Turbulente und sprunghafte Entwicklungen der Strompreise haben den Fokus auf Energieeffizienz, alternative Energiequellen und Eigenstromerzeugung verstärkt. Zudem wird durch die zunehmende Automatisierung und Technisierung der Energieverbrauch von landwirtschaftlichen Betrieben tendenziell ansteigen. Ein durchdachtes Lastmanagement ist nicht nur ein Weg, die Stromkosten zu drücken, sondern kann auch dazu beitragen, den Eigenverbrauch und die Versorgungssicherheit zu erhöhen.
Oft ist es auf einem landwirtschaftlichen Betrieb nicht offensichtlich, wofür wie viel Strom eingesetzt wird. Somit ist es nur eingeschränkt möglich, die Stromkosten einem Produkt wie Milch oder Fleisch zuzuordnen. Der Strombezug ist häufig nur für den Gesamtbetrieb und über einen längeren Zeitraum bekannt. Eine Jahresrechnung des Energieversorgers ermöglicht lediglich Vergleiche mit vorherigen Zeiträumen.
Mit einfachen mechanischen Elektrizitätszählern (umgangssprachlich Stromzählern) können bereits durch manuelle Dokumentation der Zählerstände die Tages-, Wochen- oder Monatswerte berechnet werden. Intelligente Elektrizitätszähler, sogenannte SmartMeter, erfassen dagegen automatisch Viertelstundenwerte. Abhängig vom Stromliefervertrag werden diese Werte zum Energieversorger übertragen und können vom Kunden als Datensatz angefordert werden. Eine Umstellung auf SmartMeter läuft bei Kunden mit einem jährlichen elektrischen Energieverbrauch von mehr als 10.000 kWh bereits seit 2017, sodass diese intelligenten Stromzähler bereits auf vielen Betrieben verbaut sind.
Lastgang als wichtiges Werkzeug
In der Elektrizitätswirtschaft ist es üblich, den zeitlichen Verlauf von Energiebezug oder -erzeugung als Lastgang darzustellen. Der Lastgang besteht aus Viertelstundenwerten der elektrischen Leistung. Die Abbildung 1 zeigt den Tageslastgang eines Milchviehbetriebes. Auf den ersten Blick sind dabei die zwei Melkzeiten mit hohem Leistungsbezug zu erkennen. Außerdem werden über den gesamten Tag mindestens 5 kW Leistung bezogen. Dieser Leistungswert, der innerhalb einer Zeitspanne nicht unterschritten wird, nennt sich Grundlast.
Oft werden durchschnittliche Tageslastgänge über mehrere Tage berechnet, um typische Verläufe zu erhalten. Für die Abbildung 2 wurde ein mittlerer Tageslastgang des Milchviehbetriebes für die Monate Januar und Juli gebildet. Die Grundlast ist im Januar höher als im Juli. Das liegt unter anderem an Heizbetrieben, Zirkulationspumpen und Rohrbegleitheizungen sowie dem höheren Bedarf für Beleuchtung. Der generelle Verlauf des Lastgangs bleibt dagegen ähnlich.
Für andere Betriebsformen gelten andere Zusammenhänge. In der Schweinehaltung ist bei zwangsbelüfteten Ställen die Lüftung der größte Energieverbraucher. Dabei hängt die Klimatisierung der Ställe wiederum stark von der Außentemperatur ab, sodass die Grundlast im Sommer höher ist als im Winter und die Leistungsspitze an sonnigen Tagen nachmittags auftreten wird.
Der Lastgang zeigt die Schwankungen im Leistungsbezug und kann für die Planung von eigenen Energieerzeugungsanlagen und für die Auswahl des günstigsten Liefervertrages elektrischer Energie genutzt werden.
Wie der Lastgang den Strompreis beeinflusst
Haushalte und Betriebe mit weniger als 100.000 kWh Strombedarf im Jahr werden nach dem Standard-Lastprofil abgerechnet. Dabei basieren die monatlichen Abschläge zunächst nicht auf dem tatsächlichen Verbrauch, sondern sind Schätzwerte, die einmal im Jahr nach Ablesen des Zählerstands ausgeglichen werden. Der Strompreis setzt sich dabei aus dem Arbeitspreis (Entgelt pro verbrauchter Kilowattstunde Energie) und einem pauschalen Grundpreis zusammen.
Betriebe mit einem jährlichen Strombedarf von über 100.000 kWh sind dagegen zur Registrierenden Leistungsmessung (RLM) verpflichtet. Dort hat der Lastgang maßgeblichen Einfluss auf den Strompreis. Hierbei wird statt des Grundpreises, der neben dem Arbeitspreis pro verbrauchter Kilowattstunde Energie anfällt, ein Leistungspreis in Rechnung gestellt. Dieser Leistungspreis berechnet sich aus der Leistungsspitze, sprich aus dem jährlichen Höchstwert im Lastgang. Folglich können die Stromkosten zweier Betriebe mit ähnlichem Energieverbrauch stark voneinander abweichen, wenn einer der Betriebe größere Spitzen im Lastgang aufweist. Ein Lastmanagement kann diese Leistungsspitzen gezielt verringern.
Was ist ein Lastmanagement?
Ein Lastmanagement umfasst organisatorische und technische Maßnahmen, um den Lastgang zu beeinflussen. Meist wird gesteuert, wann bestimmte Verbraucher ein- und ausgeschaltet werden, um Lastspitzen im Tagesverlauf zu verhindern oder die Nutzung von selbst erzeugter elektrischer Energie zu optimieren.
Der erste Schritt zur Umsetzung eines Lastmanagements ist die Analyse des Stromverbrauchs anhand der Lastgänge. Dann können die Leistungen der größten Verbraucher gemessen oder anhand der Typenschilder annähend ermittelt werden. Die Betriebszeiten können ebenfalls durch Messungen, aus Logdaten der Geräte bestimmt oder aus den täglichen Erfahrungen abgeschätzt werden.
Zusammen mit dem Lastgang lassen sich Zeitabschnitte identifizieren, wann der Parallelbetrieb von leistungsstarken Verbrauchern zu Lastspitzen führt. Anschließend muss festgelegt werden, welcher Betrieb von energieintensiven Verbrauchern zeitlich verschiebbar ist, ohne dass der Betriebsablauf, der Tierschutz oder die Sicherheit gefährdet werden.
Die Abbildung 3 zeigt die beanspruchte Stromstärke in Ampere eines Milchviehbetriebs am Vormittag. Auf diesem Betrieb wurde der Strombezug der einzelnen Verbraucher für eine sehr detaillierte Analyse gemessen und Verbrauchsgruppen zugeordnet. Hierbei sind die Verbraucher der Gruppen Beleuchtung, Milchgewinnung und Milchkühlung während des Melkens unabdingbar und können nicht abgeschaltet werden.
Darüber hinaus ist jedoch erkennbar, dass die Entmistung (Verbraucher für Güllerühr- und Pumptechnik) von etwa 5.15 bis 6.15 Uhr während des Melkprozesses läuft. Das führt zu einer Leistungsspitze im Lastgang, der einerseits zu einem höheren Leistungspreis (sprich höheren Stromkosten) als auch in diesem Fall zu einer Überlastung des Hauptanschlusses und damit zum Auslösen der Hauptsicherungen führt. Die Verbraucher der Entmistung sind aber nicht in dem Maße zeitabhängig wie das Melken, sodass durch ein Lastmanagement ein zeitgleicher Betrieb verhindert werden kann.
Praktische Umsetzung des Lastmanagements
Im einfachsten Fall werden die Verbraucher auf dem Betrieb manuell ein- und ausgeschaltet. Dann kann durch die Organisation der Arbeitsabläufe vermieden werden, dass mehrere leistungsstarke Verbraucher parallel betrieben werden. Je mehr Mitarbeiter auf einem Betrieb arbeiten, desto aufwendiger ist jedoch ein solch manuelles Lastmanagement.
Als erste Automatisierung bietet sich die Zeitsteuerung an. Eine Zeitschaltuhr verhindert beispielsweise, dass die Güllepumpen und Rührwerke zu den Melkzeiten eingeschaltet werden. Sollte der Stromliefervertrag unterschiedliche Arbeitspreise (Preise pro Kilowattstunde) je nach Tageszeit beinhalten, können durch das Lastmanagement auch Verbraucher, die nicht zeitkritisch sind, in die günstige Tarifzeit verschoben werden.
Bei einer gegenseitigen Verriegelung verhindert dagegen der Betrieb eines Verbrauchers das Einschalten eines anderen. Dies wird oft mit Relais und Schützsteuerungen realisiert. Da hierfür eine Verdrahtung zwischen den Steuerungen der beiden Verbraucher bestehen muss, bietet sich die gegenseitige Verriegelung nur bei nahe beieinanderstehenden Verbrauchern an.
Ein erweitertes automatisches Lastmanagement basiert auf der Messung des aktuellen Leistungsbezugs. So können einzelne Verbraucher je nach deren Priorität gezielt gesperrt werden, wenn der Gesamtleistungsbezug festgelegte Grenzen überschreitet. Auf der anderen Seite können Verbraucher gezielt eingeschaltet werden, wenn Eigenerzeugungsanlagen mehr Leistung liefern als der Gesamtbetrieb benötigt. Beispielsweise könnten Fütterungen in der Schweinehaltung, die nicht tagesrationiert, sondern ad libitum konzipiert sind, angeschaltet werden, wenn die PV-Anlage viel Leistung bereitstellt. Für die Umsetzung müssen zuverlässige Datenverbindungen zwischen der Messung, der Lastmanagement-Steuerung und den zu steuernden Verbrauchern geschaffen werden.
Fazit
Durch das gezielte Ein- und Abschalten von Verbrauchern mit einem Lastmanagement können Stromkosten gesenkt, der Hauptanschluss vor Überlastung geschützt und der Eigenverbrauchsanteil von Regenerativen Energien erhöht werden.