Auf einem Gemälde von 1877 füttert ein kleines Mädchen seinen Hund mit einem Löffel, ein Werbeplakat aus dem Jahr 1897 wiederum wirbt für Handschuhe aus Hundeleder. Ein Widerspruch? Wonach entscheiden wir, welche Tiere wir lieben und welche wir wofür nutzen oder töten? Eine Frage, mit der sich die neue Ausstellung „Das Tier und wir – geliebt, gebraucht, getötet“ auf dem Museumsberg Flensburg umfänglich durch alle Epochen der Kunst beschäftigt.
Jeder Mensch steht in irgendeiner Beziehung zum Tier“, davon ist Tasja Steder überzeugt. Mit ihrem Ausstellungsprojekt „Das Tier und wir“ beschließt sie ihr wissenschaftliches Volontariat auf dem Museumsberg in Flensburg. Ihr war dabei wichtig, eine große Bandbreite zum Thema „Beziehungen zwischen Mensch und Tier“ abzubilden. Auch wenn der Titel der Ausstellung provokant und sehr direkt daherkomme, gehe es ihr nicht darum, moralisch oder mahnend den Zeigefinger zu erheben, sondern die Besuchenden selbst zum Nachdenken und Hinterfragen anzuregen, wie deren Verhältnis zu Tieren aussieht. Und das ist sehr ambivalent, wie die gut 120 präsentierten Werke zeigen.
Foto: Iris Jaeger
Der überwiegende Teil stamme aus der eigenen Sammlung, „da konnten wir aus dem Vollen schöpfen“, erklärt die stellvertretende Museumsleiterin Madeleine Städtler, die auch für die Museumssammlung zuständig ist.
Zeitlich wird mit den Objekten und Gemälden der Bogen vom Mittelalter bis zur zeitgenössischen Gegenwart gespannt, „da war mir ebenfalls wichtig, regionale Künstlerinnen und Künstler mit einzubinden oder Aspekte einzubeziehen, die für die Region von Bedeutung sind“, erklärt Tasja Steder.
Manche Werke seien kurios wie eine Dose aus Schildkrötenpanzer, niedlich wie das Porträt eines Schoßhündchens oder eher verstörend wie das Kaninchen im Mixer. Thematisch gegliedert bieten die Werke der Kunstschaffenden aus den verschiedenen Epochen historische Sichtweisen, aktuelle Positionen und neue Forschungsansätze.
Foto: Iris Jaeger
„Wie wir Tiere sehen, wird auch davon bestimmt, wie sie in der Kunst gezeigt werden. Die thematisch gegliederten Ausstellungsräume werfen Schlaglichter auf einzelne Aspekte, die unsere Wahrnehmung bestimmter Arten beeinflussen. Die Kunst spiegelt die Wertevorstellungen ihrer Zeit“, lautet es in einer Ausstellungsbeschreibung.
Jagdstillleben, Pferdeporträt oder andere Tierbilder wechseln sich mit zeitgenössischen Werken wie einer gläsernen Fliegenklatsche oder einem Kleid aus Hühnerknochen ab. Kühe, die auf einer Weide liegen, sind ebenfalls zu sehen sowie Gemälde von Hunden, Katzen, Meerschweinchen oder Hamstern.
Das Tier als Symbol, als Nahrungsmittel, als Material, als günstige Arbeitskraft oder aber als bester Freund des Menschen zeigt, wie oft zwiegespalten unser Verhältnis zu Tieren ist. Wir essen Fleisch und tragen Lederschuhe, würden aber nie auf die Idee kommen, unserem geliebten Hund oder unserer geliebten Katze etwas zuleide zu tun. Wir finden Spinnen eklig, Kaninchen aber niedlich.
In der Forschung spreche man vom Speziesismus, so die Kuratorin. „Damit bezeichnet man die moralische Diskriminierung von Lebewesen ausschließlich aufgrund ihrer Artzugehörigkeit.“ Handeln wir also Tieren gegenüber egoistisch? „Nicht immer ist eine Haltung oder ein Verhalten Tieren gegenüber eine bewusst getroffene Entscheidung. Dafür soll die Ausstellung sensibilisieren. Denn vieles geschieht aus Gewohnheit, wird unreflektiert übernommen oder nicht als diskussionswürdig verstanden“, beschreibt es Tasja Steder in dem zur Ausstellung erschienenen Katalog. „Die Beziehungsgeschichte von Tier und Mensch ist äußerst komplex und kann gar nicht in vollem Umfang oder lückenlos abgebildet werden“, so Steder.
Foto: Iris Jaeger
Aber es würden verschiedene Perspektiven auf ein Thema gezeigt, anhand derer die Besuchenden sich eine eigene Meinung bilden könnten. Dabei gehe es nicht darum, welche Verhaltensweisen oder Wahrnehmungen richtig oder falsch seien. „In einer Demokratie dürfen verschiedene Meinungen gleichberechtigt nebeneinander existieren.“ Bewusst habe man die Ausstellung niedrigschwellig gehalten, um auch Menschen anzusprechen, die sonst nicht regelmäßig in Museen gehen. „Es braucht kein kunsthistorisches Wissen, um die Ausstellung zu verstehen. Wir wollen für das Museum und die Ausstellung begeistern, weshalb wir zusätzlich ein sehr vielfältiges und breit gefächertes Rahmenprogramm mit anbieten“, erklärt Madeleine Städtler.
Und bereits draußen werde man auf die Ausstellung aufmerksam, unter anderem durch Tierpiktogramme von Käthe Wenzel auf einem Trafohäuschen oder aber, und darauf sei sie besonders stolz, so Tasja Steder, mit Darstellungen auf der Zugangsrampe von der anonymen Flensburger Katzenmalerin. In drei Tiersilhouetten hat sie dabei Ausschnitte aus Museumsräumen gezeichnet. Die Ausstellung ist bis zum 29. Juni im Hans-Christiansen-Haus zu sehen. Weitere Informationen unter museumsberg-flensburg.de




