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Schwebeengel, Baumschmuck und Pyramiden

Im Weihnachtshaus Husum befindet sich eine der umfassendsten Sammlungen rund um das Fest der Liebe
Von Iris Jaeger
Holzfiguren aus dem Erzgebirge, hergestellt vom kleinen Familienunternehmen Timmel aus Kühnhaide Fotos: Iris Jaeger

„Advent, Advent, ein Lichtlein brennt …“, so lautet es in wenigen Wochen wieder, wenn die Adventszeit beginnt. Den passenden Kalender in vielfältigen Ausführungen gab es unter anderem beim 13. Adventskalendermarkt im Weihnachtshaus Husum am vorvergangenen Wochenende. Aber auch so lohnt sich das Jahr über ein Besuch in dem Museum mit historischem Laden, denn neben Adventskalendern erwartet die Besucher dort eine einzigartige Sammlung zu dem Thema Weihnachten.

Museumsleiterin Alix Paulsen (r.) zeigt Besuchern die große Auswahl an Adventskalendern.

Bereits beim Betreten des gründerzeitlichen Gebäudes wird man in eine andere Zeit versetzt und taucht ein in eine zauberhafte Weihnachtswelt voller Nostalgie und Geschichte. Die Welt da draußen hat Pause und muss für eine Weile warten.

In mehr als 40 Jahren hat Musuemsleiterin Alix Paulsen Historisches, Besonderes, Rares und Einzigartiges rund um Weihnachten gesammelt und in den aufwendig restaurierten Räumen des Hauses in der Straße Westerende in Husum über drei Etagen und auf mehr als 300 m2 ausgestellt. Neben der Geschichte der Adventskalender erfahren die Besucher unter anderem wie seinerzeit der Weihnachtsschmuck hergestellt wurde, in welchen Regionen Deutschlands welche Tradition gepflegt wurde, wie Krippen, Engel, Spielzeug, Pyramiden, Figuren und Beleuchtung in Handarbeit gefertigt und wie Bäume geschmückt wurden. Biedermeier, Jugendstil, Gründerzeit, die Kriegsjahre, „sie alle sind Teil der Geschichte und jede Zeit hatte ihre Weihnachtsbräuche und ihre eigene Art der Gestaltung“, erklärt  Alix Paulsen. „Früher hatte man ein anderes Verständnis für die Herstellung von Weihnachtsschmuck und -figuren. Die handwerklichen Fertigkeiten und Ideen, sowie mit dem Wenigen, das oft nur vorhanden war, sich die Weihnachtszeit zu verschönern, das hat mich immer schon fasziniert und zum Sammeln bewogen“, erzählt sie.

Weihnachtsuhr für Kinder aus dem Jahr 1902

„Wann ist endlich Weihnachten“, diese Frage stellten Kinder wohl auch schon vor mehr als 100 Jahren. Um ihnen das Warten auf den Heiligen Abend mit seinen Gaben zu verkürzen, entwickelten die Familien Methoden, um Kindern die verbleibenden Tage bildlich aufzuzeigen, indem sie zum Beispiel nach und nach 24 Bilder mit weihnachtlichen Motiven an die Wand hingen, oder 24 Kreidestriche an die Tür malten, von denen die Kinder jeden Tag einen wegwischten. Johann Heinrich Wichern, Leiter des evangelischen Knabenrettungshauses „Rauhes Haus“ bei Hamburg, nahm ein altes Wagenrad sowie einen Holzkranz und steckte 20 kleine rote und vier große weiße Kerzen darauf. Bei den täglichen Andachten durften die Kinder eine rote Kerze anzünden, an den Adventssonntagen zusätzlich eine weiße. Der erste kommerzielle Adventskalender erschien 1902 in der evangelischen Buchhandlung Friedrich Trümpler in Hamburg als Weihnachtsuhr mit zwölf Einheiten. Er kostete damals 50 Pfennig, eine seinerzeit beträchtliche Summe. 1920 gab es den ersten Türchen-Adventskalender, der erste Schokokalender in Buchform entstand in den 1930er Jahren.

Von der Geschichte des Adventskalenders führt die Sammlung thematisch weiter von der Christbaumschmuckherstellung in Thüringen und Franken über Weihnachten bei Theodor Storm hin zum Weihnachtsland Erzgebirge, dem Ursprungsgebiet der hölzernen Figuren wie Engel und Bergmann, entstanden um 1500. Schwebeengel, Deckenleuchter, Pyramiden, Lichtträger, Spielzeug- und Krippenfiguren zeugen von langen Winterabenden, an denen in den Stuben oft wochenlang an den Weihnachtsdekorationen gearbeitet wurde. Eine Besonderheit stellt das Sebnitzer Schattenspiel, als eine Sonderform der Weihnachtspyramide dar, entstanden um 1880. Ein Besuch in der Weihnachtsbäckerei fehlt ebenso wenig wie ein Blick in die Werkstatt des Weihnachtsmannes und auch Spielzeug aus 150 Jahren hält die Sammlung bereit. Bis Januar ist noch die bezaubernde Figurenwelt von Wendt & Kühn zu sehen. Sammlerherzen dürften beim Anblick der liebevoll gestalteten Engelfiguren höher schlagen. Die berühmten Elfpunkte-Engel wuchsen in den vergangenen 100 Jahren von einem Trio zu einem Orchester. Erzählt wird die Erfolgsgeschichte der beiden Frauen Margarete Wendt und Margarete Kühn, die am 1. Oktober 1915, mitten im Ersten Weltkrieg, die Offene Handelsgesellschaft M. Wendt & M. Kühn gründeten. Und das in Zeiten, wo Frauen weder an Hochschulen noch in leitenden Funktionen gern gesehen waren und ihnen entsprechende Karrieren oft verwehrt blieben. Die Engel sind bis heute einzigartig. „Grete Wendt hat über Jahrzehnte zusammen mit ihrer Schwägerin Olly Sommer eine Figurenwelt erschaffen, die in ihrer Handschrift unverkennbar ist“, fasst Alix Paulsen es in dem Begleitkatalog zusammen. Ausführliche Informationen unter weihnachtshaus.info, weitere Bilder von der Sammlung unter ­bauernblatt.com

Museumsleiterin Alix Paulsen 
Alle Fotos: Iris Jaeger
Geschmückte Weihnachtsbäume
Ein Weihnachtsbaum aus Gänsefedern
Die Federn-Zweige wirken wie echte Tannenzweige
Berglandschaft
Kunstvoll gefertigte Weihnachtspyramide
Weihnachtliche Deckenleuchter
Christbaumschmuck von Walter und Magdi Hähnlein nach Vorlagen aus der Zeit um 1910
Elfpunkt-Engel aus der Figurenwelt von Wendt & Kühn
Engelorchester 
Zart bemalte Brokatengel nach einem Entwurf von Olly Wendt
Auch Tiere wie dieser Lese-Rabe gehören zum Figurensortiment von Wendt & Kühn
1921 entwarf Grete Wendt den Engel mit Lichterbogen.
Margeritenengel aus der Zeit um 1930
Der Steuermann Jan Kimm wurde 1959 für die Iduna-Germania Versicherung produziert.
Die Sternenkinder gehören zur Figurengruppe „Mondfamilie“.
In der Weihnachtshaus-Edition erscheint unter anderem dieser Husum-Adventskalender mit Fotos von Günter Pump.


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