Wie vielfältig, bunt und facettenreich Nähkunst sein kann, zeigte sich bei der Patchwork- und Quiltausstellung des Deutsch-Dänischen Patchworkforums in der Internationalen Bildungsstätte Jugendhof Scheersberg in Steinbergkirche am vergangenen Wochenende. Mehr als 500 Besucher aus dem ganzen Land machten diese Ausstellung mehr als erfolgreich und bekundeten ihre Begeisterung unter anderem in dem ausgelegten Gästebuch.
Alle fünf Jahre findet diese Ausstellung abwechselnd in Deutschland und Dänemark statt und präsentiert die Arbeiten der Forumsmitglieder.
Und diese Arbeiten waren an Ideenreichtum nicht zu übertreffen. Große Quilts, Wandbehänge, Kissenhüllen, Girlanden, Tischläufer, Flugdrachen, Bilder und vieles mehr in allen Formen und Farben und mit einer Bandbreite an Mustern und Techniken, die überwältigten. „Es gab viel Lob und Anerkennung für unsere Arbeiten, viele nette und interessante Gespräche sowie einige neue Mitglieder für das Forum“, berichtet Vorstandsmitglied und Mitorganisatorin Kirsten Luth erfreut über das erfolgreiche Wochenende. Bislang zählte das Deutsch-Dänische Patchworkforum 80 Mitglieder, davon 70 deutsche und zehn dänische. „Das Forum, das ist deutsch-dänische Völkerverständigung über das Hobby Nähen“, erklären die beiden Forumsmitglieder Meike Möhring und Karin Hertzsch den Vereinshintergrund. Als lose Zusammenkunft 2003 gestartet, konstituierte sich aus dieser Zusammenkunft 2007 der Verein.
Die meisten Mitglieder treffen sich monatlich zum Austausch in ihren kleinen Quiltgruppen. „Das Forum ist eine überregionale Ergänzung dazu. Hier lernen sich die unterschiedlichsten Patchworkerinnen aus ganz Schleswig-Holstein und dem südlichen Dänemark kennen und schätzen“, so Luth. Dreimal im Jahr findet ein Treffen des Forums abwechselnd in Dänemark und Deutschland statt, alle fünf Jahre wird die große Ausstellung veranstaltet.
Der kreative Austausch stehe dabei im Fokus, „selbst nach Jahren erhält man immer wieder neue Ideen und lernt neue Techniken“, erzählt Kirsten Luth begeistert. „So alt kann man gar nicht werden, um all diese neuen Ideen umzusetzen“, weshalb alle Quilter und Patchworker meist an mehreren Projekten gleichzeitig arbeiteten. Ein Quilt (das „u“ in dem Wort wird mitgesprochen, ansonsten würde es wie „Kilt“ klingen, womit aber der Schottenrock gemeint ist) ist eine Decke oder ein mehrlagiges Textil, das aus zwei oder mehr Lagen Stoff besteht. Die in der Ausstellung gezeigten Quilts bestehen meist aus einer Schauoberseite (Top), einer Lage Vlies und einer Rückseite (Backing). Per Hand oder Nähmaschine werden diese drei Lagen mit Steppstichen verbunden, gequiltet. Zierstiche oder Patchworkmuster sind die dekorativen Elemente, die jedem Werk sein individuelles Aussehen verleihen.
„Beim Patchwork zerschneidet man Stoff, um ihn zu einem neuen, kreativen Objekt zusammenzusetzen“, beschreibt Meike Möhring die Technik kurz und bündig. Beim Zusammensetzen der Stoffstücke gibt es traditionelle Muster, die sich in Blöcken wiederholen, und diese Blöcke wiederum ergeben zusammengefügt eine Fläche, den Quilt. Aber auch neue Techniken finden Verwendung und dank der modernen Nähmaschinen gibt es für die Zierstiche keine Grenzen. Patchworken eignet sich aber auch hervorragend zum Upcycling, wie Kirsten Luth mit ihren Arbeiten in der Ausstellung bewies. Ausgediente Bettwäsche, Tischdecken, Oberhemden, Jeans, T-Shirts, Leggings, lieb gewonnene Kinderhandtücher mit Pferdemotiven, Wollsocken, kratzige Wollkragen von Pullovern, ergänzt um Filethäkeleien, alte Stickereien, Knöpfe oder aus Kleidungsstücken einzeln herausgetrennten Modelabel werden wieder Stück für Stück und Naht für Naht zu etwas Neuem zusammengefügt. „Dadurch entstehen bleibende Erinnerungen und jedes Werk erzählt seine ganz eigene Geschichte. Es sind eingenähte Geschichten“, erklärt Kirsten Luth.
So erhalten auch Aktenordner individuelle Schutzhüllen oder Kissenhüllen werden zu Trägern von Schwimmabzeichen der Kinder. Aus Alt mach Neu, lautet die Devise.
Wer quiltet, braucht Ausdauer und Durchhaltevermögen: Schnell zu arbeiten heißt, einen Quilt in zwei bis drei Monaten fertigzustellen, meist dauert es länger. „Das macht es auch so schwer, sich von diesen Stücken zu trennen“, weiß Kirsten Luth. Jedes Werk ist ein Unikat und ein lieb gewonnenes „Kind“, das man nur ungern hergibt. Wer einen Quilt verschenkt, verschenkt immer ein Stück Geschichte, wie bei Alice Richter, die aus Oberhemden ihres verstorbenen Mannes im traditionellen Patchworkstil einen Quilt gefertigt hat, den sie ihrer Nichte und deren Mann zur Hochzeit schenkt: „Sie haben sich so gut verstanden und zusammen Schach gespielt“, erzählt sie.
Einer der ausgestellten Quilts trug den Namen „Wattwurm“: „Eigentlich waren nur Vogelmotive für diese Decke geplant, doch dann war da ein Riss im Stoff, der von Ulla Battke zu einem Wurm im Schnabel eines der Vögel umgearbeitet wurde“, erzählt Kirsten Luth die Geschichte dazu.
Eine weitere Geschichte weiß Peter Schmidt zu erzählen. Er ist nicht nur einer der wenigen nähenden Männer in dem Forum, sondern hat sich ganz dem Patchworken von Flugdrachen verschrieben, was ihm den Spitznamen „Drachenmann“ im Forum eingebracht hat. „Drachen baue ich schon seit 30 Jahren, aber vor zehn Jahren habe ich das Patchworken für die Flugdrachen entdeckt“, erzählt er mit schwäbischem Zungenschlag. Für seine Drachen verarbeitet er Segeltuch, das er Stück für Stück zusammennäht: „Wenn die Drachen dann am Himmel stehen, ist es wie das Sahnehäubchen auf der Patchworktorte“, so Schmidt. Weitere Informationen und Eindrücke gibt es im Internet unter d-dk-patchworkforum.de