und Forstwirtschaft abwendet.“ Özdemir dankte in dem Post „ausdrücklich“ Kanzler Scholz sowie Vizekanzler Habeck und Bundesminister Lindner.  

Mit Warnleuchte ins neue Jahr

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2023 war ein herausforderndes Jahr, vielleicht mehr denn je. Die Welt ist wieder gefährlicher und unberechenbarer geworden in den vergangenen zwölf Monaten. Ein Krieg, der nicht endet, und ein neuer, der begonnen hat, haben uns gelehrt, ganz neu über Frieden und Sicherheit nachzudenken. Die Agrarwirtschaft hierzulande war neben Wetterextremen, Lieferkettenproblemen und Arbeitskräftemangel vor allem politischem Überehrgeiz ausgesetzt.

Auf EU-Ebene konnte die geplante neue Verordnung zur nachhaltigen Verwendung von Pflanzenschutzmitteln (Sustainable Use Regulation, SUR), die massive Einschränkungen bedeutet hätte, vorerst gestoppt werden. Beim Naturwiederherstellungsgesetzt (Nature Restoration Law, NRL) zielen die Grundforderungen darauf ab, dass die EU-Staaten bis 2040 40 % der landwirtschaftlich genutzten Moorflächen wiederherstellen und 30 % davon wiedervernässen müssen. Der Rückgang der Bestäuberpopulationen muss bis 2030 nicht nur gestoppt, sondern umkehrt werden.

Bei der Industrieemissionsrichtlinie konnten völlig überzogene Vorstellungen der EU-Kommission zur Rinderhaltung abmoderiert werden, dennoch werden Schweine- und Geflügelhaltung in das immissionsschutzrechtliche Genehmigungsverfahren einbezogen. Die EU-Kommission plant, das EU-Gentechnikrecht zu liberalisieren. Dafür definiert die Brüsseler Behörde zwei Kategorien von Nutzpflanzen, die mittels biotechnologischer Verfahren wie der Genschere CrispR/Cas entstehen können.

Im Dezember 2023 hat die EU-Kommission die Genehmigung für Glyphosat um zehn Jahre verlängert. Das Bundeslandwirtschaftsministerium (BMEL) hat das geltende nationale Anwendungsverbot für Glyphosat per Eilverordnung ausgesetzt. Die für sechs Monate geltenden Verordnung des BMEL soll übergangsweise Rechtssicherheit geschaffen, während nach neuen Spielräumen für weitere Einschränkungen gesucht wird. Die Haltungskennzeichnung hat Bundestag und Bundesrat passiert. Das Tierhaltungskennzeichnungsgesetz ist zunächst für die Schweinemast gestartet. Innerhalb eines Jahres müssen alle deutschen Betriebe mit Mastschweinehaltung ihre Haltungsform(en) der zuständigen Behörde melden. Das Kompetenznetzwerk Nutztierhaltung, die sogenannte Borchert-Kommission, hat seine Auflösung beschlossen. Nach langem Warten auf eine Einigung der Bundesregierung zur Finanzierung des Umbaus der Tierhaltung war die Geduld erschöpft.

Der Agrarbericht für 2023 zeigte neben einer dringend notwendigen positiven Einkommensentwicklung für 2022 die erschütternde Bilanz des Strukturwandels der vergangenen zehn Jahre. Zwischen 2010 und 2020 haben 36.100 landwirtschaftliche Betriebe aufgegeben, das sind etwa zehn Betriebe pro Tag. Die Zahl der Schweine haltenden Betriebe hat sich in diesem Zeitraum von 60.000 auf 32.000 fast halbiert.
Die Krone hat dem Ganzen im Dezember die von der Bundesregierung beabsichtigte Streichung der Agrardiesel- und der Kfz-Steuerbefreiung für landwirtschaftliche Fahrzeuge aufgesetzt. Die Landwirtschaft derart überproportional für die Deckung der Schäden durch den rechtswidrigen Schattenhaushalt heranzuziehen, beantwortet die Branche gerade mit sichtbarem Protest auf den Straßen.

Die große Teilnahme an den Demonstrationen zeigt, wie dicht die Branche zusammensteht, wenn es darauf ankommt. Bislang deutet nicht viel darauf hin, dass 2024 unter diesen Rahmenbedingungen ein einfaches Jahr wird. Aber es kann ein guter Anfang werden, wenn die Warnleuchten gemeinsam angehen, wenn Respekt und Zusammenhalt walten und die Botschaften gemeinsam und mit einer Stimme vorgetragen werden.

Einen glückenden Start in ein friedvolleres und für die Landwirtschaft gerechteres Jahr!

„Unsere Kernbotschaft darf nicht verwässert werden“

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Klaus-Peter Lucht zieht eine positive Bilanz aus seinen Gesprächen im vorigen Jahr. Der Präsident des Bauernverbandes Schleswig-Holstein lässt nicht nach, die Gesprächsbasis über alle Shareholder auszubauen, Politik und Meinungsträger in sein Boot zu holen. Die Demonstrationen die gerade im ganzen Land stattfiden zeigen für ihn, wie wichtig der Ausstausch ist.

Herr Lucht, was hat sich für Sie persönlich verändert seit der Wahl? Was kriegen Sie noch mit von ihrem Hof?

Klaus-Peter Lucht. Fotos: Ulrike Baer

Klaus-Peter Lucht: Der Hof sieht mich jeden Morgen, vor allem meine Kühe beim Melken, wenn ich zu Hause bin. Die politische Arbeit ist enorm wichtig, aber die Bodenhaftung darf nicht verloren gehen. Die GbR mit meinem Sohn gibt mir den Freiraum für das Ehrenamt, den ich brauche. Die Schwerpunkte haben sich verschoben, ich bin nicht mehr die erste Arbeitskraft auf dem Hof und werde nicht mehr zum Maisfahren eingeteilt. Zu meinen Aufgaben gehört immer noch die Dokumentation. Das bringt Ernüchterung, und ich weiß genau, vor welchen Herausforderungen wir auf den Betrieben stehen.

Welches persönliche Resümee ziehen Sie nach einem Jahr an der Spitze des Bauernverbandes Schleswig-Holstein?

Es macht immer noch Freude, und ich glaube, wir haben einiges erreicht im vorigen Jahr. Ein wichtiges Anliegen war, dass der Dialogprozess „Zukunft der Landwirtschaft in Schleswig-Holstein“, der vor gut drei Jahren begann, vorankommt. Wir arbeiten jetzt endlich an den einzelnen Thesen. Beim Thema Wasser sind wir bereits sehr weit und haben eine Digitalplattform entwickelt. Und wir können in diesem Jahr auf der Norla neue Projekte zur Biodiversität in Zusammenarbeit mit dem Landwirtschaftsministerium vorstellen. Ebenso läuft die Kooperation mit den Umweltverbänden in diesem Bereich sehr vernünftig. Agrarminister Werner Schwarz (CDU) unterstützt uns bei den Moorthemen, und Flurbereinigungsverfahren sollen nach vorne gebracht werden.

Der Moorschutz steht ganz oben auf der Agenda von Landespolitik und Bauernverband. Wie lassen sich Landwirtschaft und Moorschutz in Einklang bringen?

Der Bauernverband hat ein Moorschutzpapier erarbeitet, das den Fokus auf das Prinzip der Freiwilligkeit legt, den Erhalt von Betrieben und die kooperative Beteiligung der Wasser- und Bodenverbände. Im vergangenen Jahr haben wir intensive Gespräche mit den beiden zuständigen Ministerien für Landwirtschaft und für Umwelt sowie mit der Stiftung Naturschutz geführt. Der ausufernde und unkoordinierte Flächenkauf oder die Zupacht durch die Stiftung muss aus unserer Sicht ein Ende haben. Wir wollen dahin kommen, Flächen genau zu definieren, die schnell und einfach wiedervernässt werden können. Flächen in topographisch geeigneten Niederungen, die keine ertragsfähige Bewirtschaftung zulassen, könnten dann mit erster Priorität vernässt werden. Hilfreich wären Flurbereinigungsverfahren auf regionaler Ebene und freiwilliger Landtausch, um zukunftsfähigen Betrieben die Weiterbewirtschaftung zu ermöglichen.

Wenn es uns nicht gelingt, mit geeigneten Maßnahmen eine angepasste Bewirtschaftung zu ermöglichen, werden Betriebe aufhalten, werden junge Menschen den ländlichen Raum verlassen und andere Berufsperspektiven suchen. Das würde Betriebs- oder Familienvermögen vernichten. Die Erfahrung zeigt, dass Betriebe, die seit Jahren mit 20 cm Wasserstand unter der Grasnarbe arbeiten, gute Silagequalitäten und erfolgreich Milch produzieren. Eine technische sowie wirtschaftliche Nutzungsoption wäre der Bau von Flächenphotovoltaikanlagen zur Energieproduktion. Im Oldenburger Graben wurde das Modell einer Flächengenossenschaft entwickelt, bei dem durch Kooperation sowohl Vernässung als auch Grünlandnutzung und energetische Nutzung möglich sind. Das zeigt, Naturschutz ist auch in marktwirtschaftlichen Systemen möglich.

Ein großflächiges Thema sind die fast 60.000 km langen Knicks im Land. Die Unesco hat im März die Knickpflege in Schleswig-Holstein in das bundesweite Verzeichnis Immateriellen Kulturerbes aufgenommen. Was macht die Knickpflege zum Dauerthema mit dem Umweltministerium?

Der Knick hat viele Facetten, als traditioneller Bestandteil unserer Kulturlandschaft sowie im Natur- und Klimaschutz. Nahezu jeder landwirtschaftliche Betrieb in Schleswig-Holstein hat damit zu tun, bis auf die Betriebe in den Marschregionen. Unser beständiges Anliegen in der Landwirtschaft sind praxistaugliche Vorschriften zur Knickpflege. Ein großes Thema ist die Auffassungsänderung beim Umweltministerium. Demnach ist das seitliche Einkürzen der Knicks nur noch in den Wintermonaten möglich.

Dieses Jahr bietet wieder ein gutes Beispiel, warum der Rückschnitt nach der Ernte und nicht erst im Winter möglich sein sollte. Die Flächen sind in der Regel zu diesem Zeitpunkt nicht befahrbar oder würden geschädigt. Das betrifft nicht nur das seitliche Aufputzen mit Forstmaschinen, das Astwerk muss auch verladen und abtransportiert werden. Alle drei Jahre seitlich Aufputzen, und dann nur in den Wintermonaten, das ist für die Betriebe nicht darstellbar, denn gerade die Getreideflächen sind dann längst wieder bestellt. Das trifft vor allem Ostholstein.

Es gab zu dieser Thematik von unserer Seite auch Gespräche mit Vertretern von Nabu und BUND, die keine Einwände gegen den Zeitpunkt nach der Ernte haben. Solange das Land sich beim Rückschnitt auf den Bund und auf Artenschutzvorgaben beruft, die eine Durchführung nur in den Wintermonaten zulässt und eine Dreijahresfrist vorgibt, können die Landwirte kaum ordnungsgerecht ihren Verpflichtungen nachkommen.

Knickverstöße werden sanktioniert…

Leider setzt das Ministerium bei Knickpflegeverstößen zum Teil Vorsatz voraus, wodurch es in der Folge zu hohen Prämienkürzungen kommen kann. Das ist nicht gerechtfertigt und nicht angemessen. Den Dialog fortzusetzen und im Rahmen der gesetzlichen Möglichkeiten eine Annäherung zu finden, wäre für die betroffenen Landwirte ein Weg. Hier hilft auch der Bauernverband. Für den seitlichen Rückschnitt wäre die Aufhebung der Dreijahresfrist ein Weg zurück zur Praxistauglichkeit.

Jochen Warnke (Mitte) berichtet Klaus-Peter Lucht und Mechthilde Becker-Weigel von seinen Erfahrungen als Lohnunternehmer mit Knickarbeiten. 

Vor Weihnachten hat die Bundesregierung bekannt gegeben, die Steuerrückerstattung für Agrardiesel und die grünen Kennzeichen zu streichen. Wie stark treffen diese Sparpläne die Landwirte in Schleswig-Holstein?

Das ist für die Landwirtschaft ein Schlag ins Kontor. Die Kürzung der Agrardieselrückerstattung macht 21 Cent pro Liter Diesel aus, das trifft uns hart, genauso wenn die grünen Nummernschilder abgeschafft würden. In Summe sind es zwei Mal 450 Millionen Euro und für Schleswig-Holstein allein 30 Millionen Euro. Den Verlust können die Landwirte an keinen Kunden weitergeben. Ich hätte mir gewünscht, dass die Bundesregierung das Gespräch mit dem Deutschen Bauernverband sucht, um gemeinsam zu überlegen, was nötig und möglich ist. Das ist leider nicht passiert.

Ab dem 8. Januar sind deutschlandweit Aktionen geplant, auch in Schleswig-Holstein. Was wollen Sie erreichen?

Das Hauptziel ist und muss bleiben: keine Steuererhöhungen beim Agrardiesel und Erhalt der grünen Nummernschilder! Das ist und bleibt die zentrale Botschaft. Es wird berichtet, dass wir super viele Unterstützer haben. Aber in Einzelgesprächen, die ich auch mit anderen Branchen geführt habe, wird geäußert, dass die Gruppen unterlaufen werden von Personen, die nicht für Agrardiesel kämpfen, sondern ihre eigenen Interessen im Sinn haben. Wir sollten als Landwirtinnen und Landwirte, gleich ob Mitglied im Bauernverband oder vielleicht bei LsV, darauf achten, dass wir unsere Kernforderung Agrardiesel und grüne Nummernschilder nicht aus den Augen verlieren. Wir sollten unbedingt erreichen, dass unsere Kernbotschaft nicht verwässert.

Sind Traktordemonstrationen eine neue Kommunikationsform in der Landwirtschaft?

Nein! Das dürfen sie auch nie sein. Wir können einmal mit dem Traktor losfahren, auch zwei- und dreimal. Wir sind dann kurzfristig in den großen Medien, aber die Wirkung nutzt sich bei zu häufigem Gebrauch ab. Genauso wird es mit Großdemonstrationen sein. Dann würden sie nur noch als Störung unserer Mitbürger wahrgenommen werden. Deshalb ist für mich wichtig, dass wir an drei Tagen in Schleswig-Holstein aktiv auf der Straße sind und unsere Mitbürger mitnehmen, ihnen die Situation erklären und sie nicht verärgern. Eine große Demonstration in Berlin am 15. Januar hat für mich oberste Priorität, weil die Entscheider der Politik in Berlin sind. Denn grundsätzlich versuchen wir, unsere Forderungen politisch umzusetzen, indem wir als Bauernverband mit unserem Hauptamt und Ehrenamt den Austausch mit der Politik auf den verschiedensten Ebenen suchen.

Es entstehen sehr starke Bilder in den Medien. Besteht die Gefahr, dass diese Bilder von anderen genutzt werden?

Leider ja. Nichtdemokratische Gruppen wollen diese Bilder nutzen, um ihr eigenes politisches Portfolio zu stärken oder abwegige Forderungen damit zu verbinden. Sie unterlaufen die Informationsgruppen. Das ist die Herausforderung: zu sehen, wer unsere echten Freunde und Unterstützer sind. Das Transportgewerbe zähle ich absolut dazu und den vor- und nachgelagerten Bereich. Unser Ziel ist die grüne Nummer und der Agrardiesel. Das dürfen wir nicht aus den Augen verlieren, wenn wir erfolgreich sein wollen.

Was wünschen Sie sich für das neue Jahr?

Ich wünsche mir Kommunikation, dass Landwirte und Nichtlandwirte noch viel mehr miteinander sprechen. Denn reden hilft. Wir dürfen uns nicht nur in unserer eigenen Blase bewegen. Das hat uns der Dialogprozess in Schleswig-Holstein gezeigt. Ich wünsche mir, dass wir dabei bleiben und nicht müde werden, zu erklären, wie wichtig die Landwirtschaft ist – nicht nur für den ländlichen Raum.

Weniger Klärschlamm ausgebracht

Im Vergleich zu früheren Jahren hat die Entsorgung von Klärschlamm über die Ausbringung auf landwirtschaftlichen Flächen deutlich abgenommen. Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes (Destatis) wurden von den 2022 insgesamt entsorgten 1,67 Mio. t Klärschlamm nur noch knapp 333.000 t und damit 19,4 % bodenbezogen beziehungsweise stofflich verwertet.

Zehn Jahre zuvor hatte der Anteil des in der Landwirtschaft, im Landschaftsbau und zu anderer stofflicher Verwertung eingesetzten Klärschlamms noch bei 45 % gelegen. Zu Beginn der Zeitreihe im Jahr 2006 war über diese Verwertungsart sogar 53 % des gesamten Klärschlamms entsorgt worden. Gleichzeitig gewinnt die thermische Verwertung von Klärschlamm immer mehr an Bedeutung.

Im Berichtsjahr wurde laut Destatis anteilig erstmals die Marke von 80 % übertroffen. Insgesamt wurden 2022 bundesweit 1,34 Mio. t Klärschlamm oder 80,2 % verbrannt. Auf diesem Weg wurden den Statistikern zufolge 132,8 Mio. kWh Strom und 355,9 Mio. kWh Wärme erzeugt. Im Jahr 2012 hatte der Anteil der thermischen Klärschlammverwertung erst bei 55 % und 2006 bei 47 % gelegen.