Eine gute Zitzenkondition kann die Mastitishäufigkeit verringern. Ein entscheidender Einflussfaktor ist die Melktechnik. Im folgenden Beitrag wird dargestellt, welche Parameter zu beachten sind.
Die Zitze der Milchkuh ist die Eintrittspforte für Mastitiserreger. Eine gute Zitzenkondition kann die Mastitishäufigkeit verringern, eine unzureichende hingegen zu Störungen der Eutergesundheit führen. Die Zitzenkondition hängt von Melkarbeit und Haltungsbedingungen ab, aber auch von der Melktechnik. Die technischen Parameter sollten so gewählt werden, dass möglichst nur geringe melkabhängige Störungen der Zitzenkondition auftreten. Doch durch das komplexe Zusammenspiel der melktechnischen Variablen ist es nicht einfach, die Zitzenkondition durch eine Optimierung der Einstellungen zu verbessern.
Mastitisrisiko und maschineller Milchentzug
Bei der Entstehung der Faktorenkrankheit Mastitis kann der maschinelle Milchentzug eine zentrale Rolle spielen. Um Risiken zu vermeiden, soll er schonend, vollständig und zügig ablaufen. Im Zusammenhang mit dem Zweiraummelkbechersystem können verschiedene Mechanismen die Neuinfektionsrate beeinflussen:
Direkte Einflüsse wie der Transport von Bakterien, Kreuzkontamination oder sogenannte Impacts. Sie entstehen durch massive Druckdifferenzen und transportieren Erreger über den Zitzenkanal in die Zitzenzisterne. Sie bewirken eine Zunahme der Zitzenkontamination mit krank machenden Mikroorganismen. Dieses Risiko lässt sich durch Melkhygiene deutlich reduzieren.
Indirekt können maschinelle Melksysteme die Neuinfektionsrate beeinflussen, indem sie die Gesundheit von Zitzenkanal, -gewebe und -haut beeinflussen und die lokalen Abwehrsysteme im Zitzenbereich nachhaltig schädigen oder durch ein unvollständiges Ausmelken gute Wachstumsvoraussetzungen für Mastitiserreger schaffen.
Wissenschaftler nehmen an, dass die Melkmaschine zu je 10 % direkt und indirekt zur Entstehung neuer Infektionen beiträgt.
In der Praxis gelingt es oft noch, übermäßige Zitzenkonditionsstörungen zu erkennen. Doch wegen der Komplexität der Zusammenhänge fehlen klare Ableitungen, um den maschinellen Milchentzug zu verbessern, indem man die melktechnischen Variablen entsprechend optimiert.
In konventionellen Systemen können die Melker die Zitzen der Kühe zwei- bis dreimal täglich beurteilen. Beim automatischen Melken entfällt das. Hier ist das Fixieren im Fressgitter die einzige Möglichkeit, größere Anteile der Herde zu beurteilen. Dabei lassen sich allerdings nur langfristige Veränderungen der Zitzen kontrollieren. Kurzfristige Veränderungen direkt nach dem Melken sind so nicht erfassbar.
Zitzenkondition und Störungen
Die Zitzenkondition beschreibt den beobachtbaren und fühlbaren Zustand der Zitze. Zitzen sollten nach Abnahme des Melkzeuges genauso aussehen wie vor dem Melken: rosafarbig, glatt und trocken. Alle Anzeichen einer eingeschränkten Blutversorgung der Zitze sind unerwünscht und weisen auf ein erhöhtes Risiko für die Anheftung an und den Eintritt von Mastitiserregern in die Zitze hin. Man unterscheidet zwischen
Kurzzeitveränderungen, die als Reaktion des Gewebes nach nur einer Melkzeit zu beobachten sind
Reaktionen, die innerhalb weniger Tage bis Wochen in Erscheinung treten
Langzeitveränderungen, deren Entwicklung zwei bis acht Wochen braucht
Wenn mehr als 20 % der Kühe im Betrieb entsprechende Veränderungen zeigen (bei Blutungen maximal 10 %), liegt ein Zitzenkonditionsproblem vor. Das beeinflusst das Melken nachteilig und erhöht das Risiko für Euterentzündungen erheblich, da Mikroorganismen bessere Bedingungen zur Anheftung finden.
In solch einem Fall ist eine Ursachenforschung nötig. Für aussagekräftige Informationen über den Einfluss des maschinellen Melkens auf die Zitzenkondition sollte bei mindestens 10 % der Tiere einer Herde, beziehungsweise mindestens zehn Tieren, eine Kontrolle durch Besichtigung und Tastbefund stattfinden. Bei der Tierauswahl sollte man berücksichtigen, dass chronische Zitzenkonditionsstörungen meistens erst ab dem 100. Laktationstag auftreten.
Akute Veränderungen, die bei der Untersuchung auftreten können und als mastitisfördernd angesprochen werden müssen, sind:
palpierbare Ödeme an Zitzenschaft und -kuppe (normal oder fest)
Petechien (punktförmige Einblutungen)
Farbabweichungen, eingeteilt in normal, gerötet und blau
Ringbildungen an der Zitzenbasis, die als sogenannter Ringwulst auftreten können
Läsionen und kleine Wunden als Folge der maschinellen Milchgewinnung
Diese Parameter werden innerhalb etwa 1 min nach Abnahme des Melkzeuges erfasst. Als Langzeitveränderungen sind vor allem Hyperkeratosen anzusehen, die infolge wiederkehrender, länger andauernder mechanischer Belastung entstehen. Fühlbare Verhärtungen der Zitzenspitze sind ebenfalls Zeichen einer chronischen Gewebsschädigung.
Einflussfaktoren für die Zitzenkondition
Folgende melktechnische Parameter können die Zitzenkondition beeinflussen:
Dauer des Melkvakuums: Wie lange das Melkvakuum auf die Zitzen wirkt, beeinflusst die Zitzenkondition. Während der Milchabgabe mildern die in das Melksystem eintretende Milch und die entstehende Vakuumabsenkung die Dauerbelastung der Zitzen durch das Melkvakuum. Wenn der Milchfluss sinkt, aber der maschinelle Milchentzug nicht beendet und das Melkzeug nicht vom Euter abgenommen wird, liegt das Melkvakuum in voller Höhe an der Zitze an. In dieser Phase ist die mechanische Belastung besonders hoch (Blindmelken).
Vakuumstärke: Durch die Druckdifferenz zwischen anliegendem Vakuum und atmosphärischem Druck entsteht beim Melken die Kraft, die auf das Zitzengewebe einwirkt und damit die Zitzenkondition verändert. Insofern lässt sich die Krafteinwirkung durch die Vakuumstärke beeinflussen. Ein stärkeres Vakuum führt dazu, dass die Melkgeschwindigkeit maximiert und das Zitzengewebe kräftiger massiert wird. Es hat aber auch eine stärkere Gewebsbelastung zur Folge.
Pulsierung: Die Vakuumapplikation führt zur vermehrten Ansammlung von Gewebeflüssigkeit in der Zitzenspitze. Das massierende, zyklische Öffnen und Schließen des Zitzengummis (Pulsierung) wirkt dem entgegen. Gelingt keine effektive Pulsierung, können maschinelle Melksysteme die Zitzen nachhaltig schädigen. Die Pulsierung wird neben Zitzenlänge und -durchmesser von technischen Parametern der Melkanlage (Zitzengummityp, Vakuumversorgung, Pulsations-Charakteristik) beeinflusst. Selbst wenn sie optimal ist, lässt sich die dauerhafte Integrität des Zitzengewebes nur dadurch sicherstellen, dass die Anwendung des Vakuums zeitlich begrenzt ist.
mechanische Einwirkung: Wie stark die mechanische Einwirkung auf das Zitzengewebe ist, hängt davon ab, welche Materialeigenschaften das Zitzengummi hat, wie stark es im eingebauten Zustand gedehnt wird und wie groß die Druckdifferenz zwischen Zitzengummiinnenraum und Pulsraum ist. Nicht zuletzt spielt auch das Verhältnis der einzelnen Phasen der Pulsation eine Rolle, da sie die mechanische Einwirkung zeitlich steuern.
Durch die vakuumabhängige Bewegung des Zitzengummis wird die Kraft, die durch die Druckdifferenz zwischen Pulsraum und Zitzengummiinnenraum des Melkbechers entsteht, auf das Zitzengewebe übertragen. Ein Einfaltdruck von über 13 bis 14 kPa führt zur Bildung von Hyperkeratosen und damit dazu, dass sich die Kondition der Zitzenenden verschlechtert. Ein Einfaltdruck von unter 8 kPa ist dagegen zu niedrig, um der Entstehung von Kongestionen und Ödemen entgegenzuwirken. Der Einfaltdruck ist natürlich in Kombination mit der Vakuumstärke zu betrachten.
Die Gewichtslast, die während des maschinellen Milchentzuges an der Milchdrüse wirkt, kann ebenfalls das Melkverhalten (Melkgeschwindigkeit, Positionierung) und somit die Zitzenkondition beeinflussen.
Konditionsstörungen und ihre Ursachen
Euterviertel mit ausgeprägten Hyperkeratosen (Grad 3 bis 4) an der Zitzenkanalöffnung finden sich häufiger bei längeren Zitzen, geringeren Vakuumschwankungen im kurzen Milchschlauch, bei Wechseltakt und bei spitz zulaufenden Zitzen.
Rote oder blaue Verfärbungen der Haut nach dem Melken treten häufiger bei niedrigen Einfaltdrücken des Zitzengummis auf.
Zur Kongestion (Flüssigkeitsansammlung) in der Zitzenspitze als Ausdruck einer unzureichenden Massage des Zitzengewebes kommt es häufiger bei langer Melkdauer und längeren A-, B- und D-Phasen des Pulsationszyklus. Seltener tritt sie bei kürzerer Zyklusdauer, höheren Einfaltdrücken der Zitzengummis, einer größeren Zitzendicke und einem niedrigeren Betriebsvakuum auf.
Das Melkanlagenfabrikat ist hierbei unerheblich und die Auswahl der Komponenten (Melkzeug, Zitzengummi) und Einstellungen (Vakuumhöhe, Pulsation) entscheidend.
Abläufe beim maschinellen Milchentzug
Beim maschinellen Milchentzug wird die Kraft eines Vakuums genutzt, um den Zitzenkanalwiderstand zu überwinden. Das Melkzeug für Kühe besteht aus vier Zweiraummelkbechern mit je einem kurzen Milchschlauch, einem kurzen Pulsschlauch und dem Sammelstück (nicht bei AMS). Die Melkbecherhülse und ein in sie eingezogenes Zitzengummi bilden den Zweiraummelkbecher.
Im Zitzengummiinnenraum besteht kontinuierlich ein Unterdruck, während im Pulsraum (dem Raum zwischen Melkbecherhülse und Zitzengummi) Unterdruck (Betriebsvakuum) und atmosphärischer Druck zyklisch wechseln. Dieser periodische Druckwechsel führt zur Bewegung des Zitzengummis, das sich abwechselnd öffnet und schließt.
Die Öffnungs- und Offenphase wird dabei als Saugphase bezeichnet, die Schließ- und Geschlossenphase als Druckphase. Findet dieser Druckwechsel auf allen vier Melkbechern gleichzeitig statt, spricht man von simultaner Pulsation (Gleichtakt). Bei alternierender Pulsation (Wechseltakt) befinden sich je zwei von vier Melkbechern wechselweise in der Saug- beziehungsweise Druckphase.
Fazit
Verschiedene melktechnische Parameter beeinflussen die Zitzenkondition.
Um Hyperkeratosen, Kongestionen und Ringe an der Zitzenbasis zu verhindern, muss die Dimensionierung der Zitzengummis (Länge, Schaft- und Kopföffnungsdurchmesser) zu den Zitzen passen.
Der Einfaltdruck des Zitzengummis sollte ausreichen, um Ödeme und Kongestionen zu minimieren, aber nicht so groß sein, dass er die Bildung von Hyperkeratosen unterstützt.
Um Kongestionen zu vermeiden, ist eine möglichst kurze Melkdauer anzustreben. Der Pulsationszyklus sollte tendenziell 1 s dauern und das Betriebsvakuum nicht zu stark sein (unterer Wert der Herstellerangabe). Um Hyperkeratosen (Stufe 3 und 4) zu reduzieren, sollte der Anteil an Tieren mit spitzen Zitzen gering (Zucht) und die Fluktuation im kurzen Milchschlauch beim höchsten Milchfluss ausreichend groß sein.