Schon Hans-Niko Hoecks Großvater und Vater züchteten Holsteiner, bis 1960 die Technisierung in der Landwirtschaft die Pferde ersetzte. Gut 30 Jahre später ließ der Sohn und Enkel die Zucht wieder aufleben. Doch nun ist aus Altersgründen und mangels eines Nachfolgers Schluss. Die letzten beiden Nachkommen, ein Wallach und eine Stute, werden für die Vermarktung vorbereitet.
Aus dem Nebel tauchen drei Pferde auf der Weide auf. Es ist 15 Uhr und sie möchten jetzt in den Stall. Bedächtig öffnet Hans-Niko Hoeck das Tor. Seine Zuchtstute Raisa greift er am Halfter und nimmt sie an den Strick, ihre zweijährige Tochter folgt den beiden auf dem Fuß. Luna, das alte Reitpony, trottet gemütlich der Truppe hinterher. Es sind die letzten Pferde, die auf dem Hof Hoeck an der Alten Landstraße in Kollerup, einem 70-Seelen-Dorf der Gemeinde Großsolt, 10 km südlich von Flensburg, noch zu Hause sind.
„Man muss wissen, wann man aufhören muss“, kommentiert der 87-jährige Landwirt seinen Entschluss, mit der Pferdezucht Schluss zu machen. Seine Frau Ilse ergänzt: „Wir haben keine Kinder oder Nachfolger, die das hier übernehmen könnten.“ Die Ländereien hat Hoeck bereits 1997 an seinen Nachbarn verpachtet. Anfangs half er noch in der Erntezeit beim Dreschen, wenn Not am Mann war. Doch dafür fehlt ihm inzwischen die Kraft.
Mit Pferden ist er aufgewachsen: „Wir hatten immer fünf Pferde auf dem Hof, die im Gespann auf dem Acker liefen. Es waren reine Arbeitstiere.“ Schon sein Großvater hatte sich der Holsteiner-Zucht verschrieben. Jedes Jahr wurde ein Fohlen geboren. Er selbst war ein passionierter Reiter. Doch nach und nach wurden die Pferde durch Landmaschinen ersetzt. Als 1960 das renommierte Landgestüt Traventhal, Kreis Segeberg, für die Holsteiner-Zucht aufgegeben wurde, verschwanden auch die Pferde auf dem Hoeck‘schen Hof.
Zucht durch Zufallsbekanntschaft
Dass 32 Jahre später wieder Pferde auf dem Anwesen liefen, ist einem glücklichen Zufall zu verdanken. Auf einer Geburtstagsfeier kam Hans-Niko Hoeck mit der Trakehner-Züchterin Anita Roskothen aus dem benachbarten Obdrup ins Gespräch. Als er ihr von seiner Pferdeleidenschaft erzählte, lud sie ihn spontan ein: „Komm doch mal vorbei. Wir treffen uns jeden Dienstag zum Reiten. Ich hätte auch ein Pferd für dich.“ Von da an ritt er jede Woche die Trakehner Stute Valeria. Als sie ihm zum Kauf angeboten wurde, hochtragend von dem Anglo-Araberhengst Dorpas, zögerte er nicht lange. Nur wenige Monate später erblickte in Kollerup ein hübsches Hengstfohlen das Licht der Welt. Unter dem Namen Van Höck wurde es bei den Trakehnern eingetragen und diente später als Nikos Reitpferd.
„Um in Schleswig-Holstein mit der Pferdezucht Erfolg zu haben, muss man Holsteiner züchten“, ist der Pferdemann überzeugt. Mit Flocke, einem 1991 geborenen Stutfohlen von Coriolan-Caletto II, fing er an zu züchten. Insgesamt sieben Fohlen brachte Flocke zur Welt. Sie wurden entweder schon im Fohlenalter verkauft oder als Remonte, von jungen Mädchen aus der Nachbarschaft angeritten. Flocke selbst ging 16-jährig an einen Züchter in Ostdeutschland. Dort wurde sie noch einmal tragend, verstarb aber vor dem Abfohlen. „Man sollte ältere Zuchtstuten nicht verkaufen, aber ich hatte damals zu viele Pferde auf dem Betrieb und musste meinen Bestand verkleinern“, bereut Hoeck heute den Handel.
Erfolgserprobte Nachkommen
Mit Malve IV, einem im April 1997 geborenen schwarzbraunen Stutfohlen von Linaro (Stamm 8626), baute er seine Zucht weiter auf. Aus ihr entstammt auch seine inzwischen 23-jährige Zuchtstute Raisa von Carvallo, die einige insbesondere in der Vielseitigkeit erfolgreiche Sportpferde hervorbrachte.
Der Züchter kramt aus einer Kiste Fotos und Briefe hervor. Da ist vor allem der 2019 geborene Ris de Talm (Adagio de Talma), der 2022 siebenjährig mit Antonia Baumgart die Weltmeisterschaften der jungen Vielseitigkeitspferde im französischen Lion d’Angers gewann. Mit Ris de Talm wurde die 25-jährige Reiterin aus Warendorf jetzt in den Perspektivkader 2025 berufen.
Auch Raisas zwei letztgeborene Nachkommen zeigen gute Anlagen für die Vielseitigkeit. Beide stammen von dem Holsteiner Vererber Dinken ab. Das 2021 geborene Hengstfohlen wuchs auf dem Pferdegestüt Wankjaer von Rainer und Reni Christiansen in Maasbüll auf, wurde inzwischen gelegt und wird dort für die Vermarktung weiter ausgebildet. „Der Wallach entwickelt sich unter dem Reiter richtig gut“, meint Christiansen, der Vorsitzender des Körbezirks Schleswig-Flensburg ist. Auch die zweijährige Vollschwester soll im nächsten Jahr auf seinem Betrieb angeritten und weiter ausgebildet werden.
Wenn seine jungen Pferde auf der Frühjahrsauktion vorgestellt würden, wäre das für Hans-Niko Hoeck der krönende Abschluss seiner Zucht. Bis dahin ist es ein weiter Weg, doch auch mit 87 Jahren darf man noch träumen.




