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Globale Rekordernte erwartet

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Trotz einer globalen Rekordernte 2025/26 wird die weltweite Versorgung mit Weizen wahrscheinlich leicht unterdurchschnittlich ausfallen, wobei die Lagermengen auf ein Mehrjahrestief sinken dürften. Zu diesem Ergebnis kommt der Internationale Getreiderat (IGC) in seinem Bericht vom Donnerstag vergangener Woche.

Die Londoner Fachleute setzten ihre Prognose für die globale Weizenproduktion um 2,7 Mio. t auf 811 Mio. t herauf; das wären 11,3 Mio. t oder 1,4 % mehr als im Vorjahr und die bislang größte Menge aller Zeiten. Das amerikanische Landwirtschaftsministerium (USDA) hatte die Weltweizenernte in seiner jüngsten Prognose vom 12. August etwas niedriger taxiert, nämlich auf lediglich rund 806,9 Mio. t.

Im Einzelnen sieht der IGC die EU-Weizenernte nun bei 138,8 Mio. t, was im Vergleich zur Vorhersage vom Juli einem Aufschlag von 1,6 Mio. t entspricht. Das wären 19,4 Mio. t mehr als das witterungsbedingt sehr schlechte Vorjahresergebnis und das größte Aufkommen seit 2019/20. Damals droschen die Landwirte in der Gemeinschaft noch 155 Mio. t. Die EU-Kommission hatte die diesjährige Weizenerzeugung in der Union zuletzt auf 135,6 Mio. t geschätzt.

Auch mit Blick auf die Weizenproduktion in Russland äußerten sich die Londoner Fachleute optimistischer und korrigierten ihre Voraussage um 2 Mio. t auf jetzt 93,7 Mio. t nach oben. Damit würde die Vorjahresmenge um 2,4 Mio. t übertroffen. Dagegen wurde für die Ukraine ein Abschlag von 600.000 t auf 24,5 Mio. t Weizen vorgenommen, nach einem Ergebnis von 25,4 Mio. t im vergangenen Jahr. Außerdem passte der Getreiderat seine Voraussage für den globalen Weizenverbrauch um 1,7 Mio. t auf ein Spitzenvolumen von 815,8 Mio. t nach oben an. Damit würde die Vorjahresmenge um 12,1 Mio. t oder 1,5 % übertroffen. Unter dem Strich ergab sich damit im Vergleich zur Juliprognose ein Abschlag für die globalen Endbestände der laufenden Saison von 400.000 t auf 264,3 Mio. t; damit würden die Anfangsbestände um 4,8 Mio. t abgestockt und auf das niedrigste Niveau seit 2018/19 schrumpfen. Diese Menge würde ausreichen, um den erwarteten Verbrauch für 118 Tage zu decken. Das wären vier Tage weniger als der Mittelwert der vergangenen vier Jahre.

Unterdessen erholte sich der Weizenkurs an der Terminbörse in Paris, wobei auch die Umsätze deutlich zulegten. Der aktuell meistgehandelte Matif-Future mit Fälligkeit im Dezember 2025 ging Ende vergangener Woche für 195,75 €/t aus dem Handel; das waren 2,50 €/t oder 1,3 % mehr als der Eröffnungskurs. age

ifo-Studie: Meerengen als Sicherheitsrisiko

Die Seeschifffahrt und die dazugehörige Infrastruktur haben für Deutschlands Außenhandel eine enorme Bedeutung. Rund die Hälfte des Handels mit Drittstaaten entfällt auf den Seeverkehr. Allerdings wird ein Großteil dieser Transaktionen über eine kleine Zahl globaler Drehkreuze abgewickelt. Deshalb ist die Bundesrepublik an wichtigen Meerengen und Wasserwegen stark anfällig für Blockaden oder sonstige Störungen. Das zeigt eine Studie, die vom Münchener ifo Institut im Auftrag des Bundeswirtschaftsministeriums durchgeführt wurde.

Von besonderer geoökonomischer Bedeutung für Deutschland ist laut Studie die Seepassage über das Rote Meer inklusive Suezkanal und der Straße von Bab al-Mandab. Knapp 10 % aller Importe nach Deutschland kommen demnach über diese Route; im Jahr 2023 habe sich das darüber abgewickelte Handelsvolumen auf 136 Mrd. € belaufen. Transportiert würden vorwiegend kritische Rohstoffe sowie wichtige Vorprodukte für die Industrie.

Über den Suezkanal kommen knapp 10 % aller Importe nach Deutschland. Foto: Imago

Auch die Straße von Malakka mit einem Anteil von 8,7 % aller Importe und die Taiwanstraße mit 7,1 % hätten eine große Bedeutung für Deutschland, heißt es in der Studie. Je nach Branche könne die Abhängigkeit von einzelnen Meerengen noch deutlich höher sein, zum Beispiel bei wichtigen Rohstoffen für die Industrie. Einzelne Produkte wiesen Abhängigkeiten von mehr als 90 % auf. Im Vergleich dazu sei die Bedeutung der Straße von Hormus und des Panamakanals für den deutschen Außenhandel eher gering. Über den Panamakanal seien 2023 lediglich 0,5 % aller deutschen Importe gelaufen, über die Straße von Hormus 0,4 %.

Der Koordinator der Bundesregierung für die maritime Wirtschaft, Dr. Christoph Ploß, hob hervor, dass die Sicherheitspolitik neben der klassischen Landesverteidigung auch die Wirtschaftssicherheit und dabei besonders die Schifffahrt und die Sicherung der Handelswege mitdenken müsse. Zugleich appellierte Ploß an die deutschen Unternehmen, das Geschehen aufmerksam zu beobachten und Vorsorge zu betreiben, um auf die Blockade von Meerengen vorbereitet zu sein. age

Den Raps sicher in den Winter führen

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Winterrapsbestände bestehen zum Vegetationsschluss vor dem Winter idealerweise aus kräftigen Einzelpflanzen mit zehn ausgebildeten Laubblättern, deren Vegetationskegel sich noch dicht am Boden befindet. Bestände, die sich vor dem Winter zu weit entwickelt haben oder die gar zu klein oder geschwächt sind, können von Auswinterungsschäden betroffen sein. Die für die Herbstbehandlung des Rapses verfügbaren Fungizide haben neben ihrer fungiziden Wirkung einen Einfluss auf die Gibberellinsynthese der Pflanzen, also einen wachstumsregulatorischen Effekt. Diese Fungizide/Wachstumsregler bieten einen doppelten Nutzen, da sie sowohl das Wachstum der Pflanzen steuern als auch pilzliche Krankheiten regulieren.

Der Einsatz solcher Fungizide im Herbst zielt darauf ab, das Risiko von Pilzkrankheiten, zum Beispiel Phoma lingam (Wurzelhals- und Stängelfäule), und gleichzeitig das Pflanzenwachstum zu regulieren. Es werden hierdurch vor allem die Anlage von Seitentrieben und ein kompaktes Pflanzenwachstum gefördert; ein „Überwachsen“ der Winterrapsbestände vor dem Winter soll hiermit verhindert werden. Durch die Hemmung des Längenwachstums werden die Pflanzen stabiler und widerstandsfähiger gegenüber niedrigen Temperaturen und Frost. Kurzum, die Winterhärte der Pflanzen wird verbessert, um so die Gefahr von Auswinterungsschäden zu minimieren.

Ein Kontrollfenster (vorn) zeigt den Erfolg der Einkürzungsmaßnahme an.

Die Wahl des optimalen Behandlungszeitpunktes und die Anzahl der erforderlichen Behandlungen sind von entscheidender Bedeutung für die Wirksamkeit der fungiziden Wachstumsregulatoren. In der Regel wird empfohlen, die erste Behandlung im Vier- bis Sechsblattstadium (ES 14 bis 16) des Winterrapses durchzuführen. Eine einmalige Anwendung ist oft ausreichend, um die gewünschten Effekte zu erzielen. Unter Umständen kann eine zweite Behandlung notwendig sein (zum Beispiel bei sehr wüchsigen und üppigen Beständen, hohem Krankheitsdruck).

Der Einsatz der fungiziden Wachstumsregler sollte an das Entwicklungsstadium des Rapses angepasst werden. Die meisten Rapsbestände fallen im Herbst unter eines der drei nachfolgend beschriebenen Szenarien (siehe Abbildung):

Szenario 1: Schwach entwickelte Rapsbestände

Erreicht der Rapsbestand das Vierblattstadium erst sehr spät (gegen Mitte bis Ende Oktober) beziehungsweise ist der Bestand schwach entwickelt, ist eine Behandlung zur Vermeidung der Stängelstreckung kaum noch erforderlich. Bei solchen Beständen kann unter Umständen auf den Einsatz von Wachstumsreglern ganz verzichtet werden. Optional kann eine einmalige Behandlung in ES 14 bis ES 16 zur Vitalisierung beziehungsweise Verbesserung der Widerstandsfähigkeit beitragen.

Szenario 2: Gleichmäßiger, ­normal wachsender Bestand

Rapsbestände, die zu einem Standardsaattermin Ende August gedrillt worden sind, entwickeln sich meistens normal und erreichen gegen Ende September das Vierblattstadium (ES 14). Das Risiko des Überwachsens ist gering. Behandlungen sollten hier zwischen dem Vier- und Sechsblattstadium (ES 14 bis 16) durchgeführt werden.

Szenario 3: Sehr wüchsiger und üppiger Bestand

Ein früh gesäter Rapsbestand (Mitte August) in Kombination mit einer zügigen Jugendentwicklung aufgrund warmer Herbstwitterung erreicht oftmals schon Mitte September das Vierblattstadium. In solchen Beständen bietet es sich an, die Wachstumsreglermaßnahmen aufzuteilen. Die erste Maßnahme sollte hier bereits in ES 13 bis 14 durchgeführt werden. Eine weitere Maßnahme, in der Intensität und Terminierung abhängig vom weiteren Witterungsverlauf, kann dann in ES 16/17 erfolgen.

Eine Übersicht der im Winterraps im Herbst zugelassenen Fungizide/Wachstumsregler und deren Auflagen findet sich auf der Homepage der Landwirtschaftskammer: https://t1p.de/2xfs6

Fazit

Die Anwendung von Fungiziden mit wachstumsregulatorischen Eigenschaften im Herbst ist ein wesentlicher Bestandteil des erfolgreichen Winterrapsanbaus. Diese regulieren sowohl das Pflanzenwachstum und bekämpfen auch effektiv die Pilzkrankheiten. Dies führt zu einer verbesserten Winterhärte und einem gesunden Pflanzenbestand. Die Notwendigkeit einer Behandlung, der optimale Behandlungszeitpunkt als auch die Anzahl der Behandlungen sind dabei auf die Entwicklung der Rapsbestände abzustimmen.

Wohlfühloase für Genießer-Schweine

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Im Bauernblatt, Ausgabe 33 wurde ein Tierwohlstall in Sachsen vorgestellt (https://www.bauernblatt.com/wohlfuehloase-fuer-geniesser-schweine/). In Teil 2 der Betriebsreportage geht es unter anderem um das Stallklima.

Beim Gang durch den Stall dieses Betriebes riecht es natürlich nach Schwein. Der Geruch ist sehr leicht und angenehm, was am guten Klima liege, wie Stallleiterin Stephanie Friebel erklärt. Der First und die Seitenwände sind offen. „Den Öffnungsgrad variieren wir je nach Windrichtung und Temperatur.“

Der Stall lüftet sich von selbst: Warme Luft steigt nach oben auf und kalte Luft kommt von den Seiten hinein. Durch die geräumige Bauhülle ist das Luftvolumen groß. Der Luftwechsel pro Stunde ist abhängig von der Windgeschwindigkeit und entspricht den natürlichen Bedingungen.

Damit den Schweinen trotz der Außenklimareize ihre Wohlfühltemperatur geboten wird, verfügen alle Buchten über eine Fußbodenheizung. Diese kann heizen und kühlen, weil eine Erdwärmepumpe die energetische Basis ist. Zusätzlich sind drei Ventilatoren installiert, die nur bei Bedarf laufen. Auch im Falle eines Fliegenproblems würden sie Abhilfe schaffen. Wärme stört die Schweine viel mehr als Kälte. Dann besteht immer noch die Möglichkeit, sich in der Suhle zu baden.

Regionales Futter

Gefüttert werden die durocblütigen Schweine mit eigenem Futter, das größtenteils von der Agraset in Dienstleistung auf den eigenen Flächen angebaut wird. Die Ration besteht aus 10 % Hafer, 42 % Gerste, 30 % Weizen, 15 % Leinsamenextraktionsschrot und 3 % Mineralfutter. Dadurch soll der Omega-3-Fettgehalt im Fleisch erhöht werden. Zusätzlich wird Stroh gefüttert. Das Futter ist rund um die Uhr verfügbar.

Im hinteren Teil des Stalls stehen drei Silos für die Mittel- und Endmast. In drei weiteren Silos lagert das energiereichere Ferkelfutter. Mithilfe von Futterschnecken gelangt das Futter einmal täglich über eine Metallbahn in die Futtersäulenautomaten. „Die Schweine müssen für ihr Futter arbeiten“, erklärt Ute Nebelung, langjährige Mitarbeiterin und Aufsichtsratsvorsitzende der Genießergenossenschaft. Nur wenn sie mit dem Rüssel die Automatenluke öffnen, fällt Futter aus dem Schlitz.

„Strohregen“ als Highlight

Es ist wieder so weit: Die Schweine grunzen, rennen und spielen. Der zwei Mal tägliche „Strohregen“ ist ein Highlight für die Tiere. Der an einem Schienensystem aufgehängte Strohroboter fährt über die Buchten, schneidet den Strohballen auf zirka 5 cm große Schnipsel und lässt sie langsam in die Buchten fallen.

Ältere Schweine erhalten weniger Stroh als junge. Bei den Ferkeln wird nur unter Aufsicht eingestreut. Das Stroh wird dann sofort manuell unter den überdachten Teilen des Flatdecks verteilt. Der Roboter kann zwölf verschiedene Routen fahren. Pro Tag werden 350 kg Stroh verbraucht, was einem Ballen von 1,20 x 1,80 x 2,40 m entspricht.

Ruhige Schweine

Im Stall ist es auffallend ruhig. Erst beim näheren Herantreten an die Boxen stehen die Schweine auf und kommen neugierig näher. Sie haben mindestens doppelt so viel Platz wie in der konventionellen Haltung. Diese Bewegungsmöglichkeiten nutzen die Tiere reichlich.

Außerdem wirken die Schweine ausgeglichen. Falls es doch einmal zu einer Rauferei kommt, können sie durch eine Schlupftür ausweichen. Jede Bucht ist durch eine Wand unterteilt, in der es auf jeder Seite eine Schlupftür gibt. Zudem kennen sich fast alle Tiere. Beim Umgruppieren kommen immer größere Tiere zusammen. Bisher sind hier noch keine Beißer aufgetreten.

Die Ringelschwanzschweine werden rund 200 Tage lang gemästet.
Planungsansicht des neuen Stallkomplexes inklusive Schlachthaus

Handarbeit bei der Hygiene

Ziel war es, dass die Schweine nur im Auslauf abkoten. Leider laufe das noch nicht nach Plan. „Wir suchen aktuell, wo die Luft zieht“, sagt die Aufsichtsratsvorsitzende Ute Nebelung. Einmal pro Woche misten die Damen den Stall mit dem Radlader aus. Den Ferkelbereich schieben sie drei Mal wöchentlich per Hand ab. Zusätzlich werden leere Abteile mit Hochdruck gereinigt und desinfiziert.

Vogelkot stellt kein Problem dar. Da der Auslauf mit einem Vogelsicherheitsnetz geschützt ist, verirrt sich selten ein Vogel in den Stall. Auch Staub ist kein Problem. Beim Bau wurde darauf geachtet, möglichst wenige Staubflächen zu schaffen.

Und die Gülle?

Auch das Güllemanagement ist ausgeklügelt: Der planbefestigte Boden hat ein 3%iges Gefälle. Der tiefste Punkt liegt im Auslauf. Der Jauche-Gülle-Sickersaft gelangt über einen Kanal zum Vorsammelbehälter und von dort zum Jauchebehälter.

In der Biogasanlage der Agraset wird der Schweinemist vergoren und anschließend von der Genießergenossenschaft zurückgekauft. Dadurch ist das Düngen der Felder deutlich geruchsärmer, was die Akzeptanz für den Betrieb in den umliegenden Dörfern stärkt.

Eine wichtige Rolle beim Bau des neuen Stalls spielte auch das Energiekonzept. Die Südseite des Daches ist komplett mit Photovoltaikmodulen bedeckt. Zusätzlich nutzt der Betrieb Erdwärme. Dadurch können der Stall und das Schlachthaus zu 100 % mit eigener Energie versorgt werden.

Tierwohl kostet Geld

Etwa 6,5 Mio. € hat der Stallbau gekostet. Rund 25 % der Summe wurden vom Freistaat Sachsen und der EU gefördert. Die Kosten für einen Tierplatz belaufen sich auf 4.000 €. „Die Tierwohlmaßnahmen und die Anforderungen des Bundesemissionsschutzgesetzes haben die Kosten verdoppelt“, erklärt Jan Gumpert, Vorstandsvorsitzender der Genießergenossenschaft. Auch die lange Mastdauer erhöhe die Kosten. Statt 100 Tagen in der konventionellen Mast stehen die Schweine hier fast 200 Tage lang im Stall. Das bedeutet auch eine verdoppelte Futtermenge: insgesamt 6 dt pro Schwein.

Die Zunahmen liegen bei durchschnittlich 750 g pro Tag. Im Vergleich zur konventionellen Haltung in der Agraset sind dies 250 g weniger. Die geringe Zunahme sei gewollt. „Unsere Tiere werden mit 150 bis 160 Kilogramm Lebendgewicht geschlachtet. Dafür laufen die Schweine zirka 30 Meter zum Schlachthof. Hier werden pro Woche 60 Tiere geschlachtet.“

Am wichtigsten seien ein gutes Tierleben und hohe Fleischqualität. Da ist sich das „Genießerteam“ einig. Die Ergebnisse aus den Schlachtungen überzeugen. Durch das langsame Wachsen ist das Fleisch gut marmoriert und hat eine feine Speckschicht. Verschiedene Tester loben das bekömmliche und leichte Fleisch. „Der höhere Omega-3-Fettanteil verbessert erheblich den Fleischgenuss“, ist Gumpert überzeugt. Dies belegen außerdem mehrere Doktorarbeiten.

Betrieb hat kein Biosiegel

Verarbeitet wird das Fleisch von zwei regionalen Landschlachtereien. Bio sei dabei nie ein Thema gewesen, sagt Gumpert. „Unsere Mitglieder legen Wert auf regionale Kreisläufe und auf Transparenz. Das Biosiegel hätte für sie keinen Mehrwert“, betont der Landwirt. Dieses Ergebnis zeigte sich ganz klar in einer Genossenschaftsabstimmung. Schließlich stamme das Futter aus kontrolliertem Anbau. Pflanzenschutz werde nur eingesetzt, wenn notwendig, und einzelne Tiere würden nur bei Bedarf behandelt.

In der Region vermarktet

Das Fleisch der Tiere wird direkt an Endverbraucher vermarktet, also an Genießergenossen, Hofläden, Gastronomie und Außerhausverpflegung. Wer nicht aus der Region kommt, kann das Fleisch und die Wurstprodukte im Online-Shop bestellen und an einem der aktuell zehn Abholpunkte einsammeln. Auch im Landmarkt der Agraset und in Hofläden in der Region können die Produkte erworben werden.

Aktuell läuft die Vermarktung in den sächsischen Großstädten Chemnitz, Dresden und Leipzig an. Auch mit Restaurants ist Jan Gumpert im Gespräch. Mit den Preisen des Lebenseinzelhandels könne das Genießerfleisch nicht mithalten. Trotzdem ist der Landwirt offen für regionale Kooperationen, die bereit sind, den Mehrwert des Fleisches und der Haltung zu vermarkten.

Regelmäßig bietet der Betrieb Führungen an, um Verbrauchern einen Einblick in die Arbeit der Schweinehalter zu geben. „Wer sieht, wie unsere Tiere gehalten werden, kann mit gutem Gewissen unser Fleisch kaufen“, ist sich Jan Gumpert sicher.

Fazit

In Sachsen hat eine neu gegründete Genossenschaft einen Tierwohlstall gebaut. Der Betrieb kombiniert Tierwohl, Nachhaltigkeit und Transparenz, ohne auf das Biosiegel zu setzen. Mit eigenem Schlachthaus wird das Fleisch direkt an Verbraucher vermarktet.


Genießergenossenschaft Sachsen eG

09306 Königshain-Wiederau

Betriebszweige: Schweinemast nach höchsten Tierwohlstandards und mit eigener Schlachtung, Ackerbau

landwirtschaftliche Nutzfläche: 221 ha

angebaute Kulturen: Weizen, Gerste, Öllein, Mais, Hafer, ­Kartoffeln, Grasvermehrung

Arbeitskräfte: 3 AK

Schweinemast (vergleichbar Haltungsstufe 4)

Anzahl Plätze: 1.760

Genetik: Mutter: Dänische Landrasse x Dänisches Edelschwein,
Vater: Duroc

Ringelschwanz

Masttagszunahmen: 750 g

Verluste: 2 %

Umtriebe: 1,7 pro Jahr (Mastdauer zirka 200 Tage)

Mastendgewicht: 150 bis 160 kg

Vermarktung: direkt an Endverbraucher (Genießergenossen, Hofläden, Gastronomie, Onlineshop)


Wie billig soll EU-Weizen denn noch werden?

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Die Weizenkurse an der Euronext (Matif) in Paris kommen nicht aus ihrem Tal der Tränen heraus. Der September-Termin dümpelt nun schon seit Ende Juli deutlich unter der Marke von 200 €/t vor sich hin. Auch der meistgehandelte Dezember-Termin fällt seit Ende Juli kontinuierlich von Woche zu Woche und liegt mittlerweile unter dem Wert des Fronttermins. Dabei keimte zum Ende der vorigen Woche vorsichtiger Optimismus bei allen Marktbeteiligten auf. Denn an der Matif wurden die Kurse durch Short-Eindeckungen von Finanzinvestoren gestützt. Diese sahen den Moment gekommen, ihre Wetten auf fallende Kurse nun einzulösen, ein Indiz dafür, dass der Markt den Boden erreicht hat. Entsprechend niedrig sind auch die Erzeugerpreise. Im Durchschnitt liegt der B-Weizenpreis nur knapp über der 170-€/t-Marke. Da viele Weizenbestände aufgrund zu niedriger Fallzahlen nur Futtergetreide geworden sind, haben viele Erzeuger nicht einmal dieses Preisniveau erreicht. Der durchschnittliche Erzeugerpreis für Futterweizen liegt deutlich unter 160 €/t – eine finanzielle Katastrophe für viele Ackerbauern. Wer kann, lagert ein, viele Landwirte müssen aber aufgrund der lang anhaltenden Niedrigpreisphase zumindest Teilmengen verkaufen, um liquide zu bleiben.

EU-Weizen konkurrenzfähig

Das niedrige Preisniveau für EU-Weizen weckt aber auch das Interesse von Käufern aus Drittländern aus dem nordafrikanischen und asiatischen Raum sowie dem Nahen Osten. Allerdings bleibt es bisher oftmals nur beim Interesse. Meldungen über konkrete Abschlüsse sind bisher rar. Der erneut stärker gewordene Euro drückt hier allerdings auch gehörig auf die Exportbremse. Der Dollar gab zum Ende der vorigen Woche erneut nach, nachdem der Chef der US-Notenbank eine weitere Zinssenkung nicht mehr ausschloss. Stark exportfördernd dürfte sich allerdings die Tatsache auswirken, dass EU-Weizen aktuell günstiger ist als der Weizen aus den Exporthäfen in der Schwarzmeerregion. Dieser Umstand ist hauptsächlich dem aktuell relativ langsamen Exporttempo in Russland geschuldet. Allerdings scheinen einige Importeure hier auch auf steigende Mengen und somit günstigere Preise für russischen Weizen zu warten.

Hohe Erntemengen

In Deutschland liegt die diesjährige Erntemenge an Winterweizen laut Schätzungen des Deutschen Raiffeisenverbands (DRV) mit über 22 Mio. t deutlich über dem Vorjahr. Diese Ernteschätzung belastet die Erzeugerpreise natürlich zusätzlich. Dies ist aber nicht nur in Deutschland der Fall, die EU-Weizenernte reiht sich mit einem Plus von geschätzten 17 Mio. t nahtlos ein. Besonders die Balkanländer Rumänien und Bulgarien erreichen hohe Zuwächse in den Ertragsschätzungen. Auch in Russland werden die Weizenerträge mit jeder neuen Schätzung weiter nach oben korrigiert. Ging man zuerst von knapp 82 Mio. t aus, waren es in der vorletzten Woche schon gut 83 Mio. t und inzwischen sind wir bei 85 Mio. t. Auch in den USA werden die Vorjahreswerte wohl übertroffen, wenn auch nur geringfügig. Lediglich in der Ukraine wird man unter Vorjahresniveau bleiben. Diese laufend nach oben korrigierten Erntemengen belasten die Preise enorm und bieten wenig Erholungspotenzial. Da hilft es auch nicht, dass die globalen Endbestände weiter sinken. Dieser Umstand wird von den Märkten, wie auch schon im vorigen Jahr, komplett ausgeblendet.

West Side Story in Eutin

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Wenn zwei Nachbarvereine auf eine Tagesreise gehen, dann scheint natürlich die Sonne. Gemeinsam ging es nach Eutin, in die schöne Kreisstadt des Kreises Ostholstein, zum Schleswig-Holstein-Musikfestival.

In Eutin angekommen, war noch Zeit für einen kleinen Bummel durch die Stadt, mit anschließendem Essen in einer der traditionsreichsten Gaststätten der Region, dem Eutiner Brauhaus. Zentral gelegen am historischen Eutiner Marktplatz hat das Restaurant hat eine hauseigene Brauerei und eine Speisekarte mit regionalen und saisonalen Gerichten. Hier genossen die LandFrauen das selbst gebraute Eutiner Bier.

Ebenfalls eine schöne Kulisse abseits der Bühne: der Steg am großen Eutiner See

Gleich darauf konnte man den Eutiner Schlossgarten besichtigen und sich auf einer der vielen Bänke ausruhen. Schöne, alte Bäume, eine beeindruckende Lindenallee, der Eutiner See und Kanäle, sowie ein großer Küchengarten luden zum Schlendern ein, um die Zeit zu überbrücken. Denn die Abendvorstellung der „West Side Story“ auf der beeindruckenden Freilichtbühne begann erst um 20 Uhr. Die Seebühne am Großen Eutiner See verwandelt sich in ein akustisches und optisches Highlight dieser Spielzeit. Die LandFrauen und Gäste erwarteten Leidenschaft, Dramatik und unvergessliche Musik. Der Klassiker ist heute so frisch wie bei seiner Premiere 1957. Die moderne Version von „Romeo und Julia“ war sehr beeindruckend. Es wird die tragische Liebesgeschichte zwischen Tony und Maria erzählt, die in einem vom Bandenkrieg geprägten New York spielt.

Ein toller Tag, die traumhafte Seebühne und eine grandiose Aufführung! Mit diesen Eindrücken brachte uns unsere Busfahrerin wieder nach Hause.

70 Jahre LandFrauenverein Jörl

Jubiläumsfeier im Landgasthaus Sollerup

Viele Gäste feierten das Jörler LandFrauenjubiläum im Landgasthaus Sollerup. Foto: LandFrauenverein Jörl

Die erste Vorsitzende Elke Thomsen konnte neben den Mitgliedern auch zahlreiche Ehrengäste und Damen aus befreundeten LandFrauenvereinen begrüßen. Verbands-Präsidiumsmitglied Heidi Thamsen überbrachte die Glückwünsche zum 70-jährigen Bestehen vom Landesverband Schleswig Holstein und betonnte, dass die LandFrauenvereine immer noch eine feste Größe im gesellschaftlichen Leben des ländlichen Raumes einnähmen. Ohne ihre ehrenamtliche Arbeit sei ein abwechslungsreiches Vereinsleben nicht möglich und würde uns nicht das stolze Gefühl einer guten Gemeinschaft vermitteln. Der Bürgermeister von Jörl, Thomas Peter Kahlund, gratulierte im Namen der Jörler Gemeinden zum 70. Er bedankte sich für die gute Zusammenarbeit. „Ohne die LandFrauen würde etwas fehlen“, so Thomas Peter. Er wünschte den LandFrauen für die Zukunft viele neue Mitglieder und dass sie weiterhin so aktiv blieben. Zur Feier des Tages gab es Spargel mit Schinken. Nach dem Essen erzählte Elke etwas zur Geschichte des Vereines. Zu den Gründungsmitgliedern im Jahr 1955 gehörten Annemarie Fries aus Großjörl, Emma Hansen aus Rupel und Anneline Richter aus Janneby. Der Jahresbeitrag betrug 50 Pf. Zur Versammlung fuhr man mit dem Rad. Viel hat sich verändert mit den Jahren, dank moderner Technik in der Land- und Hauswirtschaft. Es wurden auch viele Tagesfahrten unternommen, bis an die Landesgrenzen. 1985 war die Mitgliederzahl auf 160 angestiegen. 2005 konnte man das 50-jährige Bestehen in Janneby feiern. 2017 übernahm Elke Thomsen die Führung. Sie wurde in der Coronazeit vor neue Herausforderungen gestellt, indem sie mit dem Computer per Videoschalte mit ihren Mitgliedern in Kontakt blieb und so etwa die Gartenbesichtigung in das Wohnzimmer bringen konnte. LandFrauenverein Jörl

Einkommenssteigerung durch Ökopunkte

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Landwirtschaftliche Flächen, die zum Beispiel aufgrund der Lage, des Zuschnitts oder der Bodenbeschaffenheit schlecht zu bewirtschaften sind, gibt es immer wieder. Doch ein Verkauf solcher ­Flächen ist oft von den Eigen­tümern und Eigentümerinnen nicht gewollt.

Was kann stattdessen mit diesen Flächen passieren, damit sie nicht unbewirtschaftet liegen bleiben? Vielleicht ist die Einrichtung eines Ökokontos eine sinnvolle Alternative.

Ganz allgemein gesagt sind Ökokonten Instrumente des Naturschutzes und der Eingriffsregelung. Sie dienen dazu, Eingriffe in Natur und Landschaft – etwa durch Bauvorhaben – auszugleichen oder zu ersetzen. Ein Ökokonto kann auf fast allen landwirtschaftlichen Flächen entstehen, die ökologisch aufwertbar sind. Ökokonten gelten immer als vorgezogene Ausgleichsmaßnahmen. Das bedeutet, dass die geplanten naturschutzfachlichen Maßnahmen umgesetzt und dann zunächst „angespart“ werden, bevor sie einen tatsächlichen Eingriff an anderer Stelle ausgleichen oder ersetzen können.

Maßnahmen für die naturschutzfachliche Aufwertung von Flächen sind zum Beispiel:

– Extensivierung von Grünland­flächen

– Anlage von Kleingewässern

– Uferabflachungen, Wiedervernässungsmaßnahmen

– Anlage von Feldgehölzen oder Streuobstwiesen

– Anlage von Knicks*

– Anlage von Blühwiesen

– Entwicklung von geschütztem Wertgrünland

– Aufforstungen*

* die Neuanlage von Knicks sowie Erstaufforstungen als Ausgleichsmaßnahmen sollten besser nicht im Rahmen eines Ökokontos, sondern als eigenständige Kompensationsmaßnahmen beantragt und erstellt werden.

Welche Flächen sind geeignet?

Flächen, die ökologisch aufwertbar sind und eine Mindestgröße von 1 ha haben (darunter nur in Ausnahmefällen), sind geeignet. Ob es sich dabei um Acker-, Grünland- oder Waldflächen handelt, spielt für die Eignung als Ökokonto keine Rolle. Der Ausgangszustand ist aber ausschlaggebend für die Höhe der anzurechnenden Ökopunkte. Dabei gilt: Je naturschutzfachlich wertvoller der Ausgangszustand, desto weniger Aufwertungsmaßnahmen sind möglich und desto weniger Ökopunkte werden angerechnet. Für die maximale Anzahl an Ökopunkten sind somit Ackerflächen geeignet. In der Regel können etwa zwischen 5.000 und 15.000 Ökopunkte pro Hektar erzielt werden. Wichtig: Nicht geeignet sind Flächen mit bereits hohem Naturschutzwert beziehungsweise gesetzlich geschützten Biotopen sowie Flächen mit anderen rechtlichen Verpflichtungen, zum Beispiel durch Fördermaßnahmen.

Wie funktioniert ein Ökokonto?

Ein Ökokonto kann als freiwilliger Naturschutz auf land- oder forstwirtschaftlich genutzten Flächen verstanden werden. Die Ökokontoinhaber und -inhaberinnen führen die Maßnahmen zur naturschutzfachlichen Aufwertungen aus eigener finanzieller Leistung heraus durch, es dürfen hierfür keine Fördergelder in Anspruch genommen werden.

Die geplanten Maßnahmen und das Entwicklungsziel der Ökokontofläche werden vorab in der Regel gemeinsam mit dem Ökokontoinhaber oder der Ökokontoinhaberin durch ein Planungsbüro erarbeitet und mit der zuständigen Unteren Naturschutzbehörde (UNB) abgestimmt. Die UNB genehmigt und verwaltet die Ökokonten. Nach Erstellung der geplanten Maßnahmen werden diese in Form von Ökopunkten durch die UNB dem Ökokonto gutgeschrieben. Die Maßnahmen werden dabei nach bestimmten Kriterien bewertet. Sobald die Maßnahmen umgesetzt und von der UNB abgenommen/eingebucht wurden, können die Inhaber oder Inhaberinnen des Ökokontos diese „angesparte“ Kompensation in Form von Ökopunkten an Ausgleichspflichtige vermarkten.

Je nach ertragssteuerlicher Behandlung der Ökokontoinhaber und -inhaberinnen sind die Einnahmen durch den Verkauf der Ökopunkte zu versteuern. Für genauere Informationen sollte eine Beratung durch ein Steuerbüro in Anspruch genommen werden.

Spätestens mit dem ersten Verkauf der Ökopunkte ist das Ökokonto außerdem an eine Eintragung ins Grundbuch gebunden. Damit soll sichergestellt werden, dass die Flächen dauerhaft aus der intensiven Nutzung genommen werden. Für Ökokontoinhaber und -inhaberinnen sowie deren Nachfolger und Nachfolgerinnen bedeutet das, dass die Ökokontoflächen auch nach dem Verkauf aller Ökopunkte weiterhin gemäß Auflagen der Unteren Naturschutzbehörde extensiv genutzt und gepflegt werden müssen.

Hinweis: Um ein Ökokonto oder andere Ausgleichsmaßnahmen wie zum Beispiel Knickneuanlagen zu beantragen und einzurichten, muss man nicht Inhaber oder Inhaberin der Flächen sein. Es reicht dann eine Zustimmungserklärung des Flächeninhabers oder der Flächeninhaberin.

Anerkennung und Beratung

Die Landwirtschaftskammer Schleswig-Holstein berät bei der Beantragung und Einrichtung von Ökokonten, Knickneuanlagen und Ersatzaufforstungen. Nach Anerkennung durch die UNB können die Ausgleichsflächen und -maßnahmen bei der Landwirtschaftskammer gemeldet werden, damit diese dann potenziellen Ausgleichspflichtigen angeboten werden können. Die Angebote erfolgen immer in enger Absprache mit den Ökokontoinhabern und -inhaberinnen, die selbst auch die Preise für die Ökopunkte festlegen können. Auch bei der Preisfindung berät die Landwirtschaftskammer gemäß Marktsituation. Sowohl die Beratung als auch die Vermarktung durch die Landwirtschaftskammer ist für die Ökokontoinhaber und -inhaberinnen kostenfrei.

Fazit

Interessierte können sich jederzeit bei der Landwirtschaftskammer melden und werden dort individuell auch in Bezug auf die konkreten Flächen beraten. Sollte Interesse an der Erstellung eines Ökokontos bestehen, werden Planungsbüros vermittelt und das weitere Verfahren begleitet. Nach Genehmigung durch die UNB vermittelt die Landwirtschaftskammer die Ökopunkte für die Ökokontoinhaber und -inhaberinnen.

„Rinder bleiben knapp“

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Die Erzeugerpreise für Rindfleisch sind seit einigen Monaten mehr als zufriedenstellend. Welche Ursachen das hat, erklärten Experten am Freitag vergangener Woche im Rahmen der Rindermastbereisung. Die traditionelle Veranstaltung der Arbeitsgemeinschaft für Vieh und Fleisch in Schleswig-Holstein und des Bauernverbandes Schleswig-Holstein (BVSH) führte die Reisegruppe auf drei Betriebe im Kreis Dithmarschen.

Auf dem Betrieb von Thies Karstens in Tensbüttel-Röst fand der öffentliche Vortragsteil statt. BVSH-Präsident Klaus-Peter Lucht betonte in seiner Ansprache die Bedeutung der Rindermastbereisung: „Wir wollen zeigen, dass uns Tierwohl sehr wichtig ist.“ Von der Politik fordert er mehr Vertrauen in die Tierhalter und weniger Gängelung durch Bürokratie. Lucht hob die Notwendigkeit regionaler Schlachthöfe hervor. Diese gewährleisteten kurze Transportwege. Zudem bleibe die Wertschöpfung im Lande.

Verständnis aufbauen

Ralf Heisterkamp

Ralf Heisterkamp von Danish Crown stellte klar: „Wir sehen, wo die Herausforderungen sind, aber auch welche Dinge gut laufen.“ Die Preissteigerungen der vergangenen zwölf Monate passten aus Sicht des Schlachtunternehmens nicht optimal zu den langfristigen Verträgen mit den Kunden. Auch die Entsorgungskosten seien in Schleswig-Holstein stark gestiegen. Das mache sich bemerkbar, so der Leiter des Rindereinkaufs. Dennoch sei man trotz aller Widrigkeiten vernünftig und nachhaltig aufgestellt. „So ein Tag wie heute erleichtert es, gegenseitiges Verständnis aufzubauen und die Herausforderungen der anderen Stufen zu sehen“, lobte Heisterkamp die Veranstaltung.

Abbau der Bestände

Björn Wiencken, Marktexperte der Landwirtschaftskammer Schleswig-Holstein, berichtete von schrumpfenden Rinderbeständen in Deutschland in den vergangenen Jahren. Seit 2016 habe sich die Tierzahl von 12,6 Millionen auf 10,3 Millionen reduziert. Allein im Vergleich zum Vorjahr gebe es in Schleswig-Holstein 4 % weniger Milchkühe und knapp 9 % weniger Jungbullen. „Das ist ein Grund für die gute Marktlage“, erläuterte Wiencken. Der Trend stagnierender oder schrumpfender Rinderbestände sei in ganz Europa zu sehen. Das Gleiche gelte für Rinderschlachtungen.

Björn Wiencken

Laut dem Kammer-Experten drücken die hohen Rindfleischpreise mittlerweile die Nachfrage. In der Konsequenz bedeute das, dass die Einfuhren stiegen. Das meiste Importfleisch komme aus EU-Nachbarländern und nur ein kleiner Teil beispielsweise aus Südamerika. Wiencken schilderte die Verbrauchersicht: „Importe sind wichtig, damit Rindfleisch kein Luxusgut wird.“ Insgesamt seien Produktion und Konsum von Rindfleisch in der EU sind auf gleichem Niveau.

Das Preisniveau bezeichnete Wiencken als zufriedenstellend. „Im Vergleich zur Rindermastbereisung 2024 liegen wir um zwei Euro pro Kilogramm Fleisch höher, sowohl bei Bullen als auch bei Kühen“, so der Marktkenner.

Der aktuelle Knick beim Kälberpreis sei auf den Ausbruch der Blauzungenkrankheit im vergangenen Herbst zurückzuführen. Aufgrund verzögerter Trächtigkeit kämen die Kalbungen jetzt vermehrt, was sich im Preis bemerkbar mache. Grundsätzlich erwarte er einen fortschreitenden Bestandsrückgang. Das führe zu stabilen Preisen, werde mittelfristig aber auch eine Anpassung der Schlachtkapazitäten zur Folge haben, prognostizierte Wiencken.

Kennzeichnung kommt

Roger Fechler, Bereichsleiter Vieh und Fleisch beim Deutschen Bauernverband (DBV), erklärte: „Wir haben neben dem hohen Erlösniveau auch ein hohes Kostenniveau.“ Daran müsse man sich gewöhnen. Er zeigte sich überzeugt, dass die Tierschutzdebatte auch mit der neuen Bundesregierung weitergehen werde. „Aber vielleicht haben wir bessere Möglichkeiten, pragmatische Lösungen zu finden“, so Fechler. Grundsätzlich sei das Bekenntnis zur Tierhaltung im Koalitionsvertrag zu begrüßen. Fördermittel für Stallumbauten müssten aber zuverlässig fließen. Wichtig sei die Zusage, dass für Stallum- oder -neubauten ein Bestandschutz von 20 Jahren gelten solle.

Roger Fechler

Mit Blick auf die staatliche Tierhaltungskennzeichnung forderte er eine komplette Neukonzeption, die praxistauglich auszugestalten sei. „Ganz wichtig sind gleichwertige Anforderungen und Kontrollen von importierter Ware“, forderte der DBV-Vertreter. Bevor weitere Tierarten wie Rinder in die staatliche Kennzeichnung aufgenommen würden, müsse man für die Schweine eine pragmatische Lösung hinbekommen. Dass grundsätzlich eine staatliche Haltungsformkennzeichnung auch für Rindermast und Milch kommen werde, daran habe er keinen Zweifel. Daher sei jetzt auch die Branche in der Verantwortung, bei der Entwicklung selbst voranzugehen.

Mit Blick auf ein verstärktes Tierseuchengeschehen in Europa gewinne die Biosicherheit auf den Betrieben an Bedeutung. Nach Aussage von Fechler müsse sich die Branche zudem zunehmend mit dem Thema Impfung beschäftigen.

Die Ignoranz am Wegesrand

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Entlang von Knicks, im Wald oder am Feldweg illegal entsorgter Müll scheint angesichts der Krisen, die derzeit die Nachrichten bestimmen, nicht das drängendste Problem in Mitteleuropa zu sein. Ohnehin ist hierzulande – verglichen mit Regionen etwa in Südeuropa – in der Natur insgesamt erfreulicherweise recht wenig Abfall zu finden. Doch für die betroffenen Flächeneigentümer, Nutztierhalter oder Anwohner und nicht zuletzt für die Natur selbst ist der unerlaubt entsorgte Unrat deswegen nicht minder ärgerlich beziehungsweise schädlich.

Während allein das weltweite Kunststoffaufkommen in den nächsten Jahren weiter zunehmen wird und zu Recht über Mikroplastik auf dem Mount Everest, in den Ozeanen und im menschlichen Körper in höchsten Gremien beraten wird, fühlt sich manch Schleswig-Holsteiner bei seinem einsamen Kampf gegen den Müll der Mitmenschen vor seiner Haustür alleingelassen. Dabei liegen Umwelt- und Klimaschutz doch voll im Trend.

Mangelnde Demut vor der Natur und fehlender Respekt vor fremdem Eigentum brechen sich offenbar zunehmend Bahn auch in Form achtlos weggeworfenen Abfalls, Sperr- oder gar Sondermülls. Die Dreistigkeit kennt dabei keine Grenzen – weder bei der Menge noch bei der Art der entsorgten Güter. Jeder, der schon einmal beim jährlich stattfindenden „Dorfputz“ mitgemacht hat, kennt die zweifelhafte Freude über die eingesammelten Hinterlassenschaften anderer. Gleichgültigkeit, aber auch wachsende Bequemlichkeit, Kosten- und Zeitdruck nehmen eine wachsende Rolle bei der Frage ein, wie man Sondermüll, Renovierungsabfälle oder auch nur den jüngsten Heckenschnitt möglichst flugs wieder loswird. Was liegt da näher als ein unbeobachtetes Stück Wirtschaftsweg? Zwei Betroffene berichten in dieser Ausgabe von ihren Erfahrungen mit illegal entsorgtem Abfall südwestlich der Landeshauptstadt Kiel (https://www.bauernblatt.com/der-feldrand-als-muellkippe/).

Was bereits gegen Diebstahl oder Einbruch hilft, ist auch gegen die illegale Müllentsorgung am Wegesrand nützlich: ein intaktes Miteinander von Anliegern, Aufmerksamkeit und, wenn möglich, gezieltes Nachfragen statt achselzuckender Resignation. Die Landschaft vor der Haustür ist es allemal wert, sich für sie einzusetzen. Statt widerspruchslos den Unrat anderer ein ums andere Mal einzusammeln, ihn abzuliefern oder in die hofeigenen Sammelbehälter zu befördern und dessen Entsorgung auch noch mitzubezahlen, sollten Betroffene in die Offensive gehen und dabei helfen, Verursacher konsequent zur Verantwortung zu ziehen.

„Eigentum verpflichtet“ heißt es im allgemeinen Sprachgebrauch und im Grundgesetz. Wenn dies jedoch dazu führt, dass derjenige, der gutmütig fremden Müll auf seinen Flächen zum Wohle aller einsammelt, für dessen Entsorgung auch noch die Zeche zahlen muss, schafft dies einmal mehr Frustration im ländlichen Raum. Betroffenen bei diesem unpopulären Thema den Rücken zu stärken und Wege zu finden, wie Entsorgungskosten erstattet werden können, ist Aufgabe des Landes und ein Schritt zu gelebtem und sonst so gern zitiertem Umweltschutz – und das sogar direkt vor der Haustür.

Holzvögte – Hegereiter – Oberförster

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Im frühen Mittelalter waren Wälder im Land noch sehr verbreitet. Nach fränkisch-römischem Recht standen sie im Eigentum des Landesherrn, in Holstein des Herzogs von Sachsen und seiner Lehnsritter, in Schleswig des dänischen Königs. Da Dithmarschen noch lange selbstständig war, blieben sie dort Eigentum der Bauern. Die Hansestadt Lübeck verfügte als reichsfreie Stadt über eigene Wälder. Die Menschen auf dem Land waren Untertanen des Adels. Sie durften Wälder als freie Weide nutzen, zum Bau ihrer Häuser und zum Schlagen von Brennholz. Die Wälder waren eine wichtige Lebensgrundlage. Alle Dinge des täglichen Bedarfs waren aus Holz.

Der dänische König und sein Bruder, der Herzog von Schleswig, unterhielten in Gottorf einen Jägermeister mit einer Hundemeute und drei Schützen. Ihr Schloss stand im Zeichen der Jagd. Es gab einen Hirschsaal und einen Park mit einem weitläufigen Tiergarten. Sie pflegten die Hetzjagd zu Pferde, um Rothirsche mit einer Hundemeute zu jagen (französische Parforcejagd).

Waldweide im Herbst nach der flämischen Buchmalerei um 1510, Parforcejagd im Hintergrund
Quelle: Nationalbibliothek Venedig

Der dänische König übernahm in Erbfolge das Herzogtum Holstein und richtete im 16. Jahrhundert Ämter zur Verwaltung in beiden Herzogtümern ein. Die Amtmänner, die der Adel stellte, hatten die Aufgabe, die Nutzung der Wälder zu regeln.

Sehr lukrativ waren die herbstliche Schweinemast, das Brennen von Lehmziegeln, das Schlagen von Bauholz und zunehmend das Brennen von Glas. Um den Bau der Schlösser und Herrenhäuser nach französischem Vorbild zu finanzieren, war der Adel auf Geldeinnahmen angewiesen. In der Amtsstube war ein Hausvogt zuständig für das Geschäftliche und die Aufsicht der Wälder. Um die Aufsicht zu erleichtern, wurden 1671 erstmals Holzvögte bestellt (also ernannt). Es gab 23 Holzvögte. Sie führten ein kärgliches Dasein, da sie nur mit Sachleistung (Deputat) entlohnt wurden: einer Kate in Waldnähe, Brennholz und einer Weide zum Halten einer Kuh.

Ab 1737 wurden acht Hegereiter eingestellt und ein Jägermeister am Gottorfer Hof bestellt. Die Hegereiter hatten eine dreijährige Jägerlehre zu bestehen, erhielten eine Uniform, eine Kate vor Ort und Dienstland zum Halten eines Reitpferdes. Sie führten die Aufsicht über die Holzvögte und unterstanden vier Oberförstern in den Ämtern.

Der König und seine Amtmänner suchten vor allem den Profit zu mehren. Dies führte zu einer historisch nie da gewesenen Entwaldung. So geriet der Schutz der Wälder bald außer Kontrolle. Von 1650 bis 1750 sank der Waldanteil im Land von etwa 50 auf nur 4 %.

Königliche Forstbaumschule an der Kieler Förde um 1800
Abbildung nach W. Hase 1997

Daraufhin führte der König nach Vorbild der deutschen Fürstentümer 1784 die geregelte Forstwirtschaft ein: Es dürfe nur so viel Holz genutzt werden wie nachwächst. Es wurde eine königliche Forstverwaltung mit einer Waldfläche von etwa 25.000 ha gegründet und ein Oberforstmeister für beide Herzogtümer bestellt. In den Ämtern gab es fünf Oberförster, in den Wäldern 31 Hegereiter und 70 Holzvögte. Der König gründete im Kieler Schloss eine Hochschule und ernannte August Niemann zum Forstprofessor, der die Hegereiter nach neuestem forstlichen Wissen ausbildete. Die Kieler Gaststätte „Forstbaumschule“ und der „Niemannsweg“, der tägliche Fußweg des Forstprofessors, erinnern noch heute an diese Zeit.

Auch die Gutsherren und die Klöster bestellten gleichermaßen Holzvögte für ihre Waldungen. Viele Holzvogteien blieben bis in die 1970er Jahre bestehen. 1867 wurden die königlichen Wälder in den Herzogtümern Teil der preußischen Staatsforstverwaltung. Die Aufsicht führte der Oberlandforstmeister in Berlin. Aus Hegereitern wurden Oberförster, aus Holzvögten Revierförster. Es gab 16 Oberförstereien, 60 Förstereien und 34 Forstaufseher. Die Preußen forcierten den Anbau von Kiefern und Fichten. Die Heideaufforstungen erinnern noch heute an diese Zeit (Segeberger Forst, Loher Heide und Kropper Busch). Der Waldanteil wuchs von 4 auf 8 % an. Nach Abtretung Nordschleswigs in der Weimarer Republik gab es zehn Oberförstereien und 60 Förstereien (35.000 ha). Die Oberförstereien wurden 1933 zu Forstämtern umbenannt. 1955 gab es zehn Forstämter und 77 Förstereien (40.000 ha).

Preußische Oberförsterei Barlohe bei Rendsburg 1884, später bis zur Auflösung 2003 Forstamt Barlohe
Abbildung nach W. Hase 1997

Seit Einführung der naturnahen Forstwirtschaft 1992 werden wieder heimische Laubbaumarten angepflanzt. Dank großer Aufforstungsprogramme konnte der Waldanteil von 8 auf 11 % angehoben werden. 2006 gab es sechs Forstämter und 43 Förstereien (52.000 ha). 2008 kam es mit den Finanzkrisen zur Auflösung der Forstämter und Neugründung der Landesforsten als Anstalt des öffentlichen Rechts in Neumünster mit 30 Förstereien. Viele Dienstgebäude, die seit der Gründung 1784 bestanden, wurden verkauft.

Heute stehen die Wälder wegen ihrer ökologischen Bedeutung und angesichts der Klimaentwicklung wieder im Vordergrund. Holz als nachhaltiger Rohstoff gewinnt eine wachsende Bedeutung.

Da die Forstwirtschaft gegenüber dem Welthandel bestehen muss, wie auch zunehmend die Landwirtschaft, ergeben sich neue Herausforderungen.

Der Feldrand als Müllkippe

Ob Autoreifen, Farbeimer, Tapetenreste, Kühlschränke oder auch Gartenabfälle: Den überflüssigen Anblick von illegal in der Landschaft entsorgtem Müll dürften viele Flächeneigentümer und Bewohner des ländlichen Raums kennen. Doch ist der zumeist unbemerkt entladene Abfall in vielen Fällen nicht nur schädlich für die Natur und ein Ärgernis für das Auge, sondern bedeutet die gut gemeinte Entsorgung durch die betroffenen Eigner oder Nutzer vielfach Kosten und überflüssigen Aufwand.

Inzwischen zögern Nils Kruse und Christoph Ingwersen aus Steinfurt in der Gemeinde Mielkendorf bei Kiel nicht mehr, die Polizei zu rufen. Die befreundeten Nachbarn haben einen Blick dafür entwickelt, wenn ein Auto oder Klein-Lkw an den vermeintlich uneinsehbaren Stellen zwischen Eider und Hansdorfer See hält und die Fahrer nach dem Abladen von Unrat jeglicher Art unbemerkt das Weite suchen wollen. Kruse und Lohnunternehmer Ingwersen begegnen immer wieder Menschen, die aus Bequemlichkeit, Zeitdruck oder, um Kosten zu sparen, ohne jedes Unrechtsbewusstsein ihren Müll in die Landschaft kippen – mal mehr und mal weniger auffällig, mal größer und mal kleiner in den Mengen. In diesem Jahr seien derartige Vorfälle besonders oft vorgekommen: „Wenn erst einer etwas hinwirft, fühlen sich andere animiert, etwas dazuzustellen“, ist Ingwersens Eindruck.

Christoph Ingwersen und Nils Kruse (v. li.) ärgern sich über die Rücksichtslosigkeit der Verursacher. Foto: jh

Eines Abends wurde es Kruse, dessen Familie früher selbst Landwirtschaft betrieb, zu bunt: Nachdem er von der Terrasse aus einen Caddy-Fahrer beobachtete, wie dieser an einer Koppeleinfahrt Müll aus dem Fahrzeug lud, folgte er dem Verursacher langsam mit seinem Auto und rief währenddessen die Polizei an. Unterwegs gab er den Beamten immer wieder seinen Standort durch, bis das verfolgte Fahrzeug schließlich von einem Streifenwagen im Kieler Stadtgebiet gestoppt werden konnte. Es folgten Aussage und Anzeige bei der Polizei. „Eigentlich mache ich so etwas nicht, aber es musste schnell gehen“, habe der junge Mann noch gesagt, der sich bei Nils Kruse entschuldigen wollte, was dieser aber ablehnte. Zudem habe es sich ja „nur um Bioabfall“ gehandelt. Ohnehin seien die Verursacher oft unscheinbare, zum Teil auch reumütige Leute jedes Alters und aus allen sozialen Schichten, sind sich Ingerwesen und Kruse einig. Trotz der Nähe zur Landeshauptstadt Kiel stammten die Täter auch aus dem ländlichen Raum: „Die wissen genau, dass sie gerade Mist bauen“, sagt Nils Kruse. Dennoch werde immer wieder sogar am hellichten Tag Müll abgeladen.

Autoreifen im Knick fernab der Straße

Trauriger Höhepunkt der jüngsten Vergangenheit waren 150 bis 200 entsorgte Reifen, die vermutlich aus einer Autowerkstatt stammten und die fernab der Straße am Rand einer Koppel von Christoph Ingwersen abgeladen wurden. Dieser sammelte die Reifen zusammen mit seinen Mitarbeitern wieder ein: Neben der verlorenen Arbeitszeit, die niemand bezahle, koste allein die Entsorgung der alten Reifen pro Stück 4 bis 6 €, schätzt er. Schnell kommen so 500 bis 1.000 € unverschuldete Entsorgungskosten zusammen. Damit niemand mehr auf die Koppel fahren könne, habe der Agrarbetriebswirt ein altes Metalltor wieder instandgesetzt. Doch habe man das Problem an dieser Stelle verdrängt, werde der Müll eben woanders abgekippt, sind sich beide sicher.

Waschbecken im Knick: Nicht selten handelt es sich um Müll, der bei Haussanierungen anfällt. Foto: privat

„Wir bauen auf diesen Flächen Lebensmittel für Menschen und Futter für unsere Tiere an. Zum Teil finden wir auch Müll auf den Koppeln, auf denen unsere Galloway-Rinder laufen“, betont Ingwersen und ergänzt verärgert: „Für die Leute ist das alles selbstverständlich, es gibt keinen Respekt mehr für fremdes Eigentum. Die meinen, das ist Natur und gehört damit allen.“ Über die Dreistigkeit mancher Leute können er und Nils Kruse sich nur wundern. „Wenn die ihren Müll schon einmal aufgeladen haben, können sie ihn auch vernünftig entsorgen“, bringt es Ingwersen auf den Punkt.

Oftmals werde der Müll auch mitten in eine Koppeleinfahrt oder halb auf die Straße gekippt. Bei jedem vorbeifahrenden Auto mit Anhänger werde man inzwischen nervös. „Das kann es nicht sein“, sagt Ingwersen. Bei den Leuten, die ihren Abfall dort hinkippen, solle es zu Hause möglichst ordentlich aussehen – woanders sei es ihnen dann egal. Das Problem ist vielschichtig: Kümmere man sich um die Entsorgung des fremden Mülls, bestehe noch die Gefahr, mit anderen Flächeneigentümern, Nachbarn oder Pächtern über die Maßnahmen und Kosten in Streit zu geraten. Würden Grünabfälle im Knick entsorgt, wüchsen dadurch zudem Pflanzen in der Landschaft, die dort nicht hingehörten.

Wachsende Nervositätim Alltag

Während der Arbeit im Garten oder beim abendlichen Draußensitzen habe man inzwischen immer auch ein Auge auf die Straße. „Man fragt sich schon regelmäßig, ob das wieder so ein Kandidat sein könnte – das fühlt sich unfair an“, ärgert sich Kruse. „Schmeißt hier jeden Tag nur einer seinen Mist weg, haben wir 365 Mal im Jahr Sachen dort zu liegen“, ergänzt er. Dabei redeten doch alle von Klima- und Umweltschutz. Neben „harmlosem“ Abfall haben die beiden Nachbarn auch schon Säcke voller Asbestplatten, Dachpappe oder Mineralwolle gefunden, sich um die Entsorgung dann selbst gekümmert. Zwar unterstütze sie gelegentlich der örtliche Bauhof, doch sei dieser eigentlich nicht dafür zuständig. Handle es sich auch noch um umwelt- oder wassergefährdende Stoffe, erfülle die illegale Entsorgung einen Straftatbestand, erklärt Christoph Ingwersen. Könne ein Verursacher nicht ermittelt werden, stelle die Staatsanwaltschaft das Verfahren ein, so die Erfahrung der beiden.

Regelmäßig wandern auch Grünabfälle wie dieser Heckenschnitt an den Straßenrand. Foto: jh

Die Polizei „ist dort sehr hinterher“, sagt auch Nils‘ Vater Harald Kruse, der seit Jahrzehnten immer wieder Unrat entlang der Straße einsammelt oder sich um verstopfte Gullys und zugewachsene Verkehrsinseln kümmert – was eigentlich Aufgabe der öffentlichen Hand wäre, die diesen Aufgaben aber nicht immer gerecht werde. Und obwohl die Polizei im Amtsgebiet öfter zu sehen sei, seit der dort wohnhafte Außenminister Dr. Johann Wadephul (CDU) sein Amt angetreten hat, wanderten weiterhin Müllsäcke, Fernseher, Baustellenabfälle oder auch Gartenteichpumpen in die Landschaft und an die Straßenränder. Dabei gebe es genug Annahmestellen zur Entsorgung, die Preise seien günstig, sagt Harald Kruse.

Der Einsatz für die Natur fördert bisweilen auch Kurioses zutage. Beim jährlichen „Dorfputz“ im Frühjahr, bei dem die drei Freiwilligen Feuerwehrleute unterstützen, seien zwischen Feuerschutztüren, Kloschüsseln, Staubsaugern und Bauschutt auch schon ein aufgebrochener Tresor oder Videokassetten mit pikantem Inhalt gefunden worden. Auch einen Maurerkübel voll Altglas entdeckten sie, „obwohl es in jedem Dorf Altglascontainer gibt“, sagt Nils Kruse resigniert.

Den Druck auf Verursacher erhöhen

Bei allem berechtigten Tatendrang, selbst gegen die Verursacher der Verschmutzungen in der Nachbarschaft vorzugehen, ist jedoch Vorsicht geboten: Wüste Beschimpfungen hätten auch Nils Kruse und Christoph Ingwersen schon über sich ergehen lassen, wenn sie Täter auf ihr Fehlverhalten angesprochen hätten. Ingwersen verweist auf den Fall, als einer seiner Mitarbeiter einen Sonnenblumendieb am Feldrand zur Rede stellte, der daraufhin mit körperlicher Gewalt drohte. So verlockend es sein mag, in Zeiten guter Vernetzung mit dem Smartphone seine Mitarbeiter auf dem Trecker zu informieren und davonfahrende Fahrzeuge etwa auf einem Feldweg an der Weiterfahrt hindern zu wollen: Dies sollte man unbedingt der Polizei überlassen und sich nicht selbst in Gefahr und den Bereich der Selbstjustiz begeben, heben die beiden hervor. Schnell stehe anderenfalls der Straftatbestand der Nötigung im Raum. Christoph Ingwersen und Nils Kruse raten inzwischen aber dazu, ohne falsche Zurückhaltung die Polizei zu informieren, sobald Müll abgeladen werde. Zudem appellieren sie an Betroffene, sich wenn möglich die Kennzeichen der Verursacher zu notieren sowie eine Aussage bei der Polizei zu machen. Beide haben die Hoffnung, dass der Druck, Konsequenzen fürchten zu müssen, steigt und mancher es sich künftig zweimal überlegt, seinen Müll auf diese Weise loszuwerden.

Neben ihrem Einsatz für eine saubere Nachbarschaft eint die beiden die entmutigende Erfahrung, dass sie Aufwand und Kosten der Entsorgung des fremden Unrates zuletzt oft selbst zu tragen hatten – für beide gleichermaßen ein Ärgernis, für das sie sich mehr Unterstützung von offizieller Seite wünschen. Den Abfall in der Landschaft einfach zu ignorieren, war für sie aber zu keinem Zeitpunkt eine Alternative: „Wir können den Müll da doch nicht einfach liegen lassen“, sagt Ingwersen.

Hinweise zu Pflichten, Kosten und rechtlichen Folgen im Umgang mit illegal entsorgtem Müll sind in der Bauernblattausgabe 35 zu finden.