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„Wir kämpfen um unsere Zukunft“

Junge Landwirte und Landwirtinnen auf der Demo in Berlin 
Von Kathrin Iselt-Segert
Junglandwirte und Junglandwirtinnen waren auch aus Nordfriesland nach Berlin gekommen. Hier (hinten v. li.): Romy Clausen, Momme Blämüser, Nico Nielsen, Rune Clausen, Nico Clausen, Mattis Clausen und Iven Hansen sowie (vorn v. li.): Lone Hagen, Freya Stollberg, Fenna Rönnspieß und Imke Brodersen. Fast alle sind zugleich Laju-Mitglieder, einige bei der Landjugend Bargum und einige bei der Landjugend Evershop (Eiderstedt). Foto: privat

Mit ordentlich Wut im Bauch und vielen PS protestierten am Montag Landwirte aus ganz Schleswig-Holstein gegen den Plan der Ampel-Regierung, die Steuervorteile bei Agrardiesel und Kfz-Steuer wegfallen zu lassen, mittendrin Laura Stolley und Malte Blöcker vom Agrarausschuss des Landjugendverbandes und Landjugendliche aus dem Norden. Auch viele Junglandwirte aus dem Norden hatten sich schon in der Nacht auf den Weg nach Berlin gemacht, darunter Rune Clausen aus Nordfriesland und Hannes Bumann aus Grömitz.

Zu der Demonstration hatte der Deutsche Bauernverband bundesweit über die Landesbauernverbände aufgerufen. Etwa 6.000 bis 8.000 Landwirte und Landwirtinnen sowie Sympathisanten kamen nach Berlin. „Die Menge der Demonstranten hat auf jeden Fall gezeigt, wie ernst für die Landwirte die Lage ist“, so Laura Stolley. Mit dieser Anzahl an Personen sowie der Anzahl an Treckern, die sich auf den Weg machten, sei angesichts des kurzfristigen Aufrufs nicht zu rechnen gewesen. Die Stimmung sei angespannt, die Lage der Landwirtschaft für viele existenzbedrohend, berichtet die Agrarausschusssprecherin. „Wir Landwirte haben heute nicht für eine bessere Work-Life-Balance, weniger Arbeit oder mehr Lohn demonstriert, sondern dafür, unseren Beruf ausüben zu können und hochwertige Lebensmittel in und für Deutschland zu produzieren.“

Deutlich wurde in Berlin, dass der Druck vor allem für die Junglandwirte und Auszubildenden der Landwirtschaft groß ist. Letztere haben Angst, dass Betriebe schließen müssen und sie entweder ihre Ausbildung nicht beenden können oder nach dem Abschluss keine Anstellung finden.

Den Junglandwirten, die sich zum Teil verschuldet haben, um einen Betrieb zu übernehmen oder in einen einzusteigen, fehlt jegliche Planungssicherheit. Der Wegfall der Steuerbefreiung für landwirtschaftliche Fahrzeuge sowie der Steuervorteile beim Agrardiesel hätte direkte Auswirkungen auf ihre Einkommen. So müssten sie mit einem Einkommensverlust von zirka 10 % rechnen.

Theresa Schmidt, Bundesvorsitzende der Landjugend, trat vor Tausenden Landwirten ans Mikrofon, um deutlich zu machen, was die Landjugend und die jungen Landwirte und Landwirtinnen bewegt: „Die Politik macht gerade alles, um uns die Zukunft zu verbauen. Die Tierhaltung in Deutschland wird schon sukzessive abgebaut“, so Schmidt. Das Argument Klimaschutz sei mit Blick auf die Agrardieselsteuervergünstigung irrsinnig. „Wollen wir Lebensmittel mit viel längeren Transportwegen importieren?“, richtete Schmidt ihre Kritik an die Politik. Letztlich würden höhere Kosten auf die Konsumenten übertragen, die einen höheren Preis zahlen müssten, beschrieb die Bundesvorsitzende die drohenden Folgen. Dann richtete sie sich direkt an Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne). Er habe beim vergangenen Deutschen Bauerntag von Planbarkeit und fairen Bedingungen gesprochen. „Was ist seitdem passiert? Wenig bis gar nichts. Sie haben bei Ihrer Vereidigung gesagt, sie seien der Anwalt der Landwirtschaft. Aber wo sind Sie gewesen, als dieser Beschluss gefasst wurde?“ Schmidt forderte von der Rednerbühne auch Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und Vizekanzler Dr. Robert Habeck (Grüne) auf, die Landwirtschaft zur Chefsache zu machen und endlich zu handeln, denn der Umbau der Tierhaltung werde zwar gefordert, aber nicht finanziert.

Rune Clausen, Junglandwirt aus Nordfriesland, brachte auf den Punkt, was den Nachwuchs der Landwirtschaft an diesem Tag beschäftige: „Wir sind hier, um für unsere Zukunft zu kämpfen. Wir wollen alle später in der Landwirtschaft arbeiten und brauchen eine Perspektive, aber unser Vertrauen in die Politik ist erschüttert.“ rq/Silke Meister/ljv

Zirka 8.000 Demonstranten waren nach Berlin gekommen. Die Zahl der Traktoren wird auf 3.000 geschätzt, laut Polizei waren es etwa 1.700.

Fotos (2): rq
Theresa Schmidt,
Bundesvorsitzende
Laura Stolley und Malte Blöcker vom Agrarausschuss der Laju und Junglandwirt Hannes Bumann (v. li) trafen auf der Demonstration die bayerische Landwirtschaftsministerin Michaela Kaniber (CSU, 2. v. li.)Foto: privat
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