Um bereits mit der Sortenwahl von Ökowintergerste einen wichtigen Baustein im Anbau wählen zu können, lohnt ein Blick in die Auswertung der Landessortenversuche (LSV) der Landwirtschaftskammer, die im Folgenden dargestellt ist.
Die Wintergerste nimmt im Ökolandbau eine wichtige Stellung in Ackerbaufruchtfolgen ein. Als Winterung hat sie den Vorteil gegenüber Sommerungen, dass eine höhere Ertragssicherheit erreicht wird und sie durch eine starke Jugendentwicklung in der Lage ist, eine hohe Konkurrenzkraft gegenüber Beikräutern zu entwickeln. Gleichzeitig kann nach einer frühen Ernte durchaus der Anbau von Futterfrüchten, die noch im Herbst genutzt werden sollen, in Erwägung gezogen werden.
Rückblickend hielt das Anbaujahr viele Herausforderungen bereit. Bereits mit der nassen Ernte im vergangenen Jahr musste die Praxis mit viel Durchwuchs und Spätverunkrautung umgehen, während es aber im August und September trockene Phasen gab, die für mechanische Maßnahmen Einsatzzeitpunkte ermöglichten.
Auf sehr schweren, tiefer liegenden Standorten mit hoher Niederschlagssumme verliefen dennoch die Grundbodenbearbeitung und die Saatbettbereitung nicht immer optimal aufgrund feuchter Böden und der vorangegangen Ernte unter feuchten Bedingungen. Insgesamt konnte aber die Wintergerste überwiegend im September noch gut bestellt werden, während spätere Saattermine anderer Kulturen oftmals nässebedingt nicht mehr oder sehr ungünstig realisierbar waren.
Die Entwicklung der Wintergerste vor Winter war ausreichend, bedingt durch eine hohe Wärmesumme. Zudem konnte eine weitere Bestockung nach dem kurzen Wintereinbruch Anfang Dezember ab Jahreswechsel beobachtet werden. Durch die großen Niederschlagsmengen über Winter und im Frühjahr konnte allerdings auch keine gute Wurzelentwicklung stattfinden. Zudem waren einige Bestände in der Praxis durch das von Blattläusen übertragene Gerstengelbverzwergungsvirus betroffen. Ebenso niederschlagsbedingt lagen im Frühjahr die Nmin– und Smin-Werte landesweit auf einem niedrigen Niveau. Trockenstress trat in der folgenden Entwicklung nicht auf, da bis zur Ernte ein mehr als ausreichendes Wasserangebot bestand.
Der Krankheitsdruck lag jedoch auf einem deutlich höheren Niveau als in den Vorjahren. Insbesondere ein frühes und starkes Auftreten von Rhynchosporium kostete Blattfläche und teilweise Triebe. Netzflecken traten auf und der ab Mitte Mai teilweise stark vorhandene Zwergrost begleitete von Beginn der Kornfüllung an die Bestände und reduzierte die Blattfläche.
Die Landessortenversuche der Ökowintergerste werden in Schleswig-Holstein in Lundsgaard in Kooperation mit der Pflanzenzüchtung P.H. Petersen im Norden und am Standort Futterkamp angelegt. Bedingt durch Nässe und damit verbundene Wuchsdepression wurde in Lundsgaard der Landessortenversuch dieses Jahr abgebrochen. In Futterkamp konnte der Versuch aber normal geführt und beerntet werden (siehe Tabelle 1).
Ergebnisse im Landessortenversuch
Der Ertrag des Landessortenversuches Ökowintergerste am Standort Futterkamp lag mit 32,6 dt/ha im Mittel über die Bezugssorten sehr niedrig, wobei es sehr deutliche Sortenunterschiede gab (siehe Tabelle 2). Die Grenzdifferenz von 9 % relativ liegt dabei noch im akzeptablen Rahmen. Gleichzeitig sind die ermittelten Qualitäten insgesamt auf einem akzeptablen Niveau (siehe Tabelle 3).
Die Ursachen für das niedrige Ertragsniveau sind vermutlich vielschichtig. Zum einen hätte vermutlich eine mineralische Schwefeldüngung eine bessere N-Ausnutzung gebracht. Gleichzeitig ist bei einer ausreichenden Bestandesdichte eine geringe Tausendkornmasse (TKM) mit geringer Kornzahl je Ähre erreicht worden. Das kann zum einen an einer schlechten Befruchtung liegen, zum anderen an dem sortenbedingt hohen Krankheitsdruck (Netzflecken und vor allem Zwergrost, siehe Tabelle 4), der in der Kornfüllung klar negative Auswirkungen hatte. Zudem ist bedingt durch starkes Halmknicken nicht auszuschließen, dass (Vor-)Ernteverluste aufgetreten sind.
Für den Anbau empfohlene Sorten
‚KWS Exquis‘ hat in den Versuchen mittlerweile mehrjährig überdurchschnittliche Erträge gebracht, ist dabei gesund und hat eine gute Standfestigkeit und Strohstabilität. Mit ihrer zusätzlichen Resistenz gegenüber dem blattlausübertragenen Gerstengelbverzwergungsvirus ist diese Sorte sehr geeignet für den Ökoanbau.
‚KWS Flemming‘ hat mehrjährig gute Erträge in den Versuchen gezeigt und zeichnet sich durch eine gute Gesundheit mit guter Kornqualität und positiven agronomischen Eigenschaften aus. Sie gehört damit zu den Favoriten in der Sortenwahl.
‚Julia‘ lag in Futterkamp zwar ertraglich leicht unterhalb des Durchschnittes, ist aber mit einer Resistenz gegenüber dem Gelbmosaikvirus Typ II (ohne Resistenz gegen das Milde Gerstenmosaikvirus) ausgestattet, früher reif und hat sehr günstige agronomische Eigenschaften. Aufgrund der früheren Reife ist das Halmknicken im Versuch stärker ausgeprägt. Wie auch im konventionellen Anbau ist sie eine voll empfehlenswerte Sorte.
‚Normandy‘ ist als zweizeilige Gerstensorte im nun zweiten Versuchsjahr sehr positiv aufgefallen und kann durch hohe Kornqualität, guten Ertrag und gute agronomische Eigenschaften punkten. Sie sollte daher in der Sortenwahl Berücksichtigung finden. Da zweizeilige Sorten mit um rund 10 % erhöhter Saatstärke gedrillt werden sollten und dabei stärker als mehrzeilige Sorten bestocken, eignet sie sich gut auch hinsichtlich der Unkrautunterdrückung.
Mehrjährig geprüft ohne Anbauempfehlung
‚Esprit‘ ist im ökologischen Anbau aufgrund ihrer höheren Anfälligkeit in Jahren mit höherem Zwergrostdruck im Nachteil gegenüber gesünderen Sorten. Dennoch hat sie ein sehr hohes Ertragspotenzial mit akzeptabler Qualität in Jahren mit geringerem Krankheitsdruck.
‚Melia‘ ist als lange Sorte hinsichtlich ihrer hohen Konkurrenzkraft positiv zu bewerten, hat dabei aber in Standfestigkeit und Strohstabilität deutliche Schwächen. In Futterkamp hat sie den höchsten Befall mit Zwergrost gezeigt. Auch ertraglich ist sie bislang nicht konkurrenzfähig.
‚SU Midnight‘ bietet beim Auftreten von bodenbürtigen Gelbmosaikviren des Typs II einen sicheren Schutz mit hohem Ertragspotenzial, aber in den vorigen beiden Anbaujahren hat sie durch ihre hohe Anfälligkeit für Rhynchosporium früh Triebe verloren, was sowohl bei der Bestandesdeckung als auch hinsichtlich des Ertragspotenzials negativ zu bewerten ist.
Junge Sorten in der Prüfung
Mit mittlerem Ertrag, aber sehr guter Qualität zeigte sich ‚Adalina‘. ,Integral‘ ist mit hohem Ertrag, früherer Reife und guter Strohstabilität positiv aufgefallen und besitzt zudem eine Resistenz gegenüber dem Gerstengelbverzwergungsvirus, was die Sorte für den Ökoanbau attraktiv macht. Auch interessant hinsichtlich Ertrag und Qualität ist die zweizeilige Sorte ‚KWS Donau‘, die zudem eine Eignung als Winterbraugerste aufweist (Erfüllung der Qualitätskriterien vorausgesetzt). Bislang nicht zufriedenstellende Ergebnisse hat die Sorte ‚Lioba‘ in Ertrag und Hektolitergewicht erreicht. ‚RGT Mela‘ und ‚Winnie‘ sind beide relativ langstrohige Sorten, haben gute Erträge im ersten Jahr gezeigt und fallen nicht negativ auf.
Anbau von Hybridgersten im Ökolandbau
Grundsätzlich sind Hybridsorten hinsichtlich ihrer hohen und stabilen Ertragsleistung bekannt, die sie aufgrund ihrer hohen Umweltstabilität auch unter extensiveren Anbaubedingungen erreichen. Daher wurden über nun drei Jahre Hybridgersten mitgeprüft, die alle überdurchschnittliche Ertragsleistungen zeigten.
Für den Ökoanbau empfiehlt sich in erster Linie die Sorte ‚Dakoota‘, die früher reif ist und bei gutem Hektolitergewicht eine sehr gute Standfestigkeit und gute Strohstabilität beweist. Sie entspricht in ihrem Profil damit der Weiterentwicklung der Sorte ‚Toreroo‘, die derzeit am Markt ausläuft.
Neuer, mit einem hohen Ertragsniveau, sehr hohem Bestockungsvermögen, guter Qualität und guter Blattgesundheit, ist die Sorte ‚Loona‘, die bei zu hoher Bestandesdichte aber zu Lager neigen kann. Hinsichtlich der Saatstärke hat sich gezeigt, dass die Hybriden auch mit Saatstärken von 250 kf. K./m2 einen ausreichenden Bestand etablieren und ein überdurchschnittliches Ertragsniveau erreichen. Bei sehr guten Saatbedingungen mit idealer Technik sind auch geringere Saatstärken möglich (niedrigere Saatgutkosten), jedoch muss der Beikrautdruck im Auge behalten werden.
Fazit
Das Anbaujahr war schwierig, und die Erträge in den Ökogerstenversuchen haben enttäuscht. Zur Sortenwahl sollten daher mehrjährige Ergebnisse herangezogen und die Eigenschaften der Sorten genau im Blick behalten werden, da im Ökolandbau sortenbedingte Probleme kaum zu korrigieren sind. Grundsätzlich sollte im Anbau aber der Grundnährstoffversorgung Augenmerk geschenkt werden, ebenso wie der Schwefelversorgung, um die knappe Ressource Stickstoff optimal nutzen zu können.