StartNachrichtenMarktKrieg in der Ukraine: Agrarmärkte im Krisenmodus

Krieg in der Ukraine: Agrarmärkte im Krisenmodus

Marktkommentar
Von Karsten Hoeck, LK-Markt
Foto: Pixabay

Was viele nicht für möglich gehalten haben, ist tatsächlich eingetreten: Aus der Krise ist ein Krieg geworden. Aus Machtgier schickt ein skrupelloser Diktator Tausende Menschen in den Tod und bringt Millionen in Not und Elend. Dagegen sind die wirtschaftlichen Folgen dieses Konfliktes eigentlich eher zweitrangig. Dennoch kann dieser Krieg weitreichende Auswirkungen haben.

Ausfuhren fehlen

Zum einen ist die Ukraine ein wichtiger Exporteur von Marktfrüchten, vor allem von Getreide, Körnermais und Ölfrüchten. Sollten diese Mengen am Weltmarkt fehlen oder zurückgehen, sind Engpässe zu erwarten. Zum anderen sind aber auch indirekte Folgen durch die jetzt beschlossenen Sanktionen gegen Russland möglich. So ist Russland einer der bedeutendsten Weizen­exporteure auf dem Weltmarkt. Dieser Handel könnte durch den jetzt beschlossenen teilweisen Ausschluss aus dem weltweiten Finanztransfersystem Swift deutlich zurückgehen. Als direkte Reaktion auf den Kriegsausbruch stiegen die Terminkurse für Weizen und Raps deutlich an. Zum Ende der vergangenen Woche gaben die Notierungen wieder nach, da Gewinne realisiert wurden. Die Ankündigung von Sanktionen gegen Russland sorgte zum Wochenbeginn für wieder steigende Kurse. Höhere Preise für Marktfrüchte sind für die hiesigen Erzeuger jedoch nur die eine Seite der Medaille, denn ein begrenzter Handel mit Russland verringert auch die Importe von zum Beispiel Erdgas oder Düngemitteln. Hier sind weiterhin hohe Belastungen für die hiesigen Landwirte zu erwarten. Die höheren Kosten werden wahrscheinlich die gestiegenen Erlöse übersteigen, dies auch vor dem Hintergrund, dass viele Landwirte bereits jetzt große Mengen der neuen Ernte durch Vorkontrakte verkauft haben. Zudem kann man wohl die Hoffnung auf reduzierte Preise beim Düngemittelbezug aufgeben. Viele Landhandelsfirmen haben vorerst die Preisnotierungen für Getreide, Raps und Düngemittel ausgesetzt und warten die Entwicklung ab. Auch die übrige Wirtschaft wird empfindlich getroffen, unter anderem der Export von hiesiger Landtechnik. In seiner Gesamtheit kann dieser Konflikt die globale Wirtschaftsentwicklung deutlich bremsen. Ein weiterer Anstieg der Inflationsraten ist zu erwarten. Insgesamt werden die Sanktionen für jeden Bürger Auswirkungen haben, dies ist jedoch der Preis dafür, um Russlands Aggression entgegenzutreten.

Versorgungssicherheit wird wieder Thema

Aktuell zeigt sich, wie wichtig eine sichere Versorgung mit Lebensmitteln und Energie ist. Der Handel mit autoritär geführten Ländern ist ein wichtiges Instrument der Verständigung, er darf jedoch nicht zu Abhängigkeit führen. Derzeit gibt es viele Stimmen, die den raschen Ausbau der Erneuerbaren Energien fordern, um unabhängiger von zum Beispiel Kohle- und Gasimporten zu werden. Vereinzelt wird ein Ausbau von Biogasanlagen gefordert, um die Versorgungssicherheit mit Strom zu erhöhen. Daneben muss der Ausbau der Wasserstoffwirtschaft forciert werden, um den zeitweise überflüssigen Strom zu speichern. Vorerst soll mit höheren Gasimporten aus anderen Herkunftsländern der Bedarf gedeckt werden. Dazu soll auch der Bau von neuen Flüssigerdgas-Terminals beitragen. Diese können jedoch frühestens in vier Jahren fertiggestellt werden. Mit Blick auf die anstehende Agrarreform gibt es Meinungen, die eine zu starke Extensivierung der Landwirtschaft bremsen wollen, damit die kostengünstige Lebensmittelversorgung weiterhin möglich ist. Andere Beteiligte sehen gerade durch mehr Ökolandwirtschaft die Möglichkeit, weniger auf Düngemittellieferungen angewiesen zu sein.

Die weiteren Folgen des Konfliktes sind schwer einzuschätzen, da sie von der Dauer der Kampfhandlungen und der Wirkung der Sanktionen abhängen. Derzeit ist viel Unsicherheit am Markt. Der Terminhandel mit Marktfrüchten reagiert mit Preisausschlägen auf jede Nachricht aus diesem Bereich. Die jüngsten Ereignisse werden auf jeden Fall weitreichende Folgen für die hiesige Landwirtschaft haben.

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