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Die Spur des Bildhauers

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Heinz Breloh, geboren 1940, war ein Künstler, der stets ungewöhnliche Wege beschritt. Viele seiner voluminösen Werke formte er nicht nur mit den Händen, sondern mit seinem ganzen Körper. Wenn er seinen eigenen Körper in den Gips drückte, sich selbst in das Material projizierte, wurde er nicht nur zum Werkzeug, sondern zugleich zum Motiv. „Die Arbeit ist getan, wenn zwischen Körper und Plastik keine Distanz mehr besteht“, sagte er. Für diese Art, Kunst zu erleben, hatte Heinz Breloh allerdings nur rund drei Jahrzehnte Zeit. Der gebürtige Nordrhein-Westfale starb 2001 nach schwerer Krankheit im Alter von nur 61 Jahren in Köln.

Eine große retrospektive Werkschau in der Villa Wachholtz, in diversen Erlebnisräumen sowie im Skulpturenpark der Gerisch-Stiftung zeigt nun vom 16. Juni bis 15. Dezember 2024 mehr als 120 seiner Arbeiten mit den thematischen Schwerpunkten „Der Künstlerkörper im Werkprozess“, „Künstlerrezeption“ und „Naturbezug“. Darunter sind kleine und große Gipsskulpturen, sinnliche Keramiken, großformatige Zeichnungen, Modelle für den öffentlichen Raum, Projektskizzen, seltene Film- und Fotoarbeiten aus dem Frühwerk sowie aufwendige Installationen aus dem Spätwerk. „Wir sind glücklich, die Werke von Heinz Breloh nach 16 Jahren wieder präsentieren zu dürfen, und freuen uns, dass dieser Nachlass im Gegensatz zu vielen anderen so gut verwaltet wird“, sagt Stiftungsleiterin Brigitte Gerisch.

Dr. Ludger Breloh, Malte Guttek und Stiftungsleiterin Brigitte Gerisch (v. li.) organisieren die große Retrospektive in den Räumen der Gerisch-Stiftung.
Foto: Lydia Bernhardt

Das Werk von Heinz Breloh kreiste um den Menschen, aber auch viel um sich selbst. Die ersten Arbeiten spiegeln Brelohs Faszination für Fotografien und bewegte Bilder wider, die er in skulptural anmutende Installationen transformierte. Durch ein existenzielles Erlebnis von Wahrnehmung und Ausdruck fand er in den 1980er Jahren zum Konzept des „Bildhauers als Sechsender“. Der Kurator Malte Guttek erklärt es so: „Das Konzept des Bildhauers als Sechsender bedeutet, dass sich die Zahl sechs bei Breloh auf den Kopf, die Hände, den Penis und die Füße bezieht.“ Denn es sind immer sechs Elemente, die aus etwas herauskommen oder auf etwas einwirken: vergleichbar mit dem Bild des Menschen, des Bildhauers oder des schöpferischen Künstlers, der etwas macht oder eben erfährt. Manchmal sind Brelohs Arbeiten klar und eindeutig betitelt, dann wieder bleiben sie fragmentarisch und lassen viele Interpretationen zu. Das macht sein Gesamtwerk so spannend.

Dabei ist Heinz Breloh einer der wenigen Bildhauer, die bereits in den 1990er Jahren mit Keramik gearbeitet haben, als dieses Material von den meisten noch belächelt wurde. Den Umgang mit Keramik hatte Heinz Breloh allerdings nicht gelernt, die Keramiken dieser Zeit sind allein aus der Freude am Machen entstanden. Und doch lassen sie sich in ihrer Qualität durchaus mit zeitgenössischen Arbeiten vergleichen.

Blick in einen der Ausstellungsräume in der Villa Wachholtz. Hier werden unter anderem sechs Sechsender präsentiert.
Foto: Lydia Bernhardt

Es entstanden große Formen, die nicht im Sinne der Materialgerechtigkeit geglättet wurden. Tiefe Fingerabdrücke, die von der Lust am Gestalten zeugen, haben sich unauslöschlich in das Material eingegraben. Darüber hinaus war Heinz Breloh ein Künstler, der sich intensiv mit der Kunstgeschichte auseinandersetzte und in historischen Dimensionen dachte. „Damit hat er sich eine einzigartige Position in der internationalen Bildhauerei gesichert“, so Guttek.

„Es war schon früh klar, dass man Heinz auf einem landwirtschaftlichen Betrieb am wenigsten gebrauchen konnte“, erzählt Dr. Ludger Breloh, der jüngste der vier Brüder, der heute den riesigen Werknachlass verwaltet. Heinz Breloh wuchs nämlich als zweiter von fünf Brüdern in einer bäuerlich-katholisch geprägten Familie in Hilden bei Düsseldorf auf. Während seine Brüder nach dem Abitur Landwirtschaft und Ingenieurwesen studieren, interessierte sich Heinz schon als Schüler besonders für Kunst und Musik. In vielen bäuerlichen Familien wäre das ein Problem gewesen, denn es geht hier stets um die Nachfolge, nicht so bei Familie Breloh. „Unsere Eltern und wir Brüder haben Heinz von Anfang an unterstützt, auch als er Kunst studieren wollte“, erzählt Ludger Breloh.

Die Bronzeskulptur „Lebensgröße“, 1994, ist im Skulpturenpark der Gerisch-Stiftung zu sehen.
Foto: Lydia Bernhardt

Auch später, als Heinz frustriert zurückkehrte, weil er an den Hochschulen nicht den nötigen künstlerischen Nährboden fand, war die Familie für ihn da. Vater Breloh richtete ihm kurzerhand ein Atelier auf einem ungenutzten Heuboden ein. Doch es gab eine Bedingung. Heinz musste auf seinen kleinen Bruder Ludger aufpassen. „Ich bekam einen kleinen Tisch, an dem ich kneten und malen durfte und war dann nach der Schule immer bei Heinz im Atelier“, erinnert sich Ludger Breloh, dem diese gemeinsamen Jahre sehr viel bedeuten. Denn in dieser Zeit entstand eine besonders enge Bindung zwischen den Brüdern. Heinz passte nicht nur auf seinen kleinen Bruder auf, sondern nahm ihn auch auf zahlreiche Ausflüge in Museen und Kunstausstellungen mit. Schließlich wurden drei der fünf Brüder Landwirte, darunter auch Dr. Ludger Breloh, der in Kiel Agrarwissenschaften studierte. „Insofern war Heinz völlig aus der Art geschlagen, wurde aber von uns allen geliebt und unterstützt“, sagt er. Deshalb sei es für ihn eine besondere Freude, den Nachlass verwalten zu dürfen.

Derzeit entsteht ein umfangreiches Werkverzeichnis, an dem auch Kurator Malte Guttek mitarbeitet. Die ausführliche Biografie des Künstlers sowie zahlreiche Abbildungen seiner Werke findet man unter heinz-breloh.de 

„Ihr seid nicht allein“

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Das eigene Kind zu verlieren, ist das Schlimmste, was Eltern passieren kann. Von jetzt auf gleich ist nichts mehr wie es war. Ohnmacht, Trauer und Schmerz bestimmen den Alltag, der zur Herausforderung wird. Seit 20 Jahren bietet der Verein Verwaiste Eltern und trauernde Geschwister Schleswig-Holstein (VESH) mit Beratung, Begleitung, Gruppenangeboten und verschiedenen Projekten Eltern verstorbener Kinder einen Ort der Begegnung und Unterstützung an, begleitet durch die Trauer, gibt Orientierung und schützt vor Isolation, wenn das Umfeld überfordert ist. Jüngst schuf der Verein mit einer weiteren Fläche für Himmelsbäume bei Jevenstedt einen Ort der Einkehr, Stille und Erinnerung.

„Der Weg des Trauerns ist sehr individuell. Es geht auf und ab. Die Trauer kann nur Schritt für Schritt bewältigt werden.“ – So lautet einer der Schilder-Texte der verschiedenen Stationen auf dem Himmelsbäume-Gelände zwischen Jevenstedt und Nienkattbek. Es ist eine kleine Waldlichtung nahe dem historischen Ochsenweg. Friedlich ist es hier und ruhig. Ein Banner zwischen Bäumen macht verwaisten Eltern Hoffnung: „Du bist nicht allein.“

Ein Banner, der verwaisten Eltern Mut macht.

Eine Aussage, die der VESH seit 20 Jahren mit Leben füllt. Denn neben der Trauer über den Verlust des Kindes sind es oft die Hilflosigkeit und Überforderung, die Eltern und Geschwistern zu schaffen machen. Und auch das Umfeld ist überfordert mit der Situation. Freunde, Bekannte, Nachbarn wissen oftmals nicht, wie sie den Eltern begegnen sollen. Aus Angst, etwas Falsches zu sagen oder zu tun, gehen sie den Trauernden aus dem Weg, wechseln die Straßenseite. Das hat Dagmar Steffensen, zweite Vorsitzende im VESH, selbst erlebt. „Mein Milan starb 2015 im Alter von zehn Jahren. Man kann es gar nicht richtig fassen, diese Hilflosigkeit. Anfangs denkt man immer noch, dass er gleich durch die Tür gerannt kommen muss. Oder man findet Wochen später noch dreckige Socken und denkt, vielleicht ist er noch irgendwo? Zu realisieren, dass dem nicht so ist, ist total schwer. Ich brauchte dringend Hilfe, war aber überrascht, dass selbst professionelle Therapeuten mit dem Thema überfordert waren. Ich arbeite als Pädagogin und Beraterin im sozialen Bereich, bin also vom Fach. Doch kam es mir so vor, dass ich allen erklären musste, was ich brauche. Ich dachte damals nur, Leute, ihr sollt mir helfen, nicht umgekehrt.“

Vor drei Jahren stieß sie auf eine VESH-Elterngruppe in Kiel und ging hin. „Es war befreiend, mit Menschen zu sprechen, die einen verstanden und wussten, wie groß das Loch ist, das sich auftut, wenn ein Kind stirbt. Sie konnten die Bedeutung dieser dreckigen Socken verstehen“, berichtet Dagmar Steffensen von ihren Erfahrungen. Sie wisse, dass viele es einfach nur gut meinten, wenn sie sagten, sie wüssten, wie es ihr gehe. „Aber es ist ein Unterschied, ob jemand über etwas spricht oder es tatsächlich selbst erlebt hat.“ Es sei auch hilfreich gewesen, in der Gruppe zu besprechen, dass nichts gegen den Schmerz helfe, „sondern dass es nur darum geht weiterzuatmen. Jeden Tag, immer weiter. Und irgendwann wird es besser, auch wenn man das anfänglich nicht glauben mag.“

Dagmar Steffensen

Es sei ihr wichtig, diese Erfahrungen weiterzugeben und das Thema bekannt zu machen. Zu zeigen, dass es Hilfe gebe, dass es Menschen gebe, die mit dieser Trauer umgehen und Betroffene auf dem Weg zurück ins Leben begleiten könnten. Deshalb arbeite sie jetzt mit im Vorstand des Vereins.
Die Trauer um den Verlust eines Kindes sowie den Tod in die Mitte der Gesellschaft zu rücken, sei eine der Aufgaben des Vereins, erklärte der Vorsitzende Gerd Rullmann beim Spatenstich für das Projekt „Himmelsbäume Jevenstedt“ Ende Mai. Dieses Projekt setzt die Tradition der Himmelsbäume auf der Insel Föhr fort, die 2015 von der damaligen Gemeindepastorin Brigitte Wulff initiiert wurde, nachem Orkan „Christian“ 2013 dort in einer Waldfläche bei Wyk durch umgewehte Bäume eine Fläche für Neuanpflanzungen geschaffen hatte.

„Einen Baum zu pflanzen im Gedenken an ein verstorbenes Kind, als eine Verbindung zwischen Erde und Himmel, ist für betroffene Eltern tröstlich und sinnstiftend. Es ist ein Symbol für die Verbindung des Jenseits mit dem Diesseits und eine Verbindung, die aussagt, dass die Liebe zwischen Eltern und Kindern immer bleibt“, so Gerd Rullmann.
Die Himmelsbaum-Flächen seien ein Ort für alle Menschen, „die wir hier bewusst ansprechen möchten und sie einladen, diese Flächen hier zu besuchen. Wir möchten erreichen, dass nicht betroffene Eltern Betroffenen die Hand reichen. Eltern lassen Eltern nicht allein“, so Rullmann. Eine Japanische Zierkirsche – das ist der Himmelsbaum, den Kathrin und Hans-Josef Würtz für ihren Sohn Eric auf Föhr gepflanzt haben. Eric starb im November 2020 zwei Tage vor seinem 17. Geburtstag bei einem Unfall am Bahnhof Itzehoe. Auch sie suchten aktiv Hilfe und bekamen den Hinweis auf den VESH, mit dessen Unterstützung sie zurück ins Leben fanden.

Ein Netzwerkbaum auf der Fläche der Himmelsbäume Jevenstedt steht für das Miteinander von Menschen und Institutionen, die verwaiste Eltern und trauernde Geschwister begleiten und unterstützen.

Die Arbeit des VESH begann schon weit vor der Vereinsgründung mit einem Impuls im Jahr 1991 und mit der Impulsgeberin Elke Heinen. Sie leitete den Kirchenkreis Schleswig-Flensburg und war mit dem Aufbau einer Mutter-Kind-Gruppe betraut. Als eine der Mütter nicht mehr zu den Gruppenabenden erschien, weil ihr Kind verstorben war, machten sich Fassungslosigkeit und Sprachlosigkeit breit. Elke Heinen rief daraufhin in Schleswig die erste Gruppe für Eltern verstorbener Kinder ins Leben. 1994 gründete sich eine Gruppe für Eltern verstorbener Jugendlicher und jung verstorbener Erwachsener.

Diese Eltern gründete 2004 den Verein Verwaiste Eltern Schleswig. Schon damals gab es Aufgaben und unerwartete Fragen, die zu einer Ausweitung von Angeboten führten und die die Arbeit des Vereins stetig veränderten. Als eine schwangere Italienerin während ihres Urlaubsaufenthaltes in Schleswig ihren Sohn in der 18. Schwangerschaftswoche durch eine plötzliche Frühgeburt tot zur Welt brachte, wurde alles Mögliche versucht, diesem kleinen Wesen eine Bestattung zu gewähren. Als alles geregelt war, war die junge Frau nach Italien verschwunden, und der Junge ging in die übliche Entsorgung im Krankenhaus. Elke Heinen beschloss zusammen mit dem Verein, dass der Junge das letzte Kind gewesen sein sollte, dass diesen Weg gehen musste.

Sie und weitere Eltern gründeten 2005 eine Babygrabstätte mit dem Namen „Garten der Kinder“. Landesweit gibt es mehr als 80 Sternenkinderfelder auf Friedhöfen und in Ruheforsten. Seit 2013 haben Eltern die Möglichkeit, ihrem Sternenkind einen Namen zu geben, der standesamtlich erfasst werden kann, und sie haben ein Recht darauf, ihr Sternenkind zu beerdigen.

Da es keine Särge für diese kleinen Wesen gab, erwuchs daraus die nächste Aufgabe: die Herstellung eines Minisarges. Mittlerweile wird das Modell bundesweit verschickt. Aus dem ortsgebundenen Verein wurde ein landesweit tätiger Verein, es änderten sich die Satzung und das Aufgabenfeld, der Verein wurde umbenannt in VESH. Es folgte die Aufnahme in den Bundesverband, 2011 gründete sich dann ein für die Arbeit des Vereins wichtiges Netzwerk, in dem viele weitere Institutionen mit eingebunden sind. Seit 2014 ist der VESH-Landesverband im Bundesverband.

Der Vereinsvorstand mit Dagmar Steffensen, Gerd Rullmann, Ulrike Schilling und Ole Kosian (v. li.)
Foto: VESH

Neben dem Ehrenamt wurden hauptamtliche Stellen geschaffen, um verwaiste Eltern professionell in ihrer Trauer zu begleiten. Neben einer Schirmherrschaft durch die nun neue Bischöfin Nora Steen im Sprengel Schleswig und Holstein gibt es seit 2019 mit Hans-Tim Hinrichsen, Gitarrist und Sänger der Band Santiano, einen Botschafter für den Verein.

Katharina Grothkopp ist seit 2022 als Bildungsreferentin und Geschäftsstellenleiterin beim VESH. Sie ist Ansprechpartnerin für Erstberatungen von betroffenen Eltern und Geschwistern in der Hauptgeschäftsstelle in Schleswig. Und sie besucht Kitas, Schulen und andere Einrichtungen, um auch Außenstehende für das Thema zu sensibilisieren, „damit verwaiste Eltern nicht allein und haltlos dastehen und mehr Sichtbarkeit bekommen“, so Grothkopp. Wo stehen die Trauernden und was wird gebraucht? Das sind die zentralen Fragen, wenn es darum geht, die bestmögliche Hilfe für die Betroffenen vor Ort zu organisieren und sie an Ansprechpartner im Netzwerk zu vermitteln. Viele der Angebote sind spendenfinanziert.

Auch deshalb sei es wichtig, die Arbeit bekannt zu machen, und die Ansprüche ihrer Arbeit bewusst nach außen anzumelden, so Gerd Rullmann: „Das ist mein Appell: Diese Arbeit muss unterstützt werden, denn sie trägt zur Gesundheitsvorsorge bei und führt Eltern in die Gesellschaft zurück.“

Kontakt: Katharina Grothkopp

Tel.: 0 46 21-9 52 60 70

Friedrichstraße 7

24837 Schleswig

grothkopp@vesh.de

ausführliche Infos unter vesh.de

Sitzgelegenheiten auf der Fläche der Himmelsbäume laden zum Verweilen und Innehalten ein.
Fotos: Iris Jaeger
Jedes Mitglied einer Familie trauert auf seine eigene Art. Nach einem Verlust muss sich das Familiensystem neu ausbalancieren.
Eine der Stationen auf der neuen Fläche ist die Klagemauer. Sie ist ein Ort, an dem all das ausgedrückt werden kann, was verwaisten Eltern und Familien Sorgen macht. Die Klagemauer erträgt alles, auch Wut und Aggression.
In einem Himmelsbrief darf sich alles von der Seele geschrieben werden.
Liebevolles Detail am Netzwerkbaum: Die Raupe, die am Stamm hochklettert.
Die sozialpolitische Sprecherin im Landtag, Birte Pauls, mit VESH-Botschafter sowie Gitarrist und Sänger der Band Santiano, Hans-Timm Hinrichsen
Himmelsleiter, angefertigt vom Künstler Berthold Grzywatz
Foto: Iris Jaeger


Vom Springen zur Dressur

Beim Dressurderby in Hamburg-Klein Flottbek das Blaue Band zu gewinnen, zählt zu den größten Erfolgen einer Reiterkarriere. Mit ihrem Sieg in der U25-Dressurtour gelang es Leonie Ottmar, diese begehrte Auszeichnung nach Flensburg zu holen.

Die besondere Herausforderung im Dressurderby ist der Pferdewechsel im Finale, zu dem die drei besten Reiter der Qualifikationen zugelassen werden. Hier muss jeder Teilnehmer auch das Pferd seiner zwei Konkurrenten vorstellen. Durch Addition der einzelnen Ergebnisse wird der Sieger ermittelt. Seit 2010 findet das Dressurderby mit Pferdewechsel auch für die Altersklasse U25 statt. Hier zu siegen, vor allem in der Dressur, das hatte sich Leonie Ottmar nie träumen lassen.

Die 23-Jährige reitet von Kindesbeinen an, ihr Herz schlug jedoch für den Springsport, in dem sie erfolgreich unterwegs war. Ottmars Passion für das Dressurreiten entwickelte sich erst vor etwa fünf Jahren, als sie in den Verkaufs- und Ausbildungsstall von Vera Fürst in Flensburg kam. Die Trainerin entdeckte ihr Dressurtalent und bot ihr an, ihre Pferde mitzureiten. „Vera hat mich sozusagen umgepolt“, lacht Ottmar.

Das Gefühl, mit einem gut ausgebildeten Pferd im starken Trab auf die Mittellinie zu reiten, sei so, wie über einen S-Oxer zu fliegen. Das habe sie vorher nie geglaubt. Aufgrund ihrer S-Erfolge in dieser Disziplin wurde ihr im vergangenen Jahr das Goldene Reitabzeichen verliehen. Sich schnell auf verschiedene Pferde einstellen zu können, ist ihre Stärke. Das kam ihr beim Pferdewechsel im Derby zugute.

Bereits 2023 mischte Ottmar mit Fernet im U25-Dressurderby ganz vorn mit, aber in der Qualifikationsprüfung reichte es „nur“ für den fünften Platz. In diesem Jahr hatte sie den achtjährigen Don Horatio mitgebracht. Sie ging es ganz locker an, ohne große Erwartungen. Erst seit einem halben Jahr hat sie den von ihrer Trainerin gezogenen DeLorean-Akinos-Sohn in Beritt. Im Februar gingen die beiden ihr erstes gemeinsames Turnier. „Er hat sich so cool angestellt“, freute sich die Reiterin und dachte sich: „Den kann ich doch nach Hamburg mitnehmen.“

Tatsächlich schnurrte Don Horatio durch die S-Dressur „wie ein alter Hase“. Mit 69,167 % qualifizierte sich das Paar gleichauf mit Leoni Sahm und hinter Kim Burschik für das Finale mit Pferdewechsel. „So etwas habe ich zwar noch nie gemacht, aber ich bin es gewohnt, mich auf unterschiedliche Pferde einzustellen“, so die Flensburgerin. Viel Zeit hatte sie dafür im Derby zwar nicht, doch sie kam mit allen Pferden gut zurecht.

„Beide waren toll zu reiten“, beschreibt Ottmar ihre Erfahrung. Falcon von Leonie Sahm sei ein sehr gut ausgebildetes und lektionssicheres Pferd. Sie habe nur die richtigen Knöpfe drücken müssen: „Da war ich nur Beifahrer.“ Auf ihm holte sie sich mit 70,579 % das beste Prüfungsergebnis. Van Victorio von Kim Burschik sei zwar etwas „guckig“ gewesen, aber sehr leichtfüßig und angenehm zu sitzen. Mit ihm erreichte sie exakt dasselbe Ergebnis wie mit ihrem eigenen Pferd, nämlich 69,974 %. Schließlich standen 210,527 Punkte auf ihrem Konto: genug für den Sieg.

Nur eine Woche später setzte sie ihre Siegesserie fort. Vom Pfingstturnier in Wedel durfte sie zwar kein blaues Band, aber eine blaue Siegerdecke mit nach Flensburg nehmen. Mit dem siebenjährigen Egon, einem Sohn des Escolar und im Besitz von Sandra Wolfsteller, gewann sie die Dressurpferdeprüfung der Klasse S auf Kandare. Auch dieses Pferd, das sie beim Derby in der Youngster Tour geritten hatte und mit dem sie Dritte im Finale wurde, hat sie erst seit wenigen Monaten unter dem Sattel.

Den Gedanken, die Reiterei zum Beruf zu machen, schiebt die Bio- und Lebensmitteltechnologin kategorisch zur Seite. Sie hat gerade ihr Studium beendet und vor einem Monat ihren ersten Job begonnen, der ihr sehr gut gefällt. Hier möchte sie erst einmal Fuß fassen.

Politik, Party und Platt-Kurs in Jübek

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Einen Deutschen Landjugendtag mitzuerleben, ist für viele Lajus einmalig. Der DLT 2024 hat gleich aus mehreren Gründen das Zeug dazu, in besonderer Erinnerung zu bleiben. Hier drei davon: Seit 2020 sollte der DLT in Schleswig-Holstein stattfinden. Aufgrund der Corona-Pandemie fiel er für fast eine ganze Landjugendgeneration aus. Umso größer war die Freude, dass sich nun endlich wieder Landjugendliche aus ganz Deutschland trafen.

In die Geschichte eingehen wird der 39. Deutsche Landjugendtag auch durch das klare Bekenntnis: „Rechtsextremismus hat bei uns keinen Platz.“ Der tosende Applaus bei der Landjugendveranstaltung machte deutlich, dass Lajus im Festzelt nicht nur feiern können.

Und dann bleibt da noch der Regen – der forderte den Organisatoren alles ab. Einige Exkursionen fielen ins Wasser. So war auf einmal der Plattdeutsch-Kurs im Festzelt brechend voll. Seit dem DLT in Jübek wird es in Bayern auffallen, dass so einige Lajus ein wenig Platt schnacken können. 

Durchblick: Landwirtschaftsminister Werner Schwarz (CDU, M.) mit Laju-Vorständen des BDL und aus SH
Reiselustig: Mit einem Sonderzug kamen gut 500 Jugendliche aus dem Süden Deutschlands.
Politik-Talk: Dank an die Landjugend für ihr Engagement mit Expertise im ländlichen Raum
Wasser: Das gab es bei den Exkursionen von oben und von unten.
Kapitän: Hannes Bumann hatte fünf Jahre den Hut für den DLT auf.
Modern: Im Theaterstück der Laju ging‘s um Klimakleber, Generationswechsel, Vorurteile, ÖPNV und die Liebe. Foto kis
Digital: Der schleswig-holsteinische Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) überbrachte seine Grüße per Video.
„Karma klebt dir eine“: Mitreißend und rasant war das Theater­stück von Autor und Regisseur Florian Kruse.

Karen Stender übernimmt

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Als letzte Amtshandlung packte Silke Meister noch tatkräftig beim Deutschen Landjugendtag in Jübek an, nun schlägt die bisherige Geschäftsführerin des Landjugendverbandes SH auf eigenen Wunsch neue berufliche Wege ein.

Neue Geschäftsführerin wird zum 1. Juli Karen Stender. Bereits seit 2007 in der Landjugend aktiv und seit 2015 für die Geschicke der Laju Service GmbH verantwortlich, ist die 36-Jährige für die meisten Landjugendgruppen bereits ein bekanntes Gesicht. Neben ihrer unterstützenden Funktion in der Veranstaltungsplanung und -abrechnung bringt Karen als Programmiererin auch für technische Fragen ein umfassendes Fachwissen mit. ljv

Festwoche in und um Kiel

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Unter dem Motto „75 Jahre LandFrauen – Auf Kurs in die Zukunft“ steht der Deutsche LandFrauentag am 2. Juli in Kiel. Er ist der Höhepunkt einer ganzen Fest- und Arbeitswoche von LandFrauen aus der ganzen Bundesrepublik an der Förde.

Schon am Montag beginnt der Aufbau der Aussteller für den LandFrauentag in der Wunderino-Arena. Am 2. Juli erwartet der Deutsche LandFrauenverband (dlv) etwa 5.000 LandFrauen in der Arena. Einlass ist ab 10 Uhr. Ab 11 Uhr beginnt ein attraktives Programm mit Festvortrag, Ehrungen der Unternehmerin des Jahres und der LandFrau des Jahres. Höhepunkt sind der Besuch und die Rede des Bundespräsidenten Frank-Walter Steinmeier. Für den LandFrauentag gibt es für Kurzentschlossene noch Karten bei den Kreisverbänden. Am Abend nach dem LandFrauentag lädt der dlv Delegierte und Ehrengäste zu einem Empfang in der Kieler Seebar ein.

Für die Delegierten geht das Programm am 3. Juli mit der Mitgliederversammlung des dlv weiter. Anschließend ist ein Länderabend im Kieler Bootshaus geplant.

Am 4. Juli bietet der dlv für die Delegierten und alle schleswig-holsteinischen Kreisvorsitzenden eine Infofahrt an. Es geht mit dem Ausflugsschiff zur Algenfarm und um das Thema nachhaltige Aquakultur in der Kieler Förde.

Im Bauch von Krümmel

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Als Nachbarn von Krümmel hatten viele LandFrauen des OV Schwarzenbek ein eher negatives Bild vom Kernkraftwerk an der Elbe unweit von Geesthacht. Jetzt bot sich die einmalige Gelegenheit, sich über das Kernkraftwerk und die Herausforderungen der Vorbereitungen zum Rückbau ein eigenes Bild zu machen.

Zunächst informierte Dr. Karsten Wulff die Gäste über die Historie und die Funktionsweise des Atomkraftwerkes (AKW). Zudem erläuterte er den aktuellen Stand der Vorbereitungen für den rückstandsfreien Rückbau, der noch nicht begonnen hat, und die damit verbunden Herausforderungen. Dabei beantwortete er die oft kritischen Fragen der LandFrauen, sodass diese viele Prozesse besser einordnen konnten.

Nach dem Mittagessen in der Werkskantine durften die Besucherinnen das Innere der Anlage betreten, deren Eigentümer zu jeweils 50 % Vattenfall und PreussenElektra sind. Die Besichtigung erfolgte in kleinen Gruppen von je sechs Personen, eine einzigartige Möglichkeit, viel über die Hintergründe zu erfahren. Vor dem Start lernten die Frauen aber zunächst, dass die Sicherheitsstandards nicht nur für die Belegschaft enorm hoch sind. Nach gefühlt 100 Sicherheitschecks konnte es dann losgehen. Im Reaktorgebäude geschützt durch Overalls, Sicherheitsschuhe, Helme und Handschuhe, wurden sie zum Sicherheitsbehälter und in den Kontrollbereich geführt. Karsten Wulff erklärte die hochkomplexen Vorgänge für die Besucherinnen verständlich und nahm sich im Anschluss an die Führung Zeit, Fragen zu beantworten, die nach der gut zweistündigen Tour noch auftauchten.

Die Schwarzenbeker LandFrauen können diese Betriebsbesichtigung unbedingt empfehlen. Weitere Infos unter www.perspektive-kruemmel.de Heidi Thiessel-Müller

Kritische Fragen zu Kommunikation und Rückbau

Gedächtnisprotokoll vom Rundgang

Die Kommunikation von Vattenfall sei von Beginn an schwach gewesen. Statt Vorurteile und Ängste abzubauen, sei man davon ausgegangen, dass die Baugenehmigung zu Erklärung ausreiche.

Das AKW befinde sich im „Nachbetrieb“. Abbaumaßnahmen seien nicht zulässig. Das zuständige Ministerium in Kiel habe mitgeteilt, dass die Rückbaugenehmigung voraussichtlich noch in diesem Sommer erteilt werde. Problematisch sei, dass die hoch qualifizierten Mitarbeiter im Durchschnitt 50 Jahre alt und damit im Ruhestand seien, bevor der etwa 15-jährige Rückbau abgeschlossen sei.

Ein Grund dafür sei die Vielzahl von Pannen. 2007 sei es zum Beispiel zu einem Trafobrand außerhalb des Reaktorgebäudes gekommen. Die Öffentlichkeit sei alarmiert gewesen. Der schwedische Betreiber Vattenfall habe aber nur vermeldet, dass keine Gefahr für die Bevölkerung bestehe. Das habe Tür und Tor für die wildesten Gerüchte geöffnet.

Über diesen Leukämie-Cluster sei heftig und kontrovers diskutiert worden. Letztlich sei die Wissenschaft zu keinem gemeinsamen Ergebnis gekommen. Inzwischen gehe man mehrheitlich davon aus, dass das Kernkraftwerk nicht der Verursacher sei.

Heidi Thiessel-Müller

Das Kernkraftwerk Krümmel ging 1984 ans Netz. Bis zum Erlöschen der Betriebsgenehmigung im August 2011 wurde eine Netto-Leistung von gut 200 Mio. MWh erzeugt. Nach dem Nuklearunfall in Fukushima verhängte die Bundesregierung bis Juni 2011 ein Moratorium. In dieser Zeit musste auch Krümmel vom Netz genommen werden. Foto: Imago

Wenn das „System“ zum Feind wird

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„Wir lassen uns nicht in die rechte Ecke stellen“ protestieren diejenigen, die bei aktuellen Demonstrationen die Landvolkfahne zeigen. Der Themenabend zur historischen Landvolkbewegung, den die Landeszentrale für politische Bildung und die Beratungsteams gegen Rechtsextremismus im Dithmarscher Landesmuseum in Meldorf veranstalteten, machte deutlich: Antidemokratisch und antisemitisch war die Landvolkbewegung sehr wohl.

Schon seit einiger Zeit wird darüber gestritten, ob die Landvolkbewegung als Wegbereiter des Nationalsozialismus bezeichnet werden kann. Tatsächlich, so führte der Historiker Prof. Marc Buggelin von der Europa-Universität Flensburg aus, war und wurde das Landvolk als Organisation nicht Teil der NSDAP, wenn auch viele seiner Mitstreiter später in die Partei eintraten und einige dort Karriere machten, etwa der „Erfinder“ der Fahne, Peter Petersen.

Zu Anfang gab es durchaus Differenzen mit der NSDAP, der das Landvolk zu anarchistisch war, doch später nahm sie Forderungen der Landvolkbewegung auf. Sie unterstützte zum Beispiel deren Führungsfigur Claus Heim bei seinem Prozess 1930 durch einen großen Aufmarsch und das Angebot eines Reichstagsmandats. Heim hingegen wollte nichts mit den Nazis zu tun haben und wurde 1933 sogar verhaftet. Ein „taktisches Verhältnis“ zur Landvolkbewegung bescheinigte die anwesende Filmemacherin Quinka Stoehr der NSDAP.

Als bedeutender wertete Buggelin die Parallelen in der Gesinnung: „Von Anfang an war die Landvolkbewegung antidemokratisch, antisemitisch und völkisch. Die Regierung der Weimarer Republik wurde als feindliches System bezeichnet, das von Juden gesteuert werde.“ Diese Haltung sei damals weit verbreitet gewesen. – „Um rechtsextrem zu sein, musste man nicht in der NSDAP sein“, gab die anwesende Mitarbeiterin des Regionalen Beratungsteams gegen Rechtsextremismus zu bedenken, deren Name zum Personenschutz nicht genannt wurde. Fotos waren im Saal auch nicht zugelassen.

Spätestens als Ausschnitte aus dem Dokumentarfilm „Stumpfe Sense, scharfes Schwert“ der Historikerin Quinka Stoehr gezeigt wurden, in dem sie 1990 Zeitzeugen befragte, wurde die, wie sie formulierte, „unzweifelhafte ideologische Nähe zu den Nazis“ deutlich. So äußerte Margarethe Hamkens, die Witwe der Führungspersönlichkeit der Landvolkbewegung, Wilhelm Hamkens, noch 45 Jahre nach Kriegsende ungeschminkt ihre antisemitische Einstellung zu einem „jüdischen System“, das die Wirtschaft gesteuert habe.

Auch auf jüngsten Demonstrationen wurde immer wieder die Landvolkfahne gezeigt. Foto: Tonio Keller

Spannend wurde es, als auf dem Podium und mit dem Publikum Parallelen zur Gegenwart gezogen werden sollten – wird ja die Landvolkfahne seit einigen Jahren bei Demonstrationen von Bauern und aus dem ländlichen Bereich wieder gezeigt. Noch spannender hätte es werden können, wenn die Moderatorin Freya Elvert, Referentin beim Landesbeauftragten für politische Bildung, nicht von vornherein bestimmte Beiträge ausgeschlossen und dies insbesondere bei Publikumsäußerungen immer wieder eingefordert hätte. So sollte etwa die gegenwärtige Agrarpolitik nicht thematisiert werden. Wie dann aber eine Brücke zur Gegenwart schlagen?

Klaus-Peter Lucht, Präsident des Bauernverbandes Schleswig-Holstein, hielt sich denn auch nicht an diese Vorgabe. „Wenn die demokratischen Parteien angesichts der gegenwärtigen Krisen keine Lösungen bieten, wenn die Politik uns nicht hört und Vorschläge immer wieder zurückweist, führt das zu Frustration und Wut. Dass Menschen in dieser schwierigen Zeit nach einfachen Lösungen suchen, kann ich nachvollziehen. Nicht alle haben das politische Wissen. Wenn Menschen sich überfordert fühlen, fallen sie auf Demagogen herein, Das macht mir Sorgen.“

Zugleich distanzierte sich Lucht stellvertretend für seinen gesamten Verband deutlich von jeglichem Radikalismus. „Wir sind als Verband demokratisch und überparteilich. Wir reden mit allen demokratischen Parteien, wir führen auch mit Naturschutzverbänden einen vernünftigen Dialog. Und wenn auf unseren Demonstrationen die Landvolkfahne auftaucht, diskutieren wir mit den Leuten und sagen ihnen: ,Nehmt die Fahne bitte runter.‘“ Lucht äußerte ebenso wie die anderen Redner seine Sorge über eine zunehmende Verrohung der Sprache in den Sozialen Medien. Eine Parallele zu heute sah auch Buggelin: „Noch 1919 hatten die Kleinbauern mehrheitlich linksliberal gewählt. Die Bewegung entstand aus der wirtschaftlichen Situation. Die Regierung wurde nicht als Vertretung des Volkes angesehen, sondern als ,das Andere‘, als ,die da oben‘, als das feindliche ,System‘.“

Wie kann ein gesellschaftliches Abrutschen in Rechtsextremismus vermieden werden? „Es ist wichtig, dass auch in Krisen ein Interessenausgleich in der Bevölkerung stattfindet“, meinte Quinka Stoehr. Die Verankerung in der Gesellschaft zu fördern, schlug die Mitarbeiterin des Beratungsteams gegen Rechtsextremismus vor: Man müsse „den Menschen vermitteln, dass sie dazugehören“. Eine gewisse Ratlosigkeit räumte sie gleichwohl ein – eine ehrliche Aussage, die wohl insgesamt zutraf.

Stoffgans Martin stellte sich zur Verfügung

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Besonders Halter von Geflügel im Freiland – etwa in Hühnermobilen – legen Wert darauf, dass die Tiere ihr Leben vor Ort beenden und so möglichst wenig Stress bekommen. Doch wie funktioniert eine mobile Geflügelschlachtung?

Am Tag des offenen Hofes auf Hof Schmörholm in Leck, Kreis Nordfriesland, wurde mobile Geflügelschlachtung von Ove und Gönke Johannsen von der Firma Deichgans aus Emmelsbüll-Horsbüll den Besuchern demonstriert.

Ove Johannsen steckt die Stoffgans kopfüber in die Schlachtanlage. Fotos: Tonio Keller

Natürlich ließ bei der Gelegenheit kein echtes Tier sein Leben: Zur Demonstration diente die Stoffgans Martin der Tochter des Ehepaars. Ove legt das Plüschtier mit dem Kopf in eine v-förmige Elektrode, sodass dieser ruhig liegt und die Gans mit einem Stromstoß betäubt wird. Dann kommt sie kopfunter in einen Trichter, aus dem der Kopf unten herausragt. Ein Schnitt durch die Kehle – und die Gans oder das Huhn ist tot. Das Blut fließt direkt unten ab.

Für den nächsten Schritt steht ein Tiegel mit heißem Wasser bereit, dieses löst das Gefieder von der Haut. Besonders eindrucksvoll ist die darauf folgende Rupfmaschine: Der Vogelkörper rotiert schnell zwischen Gumminoppen. „Bei Hühnern genügt das zum Rupfen, Gänse müssen anschließend durch eine Behandlung in einer Nachrupfmaschine ihre Federn vollständig verlieren“, erklärt Ove. Durch eine Durchreiche kommt der Körper in den Weißbereich des Schlachtmobils, wo er von Gönke Johannsen ausgenommen wird. Vom lebenden bis zum fertigen Tier dauert es für ein Huhn rund 6 min, für eine Gans 10 bis 15 min. Auf diese Weise werden pro Stunde etwa 50 Hühner oder 25 Gänse verarbeitet.

Kinder und Erwachsene beobachteten gespannt die Demonstration, Tränen gab es dabei nicht. Es floss ja auch kein Blut. Und ein weiterer Vorteil: Die Stoffgans Martin kann beliebig oft verwendet werden.

Das Gütezeichen in den Citti-Märkten

Regionale Produkte werden von Verbrauchern immer mehr nachgefragt. Auch im Lebensmitteleinzelhandel bieten regionale Produzenten vermehrt ihre Produkte an, so auch in den Citti-Märkten in Flensburg, Lübeck und Kiel.

Frische Milchprodukte aus Schleswig-Holstein konnten am Stand von Hans Möller von der Meierei Horst probiert werden. Foto: Cindy Jahnke

Um genau darauf aufmerksam zu machen, fanden vom 6. bis 8. Juni die Regionaltage in den Citti-Märkten statt. Allein in Kiel stellten rund 40 Betriebe an kleinen Infoständen Ihre Produkte aus. Darunter waren zum Beispiel der Kartoffelbetrieb Linnauer Ackerfrüchtchen, die Meierei Horst, der Backensholzer Hof, die Nordseekäserei und die Schlachterei Burmeister – alle ausgezeichnet mit dem Gütezeichen „Geprüfte Qualität Schleswig-Holstein“. Die Kunden konnten während des Einkaufs mit den Produzenten ins Gespräch kommen und probieren. Cindy Jahnke informierte am Gütezeichenstand über das regionale Qualitätszeichen „Geprüfte Qualität Schleswig-Holstein“. In allen drei Märkten gab es je eine GüteTüte mit regionalen Spezialitäten im Wert von je 100 € zu gewinnen.