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Mit Digitalisierung Wasser sparen

Wie kann eine ressourcenschonende Beregnung gelingen?
Von Dr. Julia Pöhlitz, Jan Lukas Wenzel, Thomas Piernicke, Institut für Geowissenschaften und Geografie Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg
Sprinkleranlage zur Beregnung von Kartoffeln. Zu sehen ist die Düse einer Trommelsprinkleranlage. Diese Düse wird zum Wasseranschluss zurückgezogen. Die Geschwindigkeit der Düse und somit die Beregnungsmenge wird über den Wasserdruck innerhalb des Schlauches gesteuert. Foto: Thomas Piernicke

In Zeiten zunehmender extremer Witterungsereignisse erfordert das landwirtschaftliche Beregnungsmanagement eine genauere Planung der Beregnungsgänge bei gleichbleibenden Erträgen und konstanter Qualität. Ein besonderer Fokus liegt dabei auf der teilschlagspezifischen Beregnungsplanung, also der Ausbringung unterschiedlicher Beregnungsmengen je nach den physikalischen und hydraulischen Bodeneigenschaften, dem Entwicklungsstand der Kultur und den aktuellen meteorologischen Bedingungen innerhalb eines Schlages. Dies erfordert die Nutzung von vielfältigen Messdaten und Tools zur effizienten Beregnungssteuerung unter Einbindung der landwirtschaftlichen Erfahrung und Expertise. Das Projekt AgriSens Demmin 4.0 untersucht Fernerkundungstechnologien für die Digitalisierung in der Landwirtschaft.

Das vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft geförderte Verbundprojekt ­AgriSens Demmin 4.0 (agrisens-­demmin.de) untersucht die Eignung von Fernerkundungstechnologien für die Digitalisierung in der Landwirtschaft. Die Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg (MLU) und das Geoforschungszentrum Potsdam (GFZ) untersuchen im Anwendungsfall „Bewässerung“ die ressourcenschonende Anwendung von Zusatzberegnung zur Ertrags- und Qualitätssicherung von Kartoffeln. In Zusammenarbeit mit dem Deutschen Wetterdienst (DWD) werden anhand dieser Informationen in Kombination mit aktuellen Wettervorhersagemodellen optimierte teilflächenspezifische Bewässerungsszenarien erarbeitet.

Das vorhandene Klimamessnetz in Demmin (betrieben durch das GFZ und das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt, DLR) liefert ausreichend Daten, um die benötigten Wassermengen auf einem Schlag zu berechnen, hingegen können diese noch nicht teilflächenspezifisch geplant werden. Genau hier setzt der Anwendungsfall „Bewässerung“ an: Eine teilflächenspezifische Planung der Beregnungsmengen und -zeitpunkte würde das Wasser bedarfsgerecht ausbringen, sodass eine Übernutzung des Wassers vermieden wird und gleichzeitig die Wasserentnahmeorgane entlastet werden.

Der „smarte Wettersensor“ der Firma Arable Labs. Neben allgemeinen meteorologischen Parametern (Temperatur, Niederschlag, Luftfeuchte, Strahlung) wird auch die Reflektion von Licht in sieben Kanäle des spektralen Spektrums aufgezeichnet. Diese Kanäle stimmen mit den Aufnahmekanälen der gängigen Satelliten überein und können somit zur besseren Beurteilung räumlicher Phänomene dienen. Die Wettersensoren lassen sich mit weiteren Messgeräten (Wind, Bodenfeuchte) erweitern. Foto: Thomas Piernicke

Das ist der Ansatz

Der Anwendungsfall „Bewässerung“ verbindet aus Fernerkundungsdaten abgeleitete Informationen zur räumlichen Verteilung von Boden- und Vegetationsparametern, In‐situ-Messungen der Bodenfeuchte und kulturspezifischen Faktoren in Modellen, welche eine räumliche Verteilung des Bewässerungsbedarfs zum Ergebnis haben. Diese Modelle sollen die Grundlage für eine Implementierung von digitalen Prozessen in die Landwirtschaft sein und somit als Entscheidungshilfe dienen.

Um eine ressourcen- und umweltschonende Ausbringung von Beregnungswasser zu ermöglichen, sollen Informationsprodukte, die von existierender Software der Bewässerungssteuerung aufgegriffen werden, nicht nur räumlich, sondern auch zeitlich differenziert den aktuellen Bewässerungsbedarf aufzeigen. Zusätzlich bietet die Verbindung von Fernerkundungsdaten und Daten der lokalen Messstationen die Chance einer Optimierung von Betriebsabläufen zur effizienteren Beregnungsplanung und -steuerung.

Zielführend ist daher eine Verringerung der unproduktiven Wasserverluste durch die Anpassung der Diagnose- und Prognosemodelle für das Beregnungsmanagement, das heißt eine schnellere Reaktion auf den aktuellen Witterungsverlauf. Optional kann das eingesparte Wasser für eine Zusatzversorgung parallel wachsender Bestände genutzt werden.

Der Untersuchungsort Bentzin liegt in Mecklenburg-Vorpommern, unmittelbar südlich der Peene. Das Gebiet hat einen mittleren Jahresniederschlag von etwa 550 mm bei ausgeprägter Vorsommertrockenheit. In den Monaten April bis Juni fallen zirka 70 bis 150 mm Niederschlag. Die Böden der Region weisen Bodenpunkte im Bereich 18 bis 37 auf. Aufgrund der zu geringen Niederschläge reagieren vor allem die wasserintensiven Kulturen Zuckerrübe und Kartoffel mit deutlichen Ertragseinbußen.

Eine optimal eingesetzte Beregnung kann den Ertragseinbußen erfolgreich entgegenwirken. Der gegenwärtige Stand der Beregnung wird durch zwei elektrisch und eine mit Dieselaggregat betriebene Pumpstationen mit einer Leistung von insgesamt 1500 m3/h realisiert. Die Wasserentnahme erfolgt aus der ­Peene (110 kW, zirka 1.300 m3/h bei 12 bar) und dem Zarrenthiner Kiessee (200 m3/h bei 12 bar). Dabei werden 13 mobile Beregnungsmaschinen (Schlauchtrommel), teils mit Regner­einzug oder Maschinenvorschub, verwendet. Die Pumpstationen können mittels PC oder Smartphone überwacht und alle Steuerungsaktionen ausgelöst werden.

Drohnenaufnahmen (Videos und Fotos) können helfen, den Pflanzenbestand von oben zu betrachten und intrafeldspezifische Heterogenitäten zu erfassen. Insbesondere Thermal- (Temperatur-) aufnahmen zeigen Heterogenitäten. In dieser Abbildung sind die unterschiedlichen Temperaturen zwischen Kartoffeldamm (türkis) und Furche (orange) zu erkennen. Momentan ist die Hemmschwelle, Drohnendaten zu nutzen, aufgrund hoher Kosten und Datenaufbereitungsprozessen noch sehr hoch. An dieser Stelle setzt Anwendungsfall 4 „Bewässerung“ an und wird niederschwellige und frei verfügbare Lösungen insbesondere zur Datenprozessierung anbieten. Foto: Thomas Piernicke

Der Feldversuch im Überblick

Für eine teilschlagspezifische Beregnungsplanung sind neben Wetterdaten insbesondere Bodeninformationen und die Besonderheiten bestimmter Kulturen und Sorten erforderlich. Diese lassen sich ganzheitlich üblicherweise nur im Rahmen großflächiger Feldversuche erfassen.

In einem ersten Feldversuch wurden 2021 die Auswirkungen unterschiedlicher Bewässerungsmengen auf den Ertrag und die Qualität von Stärkekartoffeln am Beispiel der Hochamylopektinkartoffelsorte ,Henriette‘ sowie auf das Pflanzenwachstum und die Bodenfeuchtedynamik untersucht. Die Versuchsfläche befand sich auf dem Schlag „Schwämme“ der Bentziner Ackerbau GmbH.

Auf einer homogenen sandig-­lehmigen Fläche wurden innerhalb eines Beregnungstransektes vier unterschiedliche Beregnungsmengen getestet (Normalberegnung = 100 %, Überberegnung = 120 %, sowie zwei defizitäre Beregnungen, 80 % und 90 %). Die Beregnungsmengen der Normalberegnung waren 20 mm zu Beginn der Saison, 22,5 mm bis zum Blühbeginn und 25 mm bis zur Kraut­abreife, je nach aktuellen Bodenfeuchtebedingungen und der Wettervorhersage. Dafür befindet sich in jedem Plot eine Klimastation der Firma Arable Labs, die die Lufttemperatur, den Niederschlag und über zugeschaltete Bodenfeuchtesensoren die Bodenfeuchte in 10-cm-Schritten bis 60 cm Tiefe in Echtzeit aufnimmt.

Der derzeitige Stand

Die bisher erhobenen Feldmesswerte der Meteorologie, der phänologischen Entwicklung und der Bodenfeuchtedynamik werden zusammen mit den Labordaten der bodenphysikalischen und bodenhydraulischen Eigenschaften (unter anderem Porosität, Wasserhalte- und -leitfähigkeit des Bodens, Korngrößenverteilung) in einen integrativen Zusammenhang zueinander gebracht.

Die erhobenen Labordaten werden im Agrarmeteorologischen Modell zur Berechnung der aktuellen Verdunstung (AMBAV), das vom Zentrum für Agrarmeteorologische Forschung (ZAMF) des Deutschen Wetterdienstes in Braunschweig entwickelt wurde, genutzt. AMBAV dient der Berechnung und der Simulation der standörtlichen Bodenfeuchtedynamik. Insbesondere in Bezug auf die Überschaubarkeit der Parametrisierung und einer vorhandenen Benutzeroberfläche als EDV-Anwendung stellt AMBAV ein interessantes Tool zur agrarmeteorologischen Modellierung für verschiedene Bereiche der landwirtschaftlichen Praxis dar.

Momentan wird mithilfe von flächenhaften Fernerkundungs- und Drohnendaten untersucht, inwieweit die Entwicklung der oberirdischen Biomasse mit den Erträgen und der Qualität unter unterschiedlichen Beregnungsstufen zusammenhängt. Dadurch könnte potenziell eine Ertragsvorhersage auf Basis digitaler Tools in Verbindung mit räumlich verteilten Bodenwasserhaushaltsmodellen ermöglicht werden.

Ausblick in die Zukunft

In den kommenden Vegetationsperioden werden weitere Bodenvarietäten und Kartoffelsorten beprobt, um eine genauere Vorhersage der Bodenfeuchtigkeit auf Betriebsebene zu ermöglichen. Darüber hinaus steht die Gewinnung weiterer Modellkategorien zur ganzheitlichen Parametrisierung räumlicher Bodenfeuchtemodelle im Vordergrund.

Fazit

In Kürze wird ein Instrument für das Bewässerungsmanagement auf Betriebsebene entwickelt, das von den Bodenbedingungen und der Fruchtfolge abhängig ist. Dadurch wird es möglich sein, wissenschaftlich fundierte Entscheidungen zum Beregnungsmanagement auf Basis verschiedener Datenquellen (Wetter, Boden, Pflanze, Fernerkundung) digital treffen zu können.

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