Die deutsche Yara-Tochter stellte anlässlich einer Online-Pressekonferenz Strategien vor, mit denen der Düngemittelkonzern die Lebensmittelproduktion effizienter machen und die Produktionsbedingungen für die Landwirte vereinfachen will.
Geschäftsführer Marco Fleischmann machte deutlich: „Die Landwirtschaft befindet sich in einem Spannungsfeld: Sie soll sichere Lebensmittel in guter Qualität erzeugen, dabei Ressourcen und Umwelt schonen. Wir sind angetreten, diesen Zielkonflikt aufzulösen.“ Als Düngemittelhersteller sehe man sich in der Pflicht, vor allem die CO2-Emissionen aus der Produktion und Ausbringung mineralischer Düngemittel anzugehen. Sie seien in der Getreideproduktion die Hauptverursacher von Treibhausgas (THG)-Emissionen – demzufolge liege hier auch das größte Potenzial zur Einsparung. Dies beginne bei der Düngerherstellung, erklärte Fleischmann: In Europa produzierter Stickstoffdünger habe einen nur halb so großen CO2-Fußabdruck, da hier Katalysatoren zur Abscheidung von Lachgas verwendet würden. Importe, etwa aus Russland, woher seit Beginn des Ukraine-Krieges etwa 20 % der deutschen N-Dünger stammten, seien also nicht nur moralisch fragwürdig, sondern brächten auch erhebliche THG-Lasten mit.
CO2 wird verpresst
Weiteres Einsparpotenzial, so Fleischmann, plane Yara ab der Saison 2026/27: Dann solle bei der Produktion anfallendes CO2 aufgefangen und mittels Carbon Capture and Storage (CCS) gespeichert werden. Damit soll in einem Werk in den Niederlanden begonnen werden. Das abgeschiedene CO2 werde verflüssigt und in Norwegen verpresst. Neue Werke in den USA würden ebenfalls mit der Technologie ausgestattet. Zu guter Letzt soll es mithilfe Erneuerbarer Energien gelingen, den CO2-Fußabdruck (Grüner) Dünger um bis zu 90 % zu senken. Ein Werk in Norwegen produziere bereits solche Düngemittel, allerdings wegen der unzureichenden Verfügbarkeit Grünen Wasserstoffs bislang nur wenig.
Hohes Reduktionspotenzial
Neben der CO2-sparenden Herstellung sei auch die verlustfreie Anwendung auf dem Betrieb von Bedeutung. N-Verluste ließen sich vermeiden, indem die N-Ausnutzungseffizienz steige – so hätten Umwelt, Landwirt und Marktfrucht gleichzeitig Vorteile. Derzeit liege die Stickstoffnutzungseffizienz durchschnittlich bei 64 %, das bedeute, dass 64 % des gedüngten N wieder vom Feld gefahren würden. „Das Optimum“, so Fleischmann, „liegt etwa bei 80 bis maximal 90 Prozent, danach nimmt die Bodenfruchtbarkeit zu sehr ab. Hier ist also noch Luft.“ Nötig seien hier eine ausgewogene Düngung, bedarfsgerecht, zum richtigen Zeitpunkt und in Teilgaben, sowie die Minimierung von Verlusten mithilfe von Nitrifikationsinhibitoren – für all diese Aufgaben habe Yara Konzepte im Angebot. Einige davon, wie den altbekannten NSensor, schon lange. Neu sei, dass diese Konzepte unter einer neuen Marke zusammengefasst würden. So wolle man dem Landwirt helfen, die Emissionsminderung seines Anbaus deutlicher zu erkennen und zu beeinflussen. Die Marke mit dem Namen CO(2) MPACK erlaube es, ähnlich wie bei den Energieeffizienzklassen von Elektrogeräten, Pakete mit bestimmter Umweltauswirkung anzuwenden. Mit der höchsten dieser Klassen, CO(2)MPACK A, sei ein CO2-Reduktionspotenzial im Weizenanbau von bis zu 51 % zu erzielen, erklärte Fleischmann. „Natürlich sind Grüne Dünger nicht nur knapp, sondern auch zwei- bis dreimal so teuer. Aber jeder kann mit CO(2)MPACK mit relativ niedrigem Kosteneinsatz seine CO2-Emissionen reduzieren.“ Ihm sei bewusst, dass man diese Kosten nicht der Landwirtschaft allein aufbürden könne: „Wir stellen uns vor, dass in der Wertschöpfungskette alle zusammenarbeiten, bis hin zum Verbraucher.“
Stressfaktoren auffangen
Eine hohe N-Nutzungseffizienz sei nur mit gesunden, ausgewogen versorgten Kulturpflanzen möglich. Hier habe Yara in den vergangenen Jahren investiert, wie Felix Faistlinger erläuterte. Er berichtete über die neuen Werkzeuge für den erfolgreichen Pflanzenbau von Yara: Biostimulanzien aus der YaraAmplix-Familie. Eigens entwickelte Screening-Methoden, Verfahren zur Bewertung von Substanzen und vor allem spezifische Untersuchungen zu den Wirkungsweisen (Mode of Action) von Einzelsubstanzen und Kombipräparaten hätten neue Erkenntnisse möglich gemacht, erklärt Faistlinger: „Das Verständnis der Mode of Action ist deutlich gewachsen. Wir haben herausgefunden, dass es bei der Wirksamkeit nicht auf die Einzelkomponenten ankommt, sondern auf das Verständnis für Wirkung und Kombination der Inhaltsstoffe.“ Die Haltbarkeit der Produkte hänge vom Extraktionsverfahren ab, um bioaktive Substanzen schonend herauszufiltern. „Grundsätzlich gewähren wir eine Qualitätsgarantie von zwei Jahren.“ Die Produktgruppe decke zahlreiche Kulturen ab, erklärte Faistlinger, etwa beim Produkt Flostrel: „Das Algenprodukt mit Nährstoffzusätzen verbessert die Blüte und steigert die Fruchtbildung. Es hat sich in Soja, Weizen, Raps, Reis, Gerste, Apfel, Zitrone oder Tomate bewährt.“ Den Preis für eine Anwendung bezifferte er auf 18 €/ha. Insgesamt hätten die acht Produkte der neuen Familie ihre Wirksamkeit in 26 Kulturen unter Beweis gestellt. 318 Feldversuche erbrachten durchschnittliche Ertragssteigerungen von 5,8 %. Martin Herchenbach stellte die YaraPlus-Plattform vor, auf der künftig alle digitalen Angebote für Landwirte und Landhändler gebündelt bereitgestellt werden. „Sie enthält alle agronomischen Werkzeuge, Dienstleistungen und Expertenwissen von Yara rund um die Düngung. Eine Anmeldung für alle Tools, die einheitliche Menüführung und nahtlose Datenübertragung – all das macht die Arbeit effektiver und zeitsparender.“
Plattformen verschmelzen
Gestartet sei das Angebot im Februar: „Acht Monate nach der Einführung haben wir einige Tausend Nutzer, die laut einer repräsentativen Umfrage zufrieden mit dem Angebot sind“, sagt Herchenbach. Geplant sei, die App bis Jahresende auch in deutschen App-Stores bereitzustellen. Anfang 2025 würden YaraPlus und Atfarm, das Angebot zur teilflächenspezifischen Düngung, zu YaraPlus Atfarm verschmolzen. In Atfarm angelegte Schläge können so mit den anderen Elementen genutzt werden. Atfarm sei bereits mit dem John Deere Operation Center verbunden, auch diese Anwendung werde mit in YaraPlus Atfarm übernommen. Catrin Hahn