Dithmarschen ist wie viele Kreise zweigeteilt in Marsch und Geest mit mittlerweile intensiverem Futterbau auf der Geest und Ackerbau in der Marsch – dort mit verstärkter Tendenz zum ökologischen Landbau. Die starken Winde begünstigen eine Produktion mit wenig Pflanzenschutz, da sie den Zuflug von Insekten und Pilzen vermindern. Da Ökobetriebe meist von den Ökoverbänden betreut werden, fehlen sie dem Bauernverband. Landesweit und darüber hinaus berühmt ist der Dithmarscher Kohl, der im Herbst mit den Kohltagen gefeiert wird. Hier liegt das größte zusammenhängenden Anbaugebiet Europas, aber auch anderes Gemüse wächst hier gut und lange.
Landverlust
Als großes Problem für die Landwirtschaft sieht Kreisgeschäftsführer Hans-Jürgen Henßen den Landverlust, aktuell hauptsächlich verursacht durch die Energiewende: Leitungsbau für die Stromtrassen, Umspannwerke, das Batteriewerk NorthVolt bei Heide, PV-Anlagen. „Die Entschädigung für Flächen ist oft unbefriedigend, selbst wenn die Eigner später durch Windkraft oder PV Rendite erhalten“, sagt Henßen. Vor allem aber treibt der Flächenhunger die Preise für Kauf oder Pacht in die Höhe. „Bei dem, was Energieunternehmen bieten, kann der Bauer nicht mithalten. Auch wenn der Einzelne vielleicht Vorteile hat: Die Energiewende ist agrarstrukturfeindlich“, sagt Henßen. Die Aufgabe der Kreisgeschäftsstelle ist dabei, die Verträge zu prüfen. Da manchmal sowohl Flächeneigner wie Pächter Mitglieder sind, gilt es, einen Ausgleich der Interessen zu finden.
Wiedervernässung
Das Thema Wiedervernässung betrifft nicht nur den südlichen Kreis Schleswig-Flensburg, sondern gleichermaßen den Norden Dithmarschens entlang der Eider zwischen Kleve, Hollingstedt und Pahlen. Den dortigen Landwirten das weitere Wirtschaften zu ermöglichen, dieses Thema wird im Bauernblatt kontinuierlich begleitet. Hier nur so viel dazu: „Angesichts des Klimawandels muss jeder Kompromisse machen“, sagt Henßen deutlich in Richtung Stiftung Naturschutz.
Gänse und Wolf
Ansonsten gibt es wie überall an der Küste das zunehmende Gänseproblem. „Man muss sich das mal anschauen, wenn so ein Schwarm einfliegt und dann wieder weg. Da ist nichts mehr übrig!“ Der Wolf – Stichwort Deichschafe – war zum Glück länger nicht mehr da, aber die Angst bleibt.
Öffentlichkeitsarbeit
Die Kreisgeschäftsstelle betreibt auch Öffentlichkeitsarbeit. So wurde bei WhatsApp eine AG Junge Landwirte eingerichtet, die erst langsam anläuft. Es gibt mindestens einmal im Jahr ein Treffen mit Lehrern im Kreis, immer wechselnd auf einem Betrieb. Sie bekommen Infomaterial und vor allem einen Ansprechpartner im Verband – „ein Gesicht“.
Den Mitgliedern zu helfen, insbesondere die Bürokratie zu bewältigen, das sieht Hans-Jürgen Henßen als Hauptaufgabe für die Kreisgeschäftsstelle. Zusätzlich bietet sie auch Rechtsberatung an. Die Mitarbeiterinnen Tanja Vollert und Telse Roloff übernehmen eigenständig Aufgaben. Sie organisieren den Büroalltag, planen Veranstaltungen und haben Fristen und Termine im Blick. „Sie sind immer ansprechbar und vor allem wichtig für die gute Laune“, lobt Henßen seine Mitarbeiterinnen.
Bürokratieflut
„Wir sind Verbindungsglied zwischen Landwirtschaft und Verwaltung und suchen Lösungen für die Probleme. Die Landwirte nehmen das gern in Anspruch – und immer mehr, denn die Bestimmungen werden immer komplizierter.“ Größere Betriebe stellten eigens Mitarbeiter ein, die sich nur um diese Angelegenheiten kümmern, was kleinere sich nicht leisten können.
Insbesondere gebe es in Dithmarschen viele Kontrollen, die er in manchen Fällen unverhältnismäßig findet. Da komme etwa zu einem Prämienabzug noch ein Bußgeld obendrauf. „Manche überlegen schon, gar keine Prämie mehr zu beantragen. Kontrolle ist okay, aber nicht Bevormundung“, sagt Henßen. Tonio Keller
Jährlicher Wechsel der Kartoffelfelder
Jochen Stamer im Kaiserin-Auguste-Viktoria-Koog, Ortsteil von Friedrichskoog in Dithmarschen, ist Teil einer besonderen Gesellschaft: Neben seinem eigenen Ackerbau- und Schweinemastbetrieb hat er sich mit zwei Kollegen zusammengeschlossen zur WWS GbR – nach den Anfangsbuchstaben der Familiennamen von Torge Weerts, Sascha Wehtje und ihm selbst. Der einzige Zweck der GbR ist der Anbau und Vertrieb von Pflanzkartoffeln. Die drei begannen 2017 mit 30 ha, heute sind es 200 ha.
Da Kartoffeln in der Fruchtfolge nur höchstens alle vier Jahre auf derselben Fläche stehen dürfen und die GbR nur Kartoffeln anbaut, muss sie jedes Jahr neue Flächen pachten. Jeder Pachtvertrag wird neu geschlossen, die Flächen jedes Mal neu in die entsprechenden Anträge eingemessen. Auch wenn 80 % ihrer Verpächter reihum dieselben sind, zieht das eine Menge Formalien nach sich.
Da ist Jochen Stamer sehr dankbar für die Hilfe der Kreisgeschäftsstelle des Bauernverbandes. „Ich werde dort sehr gut beraten, gerade weil wir solche Spezialfälle haben“, sagt Stamer. „Ich sage Kreisgeschäftsführer Hans-Jürgen Henßen, wie es aussieht, und er sagt mir, was wir tun müssen, um auf der sicheren Seite zu sein.“