StartNachrichtenAgrarpolitikEU-Kommission gibt Brachen frei – Das BMEL lehnt diese Pläne ab

EU-Kommission gibt Brachen frei – Das BMEL lehnt diese Pläne ab

Agrarrat tagte in Brüssel zu GAP-Strategieplänen und Ukraine-Krieg
Von Mechthilde Becker-Weigel
Der EU-Agrarrat reagiert auf den Krieg in der Ukraine mit ersten Maßnahmen zur Ernährungssicherung     Foto: Imago

Aus ebenso traurigem wie aktuellem Anlass standen der Krieg in der Ukraine und das Thema der Versorungssicherung ganz oben auf der Agenda des EU-Agrarrats, der Anfang dieser Woche in Brüssel tagte. Der ukrainische Landwirtschaftsminister Roman Leschtschenko war eingeladen, zur Lage der Landwirtschaft in seinem Land zu sprechen. Zu den beschlossenen Maßnahmen zählen die Freigabe der Stilllegungsflächen, die Einführung der privaten Lagerhaltung im Schweinesektor und die Mobilisierung einer Krisenreserve. Die Kommission unterrichtete über den Stand ihrer Bewertung der Strategiepläne im Rahmen der GAP.

Die EU-Kommission gibt die Brachen frei und hat entschieden, dass, begrenzt auf das Jahr 2022, auf Stilllegungsflächen alle gewünschten Feldkulturen angebaut werden dürfen. Zunächst war nur von Eiweißpflanzen die Rede. Jetzt sollen auf Stilllegungsflächen alle Ackerkulturen zugelassen werden. In einem implementierten Rechtsakt will die EU-Kommission Ausnahmen für die ökologischen Vorrangflächen im Jahr 2022 zulassen. Ebenso wird die Verwendung von Düngemitteln und Pflanzenschutzmitteln auf den bisherigen Brachflächen zugelassen, da sonst die Maßnahme ins Leere laufen würde. Weiterhin will die EU-Kommission die Krisenreserve von knapp 500 Mio. € aus dem EU-Haushalt mobilisieren, um die hohen Energiekosten für die Landwirte auszugleichen. Auf Deutschland entfallen davon gut 60 Mio. €. Die Mitgliedstaaten können die Summe über eine Kofinanzierung um bis zu 200 % aufstocken. Dafür müssten die Maßnahmen bis Ende Juni der EU mitgeteilt werden. 

BMEL lehnt die Pläne der EU-Kommission ab

Das grün geführte Bundeslandwirtschaftsministerium (BMEL) lehnt die Pläne der EU-Kommission, Ökologischen Vorrangflächen (ÖVF) in 2022 für den Einsatz von Pflanzenschutz und Dünger sowie den Anbau verschiedener Kulturarten freizugeben, ab. „Die von der Kommission geplante Freigabe zum Anbau von Futtermitteln inklusive des Einsatzes von Pestiziden steht unseren Biodiversitäts- und Nachhaltigkeitszielen entgegen“, teilte BMEL-Staatssekretärin Silvia Bender am Donnerstag mit.

Bis dahin hatte das BMEL Ökologische Vorrangflächen (ÖVF) der Kategorien „Zwischenfrüchte“ und „Brache“ im Jahr 2022 nur zur Futternutzung freigeben. Dabei wird es nun also bleiben. Dieses Vorgehen ist bekannt aus Dürrejahren, in denen Bund und Länder nationale Gestaltungsspielräume nutzten. Die EU-Kommission geht jetzt deutlich weiter mit der Gestattung, ÖVF für den Anbau aller Ackerkulturen zu nutzen, einschließlich Verwendung von Pflanzenschutz und Dünger. Deutschland wird diesen Spielraum mit der Entscheidung des BMEL nicht komplett nutzen. Diese Entscheidung stand zum Redaktionsschluss der Printausgabe noch nicht fest. mbw

Die EU-Mitgliedstaaten dürfen Direktzahlungen früher auszahlen. Deutschland hat davon allerdings noch nie Gebrauch gemacht. 

Die EU-Kommission hat am Mittwoch zudem Beihilfen zur privaten Lagerhaltung (PLH) für Schweinefleisch in ihr Maßnahmenpaket aufgenommen. Seit diesem Freitag können Marktteilnehmer Anträge stellen. Die Lagerfristen für die Sonderhilfen betragen 60, 90, 120 oder 150 Tage, die das Fleisch im Kühlhaus vom Markt ferngehalten werden muss. Diese Regelung stieß auf Widerstand bei der deutschen Delegation.

Leschtschenko berichtet über die Lage in der Ukraine

Der EU-Agrarrat hatte den ukrainischen Landwirtschaftsminister Roman Leschtschenko eingeladen, per Video über die Lage der Landwirtschaft und die Bedürfnisse in seinem Land zu sprechen. Anschließend berieten hierüber die Ministerinnen und Minister (siehe Seite 12). Die Ministerrunde führte ferner einen Gedankenaustausch durch über die Marktlage für Agrar- und Lebensmittelerzeugnisse und die Lage des EU-Agrarsektors angesichts der Auswirkungen der russischen Invasion in der Ukraine. Die Ministerinnen und Minister berieten über Maßnahmen, die ergriffen werden könnten, um nicht nur kurzfristig die Nahrungsmittelversorgung weiter zu sichern, sondern auch mittel- und langfristig die Ernährungssicherheit und die Nahrungsmittelsouveränität zu verbessern. In dem Gespräch wurden außerdem die möglichen Auswirkungen der Krise auf die Ernährungssicherheit von Nicht-EU-Ländern angesprochen. Die Möglichkeit, stillgelegte Flächen im Jahr 2022 zu bewirtschaften, wurde als Teil dieser Maßnahmen angekündigt.

Die EU-Kommission unterrichtete die Agrarminister über den Stand ihrer Bewertung der Strategiepläne im Rahmen der künftigen Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP). Dabei stellte EU-Agrarkommissar Janusz Wojciechowski fest, dass die Strategiepläne in ihrer jetzigen Form noch einiges zu wünschen übrig ließen und häufig den umweltpolitischen Ambitionen der EU-Exekutive hinterherhinkten.

Bewertung der GAP- Strategiepläne

Die Stratgiepläne sind eine der wichtigsten Neuerungen der GAP-Reform ab 2023. Darin legen die EU-Länder dar, wie sie die Ziele der GAP-Reform erreichen wollen. Alle Mitgliedstaaten haben ihre Pläne nun offiziell bei der Kommission zur Genehmigung eingereicht, ein Verfahren, das derzeit noch läuft. Deutschland hatte erst verspätet im Februar geliefert und wird wahrscheinlich entsprechend länger auf die Genehmigung warten müssen.

Kritisch merkte Wojciechowski an, dass eine Reihe von Plänen nicht das „notwendige Maß an ökologischem Ehrgeiz“ aufweise und entsprechende Überarbeitungen erfordere. Demnach sieht er die Ziele der Farm-to-Fork-Strategie von 25 % ökologisch bewirtschafteter Flächen bis 2030 25 % so noch nicht erreichbar. Nach dem derzeitigen Stand der Pläne würde die EU nach Schätzungen des Kommissars am Ende des Finanzzeitraums 2027 nur 18 % erreichen. Deshalb müssten Schwachstellen in den Plänen ausgebessert werden. In einer gemeinsamen Aussprache stand die Notwendigkeit einer raschen Genehmigung der Pläne im Vordergrund, um sicherzustellen, dass die Landwirte über die neuen Vorschriften informiert sind. age/mbw/bb

WEITERE ARTIKEL
- Anzeige -
- Anzeige -

Meistgeklickt