Union, SPD und Grüne haben sich auf ein sogenanntes Biogaspaket geeinigt. Der Änderungsantrag zum ursprünglichen Gesetzentwurf vom vergangenen Dezember sieht unter anderem vor, die Ausschreibevolumina für 2025 und 2026 zu erhöhen. Ohne verlässliche Anschlusskonzepte drohe mehr als 400 Anlagen und damit auch zahlreichen Wärmenetzen allein in Schleswig-Holstein bis 2030 das Aus, erklärte der Landesverband Erneuerbare Energien Schleswig-Holstein (LEE SH) am Freitag voriger Woche. Damit sei die Erneuerbare Wärmewende im Land gefährdet.
Der Energieausschuss hatte sich am Mittwoch mit den Stimmen von SPD, Grünen und Union mehrheitlich für das Paket ausgesprochen. Der Bundestag stimmt am 31. Januar (nach Redaktionsschluss) über das sogenannte Biomassepaket ab. Wie aus dem Gesetzentwurf zur Änderung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes hervorgeht, soll das Biomasseausschreibevolumen in diesem Jahr auf 1.300 MW erhöht werden. Auch für 2026 ist demnach ein erhöhtes Volumen von dann noch 1.126 MW vorgesehen. Sichergestellt werden soll damit eine Anschlussperspektive für jene Bestandsanlagen, die andernfalls aus der Förderung fallen würden. Der Flexibilitätszuschlag soll zudem auf 100 € erhöht werden.
Bereits am Freitag voriger Woche machte der LEE SH in Kiel auf die dringende Notwendigkeit von Anschlusskonzepten für Biogasanlagen nach Ende der 20-jährigen EEG-Vergütung aufmerksam und hob die Rolle der Bioenergie für die Versorgungssicherheit und als Baustein der kommunalen Wärmeversorgung hervor. Laut dem Branchenverband wurden zwischen 2004 und 2010 bundesweit mehr als 4.000 Anlagen (also rund 40 %) mit einer installierten Leistung von rund 2,6 GW in Betrieb genommen, denen nun, 20 Jahre später, das Aus drohe. Allein in Schleswig-Holstein seien davon bis 2030 mehr als 400 Anlagen mit einer Leistung von insgesamt 157 MW betroffen.
Grundbedürfnis Wärme braucht klare Regularien
Martin Laß, Vorstandsmitglied des LEE SH und Betreiber des Regenerativen Speicherkraftwerks der Bioenergie Gettorf, betonte: „Wir können in einem derart wichtigen Infrastrukturbereich wie der Primärenergieversorgung mit Wärme, einem Grundbedürfnis des Menschen, nicht mit Regularien arbeiten, die sich alle paar Jahre ändern.“ Ingenieure der kommunalen Wärmeplanung brauchten verlässliche Zusagen, wo die benötigte Wärme künftig herkommen könne. Anlagenbetreiber wollten auch weiterhin investieren und ihren Beitrag zur kommunalen Wärmewende leisten, erklärte Laß, der als Sachverständiger zum Biomassepaket im Energieausschuss des Bundestages gesprochen hat. Diesen Beitrag könne die Biogasbranche zudem schneller und günstiger liefern als Wasserstoff- oder Gaskraftwerke, die jedoch in der geplanten Kraftwerksstrategie des Bundeswirtschaftsministeriums bevorteilt würden.
Vor Ort erzeugte Energie in kleinen, autarken Stoffströmen auch vor Ort und mit kurzen Transportwegen zu nutzen, sei nur sinnvoll. Bestehende Biogasanlagen zu flexibilisieren und sie zu Biogas-Speicherkraftwerken auszubauen, könne einen substanziellen Konjunkturschub auslösen und zudem die Abhängigkeit von fossilen Erdgasimporten verringern. Jedes Wärmenetz, das gebaut werde, halte zudem den Mittelstand in Beschäftigung. Der Biogasanlagenstrom werde nicht nur für bestehende oder geplante Wärmenetze, sondern auch für eine sichere Leistung im Netz gebraucht. Neben einem zukunftweisenden Biomassepaket fordert der LEE SH daher eine Kraftwerksstrategie, die technologisch für Biogas-Speicherkraftwerke offen ist.
Aus Betreibersicht schilderte Viktor Bester, Geschäftsführer der Biogas Fehrenbötel GmbH im Kreis Segeberg, die Folgen für den Anlagenstandort, wenn es zu keiner Weiterbetriebsperspektive durch ein substanzielles Biomassepaket komme. Abzüglich des Eigenbedarfs liefern die beiden Anlagen des Unternehmens mit einer Leistung von 1,8 MWel jährlich 15,8 Mio. kWh Strom und mehr als 17 Mio. kWh Wärme, unter anderem ins benachbarte Wärmenetz in Wahlstedt. Dies entspreche dem durchschnittlichen Strombedarf von rund 5.000 Haushalten und dem Wärmebedarf von etwa 1.000 Haushalten im Jahr, so Bester. Die Einsatzstoffe würden von mehr als 20 Landwirten im Umkreis erzeugt, denen Bester langfristige Lieferverträge anbiete und auch eine Diversifizierung der Erträge sowie mehr Unabhängigkeit vom Landhandel ermögliche. „Wir sind froh, eine zusätzliche Erlösmöglichkeit anbieten zu können“, so Bester.
Beitrag zur regionalen Versorgungssicherheit
„Es bereitet uns zudem große Freude, die politischen und gesellschaftlichen Zielsetzungen und Anforderungen bei der Energiewende mitzugestalten und zur Versorgungssicherheit beizutragen.“ Seit mehr als vier Jahren sei Bester mit seinem Team dabei, Konzepte für die Zukunft zu entwerfen. Unter den bisherigen Rahmenbedingungen jedoch könne die Anlage nicht wirtschaftlich weiterbetrieben werden. Ohne Fortbestehen der Anlage würde das benachbarte Wärmenetz mehr als 30 % an Grüner und regionaler Wärme verlieren. „Die Wärmeversorgung mit Bioenergie droht wegen der aktuellen Ausschreibungssystematik wegzubrechen“, kritisierte Bester.
Felix Papenfuß, Referent für Erneuerbare Gase und Sektorenkopplung beim LEE SH, gab zu bedenken, dass hinter den Anlagen zumeist familiengeführte Betriebe stehen. Fielen diese regional verwurzelten Anlagen weg, breche neben der lokalen Strom- und Wärmeversorgung auch ein großer Teil des lokalen Engagements und der regionalen Wertschöpfung weg.
Eine schnelle und klare Richtungsentscheidung brauche es daher aus mehreren Gründen. Bioenergie müsse auch nach der Wahl in einer neuen Bundesregierung klar verankert sein.