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Das Wirtschaftsjahr aus Sicht der Mastbetriebe

Schweine aktuell: Aktuelle Zahlen aus der Schweinespezialberatung
Von Dr. Ariane Horst, Landwirtschaftskammer SH; Dr. Charlotte Grimberg-Henrici Schweinespezialberatung SH
Das Wirtschaftsjahr 2020 / 2021 war leider alles andere als rosig für die Schweinemast. Foto: Isa-Maria Kuhn

Die Schweinespezialberatung Schleswig-Holstein wertete in Zusammenarbeit mit der Landwirtschaftskammer Schleswig-Holstein im Wirtschaftsjahr 2020/2021 Daten von insgesamt 953.713 Mastschweinen beziehungsweise 190 Betrieben aus. Im Verhältnis zum Vorjahr ist sowohl ein Rückgang in der Anzahl der Mastbetriebe als auch eine Abnahme in der Anzahl der Mastschweine zu verzeichnen (Vorjahr: 210 Betriebe, 1.060.517 Mastschweine). Dies spiegelt unter anderem auch den landesweiten Rückgang in den Schweinemastbeständen wider, der laut Viehzählung vom 3. Mai 2021 des Statistikamts Nord bei –4,10 % liegt. Im Gegensatz dazu stieg die durchschnittliche Anzahl Mastplätze pro Betrieb leicht von 1.762 auf 1.782.

In diesem Wirtschaftsjahr verdeutlichen die Ergebnisse der ökonomischen Auswertung die Folgen der derzeitigen Krise für die Schweinehaltung. Im Jahr 2020 bewirkten zahlreiche Corona-Fälle die vorübergehende Schließung vieler Schlachthöfe. Zudem wurden erste Fälle der Afrikanischen Schweinepest (ASP) in Deutschland dokumentiert, die die Absatzprobleme des Schweinestaus noch verstärkten. Pandemie und ASP zeigen nach wie vor direkte als auch indirekte Auswirkungen auf den Schweinemarkt, beispielsweise in Form steigender Futtermittelpreise, und verursachen so massive monetäre Verluste bei allen Schweinehaltern. So sanken bei den Mastbetrieben die Direktkostenfreien Leistungen – DKfL – (ohne Sonderzahlungen) pro verkauftem Mastschwein um knapp 18 € auf 7,78 € im Vergleich zum Vorjahr. Bezogen auf 100 kg Zuwachs sanken die Direktkostenfreien Leistungen von 38,6 € auf 8,10 €. Das kalkulatorische Betriebszweigergebnis, abzüglich der kalkulatorischen Festkosten Arbeits-, Gebäude- und Gemeinkosten, lag im Durchschnitt bei –22,5 € je 100 kg Zuwachs.

Biologische Leistungen und Ökonomie

Nach der Auswertung des Wirtschaftsjahres 2020/2021 aus Sicht der Ferkelerzeuger (KW 3) haben Schweinespezialberatung und Landwirtschaftskammer nun die Ergebnisse aus der Mast ausgewertet. Foto: Dr. Ariane Horst

Im aktuellen Wirtschaftsjahr verblieben die biologischen Leistungen stabil auf einem hohen Niveau. Verglichen zum Vorjahr konnten darüber hinaus minimale Steigerungen in der Masttagszunahme (916 g) sowie in der Futterverwertung (1 : 2,80 kg) notiert werden.
Zwischen den 25 % ökonomisch erfolgreichen und weniger erfolgreichen Betrieben sind in einigen Kennzahlen starke Unterschiede zu erkennen. Die erfolgreichen Betriebe wiesen um 26 g höhere Tageszunahmen auf, wodurch sich unter anderem die Mastdauer im Vergleich zu den weniger erfolgreichen Betrieben um sieben Tage verkürzte. Auch die Futterverwertung ist bei den erfolgreichen Betrieben um 0,16 kg besser zu bewerten. Bei den weniger erfolgreichen Betrieben fallen die höheren Verluste von 3,57 % auf, welche deutlich über denen der erfolgreichen Betriebe (2,26 %) liegen. Außerdem verzeichneten die weniger erfolgreichen Betriebe in den Direktkosten pro verkauftem Mastschwein höhere Veterinär- und Futterkosten. Die Zahlen zeigen, dass die erfolgreichen Betriebe im optimalen Gewichtsbereich vermarkten konnten, sodass diese um 12 € höhere Leistungen je verkauftem Mastschwein erwirtschafteten als die weniger erfolgreichen Betriebe.
Bezogen auf die Rentabilität zeigt sich, dass größere Betriebe (über 5.500 verkaufte Mastschweine pro Jahr) bei gleichen Direktkosten wesentlich höhere Direktkostenfreie Leistungen (ohne Sonderzahlungen) pro verkauftem Mastschwein von 8,84 € erzielten als kleinere Betriebe (unter 3.300 verkaufte Mastschweine pro Jahr) mit 5,75 €. Ursachen dafür sind die deutlich höheren Masttagszunahmen (über 900 g) sowie die kürzere Mastdauer (unter 102 Tage), die wiederum zu mehr Umtrieben (drei) führte. Zudem lag die Verlustrate der großen Betriebe mit 2,63 % unterhalb der Verlustrate kleiner Betriebe mit 3,16 %.

Die Initiative Tierwohl und Zukunft

In dem vorliegenden Wirtschaftsjahr nahmen von den 190 ausgewerteten Mastbetrieben 98 Betriebe an der Initiative Tierwohl (ITW) teil. Durch die zusätzlichen Einnahmen aus der ITW konnten so im Mittel 3,75 € je verkauftem Mastschwein erlöst werden; knapp 0,30 € mehr als im Vorjahr. In Zukunft möchte der Lebensmitteleinzelhandel (LEH) sein Frisch­fleischangebot aus an der ITW teilnehmenden Betrieben deutlich erhöhen. Ein Großteil der Handelsketten hat bereits oder wird bis spätestens 2025 die Haltungsform 1 aus dem Angebot nehmen. Einige Unternehmen wollen bis 2030 den Anteil des Frisch­fleischangebots der Haltungsformen 3 und 4 deutlich vergrößern. Dabei ist nach wie vor unklar, wie viel Fleisch aus höheren Haltungsformen zukünftig vom Verbraucher abgenommen wird und wie hoch die Zahlungsbereitschaft tatsächlich ist. Seitdem die Ausgleichszahlungen der ITW im Sommer 2021 auf die Schlachthöfe verlagert wurden, wird der Absatz von ITW-Schweinen durch Angebot und Nachfrage bestimmt. Eine Herausforderung ist dabei die Vermarktung der weniger wertvollen Teilstücke auf dem Weltmarkt, der den Mehraufwand komplexer Haltungsformen gegenwärtig nicht erstattet.
Hinsichtlich der Umsetzbarkeit von mehr Tierwohl in den Mastställen ist die Praxis vor allem mit der Frage konfrontiert, wie die geforderten Kriterien Außenklimareiz (Haltungsform 3) und Auslauffläche/Freilandhaltung (Haltungsform 4) unter Berücksichtigung der seit Sommer 2021 verschärften TA Luft realisiert werden sollen. Für die Zukunft müssen demnach Wege gefunden werden, die einen Kompromiss zwischen den umweltpolitischen Forderungen und Tierwohl zulassen, um notwenige Genehmigungen für die Stall(um)bauten erteilen zu können. Es ist unabdingbar für den Erhalt deutscher Mastbetriebe, dass zeitnah zuverlässige Antworten hinsichtlich der praktischen Umsetzbarkeit gefunden werden. Kaum ein Landwirt wird im Schatten einer wirtschaftlichen Krise neue Wege gehen und große Investitionen tätigen, wenn nicht die entsprechende Planungssicherheit gegeben ist. Bei Fragen und Problemen stehen die Berater den Betrieben gern zur Seite. Der vollständige Schweinereport 2021 findet sich auf den Internetseiten der Landwirtschaftskammer und der Schweinespezialberatung.

Fazit

Das Wirtschaftsjahr 2020/2021 war eines der ökonomisch schlechtesten der vergangenen zehn Jahre. Sowohl die Corona-Pandemie als auch die ASP verursachten und verursachen nach wie vor extreme wirtschaftliche Zahlen. Trotz der sehr guten biologischen Mastleistungen gaben einige schleswig-holsteinische Betriebe aufgrund des finanziellen Drucks die Schweinehaltung auf. Die fortlaufenden Diskussionen über die zukünftige Schweinehaltung in Deutschland müssen in eine Planungssicherheit überführt werden. Damit auch künftig Begriffe wie „regional“ und „Strohschwein“ eine Zukunft haben, muss die Gesellschaft den Betrieben, die trotz wirtschaftlicher Krise den Schritt einer Investition wagen, entsprechende Sicherheiten gewährleisten.

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