Die Demokratie lebt davon, dass sich Bürgerinnen und Bürger ehrenamtlich engagieren, Verantwortung übernehmen und sich für den gesellschaftlichen Zusammenhalt einsetzen. In Schleswig-Holstein gibt es rund eine Million Freiwillige, knapp die Hälfte davon sind Frauen. Eine von ihnen ist Maren Rehmke. Sie wohnt seit 36 Jahren in Osterstedt im Kreis Rendsburg-Eckernförde und engagiert sich für ihre Dorfgemeinschaft und die plattdeutsche Sprache.
Maren Rehmke nimmt sich gern Zeit für ein Gespräch mit dem Bauernblatt. Ein selbst gebackener Rhabarber-Baiser-Kuchen steht schon bereit, Ehemann Volker hat Kaffee gekocht. Bei den Rehmkes geht alles Hand in Hand. Bis 1996 bewirtschaftete das Paar gemeinsam einen Milchviehbetrieb, den Volker Rehmke in vierter Generation von seinem Vater übernommen hatte. Heute erinnert der noch bestehende Hofladen mit Kartoffeln aus eigenem Anbau und Produkten aus der Region an diese Zeit. Volker Rehmke arbeitet mittlerweile hauptberuflich beim Wasser- und Bodenverband. Die Eheleute sind beide ehrenamtlich aktiv, er bei der Freiwilligen Feuerwehr, sie im Kulturverein. Aber der Reihe nach. „Ich bin gebürtig aus dem Dorf Fitzbek im Kreis Steinburg. Durch meine Heirat kam ich nach Osterstedt“, schaut die gelernte Einzelhandelskauffrau zurück.
Ein einschneidendes Erlebnis motivierte sie im Alter von 19 Jahren zum ersten Ehrenamt. „Ich erlebte einen Unfall mit, bei dem ich nicht wusste, wie ich helfen konnte. Ich dachte mir, das muss anders werden, und machte daraufhin den Ausbilderschein für Erste Hilfe beim Deutschen Roten Kreuz.“ Fortan absolvierte sie dort Dienste, führte Schulungen für die Feuerwehr oder Erste-Hilfe-Kurse für den Führerschein durch, bis Tochter und Sohn das Licht der Welt erblickten und sie zwölf Jahre überwiegend zu Hause wirkte.
Was ihren beruflichen Werdegang betrifft, bewies die 56-Jährige stets Flexibilität. Erfolgreich fuchste sie sich immer wieder in neue Aufgaben und Herausforderungen hinein. Vor der Geburt ihrer Kinder arbeitete sie in einem Modehaus, später als Buchbindegehilfin, selbstständige Dozentin für verschiedene Bildungsträger und im Amt Mittelholstein als Koordinatorin zwischen Ehrenamt und Geflüchteten.
Neben Familie und Beruf war es ihr ein Bedürfnis, sich ehrenamtlich zu engagieren. So gehörte sie zwölf Jahre dem Kirchengemeinderat Todenbüttel an, der auch für Osterstedt zuständig ist. „Als Deern vun’t Land kenne ich es nicht anders. Eine Dorfgemeinschaft kann nur funktionieren, wenn sich alle entsprechend ihren Möglichkeiten und Talenten einbringen“, ist sie überzeugt. Sie freue sich, dass Osterstedt mit seinen 669 Einwohnern kein „Schlafdorf“ sei. Dazu trügen besonders die Vereine bei, wie der Kulturverein, den sie 2004 mitgegründet hat. Seit 2017 fungiert sie hier als erste Vorsitzende. „Auf Initiative von Isa Schmidt (†), die vor mir Vorsitzende war, und weiteren Einwohnern wurden damals mit der Gründung des Kulturvereins bereits bestehende Strukturen und Aktivitäten zusammengefasst“, informiert sie und stellt das reich gefüllte Jahresprogramm vor.
Ob die Repräsentation der Gemeinde auf der Hohenwestedt-Woche, die Gemeindeweihnachtsfeier, Basare, Vorträge, Bingo-Abende, Theateraufführungen, Basteln für Kinder oder Lesungen – für Groß und Klein ist jede Menge los. Die Fäden der Aktivitäten laufen bei Maren Rehmke zusammen. Sie behält weise ordnend den Überblick, weiß viel, beantwortet Fragen, gibt Hinweise, bringt Ideen ein und packt tatkräftig an. Froh und dankbar ist sie, dass drei ehrenamtliche Damen monatlich einen Seniorennachmittag organisieren. „Ohne engagierte Mitstreiter läuft nichts!“, betont sie. Für die Aktionen steht das Gemeinde- und Veranstaltungszentrum Ole School bereit, außerdem gibt es die privat geführte Gaststätte „Im Sprechzimmer“ mit Saal.
Eine von der Gemeinde eingerichtete WhatsApp-Gruppe sorgt dafür, dass die Einwohner über Veranstaltungen informiert werden. Hier postet Maren Rehmke zuverlässig Beiträge und füllt die Gruppe mit Leben. „Für die ältere Generation verteilen wir Flugblätter mit allen Angeboten“, ergänzt sie. Es sei erfüllend und sinnstiftend, in einem tollen Team mit anderen Menschen getreu dem Motto „miteinander füreinander“ ehrenamtlich aktiv zu sein. „Wir haben eine Vielfältigkeit im Dorf, die es mancherorts gar nicht mehr gibt“, meint sie und lobt zugleich die gute Nachbarschaft.
Was die zweifache Großmutter bei ihrem Einsatz für das Gemeinwohl noch antreibe? „Mir ist es wichtig, dass das, was in der Vergangenheit geschaffen wurde, und das, was wir heute schaffen, für unsere Kinder und Kindeskinder erhalten bleibt, dass wir zukunftsweisend handeln und ein Vorbild sind.“ Für dieses Ziel sei sie bereit, auch einmal streitbar und unbequem zu sein, Haltung zu zeigen und für ihre Überzeugung einzustehen. „Manchmal kann ich damit für andere anstrengend sein. Ich schwimme nicht immer im Strom mit, sondern betrachte Dinge von allen Seiten, möchte Gründe für unterschiedliche Positionen genau nachvollziehen können“, erklärt sie.
Deshalb sei es für sie selbstverständlich, Sitzungen der Gemeindevertretung aufmerksam zu verfolgen, nicht nur um sich zu informieren, sondern auch um sich zu Wort zu melden und Impulse für die Gemeinde zu geben. Am Herzen liegt ihr der dorfeigene Park mit einem Ehrenmal und Skulpturen des örtlichen Künstlers und Bildhauers Bendix Passig (1864-1957), für dessen Erhalt und Restauration sie sich unermüdlich starkmacht. Also geht es nach dem Kaffeetrinken auf einen Rundgang durchs Dorf und zum Park. Währenddessen taucht Maren Rehmke lebendig und fachkundig in die Historie des Dorfes ein. Sie kennt manche Anekdote von anno dazumal. Auf Wunsch bietet sie Führungen an.
Dann kommt sie auf ein Thema zu sprechen, das ihr gleichfalls wichtig ist: Plattdüütsch. „Als kleines Kind sprach ich nur Platt, erst in der Schule Hochdeutsch. Ich fühle mich meiner ersten Muttersprache sehr verbunden. Auch mit meinem Mann spreche ich Platt, unsere Kinder wuchsen damit auf und nun die zwei Enkel.“
Bereits 2013 initiierte sie in Zusammenarbeit mit der Brücke Rendsburg-Eckernförde e. V. das Pilotprojekt „Platt in der Pflege“. Plattdeutsch sei für viele alte Menschen die Sprache des Herzens, ein tröstender, vertrauter Klang, der oftmals sogar Erinnerungen zurückbringe. „Im Pflegealltag, ob in einer Einrichtung oder zu Hause, löst Plattdeutsch bei alten Menschen Vertrauen, Wertschätzung, Wohlbefinden und Nähe aus“, weiß sie aus eigener Erfahrung.
Besonders bei älteren Menschen mit Demenz könne eine plattdeutsche Ansprache ein Türöffner zu ihrer ganz eigenen Welt sein. „Etliche Senioren wollen gern in ihrer Muttersprache kommunizieren“, konstatiert sie. Deshalb bereite sie in eintägigen und mehrtägigen Kursen unter dem Titel „Plattdüütsch praktisch in de Pleeg“ Pflegende darauf vor, die plattdeutsche Sprache in den Pflegealltag zu integrieren. Dafür lerne sie mit ihnen Redewendungen, Witze, Lieder, kleine Texte und Spiele. Der Schwerpunkt liege auf der praktischen Anwendung. „Vom 16. bis 18. September findet der nächste dreitägige Sprachkurs im Nordkolleg Rendsburg statt“, kündigt sie an und lädt interessierte Bauernblatt-Leser herzlich dazu ein.
Bleibt abschließend die Frage, ob Maren Rehmke Zeit für Hobbys habe. Sie lächelt und nickt. „Ja, ich kümmere mich liebend gern um meine Enkel, meinen Garten und singe mit Freude im Gemischten Chor Beringstedt.“