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Erster Platz für Milchteam Müller aus Riepsdorf

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Das Milchteam Müller aus dem Riepsdorfer Ortsteil Koselau, Kreis Ostholstein, gewinnt mit seinem Projekt „Ganzheitlich mit Engagement, Leidenschaft und Grillkäse“ den VR-Förderpreis Landwirtschaft. Auf den Plätzen zwei und drei folgen der in Ottendorf ansässige Hof Wasserblöcken, Kreis Rendsburg-Eckernförde, und der Olderuper Milchviehbetrieb Nöhren, Kreis Nordfriesland.

Insgesamt 15 Bewerbungen, drei Finalisten und am Ende eine denkbar knappe Entscheidung: Am Dienstag (17. September) haben die schleswig-holsteinischen Volksbanken Raiffeisenbanken in Kooperation mit dem Bauernverband Schleswig-Holstein (BVSH) und unter der Schirmherrschaft von Landwirtschaftsminister Werner Schwarz (CDU) zum zweiten Mal den VR-Förderpreis Landwirtschaft verliehen. Wie im Vorjahr wurden die finalen Platzierungen durch eine Fachjury und ein online durchgeführtes Publikumsvoting festgelegt, bei dem fast 2.000 Menschen mitgemacht haben.

Ehrung durch Landwirtschaftsminister

In der Feierstunde in Molfsee lobten Schwarz, BVSH-Präsident Klaus-Peter Lucht und Vertreter der Volksbanken Raiffeisenbanken den Ideenreichtum und die Innovationskraft der teilnehmenden Betriebe. „Alle drei Betriebe richten sich zukunftsfähig aus“, betonte Schwarz. Auch die Politik habe verstanden, dass sie ihren Teil zur Zukunftsfähigkeit der Branche beitragen müsse, indem überflüssige Bürokratie abgebaut werde. Dem pflichtete Lucht bei: „Wir leben in einer Zeit, in der sich Rahmenbedingungen innerhalb weniger Jahre stark ändern können. Darunter leidet die Planungssicherheit.“ In Schleswig-Holstein sei es aber gelungen, einige Punkte zu identifizieren, die teilweise auch schon abgearbeitet seien. Mit Blick auf die Preisträger erklärte der BVSH-Präsident: „Wir brauchen Projekte, mit denen wir in die Öffentlichkeitsarbeit gehen können, um unsere Vielfalt und unser Können zu präsentieren.“

Der VR-Förderpreis Landwirtschaft war 2023 ins Leben gerufen worden, um besondere Leistungen und innovative Konzepte der Landwirtinnen und Landwirte im Norden zu würdigen – dazu zählen technische Neuerungen oder der richtungsweisende Umgang mit der Digitalisierung, aber ebenso kann der Förderpreis für zukunftsgerichtete Nachfolgeplanungen, vorbildliche Familienleistungen, besondere Qualifizierungs- und Ausbildungskonzepte oder beispielhafte Kooperationen mit anderen Betrieben oder Vermarktern verliehen werden.

Tolles Konzept für Direktvermarktung

Übergabe des symbolischen Schecks an die Gewinner-Familie Müller (v. li.): Lars Nissen (Vorstand VR-Bank), Klaus-Peter Lucht, Wolfgang Müller, Heike Müller, Kai Müller, Laura Müller und Werner Schwarz.

Den ersten Platz und einen Gewinnerscheck über 6.000 € sicherte sich das Milchteam Müller. Der zwölf Mitarbeiter und gut 300 Kühe starke Milchviehbetrieb von Tim Müller, der aus privaten Gründen nicht zur Siegerehrung kommen konnte, setzt seit einem Jahr voll auf die Direktvermarktung seiner Waren. Im Mittelpunkt steht dabei der selbst produzierte Grillkäse. Er wird unter anderem bei den einmal im Monat stattfindenden Käsenachmittagen verkostet und verkauft. Besucher erfahren hier mehr über die Hintergründe der Lebensmittelproduktion und Landwirtschaft. Darüber hinaus verkauft das Milchteam Müller seine Erzeugnisse in einem Hofladen. Ein Online-Shop befindet sich aktuell im Aufbau. Ihr Preisgeld will Familie Müller in den Ausbau der Direktvermarktung investieren.

Hof Wasserblöcken wird Publikumsliebling

Platz 2 erreichte Familie Sager aus Ottendorf.

Der zweite Platz und ein Gewinnerscheck über 5.000 € gehen an den familiengeführten Hof Wasserblöcken der Familie Sager, der das Publikumsvoting für sich entschieden hatte. Mit ihrem Projekt „Bauernhofpädagogik aus Überzeugung“ haben die drei Schwestern Anna-Lena, Madlen und Charlott Sager ein besonderes Lernangebot für Schulklassen geschaffen, das Teil der Bildungsoffensive Landwirtschaft, Ernährung und Verbraucherschutz (BiLEV) ist. Auf dem Hof Wasserblöcken erleben Schülerinnen und Schüler die Landwirtschaft hautnah und erfahren alles über Landtechnik oder über den Anbau von Getreide und Zuckerrüben. Darüber hinaus gibt es Bildungsangebote in den Bereichen Verbraucherbildung, Gesundheit und Fremdsprachen. Das Preisgeld will Familie Sager in den Umbau des alten Schweinestalls investieren. Dort sollen ein Schulungsraum und eine Hackschnitzelheizung entstehen.

Mit Energie und Tierwohl auf Platz drei

Platz 3 ging an Familie Nöhren aus Olderup.

Der mit 4.000 € dotierte dritte Platz ging an den Milchviehbetrieb von Timo Nöhren und das Projekt „Energieoptimierung und Tierwohl“. Eine betriebseigene Photovoltaikanlage liefert auf dem Hof klimaneutralen Strom für die vielen bereits elektrifizierten Maschinen – sowohl der Futtermischwagen, die Einstreumaschine und der Spaltenroboter als auch der Futteranschieberoboter sind bereits mit einem elektrischen Antrieb ausgestattet. Nachhaltigkeitsaspekte stehen auch bei der Fütterung der Tiere im Vordergrund: Um die Stickstoffabgabe pro Kuh und somit die Umweltbelastung zu verringern, werden die derzeit 160 Milchkühe mit proteinreduziertem Futter versorgt. Um den Stress der Milchkühe und infolgedessen den Antibiotika­einsatz zu verringern, wurde die Laktation deutlich verlängert. Das Preisgeld will Familie Nöhren in die Renovierung des Stalls investieren, um das Tierwohl weiterzusteigern.

Schalkholzer Feuerwehr gewinnt Sonderpreis

Die Vertreter der Feuerwehr freuten sich über den Sonderpreis.

Neben den drei Hauptpreisen wurde in diesem Jahr erstmals ein Sonderpreis vergeben: Die Freiwillige Feuerwehr Schalkholz, Kreis Dithmarschen, die in diesem Jahr Weiterbildungen zur Rettung bei Unfällen mit Mähdreschern durchgeführt hat, konnte sich für ihr Engagement über ein Preisgeld in Höhe von 1.500 € freuen.

Die diesjährige Wettbewerbsrunde zeichnete sich laut den Veranstaltern abermals durch die hohe Qualität der Bewerbungen aus – alle Beteiligten sind sich deshalb einig, dass der VR-Förderpreis Landwirtschaft im kommenden Jahr zum dritten Mal ausgelobt werden soll. 

Wenig bekannte Krankheit öffentlich gemacht

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Mit dem Fotoprojekt „Endoschwestern“ möchte Andrea Lang auf das Thema Endometriose aufmerksam machen. Die Unwissenheit über diese Krankheit auch im Gesundheitssystem, aber vor allem in der Gesellschaft habe sie dazu bewogen, die Problematik in ihrer Fotografie aufzugreifen.

Für Andrea Lang ist Fotografie mehr als ein Bild. Ihre Bilder haben eine Mission. „Meine Fotos erzählen immer eine Geschichte“, sagt die Fotografin.

Die heute 42-Jährige wurde in den Vier- und Marschlanden südlich der Elbe geboren. Das ländlich geprägte Gebiet ist für seine Natur, den Obst- und Gemüseanbau sowie die Blumenzucht im Osten Hamburgs bekannt. Nach 19 Jahren Zwischenstopp in Hamburg lebt Lang nun wieder mit ihrer Familie auf dem Land. „Ich wollte wieder ins Grüne“, sagt die Mutter einer zweijährigen Tochter.

Kein Wunder, dass sie auch LandFrau ist. Sie wuchs in Neuengamme, einem Hamburger Ortsteil der Region auf. Hier legte sie den Realschulabschluss ab und machte ihr Fachabitur. Schon in der Schulzeit entdeckte sie ihre Liebe zur Fotografie. „Ich wollte auf jeden Fall kreativ sein“, sagt sie.

Inzwischen ist sie freiberufliche Fotografin. Am liebsten arbeitet sie außerhalb ihres Studios. Von der Kleidung, dem Styling bis hin zur Location – die gesamte Organisation nimmt sie am liebsten selbst in die Hand.

Andrea Lang arbeitet deutschlandweit und zeichnet sich durch ihre individuelle Konzeptfotografie aus. „Ich habe einen hohen Anspruch an mich selbst“, sagt sie. Zudem gibt sie Fotokurse und Coachings für Fotografie. Auch bei den LandFrauen hat sie bereits einen Kurs für Smartphone-Fotografie gegeben.

Foto zum Thema „Endometriose, die unerkannte Krankheit“. Foto: Andrea Lang

Jede zehnte Frau ist von der Unterleibserkrankung Endometriose betroffen, und dennoch ist die Krankheit kaum bekannt, weiß Andrea Lang. Unerfüllter Kinderwunsch, das Entfernen der Gebärmutter, künstlicher Darmausgang und Schwerbehindertenausweis sind nur einige Stichworte, die mit der Krankheit verbunden sein können. „Über viele Jahre hinweg wird den Betroffenen Gesundheit attestiert, weil die Ärzte nichts finden können, während die Frauen leiden, Schmerzen haben, verunsichert sind, an sich selbst zweifeln und der Selbstwert darunter leidet“, so Lang. Bei dem Fotoprojekt soll nicht eine klassische Darstellung von Schmerzen und der Verletzlichkeit Betroffener im Vordergrund stehen, sondern viel mehr ihre Stärke, aber auch die Heilung und die zurückgebliebenen Narben. Die Fotografin möchte dafür sorgen, dass die Krankheit künftig schneller erkannt wird.

Lang ist selbst von der Krankheit Endometriose betroffen. „Sieben Jahre lang bin ich von Arzt zu Arzt gelaufen“, erinnert sie sich, bis eine Bauchspiegelung die Diagnose brachte. „In Gesprächen mit betroffenen Frauen hörte ich derart bewegende Geschichten, dass ich eine Gänsehaut bekam. Ich musste einfach etwas für die Öffentlichkeitsarbeit tun.”

Ärzte und beratende Stellen müssen besser informiert und sensibilisiert werden, um Hilfestellung geben zu können. Denn gerade für Betroffene, die vielleicht selbst noch nie etwas von dieser Erkrankung gehört haben, aber auch für Angehörige, die sich hilflos fühlen, ist der Umgang mit Endometriose und die Wahrnehmung in der Öffentlichkeit sehr wichtig. „Ich möchte, dass die Gesellschaft das Thema kennt und Frauen nicht abgestempelt werden“, sagt Andrea Lang. Ein Medikament gebe es noch nicht.

Die Norla als Feuertaufe

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Als ich zum 1. August meine Stelle als neue Landesbildungsreferentin beim Landjugendverband angetreten hatte, war schnell klar, dass mein erster Monat in einem Jahreshighlight der Landjugend münden würde, und auch für mich sollte die Messeerfahrung einen Höhepunkt in der noch kurzen Zeit meiner bisherigen Arbeit darstellen.

Die neue Bildungsreferentin Merle Maas. Foto: ljv

Bereits im Vorfeld der Messe wurde es wuselig in der Geschäftsstelle, denn alle Mitarbeitenden waren mehr oder weniger in die Vorbereitungen involviert, trugen Messeartikel umher, organisierten, telefonierten und koordinierten die notwendigen Arbeiten. Es ist schön zu sehen, wenn all diese Energie in eine Veranstaltung fließt und etwas Großartiges daraus wird.

Im Zuge der Vorbereitungen konnte ich unseren ehrenamtlichen Vorstand und viele weitere helfende Hände besser kennenlernen und mich in das Geschehen einbringen. Der Einstieg wurde mir durch die offene und herzliche Art aller Landjugendlichen sehr leicht gemacht.

Ursprünglich komme ich aus der Pfadfinderarbeit, wo mich das Gemeinschaftsgefühl immer sehr berührt hat. Ich glaube, die Landjugend zeichnet sich ebenfalls dadurch aus. Es war besonders schön, neben den alltäglichen Bürotätigkeiten mit all den Landjugendlichen zusammenzuarbeiten, erste Gesichter aus unterschiedlichen Ecken Schleswig-Holsteins kennenzulernen und beobachten zu können, wie Hand in Hand ohne große Worte angepackt wird – mit viel Geduld und Liebe zum Detail beim Kinderschminken, mit dem richtigen Augenmaß für die perfekte Teigportion im Waffeleisen, bei der Renovierung des Pavillons im Vorwege der Norla, bei der Verpflegung der Helfenden oder mit Herz und Verstand bei der Vorbereitung der Politikaktion.

Die Norla konnte mir einen guten Eindruck vermitteln, was mich in meinem Beruf erwartet. Darauf freue ich mich sehr! 

Tischlein deck dich – Tischlein informiert dich

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„Was frisst eine Kuh?“, fragt Hauke Pein in die Runde der Grundschulkinder. Fast gleichzeitig kommt die Antwort aus mehreren Mündern: „Heu!“ Hauke Pein klärt auf und weist an der Station „Kühe“ auf seinem Erlebnisbauernhof in Appen im Kreis Pinneberg auf eine Schubkarre, die gefüllt ist mit der Tagesfutterration einer Kuh.

Auf einer Tafel neben der Karre sind die Gewichtsmengen aufgeschrieben: 22 kg Grassilage, 22 kg Maissilage, 5 kg Rapsschrot, 4 kg Getreide, Mineralfutter und Stroh. Hauke Pein informiert: „Daraus kann eine Kuh zusammen mit dem Saufen von 100 Litern Wasser am Tag bis zu 40 Liter Milch produzieren.“ Anschließend bekommen die Kinder ein Glas mit Milch in die Hand und sollen es so lange schütteln, bis daraus Butter geworden ist.

Felix Dünkel, landwirtschaftlicher Auszubildender im ersten Lehrjahr, gibt Hilfestellungen und beantwortet Fragen. Sein Eindruck: „Die meisten Schüler sind sehr interessiert und wollen hier etwas lernen. Einige haben auch keine Scheu, die Rinder anzufassen.“

Die Station Kühe ist eine von drei erlebnispädagogischen Mitmachaktionen auf dem Almthof von Hauke und Swantje Pein in Appen. Weitere Stationen auf dem Gelände befassen sich mit Hühnern und Bienen. Sie sind Bestandteil des Aktionstages „Tischlein deck dich“, den der Almthof in Kooperation mit dem Kreisbauernverband (KBV) Pinneberg und der integrierten Station Unterelbe des Landes Schleswig-Holstein im Elb­marschenhaus durchführt. Edelgard Heim, Leiterin des Elbmar­schenhauses in Haseldorf, erklärt, dass ähnliche Aktionen dort bereits vor vier Jahren stattgefunden hätten. Durch den Kontakt mit dem Kreisbauernverband habe der Aufklärungstag zur Lebensmittelproduktion jetzt auf dem Almthof einen idealen Platz gefunden.

Vier Grundschulklassen der Jahrgänge zwei bis vier aus dem Kreis Pinneberg werden über zwei Stunden an drei festen Stationen und in einem freien Mitmachparcours über die Produktion und die Zubereitung von Lebensmitteln informiert. „Die vier angebotenen Zeitfenster waren innerhalb eines Tages vergeben. Es haben sich über 20 Klassen beworben, aber ausschließlich von Grundschulen“, benennt Edelgard Heim das große Interesse.

Die Kinder können aus Rapskörnern mit einer Presse Rapsöl und Rapspellets herstellen, am Hühnermobil geht es um die Haltung, Fütterung und die Legeleistung der dort frei laufenden Hühner, und bei den freien Angeboten können die Grundschüler Stockbrot backen, Kräuterquark herstellen und Apfelsaft pressen. Insgesamt geht es darum, sich auf spielerische Weise mit den Lebensmitteln zu beschäftigen und zu erfahren, wo und wie sie erzeugt werden.

Lars Kuhlmann, Vorsitzender des KBV Pinneberg, und Edelgard Heim, Leiterin des Elbmarschenhauses, freuen sich über die gelungene Aktion.

„Nur informierte Menschen können zu mündigen Verbrauchern werden“, betont Edelgard Heim. „Uns ist es wichtig, dass gerade die Kinder einen Zugang zur Landwirtschaft erhalten und eine Wertschätzung der Produktion von Lebensmitteln erlangen.“ Lars Kuhlmann, Vorsitzender des KBV Pinneberg, freut sich ebenfalls über das bunte und engagierte Treiben auf dem Almthof: „Wir wollen die Erzeugung von Nahrungsmitteln im wahrsten Sinne des Wortes begreifbar machen.“ Durch das breite Nahrungsangebot in den Supermärkten entstehe der Eindruck, dass Lebensmittel auf den Märkten jederzeit verfügbar seien. Die Lieferengpässe durch den Angriff Russlands auf die Ukraine hätten aber deutlich gezeigt, dass Nahrung nicht selbstverständlich immer zu geringen Preisen zur Verfügung stehe.

Dass die Kinder und Jugendlichen sich immer mehr von der Landwirtschaft entfremden, will Betriebsleiter Hauke Pein vom Almt­hof aber nur bedingt bestätigen: „Die Grundschüler aus den Dörfern haben noch genügend Vorwissen und zeigen großes Interesse an den Tieren.“ Er kann sich aber noch an eine Begebenheit mit einer Klasse aus Hamburg-Wilhelmsburg erinnern, als ein Schüler beim Rundgang durch den Rinderstall an den Kälberboxen fragte: „Warum sind denn die schwarzen Hunde hier alle in einem Zwinger?“

Kohlanbau ist Teil der Marschenidentität

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Traditioneller Kohlanschnitt in Dithmarschen: Bei bestem Spätsommerwetter schnitten Kreispräsidentin Ute Borwieck-Dethlefs, die Staatssekretärin im Landwirtschaftsministerium, Anne Benett-Sturies, sowie Landrat Thorben Schütt die ersten Kohlköpfe auf dem Saatgutbetrieb Rijk Zwaan in Marne.

Moderator Christian Ufen begrüßte die zahlreichen Gäste auf einem Versuchsfeld, einem „eher ungewöhnlichen Ort für den Kohlanschnitt“, erklärte der Vorsitzende des Gemüseanbauerverbandes. Der Gemüsezuchtbetrieb Rijk Zwaan wurde vor 100 Jahren in den Niederlanden gegründet und ist seit 25 Jahren in Marne ansässig. Hier werden verschiedene Gemüsesorten gezüchtet und weiterentwickelt.

Firmenchef Kees Reinink war extra aus den Niederlanden gekommen.

Kees Reinink war extra vom Hauptsitz in De Lier (Nähe Den Haag) nach Marne gekommen. Seine Mitarbeiter erklärten anschaulich an verschiedenen Pflanzen, wie der Kohl vom Saatgut bis zur Pflanze gezüchtet und oft per Hand bestäubt wird. „Die meisten Kohlbauern in Dithmarschen verwenden Pflanzen aus diesem Betrieb“, betonte Ufen. Er führte aus, dass der Anbau in diesem Jahr witterungsbedingt nicht einfach war, das Frühjahr war viel zu nass, sodass die Landwirte im Mai und Juni unter Druck standen. Jetzt können die 85 bis 90 Millionen Kohlköpfe, die auf zirka 3.000 ha Marschboden wachsen, geerntet werden. „Sehen sie zu, dass sie alle einen abkriegen!“, riet Ufen.

„Der Kohlanbau ist Teil der Marschenidentität, der mit den Kohltagen in den gesellschaftlichen Mittelpunkt geholt wird“, stellte Anne Benett-Sturies fest. Kohl habe es in hervorragender Weise in die moderne Küche geschafft, führte sie aus.

Kreispräsidentin Ute Borwieck-Dethlefs stellte sich auf die Seite der Landwirte und forderte die anwesenden Abgeordneten auf, in Berlin für die Landwirte zu kämpfen. „Wir feiern heute unseren Kohl und unsere starke Landwirtschaft. Mit dem Wetter können unsere Landwirte gut umgehen, das machen sie seit Jahrhunderten, aber mit dem, was die Politik ihnen aufbürdet, nicht!“ Die Kreispräsidentin kommt selbst aus der Landwirtschaft und weiß, wovon sie spricht. „Wir brauchen unsere Landwirte, die immer zu Gesprächen bereits sind, aber von der Politik nicht gehört werden. Sie leben mit und in der Natur, bewahren und erhalten unsere Kulturlandschaft und ernähren nicht nur ihre Familien, sondern auch uns.“

Handbestäubung der blühenden Kohlpflanze. Fotos: Sabine Kolz

Ute Borwieck-Dethlefs hatte das traditionelle Kohlmesser dabei, mit dem sie den ersten Kohlkopf schnitt. Unter den Blicken der Kreispräsidentin und der Staatssekretärin schnitt auch Landrat Thorben Schütt einen Kohl vom Strunk. Er erzählte, er habe früher in den Ferien auch auf Kohlbetrieben gearbeitet. „Wir haben alle ein kleines Kohl-Gen, das die Dithmarscher mit ihrer Beständigkeit auszeichnet.“ Schütt freute sich auf seine Portion Kohlroulade oder auch Kohlpfanne, die es auf dem Gelände ebenso wie Kohlbrot und Kohlpralinen zu verkosten gab. Unzählige Besucher hatten sich eingefunden, um sich bei den Marktbeschickern beraten zu lassen, beim Kohlbingo und am Glücksrad zu gewinnen oder bei LandFrauen-Kuchen und Kaffee einen Klönschnack zu halten. 

Stärkekartoffelmarkt: Knappe Versorgung erwartet

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Der Stärkekartoffelmarkt wird auch 2024/25 von einer engen Versorgungslage geprägt sein. Davon geht der Bundesverband der Deutschen Stärkekartoffelerzeuger (BVS) aus. Ein Mengen- und Preisdruck sei nicht absehbar. Der Verband verweist auf den rückläufigen Anbau. Zudem sehe es auch nicht nach überdurchschnittlich hohen Erträgen aus, erklärte der BVS-Vorsitzende Hans-Wilhelm Giere.

Nach aktueller Einschätzung der deutschen Stärkekartoffelerzeuger ist für das Vermarktungsjahr 2024/25 mit einem nur knapp versorgten Markt für Kartoffelstärke und deren Nachprodukte zu rechnen. Nach Mengen- und damit auch Preisdruck sehe es auch in dieser Saison nicht aus, erklärte der Bundesverband der Deutschen Stärkekartoffelerzeuger am vorigen Donnerstag in Berlin. Der seit einigen Jahren zu beobachtende Rückwärtstrend im Anbau von Stärkekartoffeln sei weder in Deutschland noch EU-weit gestoppt.

Die ohnehin bereits hohen Abbaukosten seien 2024 noch weiter gestiegen, erklärte der in seinem Amt bestätigte BVS-Vorsitzende Hans-Wilhelm Giere. Vor diesem Hintergrund gebe es bei den Produktpreisen keinen Spielraum nach unten.

Mit bundesweit rund 53.100 ha sowie EU-weit 194.600 ha sei das Stärkekartoffelareal mittlerweile auf einen Stand gesunken wie zuletzt vor sieben beziehungsweise acht Jahren, so Giere. Nach überdurchschnittlich hohen Erträgen sehe es nicht aus. Die Starkniederschläge hätten mehr Schaden angerichtet als Nutzen gestiftet, erklärte BVS-Geschäftsführerin Ramona Wieduwilt ergänzend. Regional sei es zu Überflutungen, Staunässe und fast überall zu erhöhtem Krankheitsdruck gekommen. Die letzten Monate hätten laut Wieduwilt deutlich gezeigt, wie essenziell es für die Kartoffelbauern sei, geeignete und wirkungsvolle Pflanzenschutzmaßnahmen ergreifen zu können. age

Ernährungsindustrie mit

Erlöseinbußen

Rückläufige Nachfrage im Inland

Im Inland wird weniger konsumiert. Foto: Imago

Die deutsche Ernährungsindustrie leidet unter einem schwachen Inlandskonsum und einem stagnierenden Auslandsgeschäft. Im ersten Quartal 2024 musste die Branche laut Angaben der Bundesvereinigung der Deutschen Ernährungsindustrie (BVE) im Vergleich zum Vorjahr einen Rückgang ihrer Umsätze um real 1,8 % auf insgesamt 56,7 Mrd. € hinnehmen. Maßgeblich war die Entwicklung im Inland, wo sich die Erlöse real um 2,8 % auf 36,4 Mrd. € verringerten.

Auch in den ersten Monaten dieses Jahres hatte die deutsche Ernährungsindustrie mit hohen Kosten, einer rückläufigen Nachfrage des Auslandes und einem schwachen Inlandskonsum zu kämpfen. Die Sorge vor einer erneuten Rezession belaste die Branche auch im Jahr 2024, stellt die BVE in ihrem am Montag veröffentlichten Konjunkturbericht 1/2024 fest. Während das Auslandsgeschäft stagnierte, betrug der Rückgang im Inland inflationsbereinigt minus 2,8 %.

Der in Deutschland erzielte Gesamtumsatz belief sich auf 36,4 Mio. €; das waren nominal 3,6 % weniger als im ersten Quartal 2023. Die Exporterlöse sanken nominal um 0,6 % auf 20,2 Mrd. €. age

Belgisches

Mühlenunternehmen wächst

Dossche Mills übernimmt Mühle Rüningen

Zehn Jahre nachdem Stefan Engelke sie erworben hatte, verkauft der Hildesheimer die Mühle Rüningen an die belgische Dossche Mills aus Deinze (Ostflandern). Die Geschichte der Mühle Rüningen geht bis ins Jahr 1312 zurück.

Das Unternehmen betreibt fünf Mühlen in Gelsenkirchen, Braunschweig, Celle, Ringelheim und Itzehoe und verarbeitet jährlich rund 1 Mio. t Getreide mit Weizen als Hauptfrucht, Dinkel, Roggen und Biogetreide. Das Unternehmen beschäftigt rund 200 Mitarbeiter und erzielte 2023 einen Umsatz von 350 Mio. €. Zusammen beschäftigen die Unternehmen 600 Mitarbeiter. Die Vermahlung wird insgesamt über 2 Mio. t Weizen betragen bei einem Umsatz von rund 800 Mio. €.

Ziel der Übernahme sei es, die Kunden in den Benelux-Ländern, Deutschland und Frankreich von verschiedenen Standorten aus effizienter zu bedienen und gleichzeitig einen besseren Kundenservice und eine breitere Produktpalette anzubieten.

Beide Unternehmen haben in ihren Heimatmärkten eine starke Position in der Produktion und dem Verkauf von Mehl, Mehlmischungen und verwandten Produkten für Brot, Gebäck, Kekse, die Lebensmittelindustrie und Tiernahrung. Wie aus Branchenkreisen zu hören war, reagiere Engelke auch auf die Entwicklung im Weizenmarkt und den zukünftig noch stärker zu erwartenden Rückgang des Qualitätsweizenanbaus.

Die Mühlengruppe Christof Engelke mit ihren Standorten Hasede-Hildesheim, Magdeburg und Müllrose (Frankfurt/Oder) ist von der Übernahme nicht betroffen.

Die Transaktion wird voraussichtlich in Kürze abgeschlossen, vorbehaltlich der Genehmigung durch die Wettbewerbsbehörden. Die Bedingungen der Transaktion werden nicht bekannt gegeben. mbw

Heiße Luft zu rockigen Klängen

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Wilde Gitarren-Riffs, schweißtreibendes Bühnengerocke zu Metal- und Hardrockmusik, bis die Luft brennt, und das ganz ohne Lärm – der erste Norden Air Guitar Contest (Luftgitarrenwettbewerb) in Schleswig war ein voller Erfolg und kam beim Publikum des Norden-Festivals richtig gut an.

Gustav Brillowski kann sein Glück noch gar nicht ganz fassen – das erste Mal bei einem Luftgitarren-Wettbewerb dabei und dann gleich der Sieg. Aus einer Bierlaune heraus habe er wohl zu oft Rock ‘n‘ Roll gesagt und schon war er im Wettbewerb unter den zehn Teilnehmenden. Drei Tage vor der Veranstaltung sei ihm das erst richtig bewusst geworden: „Und dann hat mich der Ehrgeiz gepackt, heute aber war ich nur noch aufgeregt“, erzählt der frischgebackene Sieger.

Bei seinem Auftritt kam auch Pyrotechnik zum Einsatz.

Auf der Bühne war davon nichts zu merken. Lässig schlenderte er mit einem weißen Stuhl in der Hand in das Zentrum des Geschehens, setzte sich, zündete sich cool eine imaginäre Zigarette an, stand auf, schnippte sie wieder weg, nahm seine Luftgitarre und legte los. Mit Pyrotechnik und vollem Körpereinsatz wusste er das Publikum und die dreiköpfige Jury zu überzeugen. Die belohnte den Auftritt mit 17,89 von 18 möglichen Punkten. Auf Platz zwei kam Bernd „The Normal One“ Taube. Mit Hut und Sonnenbrille lieferte er eine solide klassische Rockperformance auf den Bühnenbrettern ab. Den dritten Platz teilten sich Marie Riese und Max Brandenburg. Außer Konkurrenz rockte Moderator Oliver Lück, der sich mit seinem Luftgitarren-Auftritt einen Traum erfüllte. Im Vorwege der Veranstaltung, die in Zusammenarbeit mit den Itzehoer Versicherungen ins Leben gerufen wurde, konnten sich Interessierte für einen der zehn Teilnehmerplätze bewerben. Das Gute an Luftgitarren ist, dass es keiner aufwendigen Bühnengestaltung mit zeitintensivem Auf- und Abbau bedarf.

Jeder der Teilnehmenden durfte sich einen Song, zu dem Gitarre gespielt wurde, aussuchen, auch ein zusammengeschnittenes Medley war erlaubt. Die meisten der Schleswiger Teilnehmer entschieden sich für rockige Stücke. Gespielt wurde auf einer imaginären E- oder Akustik-Gitarre. Auch das wurde den Teilnehmenden überlassen, ebenso gab es beim Bühnen-Outift keinerlei Vorschriften. Es gab einen Durchlauf, jeder Auftritt dauerte 60 s und bewertet wurden Originalität, Ausdrucksfähigkeit und Bühnenpräsenz. Zupfen, Reißen, Schlagen, Züngeln – wie eine gelungene Performance aussehen kann, zeigte der finnische Vizeweltmeister an der Luftgitarre, Aapo Rautio, der als Special Guest zu dem Event auf dem Norden Festival eingeladen war. In einen Workshop vor dem eigentlichen Wettbewerb gab er sein Wissen an die Luftgitarreneinsteiger weiter. „Wichtig ist es, keine Scheu zu haben, sich zu blamieren, frei zu sein und Lust auf das Abrocken vor Publikum zu haben“, erklärt er im Anschluss an das Event. Anfangs habe er immer noch viel geübt, aber mittlerweile höre er auf die Musik und lasse sich vom Rhythmus mitreißen.

Der finnische Vize-Weltmeister im Luftgitarre-Spielen, Aapo Rautio

Seit 1996 finden im finnischen Oulu jährlich die Air Guitar World Championships statt. Das Motto lautet „Make air not war“. Der Zweck der Luftgitarren-Weltmeisterschaften bestehe laut Webseite ­airguitarworldchampionships.com darin, den Weltfrieden zu fördern. Der Wettbewerbs-Ideologie zufolge würden Kriege enden, der Klimawandel aufhören und alles Schlechte verschwinden, wenn alle Menschen auf der Welt Luftgitarre spielten.

Friedlich, unterhaltsam und kreativ ging es insgesamt auf dem Norden-Festival auf den Königswiesen in Schleswig zu, das auch noch an diesem Wochenende besucht werden kann und mit einem facettenreichen Programm aus Musik, Kunst, Kultur, Theater, Workshops, Lesungen, Lichtershow und vielem mehr erlebnisreiche Stunden an der Schlei verspricht. Infos unter ­norden-festival.com

Bernd Taube lieferte eine solide Rocknummer an seiner Luftgitarre ab und kam damit auf den zweiten Platz.
Foto: Iris Jaeger
Marie Riese gab ebenfalls alles und teilte sich mit Max Brandenburg den dritten Platz.
Fotos: Iris Jaeger
Der finnische Luftgitarren-Vizeweltmeister Aapo Rautio gab eine Kostprobe seines Könnens zum Besten.
Foto: Iris Jaeger
Die Premiere ist gelungen – alle Teilnehmenden des ersten Norden Air Guitar Contests hatten viel Spaß an der Veranstaltung.
Foto: Iris Jaeger
Punktevergabe durch die Jury, Bestnote war eine 6,0.
Foto: Iris Jaeger


Darum brauchen wir Nutztiere

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Nutztiere verursachen neuesten Schätzungen der FAO zufolge 14 % aller vom Menschen verursachten Treibhausgasemissionen. In Deutschland ist der Beitrag der Nutztiere zwar nur halb so groß, aber das liegt auch daran, dass die anderen Sektoren (zum Beispiel Verkehr, Industrie) mehr emittieren als im globalen Durchschnitt. Es besteht also kein Zweifel, dass die Tierhaltung einen Beitrag zur Reduzierung der Emissionen leisten muss. Gleichzeitig wächst der weltweite Bedarf an Lebensmitteln derart stark, dass die Tierhaltung noch deutlich mehr produzieren muss, selbst wenn alternative Nahrungsquellen massiv ausgebaut werden.

Hinzu kommt die Verknappung der landwirtschaftlichen Nutzfläche aufgrund des globalen Bevölkerungswachstums bei gleichzeitigem Verlust durch Versiegelung, Erosion und Desertifikation. Letzteres wird vom Klimawandel sogar noch beschleunigt. Die Kombination aus Klimawandel und Verknappung von Nutzflächen bedroht die Ernährungssicherheit der Menschheit und könnte weltweite Migrationsbewegungen von ungeahntem Ausmaß auslösen. Auch Deutschland ist von der Verknappung an Nutzflächen indirekt betroffen, denn unser Konsum an Lebens- und Futtermitteln verbraucht weit mehr Nutzflächen, als wir in Deutschland überhaupt besitzen (zirka zwei Drittel).

Die Veredelungswirtschaft gerät unter Druck

Trotz der bedrohlichen Verknappung von Nutzflächen werden derzeit etwa 40 % der globalen Ackerflächen zum gezielten Anbau von Futtermitteln verwendet. Dies hat seine Wurzeln in den großen Erfolgen der Landwirtschaft seit Mitte des vorigen Jahrhunderts. Damals hatten Mechanisierung, Düngung, Pflanzenschutz, Pflanzenzüchtung und so weiter die Pflanzenproduktion derart gesteigert, dass zum Beispiel Getreide praktisch unbegrenzt zur Verfütterung an Nutztiere bereitstand. Daraus entwickelte sich die Veredelungswirtschaft, in der qualitativ hochwertige pflanzliche Ernteprodukte in noch hochwertigere Lebensmittel tierischer Herkunft transformiert werden.

Die Veredelungswirtschaft gerät jedoch zunehmend unter Druck. Die wachsende Weltbevölkerung beansprucht die auf der limitierten Ackerfläche erzeugten Ernteprodukte zunehmend für den eigenen Konsum. Darüber hinaus scheint der Fortschritt der Pflanzenproduktion zum Stillstand gekommen zu sein, nicht zuletzt auch wegen des Klimawandels. Insgesamt wird die wachsende Limitierung der Ressourcen (vor allem der Nutzfläche) die Nutztierhaltung von der Veredelungswirtschaft zunehmend in Richtung Kreislaufwirtschaft zwingen.

Die Verknappung der Ressourcen

Unsere Ernährung beruht so gut wie vollständig auf der Biomasse von Pflanzen aus Landwirtschaft und Gartenbau. Allerdings kann man diese Biomasse nur in Form intakter Pflanzen(teile) ernten und muss die eigentliche pflanzliche Nahrung daraus erst noch mühevoll extrahieren. Dieser Prozess beginnt bereits auf dem Acker (zum Beispiel durch Mähdrescher) und setzt sich mit der Verarbeitung der Ernte in der Lebensmittelindustrie fort (zum Beispiel in der Mühle). So landet etwa nur ein Drittel der Biomasse aus dem Anbau von Brotweizen tatsächlich im Brot, während der überwiegende Teil als nichtessbare Biomasse zurückbleibt (Stroh, Kleie). Jede Form von Nahrungsproduktion hinterlässt unvermeidlich große Mengen an Biomasse, die schlichtweg für Menschen nicht essbar ist.

Die nichtessbare Biomasse können wir an Nutztiere verfüttern, die daraus wiederum essbare Biomasse erzeugen (Fleisch, Milch, Eier). Nutztiere erweitern somit den Gesamtertrag an Nahrung aus der ursprünglich vorhandenen pflanzlichen Biomasse. Dies ist die fundamentale Rolle der Nutztiere in unserem Ernährungssystem. Wir könnten die nichtessbare Biomasse aber auch energetisch nutzen (durch Verbrennung, Biogaserzeugung). Dies ist jedoch ineffizient, denn der Brennwert der geernteten pflanzlichen Biomasse speichert allenfalls bis zu 3 % der auf die Fläche eingestrahlten Sonnenenergie.

Die Verknappung der landwirtschaftlichen Nutzfläche wird dazu führen, dass auch die pflanzliche Biomasse immer knapper werden wird. Ihre Bedeutung als Nahrungsquelle für den Menschen wird steigen, und wir werden uns bei ihrer Verwertung immer stärker an der Nutzungskaskade Teller > Trog > Tank orientieren müssen. Das primäre Ziel ist die direkte Gewinnung von pflanzlicher Nahrung für den Menschen (Teller). Die dabei unvermeidlich anfallende nichtessbare Biomasse wird an Nutztiere zur Gewinnung weiterer Lebensmittel verfüttert (Trog). Am Ende steht die Energiegewinnung (Tank) aus Biomasse, die zur Erzeugung von Nahrung nicht (mehr) geeignet ist.

Die Veredelungswirtschaft steht politisch unter Druck, aber der Fleischkonsum weltweit ist ungebrochen.

Nichtessbare Biomasse – reichlich vorhanden

Bereits bei der Ernte auf dem Acker fallen große Mengen an nichtessbarer Biomasse an. Diese Koppelprodukte (zum Beispiel Stroh) machen meist mehr Masse aus als die Ernteprodukte selbst. Bei der Weiterverarbeitung der Ernteprodukte zu den finalen Lebensmitteln fallen nochmals große Mengen an Nebenprodukten an (zum Beispiel Kleie, Extraktionsschrote). Sie machen etwa ein Drittel der verarbeiteten Erntegüter aus und sind eine wichtige Quelle an hochwertigen Futtermitteln für Nutztiere.

Hinzu kommt die Biomasse aus der Gründüngung, insbesondere im biologischen Landbau. Dauergrünland ist eine weitere wichtige Quelle an nichtessbarer Biomasse. In Deutschland bestehen etwa 30 % der landwirtschaftlichen Nutzfläche aus Dauergrünland, weltweit sind es etwa 70 %. Der größte Anteil des Dauergrünlands ist aus topografischen und klimatischen Gründen nicht ackerfähig und konkurriert somit nicht mit der Erzeugung pflanzlicher Lebensmittel.

Insgesamt hinterlässt 1 kg pflanzlicher Lebensmittel mindestens 4 kg nichtessbarer Biomasse. Vegane Lebensmittel sind davon keineswegs ausgenommen. So landet nur etwa ein Sechstel der Biomasse aus dem Anbau von Hafer im Haferdrink. Bei Seitan, dem Eiweißextrakt aus Weizen, der zur Herstellung veganer Wurst- und Fleischimitate verwendet wird, sind es weniger als 10 %. Auch hier gilt: Alle pflanzlichen (veganen) Lebensmittel hinterlassen entlang ihrer Erzeugung vom Acker über die Weiterverarbeitung bis zum finalen Produkt ein Vielfaches ihrer Masse an nichtessbaren Nebenströmen.

Kreislaufwirtschaft mit Nutztieren

Die nichtessbare Biomasse enthält große Mengen an Pflanzennährstoffen, die der Nutzfläche wieder zurückgegeben werden müssen. Das kann über Verrotten auf dem Feld geschehen, über Biogasanlagen und Ausbringung der Gärreste oder Verfütterung an Nutztiere und Rückführung der Wirtschaftsdünger. Der Stoffkreislauf über Verrottung hat jedoch nur eine geringe Düngereffizienz und hinterlässt deshalb auch schwache Ernten, während mit Gärresten oder Wirtschaftsdüngern etwa doppelt so viel geerntet werden kann.

Aber nur über die Verfütterung an Nutztiere bekommt man aus nichtessbarer Biomasse zusätzliche Lebensmittel. Der Gesamtgewinn an Kilokalorien und Nahrungseiweiß aus derselben landwirtschaftlichen Nutzfläche steigt dadurch um mindestens die Hälfte, und zwar ohne Konkurrenz zur pflanzlichen Nahrung.

Methan der Wiederkäuer kann klimaneutral sein

Wiederkäuer können die nichtessbare Biomasse optimal verwerten, emittieren jedoch Methan (CH4). In der Tat ist CH4 ein stärkeres Treibhausgas als CO2, aber es wird in der Atmosphäre rasch abgebaut. Bei konstanter Anzahl an Tieren beziehungsweise konstanter Emissionsrate stehen Freisetzung und Abbau im Gleichgewicht, sodass sich die Temperatur der Atmosphäre nicht ändert.

Demgegenüber reichert sich das langlebige CO2 nach Freisetzung aus fossilen Quellen in der Atmosphäre an und erwärmt diese kumulativ. Das primäre Ziel des Klimaschutzes muss also darin liegen, die Anzahl an Wiederkäuern gemäß der Nutzungskaskade Teller > Trog > Tank konstant zu halten. Unter dieser Bedingung verhält sich das CH4 dieser Tiere praktisch klimaneutral.

Schaden Nutztiere Umwelt und Klima?

Die nichtessbare Biomasse unterliegt dem Stoffkreislauf und setzt den darin gebundenen Kohlenstoff, Stickstoff, Phosphor und so weiter wieder frei, egal ob sie verrottet oder über Biogas beziehungsweise Nutztiere verwertet wird. Der Verzicht auf die Verfütterung der nichtessbaren Biomasse an Nutztiere hat somit keine entlastende Wirkung auf Umwelt und Klima. Der entscheidende Unterschied ist jedoch der Verlust an Lebensmitteln, die von den Nutztieren erzeugt wurden.

Zum Ausgleich müsste deshalb ein intensiverer Pflanzenbau betrieben oder mehr Ackerfläche verbraucht werden. Die Emissionen zur Ernährung einer bestimmten Anzahl an Menschen würden somit wieder ansteigen. Aber auch in der gegenwärtigen Situation mit unserer intensiven Tierproduktion auf der Basis von Nahrungskonkurrenz und Landnutzungsänderung verursachen wir zur Ernährung derselben Anzahl an Menschen mehr Emissionen, als wenn wir die Tierproduktion auf das Kaskadenprinzip Teller > Trog > Tank beschränken würden.

Fazit

Die begrenzt verfügbare Nutzfläche sollte bei möglichst geringer Umwelt- und Klimawirkung möglichst viele Menschen ernähren. Dies gelingt nur in einer Kreislaufwirtschaft, bei der Pflanzenbau und Nutztiere gemäß dem Prinzip Teller > Trog > Tank im Gleichgewicht stehen. Damit geht allerdings auch eine Limitierung von Menge und Qualität des verfügbaren Futters einher und folglich auch eine Drosselung der Gesamtmenge an tierischen Produkten, insbesondere bei Geflügel und Schwein. Bei Wiederkäuern sind dagegen nur relativ geringe Einbußen zu erwarten, denn Grünland steht weiterhin ohne Konkurrenz zum Ackerbau zur Verfügung. Damit gewinnt die Futtereffizienz der nichtessbaren Biomasse stark an Bedeutung. Es kommt in Zukunft darauf an, diese Biomasse durch Pflanzenzüchtung und geeignete Anbau-, Ernte- und Konservierungsverfahren bei möglichst hohem Futterwert zu erschließen und in Tierhaltungssystemen möglichst effizient zu verwerten. Insgesamt geht es um die Balance der Nutztierhaltung innerhalb des Ernährungssystems, in dem die Biomasse als eine regenerierbare Ressource gehandhabt wird, die nicht verschwendet werden darf, weder die essbare noch die nichtessbare. Genau darum brauchen wir die Nutztiere.

Hitze greift den Darm an

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Das Leaky-Gut-Syndrom – eine gesteigerte Durchlässigkeit der Darmwand – kann auftreten, wenn Kühe zur starker Hitze ausgesetzt sind. Wie können die ­Tiere geschützt werden?

Die Gesundheit des Verdauungstraktes spielt eine Schlüsselrolle für das Wohlbefinden von Milchkühen. Wissenschaftler am Forschungsinstitut für Nutztierbiologie (FBN) in Dummerstorf, Mecklenburg-Vorpommern, suchen im Rahmen des von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) geförderten Projektes „Leaky Cow“ nach den Ursachen für eine durchlässige Darmbarriere bei Kühen. Vor vier Jahren wurde erstmals belegt, dass hohe Umgebungstemperaturen einen direkten Einfluss auf die natürliche Darmbarriere von Milchkühen haben können (kurze-links.de/ozi4).

Heikel wird es ab 15 Grad

Eine durch Hitze beschädigte Schutzbarriere gibt den Weg frei für Pathogene und Bakterien, die in tiefere Schichten des Darms eindringen können. Ähnliche Prozesse einer gestörten Darmbarriere gibt es auch beim Menschen (Zöliakie, Morbus Crohn). Allerdings resultiert die gesteigerte Darmdurchlässigkeit bei den Kühen nicht aus einer Autoimmunreaktion, sondern wird durch Hitzestress ausgelöst. Milchkühe sind Umwelteinflüssen aufgrund der (halb-)offenen Haltungssysteme direkt ausgesetzt.

Somit steht man vor großen Herausforderungen, angesichts des Klimawandels die Tiergesundheit und das Wohlbefinden aufrechtzuerhalten. In Abhängigkeit von der Leistung zeigen Milchkühe bereits ab 15 °C erste Anzeichen von Hitzestress. Deutlich lässt sich die Belastung unter Berücksichtigung der Luftfeuchtigkeit mit dem Temperatur-Luftfeuchtigkeits-Index abbilden.

Zur Ableitung der überschüssigen Wärme erweitern sich die Blutgefäße der Haut. Zusätzlich kann durch Hecheln und Schwitzen Wärme abgeführt werden. Wirken diese Anpassungsmechanismen nicht mehr, steigt die Körpertemperatur, und die Tiere geraten in Hitzestress. Sie reagieren mit einem Rückgang der Futteraufnahme und Milchleitung. Darüber hinaus zeigen sie ein verändertes Verhalten mit verkürzten Liegezeiten und geringerer Wiederkauaktivität.

Die Immunantwort

Noch nicht ausreichend ergründet sind die Auswirkungen auf die Darmgesundheit. Um die Wärme von der Körperoberfläche abzuleiten, verringern sich die Durchblutung und somit die Sauerstoffversorgung des Darms. Die Darmwand wird so für die im Darm angesiedelten Mikroorganismen durchlässiger, sodass Entzündungsreaktionen im Darm und in den angrenzenden Lymphknoten auftreten können. Zudem treten bakterielle Toxine aus dem Darm in die Blutzirkulation über und lösen Entzündungsreaktionen im Körper aus. Dann beansprucht das Immunsystem einen Großteil der Energie, um gegen die Ursachen des Leaky-Gut-Syndroms anzukämpfen.

Am FBN untersucht ein Team um Dr. Franziska Koch die Auswirkungen des Leaky-Gut-Syndroms näher, um fütterungs- und haltungsbezogene Lösungen zur Linderung der Entzündungen bei Hitze zu entwickeln. Um den Einfluss von kurzzeitigem und lang anhaltendem Hitzestress auf die Immunabwehr, die Durchlässigkeit des Darms und die Besiedlung der Darmschleimhaut zu untersuchen, wurden Milchkühe verschiedenen Umgebungstemperaturen ausgesetzt. Während sich bei der Kontrollgruppe in einer Umgebung von 15 °C Wohlbefinden zeigte, wurde eine andere Gruppe im Klimaraum Temperaturen von 28 °C ausgesetzt.

Es konnte gezeigt werden, dass hitzegestresste Tiere keine Fettreserven nutzen, um den Energiemangel auszugleichen. Stattdessen bauen Kühe unter Hitzestress körpereigene Proteine zur Energiegewinnung ab. Das sorgt dafür, dass weniger Wärme erzeugt wird. Mithilfe einer Thermokamera konnte in Zusammenarbeit mit der Landesforschungsanstalt für Landwirtschaft und Fischerei Mecklenburg-Vorpommern zudem nachgewiesen werden, dass das Euter besonders viel Wärme abgibt. Gleichzeitig nimmt das Risiko für Euterentzündungen zu.

Management bei Hitzestress

Mit dem Abschluss des Forschungsprojektes „Leaky Cow“ wird deutlich, wie wichtig das Stallklima für die Tiergesundheit ist. Für ein erfolgreiches Hitzestressmanagement sollte beispielsweise die Wasserversorgung in den Ställen und Weideflächen überprüft werden. Hitzegestresste Milchkühe benötigen täglich 120 bis 180 l statt 60 bis 90 l Wasser. Es sollte möglichst kalt und stets verfügbar sein.

Einfache Schatten spendende Dächer und Bäume auf der Weide bieten Schutz vor Überhitzung während der heißen Mittagszeit. Im Stall kann der zusätzliche Einbau von Ventilatoren oder Wassersprinkleranlagen – in Florida, Israel oder Italien üblich – helfen, die Tiere abzukühlen und das Tierwohl zu steigern. Auch in der Rationsgestaltung der Milchkühe gibt es Potenzial, die fermentative Wärmeproduktion in der Verdauung über beispielsweise einen geringeren Faseranteil zu senken.

Fazit

Der Hitzestress beeinträchtigt das Tierwohl erheblich. Es ist deshalb wichtig, die grundlegenden Mechanismen unter Hitzestress zu verstehen, um praxistaugliche Lösungsansätze für die Nutztierhaltung zu entwickeln. So stellt eine Abkühlung mit der knappen Ressource Wasser nicht überall eine Alternative dar, während der Einbau von Ventilatoren in den Stallanlagen eine sinnvolle Investition ist.

Über den eigenen Tellerrand schauen

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Teil der Tagung des Kuratoriums für Waldarbeit und Forsttechnik (KWF) in Schwarzenborn in Hessen, über die bereits berichtet worden ist (Ausgabe 33), sind auch Exkursionen. Auf einem Parcours im Wald stellten neutrale Experten von Forstbetrieben aus ganz Deutschland an über 30 Punkten unter Praxisbedingungen ihre neuen Entwicklungen und Ansätze sowie bewährte Methoden von überregional bedeutsamen Arbeitsverfahren im Wald vor.

Auf einer typischen Kalamitätsfläche, wo keine oder kaum ausreichend gewünschte Naturverjüngung aufkommt, wurden die Möglichkeiten und Grenzen von Saatverfahren auf Basis von Kleinraupen gezeigt. Waldsaaten wurden in der Geschichte immer wieder praktiziert, vergessen, erneut entdeckt, jedoch kaum dokumentiert.

Es scheint bis auf wenige Ausnahmen die Saat mit Pferden die einzige Konstante zu sein. Dabei wird in einem Säspalt das Saatgut abgelegt und dieser anschließend wieder verschlossen. Das Verfahren erfordert ausreichend Säkapazitäten mit Pferden und sehr sauber vorgeräumte Flächen. Weil aber Kapazitäten immer wieder knapp sind, hat der Landesbetrieb Forst Brandenburg ein Verfahren auf Basis motorgetriebener Technik entwickelt. Ähnlich wie beim Pferd wird die Saat mit der Kleinraupe in nur einer Überfahrung ausgeführt. Der Einsatz funkgesteuerter Kleinraupen hat jedoch den Vorteil, dass neben der klassischen Variante der Ablage des Saatgutes in einem Säspalt auch in ein gefrästes Saatbett abgelegt werden kann.

Dabei kommt die Fräs-Sämaschine auch mit begrenzten Reisigauflagen zurecht. Weil die gefrästen Streifen gegenüber gepflügten Varianten einen Vorteil im Wasserhaltevermögen haben, eignet sich die Fräse auch für die Kombination mit Pflanzaggregaten für Containerpflanzen, wie auf der Exkursion demonstriert wurde.

Heckenschere statt Freischneider

Die Wiederbewaldung und in deren Folge die notwendigen Pflegearbeiten in Forstkulturen sind für die Waldbesitzer eine große Herausforderung, denn zur Sicherung der Investition ist die häufige Pflege in den ersten Jahren meist alternativlos. Während die bisher in der Kulturpflege eingesetzten Handgeräte oft ergonomisch ungünstig sind und unter schwierigen Arbeitsverhältnissen zu reduzierten Leistungen führen, gibt es mit dem häufig eingesetzten Freischneider ein anderes Problem: Durch die weite Entfernung vom Körper zum Boden können die zu pflegenden Pflanzen oft im Farn- oder Brombeerdickicht nicht gut erkannt werden, sodass sie häufig aus Versehen unters Messer kommen.

Heckenschere statt Freischneider

Die Alternative: Mit der Niedersächsischen Kulturpflegetechnik (NKT) wird eine handelsübliche akkubetriebene Heckenschere mit einem extra konstruierten Aufnahmebügel kombiniert. Durch die Befestigung an einem rückentragbaren Geräteträger wird so eine hohe ergonomische Entlastung erreicht.

Asten mit der Akkuschere und der Distelleiter II

Douglasien asten mit der Akkuschere

Eine wichtige Mischbaumart in vielen Wäldern ist die Douglasie, gerade mit Blick auf die zukünftigen Entwicklungen durch den Klimawandel auf wasser- und nähr­stoffärmeren Standorten. Vor allem nach Kalamitäten und besonders nach dem Sturm Kyrill wurden großflächige Douglasien-Mischbestände begründet. Diese wachsen nun zu großen Teilen in das Astungsalter ein.

Die in der Vergangenheit angewandten Arbeitsverfahren waren vor allem die Astung mit Handsägen und pneumatischen Scheren in Verbindung mit Steigtannen oder Leitern sowie die Astung mit Stangenzugsägen. Durch das zu erwartende große Arbeitsvolumen hat das Niedersächsische Forstliche Bildungszentrum (NFBz) das Arbeitsverfahren der Wertastung optimiert und setzt dazu die Akkuschere Electrocoup F3020 des französischen Herstellers Infaco ein. Sie verfügt über ein aktives Schnittschutzsystem zur Vermeidung von Verletzungen, das Gerät ist zudem KWF-Profi-zertifiziert. Zusammen mit der Distelleiter II für eine Astungshöhe von bis zu 10 m bildet diese Schere nun die Münchehofer Wertastungstechnik (MWT), mit der sich Wertastungsbestände ergonomisch gut und effizient bearbeiten lassen.

Entrindung von Hand oder per Maschine

Gezeigt wurde im Exkursionsbild, wie das „Rindenschlitzen“ mit herkömmlichen benzin- und akkubetriebenen Motorsägen ausgeführt werden kann.

Oftmals führt kein Weg an der klassischen Handentrindung vorbei, um ein Ausfliegen der Borkenkäfer zu verhindern. In den vergangenen Jahren wurde die Technik grundlegend überarbeitet und an die aktuellen Generationen von Motorsägen angepasst.

Anstelle des Keilriemens erfolgt der Antrieb der Geräte nun mit einer ­Standard-Motorsägenkette, welche lediglich keine Zähne besitzt. Dadurch ist ein schneller Wechsel zwischen Schälgerät und Schneidgarnitur möglich, ohne Modifikationen an der Motorsäge, beispielsweise im Bereich der Kettenölpumpe, durchführen zu müssen. Um die Leistungsfähigkeit der Geräte bei der Borkenkäferbekämpfung noch weiter zu steigern, wurden sogenannte Streifenmesser entwickelt. Sie führen zu einer streifenförmigen Entrindung im Vergleich zur vollständigen Entrindung mit den herkömmlichen Standardmessern. Dadurch steigt die Produktivität in der motormanuellen Entrindung.

Darüber hinaus bietet das Verfahren trotz Bekämpfung des Fichtenborkenkäfers bei Bäumen, die als Totholz belassen werden sollen, ökologische Vorteile, weil der Lebensraum Borke nicht komplett entzogen wird.

Schadholzarena: Augen auf beim Totholz

Seit Jahren steigt in vielen Waldgebieten der Schad- und Totholzanteil, Ursachen sind häufig Hitze und ausgeprägte Dürreperioden. Zudem findet eine bewusste Anreicherung von Totholz aus Naturschutzgründen statt. Dadurch verschärft sich allerdings die Gefahrenlage im Wald für Forstwirte, Forstunternehmer, Jäger und Forstpersonal, auf großer Fläche ist mit herabstürzenden Ästen und Kronenteilen oder umstürzenden Bäumen zu rechnen. Die Fortbewegung im Wald wird schwieriger, und auch die Häufigkeit von durch Totholz blockierten Waldwegen nimmt zu.

Das KWF widmete dem Thema daher einen großen Bereich, die sogenannte Schadholzarena. Sachsenforst präsentiert als Einstieg dazu ein Entscheidungsverfahren zum professionellen und sicheren Umgang mit Totholz bei allen Betriebsarbeiten. Auf Basis einer baumartenspezifischen Risikoeinschätzung und einer nach Schadstufen gegliederten Entscheidungsmatrix werden zum Waldbestand passende organisatorische und technische Maßnahmen abgeleitet. Anschließend wurden konkrete Maßnahmen, Arbeitsverfahren und Technologien vorgestellt.

Konkreter Schutz für die Waldarbeiter wie die Rückenprotektoren von Bast-Ing wurden vorgeführt, aber auch wie heftig die Wirkung eines nur kleinen frei fallenden Stücks Holz aus großer Höhe auf einen Sicherheitshelm ist. Eindrucksvoll auch das Bild, bei dem in einer alten stehenden Buche alles Totholz im Kronenbereich mit roter Farbe markiert wurde, um das Gefährdungspotenzial deutlich aufzuzeigen. Wer dort unter dem Baum arbeitet, begibt sich in eine immense Gefahr, besonders beim Umkeilen, weshalb das Motto lautet „Weg vom Baum“.

Neben der Vollmechanisierung und dem bekannten Verfahren der seilwindenunterstützten Fällung wird dieses Präventionsziel durch den Einsatz sogenannter funkgesteuerter Fällkeile (FFK) möglich. Gezeigt wurden diese und dabei auch die Vor- und Nachteile des Arbeitsmittels, dessen Einsatzgrenzen, der fachgerechte Arbeitsablauf, typische Fehler und ihre Vermeidung und warum der FFK eine Ergänzung und kein Ersatz für die seilwindenunterstütze Fällung ist. Die seilunterstütze Holzernte bietet ein höheres Maß an Sicherheit, als dies andere Arbeitsverfahren bieten können, deshalb hat sich diese Technik nicht nur in geschädigten Beständen etabliert.

Das Forstliche Bildungszentrum Königsbronn hat eine Weiterentwicklung der Königsbronner Anschlagtechnik (KAT) forciert, die die Ergonomie, die Arbeitssicherheit und die Einsatzmöglichkeiten des KAT erweitert. Dies ermöglicht das Ersetzen des bekannten Metallschäkels durch einen Tauwerkschäkel aus Kunstfaser. Das Forstliche Bildungszentrum Königsbronn und die Sicherheitscoaches von ForstBW demonstrierten an einem praktischen Beispiel die Anwendung und die Vorteile des Tauwerkschäkels.

Versickern statt ableiten

Ausgelöst durch klimatische Veränderungen haben die vergangenen Jahre gezeigt, dass der Wechsel von Dürre und Starkregen zu erheblichen Schäden an Bestandes- und Basiserschließung führen kann. Eine mögliche Anpassung ist die Rückhaltung und gezielte Lenkung von Niederschlagswasser. Lineare Strukturen wie Waldwege und Arbeitsgassen sind daher als Ort der gezielten Lenkung und Rückhaltung optimal. Gezeigt wurden Maßnahmen des Wegebaus sowie der Holzernte zur Vorbeugung von entwässernden Effekten von Erschließungslinien und Förderung von Wasserrückhalt auf der Bestandesfläche sowie in unmittelbarer Nähe zum Waldweg. Dazu werden unter anderem spezielle Versickerungsmulden gebaut, in denen sich das Wasser bei Starkniederschlägen sammeln kann und nur allmählich abläuft oder versickert, statt sich den Weg über den Graben in den nächsten Vorfluter zu suchen.

Mobile jagdliche Infrastruktur

Klettersitze sind mobile jagdliche Infrastruktur, erfordern aber Sportlichkeit.

Ein Exkursionspunkt zog viel Aufmerksamkeit auf sich – und erntete Begeisterung oder Kopfschütteln: Klettersitze sind eine mögliche Ergänzung der jagdlichen Infrastruktur. Diese mobilen Sitze sind schnell umgestellt, erfordern vom Jäger aber im Vergleich zum Drückjagdbock ein bisschen mehr Mut und Sportlichkeit. Der Klettersitz besteht aus zwei Teilen, die jeweils mit einem Stahlkabel um den Baum montiert werden. Durch alternierendes Hoch- und Nachziehen der Teile kann so am Baum aufgestiegen werden. Die mobile Variante ermöglicht einen Einblick vom erhöhten Standort auch in unübersichtlichen Freiflächen sowie einen guten Kugelfang. Der Einsatz erfordert jedoch eine Schulung.

Wahl geeigneter Baumarten

Die Trockenheit der Jahre 2018 bis 2020 und ihre verheerenden Auswirkungen auf den Wald haben deutlich gemacht, wie wichtig es ist, bei der anstehenden Wiederbewaldung eine vorausschauende, dem Klimawandel angepasste Baumartenwahl zu treffen. Die Nordwestdeutsche Forstliche Versuchsanstalt bietet einen Überblick über den derzeitigen Stand der Forschung zum Thema Waldbau im Klimawandel. Umfassend dargestellt werden aktuelle Klimaszenarien, Abschätzungen der Wasserverfügbarkeit und der Trockenstressgefährdung der Baumarten sowie ein Bodenprofil für die Bewertung des Standortes, schließlich auch eine digitale Entscheidungshilfe für die Baumartenwahl. Der Exkursionsführer, der auch ein Ausstellerverzeichnis der Expo enthält, kann als Download beim KWF abgerufen werden über ­Katja.Buechler@kwf-online.de