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Erträge auf gutem Niveau – Qualitäten schwankend

Ergebnisse der Landessortenversuche Sommerhafer
Von Achim Seidel, Landwirtschaftskammer SH
Der Landessortenversuch Sommerhafer im Sönke-Nissen-Koog präsentierte sich am 5. Juli 2021 mit dichten, stehenden Beständen sehr gut. Foto: Achim Seidel

Die schleswig-holsteinische Haferanbaufläche ist in den vergangenen Jahren kontinuierlich gewachsen. So wurde laut Statistikamt Nord im Jahr 2021 eine Anbaufläche von 19.000 ha verzeichnet. Die vorläufige Ertragsschätzung liegt mit 64 dt/ha etwa auf dem Niveau des Vorjahres und somit rund 12 % über dem mehrjährigen Durchschnitt. Insbesondere resultiert dieser Boom aus dem Lebensmittelbereich, wo entsprechende Qualitäten gesucht werden. Inwiefern mit der Sortenwahl auf den Ertrag, besonders auf die Qualität, gezielt eingegangen werden kann, beleuchtet folgender Artikel.

Hafer erlebt in den vergangenen Jahren deutschlandweit, aber besonders auch hierzulande einen Aufschwung. Gründe hierfür sind in erster Linie die attraktivere Erlöslage gegenüber früheren Jahren, aber auch die Tatsache, dass Alternativen für bestehende Fruchtfolgesysteme gesucht werden. So sind beispielsweise hohe Winterweizen- oder Rapskonzentrationen in der Fruchtfolge oft mit Lösungen des Pflanzenschutzes allein nicht mehr tragbar, wie anhand der aktuellen Ackerfuchsschwanzproblematik auf vielen schweren Ackerbaustandorten deutlich wird. Nicht zuletzt steht nun mit der bevorstehenden GAP-Reform 2023 ein verpflichtender Fruchtwechsel an. Dies bedeutet, dass der immer noch im Anbau bedeutende Stoppelweizen so nicht mehr umsetzbar sein wird. Diese Lücke könnte beispielsweise Hafer schließen, da er sowohl mit einer Weizenvorfrucht gut harmoniert als auch zu einem möglicherweise folgenden Weizen einen hohen Vorfruchtwert, vergleichbar einer Blattfrucht, aufweist.

Das Anbaujahr im Rückblick

Das Anbaujahr für den Hafer war im Frühjahr zur Aussaat weitestgehend günstig, da oftmals frühe Saattermine bei gleichzeitig guten Bodenbedingungen realisiert werden konnten. Von der folgenden kühlen und feuchten Witterung im Mai konnte der Hafer insgesamt profitieren. So gab es hier, wie auch bei den anderen Getreidearten, keine Probleme mit zu geringen Bestandesdichten. Dennoch fiel das Rispenschieben etwa in die Hitzephase der zweiten Junihälfte. Dies in Kombination mit strahlungsarmer Witterung in der Folge war nicht optimal. Nach starkem Wind und hohen Niederschlagsmengen war häufig auch Lager zu verzeichnen. Zudem kam es in vielen Beständen in der Abreife zu Beeinträchtigungen der Strohstabilität. Hierdurch wurden einerseits Erträge etwas in Mitleidenschaft gezogen und es blieben teilweise die Qualitäten durch geringes Hektolitergewicht und stellenweise pilzliche Verfärbungen des Korns hinter den Erwartungen zurück. In den Versuchen führte die verringerte Strohstabilität zu größerer Streuung innerhalb der Versuche, sodass die Standorte Kastorf und Loit nicht in die Auswertung mit einbezogen werden konnten.

Aufgrund wüchsiger Witterung in Verbindung mit kräftigem Wind und Stark­niederschlägen ist vielerorts, wie hier in der Marsch im Kreis Nordfriesland, Lager aufgetreten. Foto: Achim Seidel

Erträge in den Landessortenversuchen

An den Standorten des Östlichen Hügellandes und der Marsch konnten gute Erträge erreicht werden (Übersicht 1). In Futterkamp wurden rund 84 dt/ ha, in Barlt 93 dt/ ha und im Sönke-Nissen-Koog 78 dt/ha erreicht. An den sandigen Standorten Schuby und Schafstedt (Rotes Gebiet, N-Düngung um 20 % reduziert) wurde ein mittlerer Ertrag von 56 dt/ha und 71 dt/ha erreicht (Übersicht 2).
Dabei zeigte ‚Max‘ als anbaubedeutende Sorte vereinzelt schwächere Erträge, die aber auch mit der höheren Lageranfälligkeit einhergegangen sein könnten. Insgesamt liegt diese Sorte ertraglich nun bei relativ 97 in allen Naturräumen. ‚Lion‘ als weitere wichtige Qualitätssorte zeigte etwas stabilere Erträge auf hohem Niveau und ist damit mehrjährig bei relativ 99 einzuschätzen. ‚Armani‘ zeigte gute, jedoch streuende Erträge und ist nun mehrjährig mit relativ 100 auf den lehmigen und Marschstandorten sowie relativ 99 an den sandigen Standorten einzuschätzen. Die Erträge von ‚Sym­phony‘ streuten auch auf einem geringeren Niveau als in Vorjahren, womit die Sorte nun bei relativ 99 an allen Standorten einzuschätzen ist. ‚Apollon‘ erreichte stabil durchschnittliche Erträge und wird somit mehrjährig mit relativ 98 bewertet. In diesem wie auch in den Vorjahren starke Erträge zeigte ‚Delfin‘, die nun an den besseren Standorten mit relativ 102 und an sandigen Standorten mit relativ 101 einzuschätzen ist. Die neu im Sortiment geprüfte Sorte ‚Fritz‘ zeigte gute, womöglich aufgrund der als schlecht zu bewertenden Standfestigkeit leicht streuende Erträge und ist damit mehrjährig leicht überdurchschnittlich einzustufen. Die ebenfalls neu im LSV geprüfte ‚Magellan‘ zeigte insgesamt durchschnittliche bis sehr starke Erträge und wird somit mehrjährig für alle Standorte mit relativ 104 eingeschätzt.

Die Qualitäten konnten nicht überzeugen

Das für die Vermarktung nach wie vor wichtigste Kriterium ist das Hektolitergewicht, da es einerseits einfach und sehr schnell zu erfassen ist, andererseits indirekt Aussagen über die weitere Qualität des Hafers geben soll. Die ermittelten Hekt­olitergewichte aus den Versuchen sind in der Übersicht 3 dargestellt.
Insgesamt waren die Werte relativ niedrig mit Ausnahme des Standortes Futterkamp. An den anderen Standorten konnten aber insbesondere mit den Sorten ‚Max‘ und ‚Lion‘ vergleichsweise hohe Werte erreicht werden. Auch die Sorte ‚Delfin‘, ebenso wie die neu zugelassene Sorte ‚Fritz‘, zeigten günstigere Hektolitergewichte. Neben dem Hektolitergewicht wird in der Schälindustrie aber insbesondere auf eine leichte Schälbarkeit, also wie leicht sich die Spelze vom Kern abtrennen lässt, großer Wert gelegt. Zudem ist von entscheidender Bedeutung, dass ein hoher Kernanteil von idealerweise 74 % erreicht wird. Diese beiden Parameter sind in der Industrie wesentliche Effizienz- und Kostenfaktoren und bestimmen die wirtschaftliche Vorzüglichkeit einer Haferpartie bedeutend mit. Regelmäßig sehr gute Werte werden hier von den Sorten ‚Lion‘, ‚Max‘ und ‚Apollon‘ erzielt.

Sortenempfehlungen der Landwirtschaftskammer

Zum Anbau sollten in der Regel solche Sorten kommen, die bereits mehrjährig erfolgreich geprüft wurden oder mit denen im Betrieb gute Erfahrungen gemacht wurden. Zu differenzieren ist in erster Linie nach der Verwertungsrichtung Industriehafer oder Futterhafer. So hat sich als Hafer für die Futternutzung aufgrund ihrer Ertragsstärke und der hohen Blattgesundheit die Sorte ‚Delfin‘ bewährt. Hierbei muss jedoch auf die deutliche Reifeverzögerung des Strohs in Verbindung mit guter Blattgesundheit geachtet werden, sodass hier ein Fungizideinsatz mit Fingerspitzengefühl erfolgen muss und auf Strobilurine verzichtet werden sollte.
Für eine Nutzung als Schälhafer empfiehlt sich die Sorte ‚Max‘, die ein hohes Hektolitergewicht mit sicherer Strohabreife kombiniert, jedoch hinsichtlich der Standfestigkeit abgesichert werden muss. Auch auf sehr hohem Niveau beim Hektolitergewicht und leicht günstigeren Schäleigenschaften befindet sich die Sorte ‚Lion‘ mit etwas höherem Ertragsniveau. Hier gilt es, Mehltau im Blick zu behalten. Die Sorte ‚Apollon‘ liegt ertraglich etwas niedriger als ‚Lion‘ und besitzt gute Schäleigenschaften, zeigt jedoch teilweise im Hektolitergewicht Schwächen. Mit Einschränkungen empfohlen ist ‚Symphony‘, da hier zwar ein gutes mittleres Ertragsniveau erreicht wird, aber die Erträge jahresabhängig schwanken. Zudem liegen die erzielten Hektolitergewichte oftmals nur im mittleren Bereich. Als neu im LSV geprüfte Sorte erzielte ‚Magellan‘ ein deutlich überdurchschnittliches Ertragsniveau. Hinsichtlich der Verarbeitung ist die Sorte gut eingestuft, weist jedoch nur ein mittleres Niveau im Hektolitergewicht auf. Sie empfiehlt sich dennoch für den Probeanbau.

Bei der Aussaat beachten

Zur Sicherung hoher Erträge und auch guter Qualitäten ist eine möglichst frühe Saat ab Anfang März unter guten Bodenbedingungen erforderlich. Zu feuchte Bedingungen können Strukturschäden des Bodens nach sich ziehen und eine sichere Entwicklung ist nicht gewährleistet. Eine Kalkung vor der Saat sollte unterbleiben. Die Aussaatstärke kann bei früher Saat Anfang März unter günstigen Bedingungen standortangepasst 300 K./ m2 betragen, sollte bei späteren Saatterminen bis Ende März/Anfang April aber auf bis zu 400 K./m2 gesteigert werden. Hafer sollte mit 3 bis 4 cm tendenziell etwas tiefer als andere Getreidearten ausgesät werden, da er aufgrund der Spelze einen höheren Keimwasserbedarf hat.

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