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Kirche und Landwirtschaft prägen das Land, sie stehen aber auch beide im kritischen Blick der Öffentlichkeit und sind mit Vorurteilen konfrontiert. Wie sehen sich beide gesellschaftlichen Gruppen selbst, und wie werden sie von außen gesehen? Das war das Thema der diesjährigen Veranstaltung Landwirtschaft und Kirche in Schleswig.
Bischöfin Nora Steen
„Wir sind da, und wir gestalten das Land“, sprach Bischöfin Nora Steen für beide gesellschaftlichen Gruppen. „Wir haben viel mit Bildern von außen zu tun und müssen aufpassen, dass wir uns nicht polarisieren lassen.“ Ein Bild von Kirche machten sich viele allenfalls am Sonntag Morgen beim Gottesdienst, wenn überhaupt. Moralischer Zeigefinger sowie Skandale täten dem Image der Kirche nicht gut. Dabei stünden Seelsorger sieben Tage die Woche bereit, und viele ihrer Tätigkeiten seien leiser Natur, etwa Krankenbesuche.
Bauernpräsident Klaus-Peter Lucht
Die Landwirtschaft werde von vielen als Umweltschädiger und Tierquäler gesehen, sagte Klaus-Peter Lucht, Präsident des Bauernverbandes Schleswig-Holstein. Dabei seien die Bauern angesichts der Herausforderungen der Zeit wie Klimawandel und Tierwohl Lösungsanbieter. „Wenn wir keine Lösungen finden würden, müssten wir zumachen!“
ZukunftsBauer Jörg Struve
Selbstbild und Fremdbild sind zwei Säulen des Projektes ZukunftsBauer des Deutschen Bauernverbandes (das Bauernblatt berichtete in einer Serie). Jörg Struvertritt das Projekt für Schleswig-Holstein auf Bundesebene. In Nübel nördlich von Schleswig führt er den Pilotbetrieb Strohschweine für Edeka Nord. Grundlage des Projektes ZukunftsBauer ist eine Studie, die der DBV in Auftrag gegeben hatte. Durch Umfragen bei Landwirten und Nichtlandwirten hat sie herausgearbeitet, welchen Eindruck Landwirtschaft bei Verbrauchern macht und wie Landwirte sich selber sehen. „Allein als Ernährer kommt Landwirtschaft nicht mehr an, sie muss auch Lösungsanbieter sein“, ist ein Resultat der Studie.
Auf die Frage aus dem Publikum, was denn der Unterschied zwischen Bauer und ZukunftsBauer sei, antwortete Struve: „Der ZukunftsBauer sucht Veränderung bei sich selbst. Wer die Schuld nur bei anderen sucht, ist kein ZukunftsBauer“, und: „Wenn ich Verständnis für mich erwarte, muss ich auch Verständnis für andere aufbringen.“
Pastor Malte Thiel
Pastor Malte Thiel, seit Kurzem in Viöl tätig, hatte zuvor wenig Kontakt zu Landwirten. „Wäre ich in der Stadt geblieben, hätte ich den Wandel in der Landwirtschaft nie erlebt.“ Es habe ihn beeindruckt, wie Familien vom Strukturwandel betroffen seien, die in langen Generationenfolgen auf ihrem Hof lebten. „Das ist nicht nur ein Wohnort, das ist ein Vermächtnis.“
Die Brücke zwischen Selbstbild und Fremdbild ist Kommunikation – die dritte Säule des Projektes ZukunftsBauer. Dazu wurden in der Runde viele Formen vorgeschlagen. Auf einem ehemaligen Hof richten Pfadfinder ihre Camps aus. Dorffeste werden mit Interviews mit örtlichen Bauern angereichert. Anwesende Landwirte, die in ihren Kirchengemeinderäten sitzen, regten an, sich dort zu engagieren. Präsident Lucht kündigte an, auf der nächsten Norla einen Rundgang für Pastoren anzubieten.
Ein häufiger Streitpunkt sind Bewirtschaftungsvorgaben bei der Pacht von Kirchenland. Bischöfin Steen betonte, dass die Kirchengemeinden da selbstbestimmt seien. Auch hier also Gesprächsbedarf. „Greift zum Äußersten, redet miteinander!“, schlug Helgo Jacobs,Probst für Angeln und Schleswig, vor. “
Angeregte Gespräche vor dem Schleswiger Dom.Fotos: Tonio Keller
Topinambur, Helianthus und Yacon wurden bereits von den Ureinwohnern Nord- und Südameikas wegen ihrer nahrhaften und gesunden Wurzelknollen geschätzt und kultiviert. Die Korbblütler sind verwandt mit Sonnenblumen, Alant und Dahlien und reichern in den Knollen statt Stärke Inulin an.
Topinambur ist sehr anspruchslos und pflegeleicht und gedeiht auch auf kargen Böden. Er wächst in Mittel- und Nordamerika wild und war dort schon seit jeher ein wichtiges Grundnahrungsmittel. Nach Europa kam die Knolle im 17. Jahrhundert und wurde in der Folge auch hier als Nahrungsmittel und Futterpflanze angebaut, bis die länger lagerfähige Kartoffel an ihre Stelle trat. Auch Schnaps wurde und wird bis heute aus den Knollen gebrannt. Inzwischen ist Topinambur auch in Mitteleuropa vielerorts verwildert.
Botanisch zählt Topinambur (Helianthus tuberosus) zu den Sonnenblumen. Seine Blätter und Blüten ähneln denen von Staudensonnenblumen. Unterirdisch bildet Topinambur Rhizome, an deren Ausläufern zahlreiche unregelmäßig geformte Knollen wachsen, je nach Sorte nahe oder in größerer Entfernung von der Mutterpflanze (Streuung). Es gibt Sorten mit weißer, bräunlicher oder rötlich-violetter Schale. Das knackig-feste Fruchtfleisch der Knollen ist weiß bis cremefarben.
Topinambur ist eine Sonnenblumenart. Fotos: Anke Brosius
Robust und durchsetzungsfähig
Weil Topinambur zum Verwildern neigt, ist er nicht überall gern gesehen. Er sollte gleich einen Platz bekommen, an dem er für die nächsten Jahre nicht stört, und besonders in kleineren Gärten sind kompakt wachsende Sorten gegenüber solchen mit weiter Streuung zu bevorzugen. Der beste Pflanzplatz für Topinambur ist am Rand des Gartens, man sollte aber darauf achten, dass er nicht nach draußen „entkommt“. Die hoch wachsenden Stauden, die auch Schatten vertragen, eignen sich zudem gut als Sichtschutz am Zaun oder vor einer „Schmuddelecke“.
Vor der Pflanzung wird der Boden spatentief gelockert. Im Abstand von 50 cm kommen die Knollen bis zu 10 cm tief in die Erde, das fördert später die Standfestigkeit. Je nach Sorte können die Pflanzen 2 bis 3 m hoch wachsen. Auf lehmhaltigen Böden ist Topinambur ertragreicher, dafür lassen sich die Knollen in leichten Böden einfacher ernten. Sandige Böden kann man vor der Pflanzung mit etwas Kompost anreichern. Stärkere Düngung fördert zwar das Wachstum der Blätter und Blüten, mindert aber den Ertrag.
Nach dem Pflanzen kann man Topinambur weitgehend sich selbst überlassen. Jäten ist bei den durchsetzungsstarken Stauden nur selten nötig, Gießen nur auf leichten Böden und bei anhaltender Trockenheit. Statt mit wildem Aufwuchs können die Zwischenräume zwischen den Pflanzen auch mit einer Mischkultur gefüllt werden, etwa Bohnen, die die hohen Triebe als Kletterhilfe nutzen. Allerdings erhöht ihr Gewicht die Gefahr, dass die Stängel bei starkem Wind umkippen.
Helianthus ist mit Topinambur eng verwandt.Topinamburpflanzen wachsen fast ohne Zutun.
Zahlreiche Sorten
Während die meisten Zuchtsorten Wert auf geringe Streuung legen, wird in Österreich die stark streuende Sorte ‚Gföhler Rote‘ traditionell zur Begrünung von Hühnerausläufen verwendet. Die Knollen der ‚Gföhler Roten‘ sind vergleichsweise klein, dafür aber schon früh erntereif. Das Gegenstück ist die ebenfalls rotschalige Sorte ‚Violo‘, die große, knubbelig-kugelige Knollen bildet, die spät reifen und wenig streuen. Ein Klassiker ist die weißschalige, sehr ertragreiche ‚Gute Gelbe‘, die ebenfalls große, schwere Knollen hervorbringt, die stärker verästelt sind. ‚Topinanka‘ bildet gedrungene, violettschalige Knollen, ‚Bianca‘ längliche weiße, die als besonders aromatisch gelten.
Die gelben, sternförmigen Korbblüten erscheinen meist ab September oder Oktober. ‚Bianca‘ blüht bereits ab August, die Sorte ‚Sonnenstrauß‘ oft sogar schon Ende Juli. Die verzweigten Blütenstängel sind eine Bereicherung für bunte Sommersträuße, allerdings kommen nicht alle Sorten der Kurztagspflanze bei uns überhaupt zum Blühen. Keimfähige Samen bildet Topinambur selten, in unseren Breiten fast nie.
Helianthus wird manchmal unter den Topinambursorten gelistet, eigentlich handelt es sich aber um eine eigene Art (Helianthus strumosus). Oberirdisch sind die Pflanzen kaum zu unterscheiden. Helianthus-Knollen sind länglich, spindelförmig und unverzweigt und schmecken etwas milder als Topinamburknollen. Die Streuung der Knollen ist relativ groß. Sorten gibt es von Helianthus nur wenige: Die ‚Blaue Französische‘ besitzt anders als die weißschalige Wildform eine rötliche Schale, die Sorte ‚Blauauge‘ violette Streifen und Ringe um die Augen herum.
Die Knollen lassen sich in feuchtem Sand überwintern.
Topinambur und Helianthus sind ganz winterhart und können ab Oktober nach Bedarf geerntet werden, sofern der Boden nicht gefroren ist. Was nach der Ernte im Boden verbleibt, wächst im Frühjahr zu neuen Pflanzen heran. Um die Ausbreitung zu verhindern, kann man Topinambur auch in großen Gefäßen kultivieren, die man zur Ernte dann einfach nur ausleeren muss.
Leider lieben auch Wühlmäuse und Wildschweine die nahrhaften Knollen. Wo von dieser Seite her Gefahr droht, kann es deshalb ratsam sein, die Knollen im Herbst vollständig zu ernten und im Keller oder Schuppen zu überwintern. Topinambur und Helianthus halten sich gut in feuchtem Sand, der nicht austrocknen darf, weil die Knollen leicht welken und dann nicht nur an Geschmack verlieren, sondern auch im Frühjahr nicht mehr austreiben.
Frostempfindliche Inkaknolle
Die Yacon (Smallanthus sonchifolius), auch Inkaknolle genannt, wurde von den südamerikanischen Ureinwohnern kultiviert und ist vor allem auf den Hochebenen und in den Tälern der Anden eine wichtige Kulturpflanze. Ihre Knollen ähneln denen von Dahlien, mit denen die Yacon eng verwandt ist. Es gibt braun- und weißschalige Sorten, das Fruchtfleisch ist weiß oder gelblich.
Anders als Topinambur ist die Yacon frostempfindlich und darf erst nach den Eisheiligen ins Freie. Deshalb werden die Knollen ab Ende März in nicht zu kleinen Töpfen im Haus vorgetrieben. Weil sie schnell wachsen, brauchen die jungen Pflanzen von Beginn an nährstoffreiche Erde und regelmäßige Wassergaben.
Die Yacon ist eine Gemüsepflanze aus den Anden.Yacon-Knollen schmecken süßlich.
Im Beet benötigt jede Pflanze 50 bis 80 cm Platz in alle Richtungen. Optimal ist ein freier Stand mit voller Sonne, aber auch im Halbschatten gedeihen die Pflanzen meist gut. Der Boden sollte mit Kompost angereichert, gelockert und tiefgründig sein. Wichtig ist eine gute Wasserversorgung, ansonsten ist die Kultur pflegeleicht. Auch bei der Yacon sollte Überdüngung vermieden werden, weil das Aroma der Knollen sonst leidet. Bei ungünstigen Bodenverhältnissen lässt sie sich auch in mit Komposterde gefüllten flachen Hochbeeten oder großen Kübeln ziehen. Bei Trockenheit muss man dann allerdings besonders viel gießen.
Wenn die Pflanzen anfangs sehr langsam wachsen, ist das normal. Meist legen sie erst ab Mitte Juli bis August richtig los und wachsen bis September zu 1,50 m bis 2 m hohen Büschen heran. In der Zwischenzeit eignen sich Salat oder frühe Buschbohnen gut als Mischkultur beziehungsweise zur Unterpflanzung. Auch Kapuzinerkresse und Süßkartoffeln, die den Boden bedecken, sind gute Partner.
Wie Süßkartoffeln bildet auch Yacon erst ab August Knollen, die bis zum ersten Frost wachsen dürfen. Bei frühen Frösten kann man durch eine Vliesabdeckung das Absterben der Pflanze hinauszögern und so die Wachstumsphase der Knollen verlängern. Danach holt man sie mit einer Grabegabel vorsichtig aus der Erde und lässt sie noch einige Tage in der Sonne liegen, was die Aromabildung fördert. Bei Regenwetter funktioniert das auch im kühlen Keller, dann sollte man für die Nachreife aber mehrere Wochen einplanen. Unbeschädigte Knollen können im kühlen, dunklen, ausreichend luftfeuchten Keller mehrere Monate gelagert werden.
Beim frostfreien Überwintern der Wurzelstöcke für das Folgejahr sollten neben den Triebknospen auch einige fingerdicke Knollen an der Pflanze belassen werden. Ab Februar kann man die Rhizome – immer noch in kühler Umgebung – dem Tageslicht aussetzen, um den Neuaustrieb zu fördern. Wer auf den Geschmack gekommen ist oder die großen Wurzelstöcke nicht überwintern möchte, kann auch bereits im Sommer Stecklinge schneiden und aus diesen neue Pflanzen heranziehen.
Inulin für Darmflora und Immunsystem
Die Knollen aller drei Korbblütler enthalten den Ballaststoff Inulin, der aus Fruktose besteht und leicht süß schmeckt, den Blutzuckerspiegel aber nicht ansteigen lässt. Außerdem sind die Knollen reich an Eiweiß und Mineralstoffen wie Kalium und Phosphor. Weil Inulin den Stoffwechsel der Darmbakterien fördert, können beim ungewohnten Genuss anfangs Blähungen auftreten. Deshalb sollte man mit kleinen Mengen beginnen und sich langsam an größere Portionen herantasten.
Nach oben der Sonne entgegen: blühende Helianthus-Pflanzen
Während Topinambur und Helianthus nur abgebürstet beziehungsweise gewaschen werden müssen, sollte die Yacon vor dem Verzehr besser geschält werden, weil das harzige Aroma der Schale sonst dominiert. Alle drei Knollengemüse sind auch roh genießbar und eignen sich, in dünne Scheiben geschnitten oder geraspelt, als Zutat in Salaten. Topinambur und Helianthus schmecken darüber hinaus im Ofen gebacken, in der Pfanne geschmort oder als Gratin. Wer sie wie Kartoffeln in Wasser kocht, wird enttäuscht sein, denn dann verlieren die Knollen ihr fein-nussiges Aroma und schmecken fade.
Die Yacon besitzt ein fruchtiges, süßes Aroma, das gut zu Obstsalaten passt. Die Knollen eignen sich auch zum Backen, Braten und Frittieren. Außer den Wurzeln sind die Blätter essbar und werden in Südamerika zu Tee verwendet, der bei Magen-, Darm-, Leber- und Hautproblemen getrunken wird und zudem den Blutzuckerspiegel senkt. Aus den Knollen lässt sich ein Sirup, ähnlich dem Apfeldicksaft, herstellen, der auch im Handel erhältlich ist und zum Süßen verwendet werden kann.
Manch Wanderer mag vom Parkplatz Karberg an der Bundesstraße 76 in Höhe Fahrdorf schon zu einer Tour um das Haddebyer Noor aufgebrochen sein, ohne das Areal zu entdecken, das dahinter auf einer Anhöhe liegt. Hier befindet sich eine Gedenk- und Kriegsgräberstätte, wo Tote des Zweiten Weltkriegs ihre letzte Ruhe fanden. Ein Besuch.
Vom Parkplatz an der B 76 führt eine Treppe zur Gedenk- und Kriegsgräberstätte Karberg. Von dort kann man auch direkt auf einen Spaziergang ums Noor starten.
Vom Parkplatz aus führt eine steile Treppe zum Ehrenfriedhof hinauf. Inmitten der weitläufigen Fläche von 1,3 ha ruhen dort seit Einweihung am 28. Juli 1962 in fünf Feldern 1.074 Kriegstote, davon 800 Soldaten verschiedener Nationalitäten und 274 Männer, Frauen und Kinder, die ohne Beteiligung an Kampfhandlungen ihr Leben verloren. Im Jahr 1963 kamen 50 Opfer der Bombenangriffe in der Lübecker Bucht vom 3. Mai 1945 hinzu, die vorher in Timmendorfer Strand bestattet waren. Von zirka 500 Kriegstoten konnten später noch Angehörige ermittelt und benachrichtigt werden. Manche erhielten erst dadurch Kenntnis vom Schicksal ihrer Vermissten.
Die Toten hatten zuvor Schlimmes erlebt. Einen Blick zurück gewähren Infotafeln auf dem Gelände und ein Faltblatt, das über einen QR-Code am Eingang abrufbar ist. Demnach wollten sich viele Menschen in den letzten vier Kriegsmonaten des Jahres 1945 vor dem Vordringen der Sowjetarmee in den Ostgebieten in Sicherheit bringen. Sie flüchteten über die freie Ostsee an die Küste Schleswig-Holsteins. Mit dieser Flüchtlingswelle kam es zu unzähligen Toten infolge von Kampfhandlungen, Schiffsuntergängen und Bombardierungen der Städte durch die Alliierten. Erlittene Strapazen während der Flucht trugen dazu bei, dass Flüchtlinge auch im Nachhinein durch Entkräftigung starben. Unter den ausländischen Soldaten, die teilweise jahrelang unter Zwangsarbeit, Erniedrigung und Misshandlung gelitten hatten, gab es ebenfalls Tote. Die Verstorbenen wurden zunächst an Ort und Stelle provisorisch bestattet.
Blick in den Himmel: Die Halle des Bildhauers Robert Müller-Warnke (1915-1990) symbolisiert die einstürzende Decke eines zerstörten Hauses.
Der Kreisausschuss Schleswig beschloss jedoch 1960 eine Umbettung der größtenteils verstreuten Feld- und Soldatengräber im Kreisgebiet sowie aus anderen Teilen des Landes. Vor allem ging es um die Gräber, deren dauerhafte Pflege ungeklärt war. Mit der Umbettung sollten Grabpflege und ein ständiges Ruherecht gesichert werden. Außerdem sollte der zentrale Ehrenfriedhof – der seit Beginn in der Obhut des Kreises und des Amtes Haddeby ist – Besuchern und Familienangehörigen aus dem In- und Ausland ein stilles Gedenken ermöglichen.
Nach einiger Überlegung fiel die Wahl auf das Gelände des Karbergs am Haddebyer Noor. Es war schon zu Wikingerzeiten ein Begräbnisplatz für die Bewohner von Haithabu gewesen. Für die Gestaltung der Anlage schrieb das Innenministerium einen Ideenwettbewerb aus. Sieben Garten- und Landschaftsarchitekten fertigten daraufhin Entwürfe an. Der, der schließlich das Rennen machte, sah eine Bewaldung des Hügels vor, in einer Mulde unterhalb des Gipfels sollte der repräsentative Mittelpunkt des Friedhofs in Form einer sternförmigen, 10 x 18 m großen Grabplatte aus Beton entstehen, die auf vier rohen Betonpfeilern ruht, mit einer wie durch Bomben- und Granateinschlag durchbohrten Decke. Die Entscheidung des Preisgerichts stieß beim damals amtierenden Geistlichen der nahen St. Andreas-Kirche auf Kritik. Er bemängelte, dass eine auf Pfeilern ruhende Grabplatte zu sehr an Grabdenkmäler germanischer, also heidnischer Art erinnere. Die neue Kriegsgräberstätte wurde dennoch wie geplant errichtet und durch Ministerpräsident Kai-Uwe von Hassel (CDU) eingeweiht.
Ein historisches Foto von diesem Sommertag vor 62 Jahren zeigt, dass zu diesem Anlass auf dem Vorplatz je ein Zug des Heeres, der Marine, der Luftwaffe, der Bereitschaftspolizei und des Bundesgrenzschutzes in Paradeaufstellung angetreten war. Unter den Klängen des Preußischen Präsentiermarsches schritten der Ministerpräsident, Innenminister Dr. Helmut Lemke (CDU) und Flottillenadmiral Hans-Rudolf Rösing die Front ab. Auch Angehörige der Umgebetteten und mehr als 1.000 Bürger wohnten dem feierlichen Akt bei. Die Einweihung war die größte Totenfeier, die der Kreis Schleswig-Flensburg bis dato erlebt hatte.
Den Toten der Vertreibung: Das Vertriebenendenkmal des Bildhauers Siegbert Amler lädt zum stillen Gedenken ein.
1966 wurde die Anlage um das Vertriebenendenkmal „Den Toten der Vertreibung“ des Glücksburger Bildhauers Siegbert Amler (1929-2019) ergänzt. Auch erfuhr sie in den vergangenen Jahren eine umfangreiche Sanierung. Unter anderem entstanden neue Treppen und ein barrierefreier Zugang. Die gärtnerische Pflege leistet der Bauhof des Amtes Haddeby. Bei der Amtsverwaltung Haddeby in Busdorf kann eine Liste der Bestatteten mit personenbezogenen Informationen eingesehen werden.
Regelmäßig finden auf dem Karberg öffentliche Festakte und zentrale Gedenkfeiern zum Volkstrauertag statt. Anlässlich der 70 Jahre währenden Friedenszeit von 1945 bis 2015 wurden hier zudem vom Amt Haddeby symbolisch als Zeichen und Mahnung zum Frieden 70 weiße Friedensrosen der Sorte ,Charity-Rose Friedenslicht‘ gesetzt. Während einer Gedenkveranstaltung zum 55. Jahrestag des Bestehens der Anlage im Jahr 2017 machte der damalige Landtagspräsident Klaus Schlie (CDU) deutlich: „Das Erinnern an die Toten der Vergangenheit ist immer auch eine Mahnung an die Gegenwart, für eine friedliche Zukunft alles Menschenmögliche zu tun.“ Der Landesvorsitzende des Volksbundes Deutscher Kriegsgräberfürsorge, Dr. Ekkehard Klug, wies darauf hin, dass auf dem Karberg auch Projekte von jungen Menschen aus den Schulen der Region sowie internationale Jugendbegegnungen des Volksbundes stattfänden. Dies sei ein Beispiel für eine Bildungsarbeit, die auf die Werte von Menschenrechten, Demokratie und Frieden ausgerichtet sei und sich entschieden mit Extremismus, Nationalismus, Rassismus und willkürlicher Gewalt auseinandersetze. Schüler der Dannewerkschule Schleswig stellen dies im Rahmen der damaligen Feststunde eindrücklich unter Beweis. Sie hatten einen Wortbeitrag „Karberg-Geflüster“ vorbereitet, mit dem sie den dort gebetteten Toten stellvertretend eine Stimme gaben. Schon seit 1982 ist es gelebte Tradition, dass Dannewerkschüler am Volkstrauertag aktiv am Programm mitwirken.
Fantastischer Blick: Am Fuße des Geländes gibt es einen Rundwanderweg, eine kleine Badestelle sowie Sport- und Fitnessgeräte.
Aber reisen wir jetzt gedanklich von der Vergangenheit in die Gegenwart. Beim spätsommerlichen Rundgang durch das Gelände wird einmal mehr deutlich, was für ein besonderer Ort die Gedenk- und Kriegsgräberstätte Karberg ist. Beim Betreten erwartet den Besucher nach einigen Schritten eine faszinierende Aussicht auf das Noor, Haithabu, die alte Feldsteinkirche St. Andreas, die Schlei und den Schleswiger St. Petri-Dom. Danach geht es auf dem Weg weiter und es erscheint der Mittelpunkt der Anlage, die sogenannte Halle. Rechts davon stehen die Friedensrosen zart duftend noch in Blüte. In der Halle wandert das Auge unwillkürlich nach oben. Durch das Loch in der Decke blitzt an diesem sonnig-heißen Tag der strahlend blaue Himmel mit luftig leichten Wolken hervor. Was für ein Kontrast zum schweren, rauen Beton!
Mehrere Schritte weiter bergab steht in einer schlichten, leicht gestuften Betonnische die Bronzeplastik von Siegbert Amler. Sie ist in Form einer stilisierten, trauernden Figur mit gesenktem Kopf und betenden Händen gestaltet. Seitlich ist der Schriftzug „Den Toten der Vertreibung“ angebracht. Eine Bank daneben lädt zum Verweilen und stillen Gedenken ein. Von dort geht es wieder auf die Anhöhe hinauf, mehrere Treppenanlagen durchziehen die Rasenfläche. Auf ihr finden sich die Gräber der insgesamt 1.124 Toten in langen Steinreihen oder einzelnen Steinblöcken. Falls bekannt, sind darauf die Namen sowie Geburts- und Sterbejahr eingraviert. Bei 180 Toten steht „Unbekannt“. Unabhängig von ihrem Rang oder ihrer Nationalität wurden sie Seite an Seite bestattet. 343 von ihnen waren Ausländer aus 14 Nationen. Welche Wünsche, Hoffnungen und Zukunftspläne mögen sie gehabt haben, bevor ihr oft erst junges Leben durch den Krieg jäh ein tragisches Ende fand? Ihre Gräber könnten heute Botschafter wider das Vergessen sein, hob der Landrat des Kreises Schleswig-Flensburg, Wolfgang Buschmann, anlässlich einer vergangenen Gedenkfeier hervor. „Sie halten die Erinnerung nicht nur wach, sondern erinnern uns daran, immer wieder und aufs Neue aus den Fehlern der Vergangenheit zu lernen.“
Der zentrale Ehrenfriedhof am Karberg wurde im Sommer 1962 eingeweiht. Foto. Silke Bromm-KriegerIn der Anlage wurden 1.124 Kriegstote zur letzten Ruhe gebettet. Soweit bekannt, wurden ihre Namen auf Grabsteine graviert. Foto: Silke Bromm-KriegerSymbol des Friedens: Dieser Gingko-Baum mahnt seit 1995: Nie wieder Krieg! Foto: Silke Bromm-KriegerUnweit des Parkplatzes Karberg gibt es eine kleine Badestelle mit Sandstrand und einen Rundwanderweg. Foto: Silke Bromm-Krieger
Aus der Zusammenarbeit der Rinderspezialberatung und der Landwirtschaftskammer Schleswig-Holstein ist der Rinder-Report 2022/2023 entstanden. Betrachtet wird das Wirtschaftsjahr vom 1. Mai 2022 bis 30. April 2023.
Berücksichtigt und ausgewertet wurden die Vollkostenauswertungen von 548 Betrieben der Rinderspezialberatungsringe. Die Daten von 348 Betrieben wurden mit dem Segeberger Programm und die der verbleibenden 200 Betriebe mithilfe des Programms BZA-Office der act GmbH Kiel ausgewertet.
Die Berechnungen betriebswirtschaftlicher und produktionstechnischer Kennzahlen basieren auf dem DLG-Modell. Mithilfe dieses Modells wird es möglich, Betriebe mit unterschiedlicher Rechtsform, Arbeitsstruktur sowie Eigentums- und Kapitalverhältnissen vergleichend zu betrachten. Grundlegend für die Betriebszweigauswertung (BZA) ist die Gegenüberstellung von Kosten und Leistungen des Betriebes. Im Betrieb anfallende Kosten, die beispielsweise über Rechnungen einem Betriebszweig zuzuordnen sind, fließen direkt in die Kalkulation der Kosten ein. Aufbauend auf dem betriebswirtschaftlichen Jahresbuchabschluss, unter Berücksichtigung produktionstechnischer Daten, erfolgt die Auswertung.
Der Erlös aus dem Milchverkauf stieg trotz ebenfalls steigender Produktionskosten auch in diesem Jahr wieder an. Foto: Dr. Laura Maxi Stange
Das Ergebnis der Vollkostenauswertung ermöglicht die Bewertung der Wirtschaftlichkeit des Betriebes. Die BZA spiegelt immer das abgeschlossene Wirtschaftsjahr wider und kann als zuverlässige Datengrundlage für betriebliche Planungen und Kostenkalkulationen herangezogen werden.
Strukturwandel bleibt sichtbar
Die produktionstechnischen Kennzahlen ermöglichen die genauere Beschreibung der ausgewerteten Betriebe. Dem Strukturwandel in der Landwirtschaft folgend, wurden in diesem Auswertungsjahr erneut weniger Betriebe berücksichtigt, die sinkende Zahl passt zu dem anhaltenden Trend von Betriebsaufgaben in der Milchviehhaltung.
Im Bereich der produktionstechnischen Kennzahlen liegen die Betriebe im Vergleich zu den ökonomischen Auswertungen deutlich enger zusammen. Auch sind die Kennzahlen bei der Betrachtung über die vergangenen Jahre relativ stabil und nur langsame Entwicklungen erkennbar (Tabelle 1).
Die Herdengröße ist in der vorliegenden Auswertung um durchschnittlich zwölf Kühe gegenüber dem Vorjahr gestiegen. Ebenso ist die durchschnittliche Milchmenge erneut gestiegen und liegt bei 9.496 kg ECM pro Kuh. Gleichzeitig ist der Kraftfuttereinsatz im Vergleich zum Vorjahr leicht angestiegen, auf nun 301 g KF FM EIII/ kg ECM. Die Veränderung der Lebenstagsleistung, trotz gestiegener Leistungen und stabiler Nutzungsdauer, liegt eher in der veränderten Grundgesamtheit der Betriebe begründet.
Leistungen bleiben steigend
Die Ergebnisse der betriebswirtschaftlichen Auswertungen (Tabelle 2) repräsentieren die Bedingungen, die dem Wirtschaften im Auswertungsjahr zugrunde liegen. Auffallend sind die weiterhin steigenden Leistungen. Der Durchschnitt der Betriebe erzielte 52,14 ct/kg ECM aus dem Milchverkauf. Ebenso zeigen sich die Leistungen aus dem Kuhverkauf mit 3,35 ct/kg ECM und die Summe der Leistungen steigend. Insgesamt wuchs die Summe der Leistungen im Vergleich zum Vorjahr um 7,63 ct/kg ECM.
Wie im Vorjahr zeigen die Produktionskosten auch in diesem Jahr eine zunehmende Tendenz. Der Vergleich weist einen Anstieg um 2,55 ct/kg ECM auf nunmehr 34,54 ct/kg ECM aus. Dieser ist in weiterhin steigenden Kosten von Grund- und Kraftfutter begründet. Die Betrachtung der Direktkostenfreien Leistungen offenbart dennoch einen Anstieg um rund 5,09 ct/kg ECM auf 22,98 ct/kg ECM. Mit dem größten Anteil an den Gemeinkosten zeigen sich die Arbeitserledigungskosten ebenfalls steigend, sodass sich dies auch in der Summe der Produktionskosten widerspiegelt. Hier liegt der Durchschnitt der Betriebe bei 49,18 ct/kg ECM.
Im Durchschnitt aller Betriebe verbleibt nach Auswertung der Erlös- und Kostenseite ein positives kalkulatorisches Betriebszweigergebnis, das 8,33 ct/kg ECM beträgt. Die aus ökonomischer Sicht besten Betriebe erreichten ein Betriebszweigergebnis von 15,95 ct/kg ECM. Auffallend ist das nur noch leicht negative Betriebszweigergebnis der weniger erfolgreichen Betriebe, das nunmehr bei –0,25 ct/kg ECM liegt. Die Differenz zwischen den beiden Gruppen zeigt sich in diesem Jahr folglich etwas weniger ausgeprägt. Auch hier ist in den vergangenen Jahren eine Entwicklung zu verzeichnen, wie die Abbildung aufzeigt.
Das im Jahr 2022 erstmalig positive durchschnittliche Betriebszweigergebnis konnte folglich in diesem Jahr gehalten und noch einmal gesteigert werden.
Einordnung der Ergebnisse
Basierend auf den Buchführungsabschlüssen der landwirtschaftlichen Betriebe ermöglicht die vorliegende Auswertung die retrospektive Betrachtung des abgeschlossenen Wirtschaftsjahres. Der damit einhergehende Zeitverzug bedeutet auch, dass positive wie negative Entwicklungen von Leistungen und Kosten entsprechend erst mit diesem Zeitverzug deutlich werden.
Schon im Wirtschaftsjahr 2021/2022 zeichneten sich steigende Produktionskosten, aber auch Erlöse ab. Dies wird im vorliegenden Wirtschaftsjahr 2022/2023 ebenfalls deutlich. So ist der Erlös aus dem Milchverkauf 2021/2022 mit 44,55 ct/kg ECM noch hinter den Erwartungen zurückgeblieben, schloss aber auch nur den Anfang des Jahres 2022 mit ein. Im nun ausgewerteten Wirtschaftsjahr 2022/2023 stieg der Erlös aus der verkauften Milch erwartungsgemäß an auf nunmehr 52,14 ct/kg ECM. Dieser Steigerung auf der Erlösseite steht wiederum eine Steigerung aufseiten der Produktionskosten gegenüber.
Fazit
Der Rinder-Report 2023 basiert auf den Betriebszweigauswertungen von 548 Betrieben. Der hohe Milchpreis des Jahres 2022 wirkt sich hier stark auf das im Vergleich zum Vorjahr nochmals gesteigerte kalkulatorische Betriebszweigergebnis aus, trotz weiter gesteigerter Produktionskosten. Der Rinder-Report 2022/2023 kann auf der Seite der Landwirtschaftskammer abgerufen werden.
Die Mineralfutterpreise sind zum Wochenanfang auf einen Schlag teilweise um bis zu 25 % gestiegen. Dabei kommt die Preissteigerung hauptsächlich aus dem Vitamin-Bereich. Hier ist es Ende Juli bei der BASF in Ludwigshafen zu einem Lösungsmittelaustritt und infolgedessen zu einer Explosion mit anschließendem Brand in der Produktionsanlage unter anderem für Vitamin A, Vitamin E und Carotinoid-Produkte gekommen. Die Anlage musste nach dem Brand komplett heruntergefahren werden. Die BASF erklärte daraufhin „Force Majeure“, also höhere Gewalt, für die Lieferungen der entsprechend betroffenen Produkte.
Der Vitaminmarkt
Im Bereich der Futtermittelzusatzstoffe machten die Vitamine im vergangenen Jahr einen Marktanteil von 5,2 % aus, Tendenz deutlich steigend. Es wird mit jährlichen Wachstumsraten von 4,3 % in den nächsten fünf Jahren gerechnet. Global gesehen hat der asiatisch-pazifische Markt den höchsten Marktanteil mit 32 %, gefolgt von Nordamerika mit 25,6 % und Europa mit 23 % Anteil am Absatzmarkt. Unter den Vitaminen ist Vitamin E in der Tierernährung das am häufigsten nachgefragte Vitamin aufgrund seiner Bedeutung im Geflügelfutterbereich. Aufgeteilt in landwirtschaftliche Sektoren ist der Geflügelbereich bei den Futtervitaminen mit einem Marktanteil von 45 % mit Abstand der größte Absatzmarkt.
Deutliche Vitaminverknappung
Der Produktionsausfall in Ludwigshafen spiegelt sich aktuell in einem deutlichen Engpass in der Vitaminverfügbarkeit bei den Mineralfutterherstellern wider. Zwar gehört die BASF weltweit gesehen nicht zu den fünf Konzernen in der Vitaminproduktion, die sich die Marktführerschaft in diesem Bereich teilen, trotzdem konnte sie ihren Marktanteil in den vergangenen Jahren hier deutlich ausbauen und somit in die globalen Top Ten vorstoßen. Dabei ist die Produktion besonders von Vitamin E relativ aufwendig. Hinzu kommt die eingeschränkte Lagerfähigkeit von Vitaminen, die sich in ihrer begrenzten Haltbarkeit begründen. Auch ist dieser Markt zu einem großen Teil in Lieferverträgen gebunden, sodass die Kunden der BASF nicht unbedingt in vollem Umfang auf andere Hersteller ausweichen können und der Markt auch nicht über freie Kapazitäten in diesem Ausmaß verfügt. Vonseiten des Herstellers wurde nun damit begonnen, vorhandene Mengen zu rationieren und auf den Kundenstamm aufzuteilen.
Wie geht es weiter?
Da es durch das Brandereignis zu einer enormen Schädigung der entsprechenden Anlagen gekommen ist, sind die Reinigungs- und Reparaturarbeiten auch entsprechend umfangreich. Die aufwendigen Reinigungsarbeiten scheinen aktuell bereits abgeschlossen zu sein. Die BASF rechnet damit, dass die Anlage zur Vitaminproduktion im Januar 2025 wieder hochgefahren werden kann. Bis alle globalen, regionalen und lokalen Lagerbestände wieder aufgefüllt sind und somit eine reibungslose Lieferung und Verfügbarkeit wiederhergestellt ist, können dann noch weitere Monate verstreichen. Es bleibt also abzuwarten, ob der Markt dieses Zeitfenster mit freien Kapazitäten überbrücken kann und vor allem zu welchem Preis.
Auch beziehen nicht alle Mineralfutterhersteller ihre Vitamine von der BASF. Es ist daher mit unterschiedlich schnellen und unterschiedlich starken Preiserhöhungen im Mineralfutterbereich zu rechnen.
Das Landesturnier in Bad Segeberg ist bekannt für ein vielseitiges Programm von früh bis spät, von Donnerstag bis Sonntag. Über 600 Teilnehmer mit knapp 1.000 Pferden kamen auf den Landesturnierplatz, um sich in den 41 Prüfungen zu messen. Drei neue Landesmeister wurden ermittelt und diverse andere Titel vergeben, unter anderem der des Reitpferdechampions. Die Veranstalter zogen ein positives Fazit.
An der Bande des großen Hauptplatzes in Bad Segeberg war kein Platz mehr zu bekommen, als am Sonntag bei strahlendem Sonnenschein das erste Highlight des Landesturniers gefeiert wurde. Denn Familien, Freunde und Fans waren gekommen, um die Abteilungen im Juniorenwettkampf beim großen Aufmarsch zu bejubeln. Der Reitsportverein (RSV) Lübeck-Wulfsdorf freute sich über den Gewinn der Landesstandarte. „Wir trainieren seit vielen Jahren und waren hier in Bad Segeberg immer gut. Aber jetzt haben wir es zum ersten Mal in der Vereinsgeschichte geschafft, ganz vorn zu stehen. Das ist ein tolles Gefühl, denn wir halten es wie die Musketiere: Einer für alle, alle für einen. Deshalb haben wir heute allen Grund, stolz zu sein“, sagte Mannschaftsführerin Tabea Petersen glücklich. Platz zwei belegte die Turniersportgemeinschaft Westerdeich mit Mannschaftsführerin Julia Müller-Feil vor dem Reit- und Fahrverein Bad Segeberg unter der Leitung von Anne Brauer.
Schleswig-Holsteins Landtagspräsidentin Kristina Herbst (CDU) war ebenfalls nach Bad Segeberg gereist, um dem eindrucksvollen Abteilungsaufmarsch vor der historischen Tribüne beizuwohnen. Die Politikerin erklärte: „Das ist immer ein besonderes Bild, wenn die Abteilungen im Reiterland Schleswig-Holstein aufmarschieren. Ihr seid tolle Nachwuchsreiter! Denkt immer daran, dass euer Pferd euer Partner ist und an erster Stelle steht. Und so soll es in unserem Reiterland auch bleiben.“
Die Reiter des RSV Lübeck-Wulfsdorf mit Mannschaftsführerin Tabea Petersen siegten im Landeswettkampf der Juniorenabteilungen.Fotos (3): RathmannVerlag/Malina Blunck
Gold, Silber, Bronze
Die ersten Medaillenentscheidungen fielen im Parcours in der Landesmeisterschaft der Damen. Zwar hatte Paula de Boer-Schwarz aus Stipsdorf, Kreis Segeberg, die ersten beiden Teilprüfungen gewonnen, da sie aber auch in der Großen Tour an den Start ging, wurde ihre Teilnahme in dieser Aufgabe außer Konkurrenz gewertet. In der Springprüfung der Klasse S* traten 14 Reiterinnen über 1,40 m mit Stechen an. Vier von ihnen hatten in den ersten Prüfungen nur jeweils einen Zeitstrafpunkt kassiert, es wurde also spannend.
Paula de Boer-Schwarz hatte mit ihrem KWPN-Wallach Jerry Lee einen Fehler und war nicht im Stechen dabei. Das wurde zwischen Ellen Krezl vom Reitverein (RV) Breitenburg mit ihrem Holsteiner Wallach Constanzenhof’s Barcley und Janne Ritters vom RV Concordia an der Miele mit ihrer bewährten Holsteiner Stute Ditmarsia ausgetragen. Die 23-jährige Krezl absolvierte das Finale mit ihrem vierbeinigen Partner sehr souverän und gewann. Außerdem wurde sie mit der Goldmedaille in der Meisterschaft der Damen ausgezeichnet. „Ich bin zum ersten Mal in der Damentour mitgeritten. Meine Saison war ein Auf und Ab und ich hätte nie damit gerechnet, dass es hier so gut läuft. Aber Barcley hat einfach ein wahnsinniges Springvermögen“, freute sich die Siegerin.
Vizelandesmeisterin wurde Sarah Pröpper vom Schubyer RV mit ihrer Holsteiner Stute Clarivelle W von Clarimo. Lediglich zwei Zeitfehler musste das Paar in den drei Wertungen hinnehmen. Bronze sicherte sich Jule Lena Marsau vom Reit- und Fahrverein (RFV) Kropp mit ihrem Oldenburger Cascan.
Noch mehr Abteilungen
Nach der ersten Meisterschaftsentscheidung paradierten erneut die Abteilungen. Dieses Mal versammelten sich Sieger und Platzierte im Landeswettkampf der Reit- und Fahrvereine Schleswig-Holsteins auf dem Landesturnierplatz. Angeführt wurden sie im Graf-Brockdorff-Ahlefeld-Gedächtnis-Preis vom Fehmarnschen Ringreiterverein mit Mannschaftsführerin Inga Czwalina. Der Verein konnte seinen Titel aus dem vergangenen Jahr erfolgreich verteidigen. Platz zwei belegten die Sportler vom RFV Zarpen um Ariane Denker. Auf der dritten Position rangierte wie bei den Junioren der RFV Bad Segeberg mit Mannschaftsführerin Anne Brauer.
Die 23-jährige Ellen Krezl vom RV Breitenburg lief in Bad Segeberg zur Hochform auf und gewann mit ihrem Holsteiner Constanzenhof’s Barcley Gold in der Wertung der Damen.
Schleswig-Holsteins Innen- und Sportministerin Dr. Sabine Sütterlin-Waack (CDU) war beim Abschluss in Bad Segeberg mit dabei. Sie sagte: „Für mich ist der Aufmarsch der Abteilungen jedes Jahr ein Höhepunkt des Landesturniers, das mit einem vielseitigen Programm punktet. Als begeisterte Reiterin bin ich sehr gern hierhergekommen, genauso wie die vielen pferdeverrückten Menschen im Norden. Ich freue mich, dass es wieder faire Wettbewerbe gab. Gerade bei der aktuellen Diskussion um den Reitsport in Deutschland und Europa ist es wichtig, beste Bedingungen für unsere Pferde zu schaffen.“
In der Dressur gab es an dem Bad Segeberger Wochenende kein Vorbeikommen an Felix Kneese. Der Landesmeister von 2021 und 2022 gewann mit seinem Oldenburger Wallach San Simeon OLD gleich die ersten beiden Wertungen. Auch in der Grand-Prix-Kür der besten sechs war der Ausbilder vom Hof Etzer Heide in Appen, Kreis Pinneberg, mit seinem Rappen von Sir Donnerhall das Maß der Dinge. So machte Kneese das Goldmedaillentriple mit einer Gesamtpunktzahl von 222,61 Punkten perfekt.
Verdienter Sieg
Über Silber freute sich Anna-Lena Kracht aus Hamburg mit ihrem selbst ausgebildeten, 14-jährigen Hannoveraner Wallach Florinio von Floriscount. Mit der Bronzemedaille verließ Anna-Lisa Wehr aus Neustadt, Kreis Ostholstein, mit ihrem Quintessenz BS den Segeberger Landesturnierplatz. Auch Paula de Boer-Schwarz war in der Dressur am Start. Mit dem Trakehner Hengst Herakles wurde sie Siebte und Achte in den Wertungsprüfungen.
Die Entscheidung im Parcours fiel traditionsgemäß in der dritten Wertung der Großen Tour, einer Springprüfung der Klasse S** über 1,45 m mit Stechen. Elf Landesmeisterschaftsheroen traten an. Auch hier hatten sich vier Athleten in den vorangegangenen sportlichen Herausforderungen nur je einen Zeitstrafpunkt zuschulden kommen lassen. Dazu gehörte Paula de Boer-Schwarz, die sich den Sieg in der zweiten Wertungsprüfung gesichert hatte. „Ich kann gar nicht in Worte fassen, wie toll es hier für mich läuft“, strahlte sie. „Ich wohne ja nur zehn Minuten von hier, wahrscheinlich habe ich einen Heimvorteil.“
Die Favoritin, die im vergangenen Jahr Silber gewonnen hat, saß im Sattel ihrer erst zehnjährigen Oldenburger Stute My Miss Marpel und war eine von drei Stechteilnehmerinnen. Ihre tadellose Leistung im fehlerfreien Umlauf machte sie verdient zur Goldmedaillengewinnerin 2024. Der Fanklub jubelte und die Reiterin fiel ihrem Pferd um den Hals: „Du bist die Allerbeste der Welt. Diese Decke und Schärpe wollte ich schon immer haben.“
Zur goldenen Schleife im Großen Preis sprangen Linn Hamann vom RV Ahrensburg-Ahrensfelde und der Holsteiner Wallach Cool Fox. Mit diesem Triumph sicherten sie sich Silber in der Meisterschaftswertung. Die Bronzemedaille wurde dem Portugiesen Ricardo Alexandre Valadas Coelho vom RV Havighorst mit seinem Belgischen Warmblutwallach Orion ter Doorn überreicht.
Felix Kneese wurde mit seinem San Simeon OLD souverän Landesmeister in der Dressur. Foto: PhotoRocket
Positives Fazit
Traditionell wird im Rahmen des Landesturniers auch das Landeschampionat der Reitpferde gefeiert. Bei den Dreijährigen avancierte die Rheinländer Stute Darjeeling MH mit ihrer Besitzerin Dr. Helena Wald aus Nordrhein-Westfalen zur Championesse. Die Stute stammt aus der Zucht von Mirko Hellmold aus Fehrenbötel, Kreis Segeberg. Der Name Hellmold ist nicht unbekannt auf dem Landesturnierplatz. Mirkos Schwester Birgit Hellmold organisiert seit Jahren die Betreuung der Ehrengäste und die Helferversorgung.
Bei den vierjährigen Kandidaten wurde die Oldenburger Stute Valerie Gold mit Nazila Natasha Lotz für die Note 8,4 mit der Siegerschärpe dekoriert. Sie stammt aus der Zucht und dem Besitz von Carolin Heyser. Die Pferdewirtschaftsmeisterin aus Halstenbek, Kreis Pinneberg, sagte: „Ich bin mehr als glücklich, ein so besonderes Pferd an meiner Seite zu haben.“
Nach so vielen strahlenden Gesichtern und glänzenden Medaillen fiel das Fazit des Vorsitzenden des Pferdesportverbandes Schleswig-Holstein (PSH), Dieter Medow, und des Präsidenten der Reit- und Fahrvereine Hamburgs, Franz Peter Bockholt, mehr als zufrieden aus: „Super Wetter, super Besuch, fröhliche Menschen, fröhliche Reiter und tolle Pferde – das war eins der besten Landesturniere der jüngeren Vergangenheit. Und obwohl wir auf unseren Nachwuchs verzichten mussten, der bei der Deutschen Jugendmeisterschaft in Riesenbeck erfolgreich war, sind wir dankbar, dass es so gut gelaufen ist.“
In diesem Jahr hatten die Veranstalter einige Prüfungen für Reiter aus anderen Bundesländern geöffnet. Das scheint noch nicht bei allen angekommen zu sein, daher ist für das kommende Jahr noch Luft nach oben bei den Nennzahlen.
„Zum Schluss bleibt uns nur noch, Danke zu sagen“, befand Medow und sprach allen ehrenamtlichen Helfern und hauptamtlichen Mitarbeitenden seine Wertschätzung für ihre Unterstützung und ihr Engagement bei „unserem großen sportlichen Fest im Norden“ aus.
pm
Die bis zum zweiten Septemberwochenende anhaltende trockene, sommerlich heiße Witterung mit viel Sonnenschein führte zu ordentlichen Reifefortschritten der Maispflanzen. Trotz einsetzender Niederschläge, zurückgehender Tagestemperaturen und kühler Nächte ab Anfang der zweiten Septemberwoche gab es im Mittel einen wöchentlichen Reifefortschritt der Silomaispflanzen von über 2 %.
Abnehmende Tageslängen, kühle Nächte und weiter zurückgehende Tagestemperaturen können zu verhaltenen Reifefortschritten der Silomais-Gesamtpflanze führen. Bei nassen Witterungsbedingungen kann die Restpflanzenabreife bei noch grünen Pflanzen stagnieren, aber auch rückläufig sein, da wieder Wasser in die intakten Zellen eingelagert wird. Die Kornabreife beziehungsweise Kornfüllung hingegen schreitet voran, da die Stärkeproduktion und Stärkeeinlagerung der Körner weiter vorangehen.
Momentan zeigen sich Ackerflächen mit Maispflanzen einerseits noch grün und vital, andererseits auch schon gelb und/oder verbräunt. Die letztgenannten Silomaisbestände sollten zügig gehäckselt werden, falls noch nicht geschehen. Bei der Silagebereitung solch trockener Bestände ist das Augenmerk auf gute Verdichtbarkeit des Häckselgutes zu legen. Bei noch grünen und vitalen Maispflanzen ist im Moment von einem weiten Erntefenster zum Häckseln auszugehen.
Jetzt ist es wichtig, die Flächen regelmäßig hinsichtlich der Abreife zu kontrollieren. Vorzeitiges oder zu frühes Häckseln ist zu vermeiden, Qualitätsverluste bei der Konservierung gehen damit einher. Über die Häckselhöhe kann Einfluss auf Trockenmasse (TM)-Gehalt und Qualität des Erntegutes genommen werden. Bei Anhebung der Stoppelhöhe um 10 cm nimmt der TM-Gehalt um etwa 1 % zu, die Energiekonzentration steigt um rund 0,1 MJ NEL/ kg Trockenmasse, auch der Stärkegehalt wird angehoben und der Sickersaftanteil kann vermindert werden. Allerdings sinken Strukturwirkung im Futter und Masseertrag.
Wird zur Silomaisernte ein Trockenmassegehalt der Gesamtpflanzen von 32 bis 35 % erreicht, werden geeignete Voraussetzungen für gute Futterqualität bei guter Silierbarkeit, hohem Energieertrag, guter Verdaulichkeit und hohem Stärkegehalt geschaffen. Mit Blick auf die aktuell gemessenen Werte zur Abreife für Maisbestände (Tabelle) lässt der Beginn der Silomaisernte vielerorts nicht mehr auf sich warten.
Die hier aufgeführten Ergebnisse der Reifeprüfung Silomais können lediglich der Orientierung dienen. Die regional zum Teil doch erheblichen Entwicklungsunterschiede der Maisbestände erlauben es nicht, die hier aufgezeigten Abreifedaten als Richtwerte für eigene Maisflächen anzusehen. Eine Prognose der Reifeentwicklung für die kommende Woche liefert das Modell „Maisprog“. Die Aussage dieses Modells verfolgt eine regionale Vorhersage der Maisabreife. Dabei bezieht sich das Prognosemodell auf das Erreichen angestrebter Gesamttrockenmassegehalte. Der in den Grafiken 1 und 2 als gelber Punkt eingezeichnete Prognosewert zeigt bis zur nächsten Reifeprüfung einen wöchentlichen Trockensubstanz-Zuwachs von 1,3 % im Norden und 1,1 % im Süden (www.maisprog.de).
In der kommenden Woche wird nur noch auf ausgewählten Versuchsstandorten im Norden eine Reifeprüfung durchgeführt.
Bestimmt hat schon jedes Mitglied im Bauernverband mit seiner Kreisgeschäftsstelle zu tun gehabt, und sicherlich ist ihm oder ihr dort bei dem Anliegen geholfen worden. Doch was umfasst eigentlich das gesamte Spektrum einer Kreisgeschäftsstelle, und wie sieht ihr Alltag aus? Das Bauernblatt hat sie besucht, heute: die Kreisgeschäftsstellen für Pinneberg und Steinburg in Breitenburg-Nordoe bei Itzehoe.
Es sind Nachbarkreise, und für ihre Geschäftsstellen teilen sich die beiden Kreisbauernverbände (KBV) die Räumlichkeiten in Breitenburg-Nordoe, verkehrsgünstig gelegen an der Ausfahrt Itzehoe-Süd der A 23. So können sich die Geschäftsführer – Peer Jensen-Nissen für Pinneberg und Ida Sieh für Steinburg – quasi über den Flur besprechen, koordinieren und beraten und arbeiten eng zusammen. Natürlich verteten sie sich auch gegenseitig, aber, so betonen sie: „Die Mitglieder sind klar zugeordnet und werden getrennt behandelt!“
Urbane Aufgaben
Die Eigenheiten der beiden Kreise sind teils ähnlich, teils sehr verschieden. Pinneberg ist der flächenmäßig kleinste und zugleich der bevölkerungsreichste Kreis. Die Nähe zu Hamburg wirkt sich natürlich stark aus, etwa durch die Wohnbebauung. So haben viele Landwirte Mischbetriebe, etwa mit Wohnimmobilien, Vermietung von Gewerberäumen, Lagerraum und Winterquartieren für Wohnmobile oder Boote. Auch Pferdewirtschaft ist stark vertreten. Das ermöglicht viele Einkommensalternativen, zieht aber auch Besonderheiten bei Hofübergaben und Erbschaftsfällen nach sich. „Ein bunter Blumenstrauß“, sagt Jensen-Nissen.
„Wir müssen hier auf dem Land auch urbane Aufgaben umsetzen.“ Ein Beispiel sind neu einzurichtende Wasserschutzgebiete für die Versorgung der Metropole, die in Konflikt mit der landwirtschaftlichen Nutzung geraten. Wer sich darunter aber nur ein verlängertes Hamburg vorstellt, quasi eine Schlafstadt, der täuscht sich. Die Landwirtschaft ist gleichwohl stark vertreten. Die Region gliedert sich in die Marsch weitgehend mit Ackerbau und die Geest mit Rinderhaltung. Berühmt ist der Kreis Pinneberg für seine Baumschulen und die Rosenzucht. Der Tourismus hingegen spielt, anders als vielleicht erwartet, kaum eine Rolle.
Kersten Schrader (im Bild) bildet mit Corinna Schneider die Geschäftsstellenassistenz für den KBV Pinneberg, Bärbel Gadermann für den Kreis Steinburg.
Trennende Autobahn
Ein Problem ist die schlechte Verkehrsinfrastruktur. „Von Schleswig nach Husum komme ich in 20 Minuten. Im Kreis Pinneberg schaffe ich in 20 Minuten manchmal nur drei Kilometer“, sagt Jensen-Nissen. Aber auch im Kreis Pinneberg ist der Mähdrescher unterwegs. Da gilt es, die Landwirte besonders für den Verkehr zu sensibilisieren. Die A 23 Hamburg-Heide ist zugleich pulsierende Lebensader und trennendes Element, auch für die Landwirtschaft. Zwischen hüben und drüben gibt es kaum eine Verbindung. Und wenn die A 20 kommt – „Wenn sie denn kommt!“ –, rechnet Jensen-Nissen mit weiteren Infrastrukturproblemen. „Wir können uns den Themen nicht verschließen, aber wir versuchen uns so einzubringen, dass landwirtschaftliche Bewirtschaftung weiter möglich ist.“
Im Kreis Steinburg, obwohl ebenfalls zur Metropolregion Hamburg gehörig, ist die Großstadt gefühlt schon viel weiter weg. Das Land ist weitläufiger, auch strukturschwächer. Auch hier wird klassische Landwirtschaft auf Marsch und Geest betrieben: Ackerbau, Milchvieh, wenige Schweine, um Hohenlockstedt eine kleine „Kartoffelhochburg“. Wasserwirtschaft, gerade angesichts des Klimawandels und drohenden Meeresspiegelanstiegs, ist ein großes Thema – in der Wilstermarsch befindet sich die tiefste Stelle Deutschlands mit 3,54 m unter Null.
Leitungsknoten
Kaum ein Gebiet in Schleswig-Holstein ist so vom Leitungsneubau betroffen wie der Kreis Steinburg – mit all den schädlichen Nachteilen für die Landwirtschaft (das Bauernblatt berichtete). Nicht nur der NordOstLink von Heide in die Nähe von Schwerin führt hier entlang, gegen dessen Bau als Erdkabel derzeit Landwirte protestieren und von dem alle Südkreise betroffen sind, sondern auch der SüdLink zweisträngig durch die Wilstermarsch und in Höhe Wewelsfleth unter der Elbe hindurch. Dazu kommen der Korridor B mit ähnlichem Verlauf und die CO2-Leitung vom Zementwerk Holcim in Lägerdorf bis Brunsbüttel, nicht zuletzt die Erdgastransportleitung (ETL) 180 vom LNG-Terminal Brunsbüttel nach Hetlingen im Kreis Pinneberg.
In Bahrenfleth wurde 2022 ein Abschnitt der Erdgasleitung in Windeseile verlegt. Die Rückverfüllung des Grabens hat bis jetzt noch nicht stattgefunden.Foto: Ida Sieh
Sechs bis sieben geplante oder begonnene Fernleitungen zählt Geschäftsführerin Ida Sieh auf, drei davon mit Tunnelbau unter der Elbe, dazu kommen Verstärkungen bestehender Stromleitungen von 125 auf 380 kV. „Und wo ein Kabel liegt, kommt schnell noch eines dazu.“ In einer Woche Anfang August hatte Ida Sieh drei Termine zu Leitungsbauthemen.
„Es gibt kaum Landwirte, mit denen wir uns nicht über Dienstbarkeiten und Entschädigungen unterhalten“, sagt sie und kritisiert: „Man brüstet sich mit der schnellen Durchführung, der Deutschland-Geschwindigkeit, besonders beim Bau der Gasleitung, als im Winter 2022/23 eine Energiekrise befürchtet wurde. Aber es geht auch um Schadensbegrenzung und Regelung der Baufolgen.“ Die Rekultivierung sei schwierig und schleppend, bei der Gasleitung stehe immer noch die Rückverfüllung aus.
Tischlein, deck dich
Wo auch „gebuddelt“ wird, aber eher aus freudigem Anlass, ist das Gelände des Wacken Open Air, einer Institution im Kreis Steinburg. Seit Jahrzehnten arbeiten und feiern hier Heavy-Metal-Fans und Dorfeinwohner gemeinsam. Landwirte stellen ihre Flächen zur Verfügung, und bei schweren Wetterlagen helfen sie, die Fahrzeuge aus dem Schlamm zu ziehen.
Im Kontakt mit der Bevölkerung haben die Kreisverbände einige Aktivitäten entfaltet. Beim KBV Pinneberg gibt es die Aktion „Tischlein, deck dich“, in der Schülern auf einem Bauernhof der Weg von der Milch zur Butter oder vom Raps zum Honig dargestellt wird. Vom KBV Steinburg wird regelmäßig im Feriendorf des Kreisjugendringes die Landwirtschaft vorgestellt. Die Aktion „Pausenapfel“, vom früheren Kreisvorsitzenden Peter Lüschow initiiert, wird regelmäßig zusammen mit den LandFrauen weitergeführt.
Lebensberater
„Wir kennen unsere Mitglieder, ihre Familien und ihre Höfe“, betont Peer Jensen-Nissen. Ida Sieh bestätigt: „Weil wir zu unseren Mitgliedern ein persönliches Verhältnis haben und ihnen gut helfen können, bleiben sie auch bei uns. Wir sind Lebensberater.“
Mit Hartnäckigkeit zum Altenteilbau
Thies und Petra Harder vor ihrem neu gebauten Altenteilhaus.
Da ihre Tochter Sonja den landwirtschaftlichen Betrieb in Gribbohm, Kreis Steinburg, übernimmt, planten Thies und Petra Harder schon vor zwei Jahren den Bau eines Altenteilhauses. Den Bauantrag lehnte das Bauamt jedoch zunächst ab. Es hatte fachliche Bedenken gegen die Standortwahl, es würde in Ausdehnung des Dorfes eine Baulücke entstehen. Kreisgeschäftsführerin Ida Sieh nahm sich der Sache an, und von Lena Preißler-Jebe vom Landesbauernverband wurde ein Widerspruch formuliert. Auch dieser wurde abgelehnt. Nach einem weiteren Widerspruch machte das Bauamt den Vorschlag eines anderen Standortes, weiter von der Ortsgrenze entfernt. „Mit dem sind wir jetzt sogar zufriedener!“
Moderation am Familientisch
Elisabeth von Bothmer vor der Reithalle mit neuer Fassade.
Elisabeth von Bothmer übernimmt den Betrieb in Langeln, Kreis Pinneberg, von ihrer Mutter – Pensionspferdehaltung mit 26 ha Acker und 22 ha Grünland. Damit dabei alle Geschwister ein gutes Gefühl haben, waren aus dem Gesamtvermögen mit weiteren Immobilien vier „Pakete“ zu schnüren. „Auch wenn wir in der Familie alle im guten Einvernehmen sind, waren doch viele Fragen zu klären. Da war es Gold wert, dass Kreisgeschäftsführer Peer Jensen-Nissen mit Blick von außen eine Moderation mit der ganzen Familie am Tisch anbot“, sagt Elisabeth von Bothmer. „Wir konnten frei diskutieren, aber zum rechten Zeitpunkt war es wichtig, dass es Jensen-Nissen auf den Punkt brachte: Es lag bereits alles da.“
In einer Zeit, in der die Landwirtschaft vor immer größeren Herausforderungen steht, rückt die Digitalisierung als Schlüsseltechnologie für nachhaltige und effiziente Lösungen in den Fokus. Ein zukunftsweisendes Beispiel hierfür ist das Projekt „DigiZert“ der Fachhochschule Kiel.
Dieses Vorhaben zielt darauf ab, digitale Zertifikate entlang der Kartoffel-Wertschöpfungskette zu etablieren und die Klima- und Umweltschutzmaßnahmen zuverlässig zu dokumentieren. Durch die Integration moderner Telemetrie-Systeme (Exatrek) kann die Landwirtschaft nicht nur effizienter, sondern auch transparenter und nachhaltiger werden.
Mithilfe der eingesetzten Telemetrie-Systeme können schon jetzt zahlreiche Dokumentationspflichten auf landwirtschaftlichen Betrieben und Lohnunternehmen erfüllt werden und bei der Effizienzsteigerung helfen. Auch für die Erstellung von Zertifikaten, die automatisch entlang der Wertschöpfungskette weitergegeben werden können, sind die erfassten Daten essenziell. Welche Anforderungen die Landwirte wie auch die Teilnehmer aus der Wertschöpfungskette an solche Zertifikate haben und wie diese in der Praxis umsetzbar sind, ist ein Kernelement des Projektes.
Moderne Landmaschinen liefern heutzutage allerhand wissenswerte Daten, beispielsweise den Dieselverbrauch oder Aufwandmengen von Pflanzenschutzmitteln. Um diese Daten effizient nutzen können, müssen sie zugänglich und auswertbar sein. Diesen Mehrwert bieten hauseigene Telemetrie-Systeme der Maschinenhersteller, die allerdings an eine Felgenfarbe gebunden und somit häufig nicht mit den anderen im Betrieb vorhandenen Maschinen kompatibel sind.
Das Projekt „DigiZert“ nutzt eine herstellerunabhängige Lösung, die alle relevanten Daten von Traktoren und Anbaumaschinen liefert. Mit standardisierten Kabeln für einzelne Gerätekombinationen ist es möglich, nahezu jede Maschine mit Isobus auszurüsten und in den Datenstrom zu integrieren. Mittels dieser Technik können alle Arbeitsschritte der Kartoffelproduktion aufgezeichnet werden. Die Daten können anschließend zur Verbesserung der Betriebsabläufe und zur Erstellung von definierten Zertifikaten verwendet werden.
Das sogenannte T3-Modul ist eine entscheidende Technologie für die automatische Datenerfassung auf Traktoren. Es wird direkt am Traktor installiert und arbeitet nahtlos mit einem an den Anbaugeräten angebrachten Gerätebeacon zusammen. Diese Kombination ermöglicht eine präzise Erfassung der Arbeitsgänge auf dem Feld.
Alle erfassten Daten werden in einem webbasierten Auswertungstool gespeichert und analysiert. Das T3-Modul zeichnet dabei nicht nur Daten über den Canbus des Traktors, wie Dieselverbrauch und Motordrehmoment, auf, sondern nutzt auch ein integriertes GNSS-Modul zur Erfassung von Informationen wie der Fahrspur. Bei Vorhandensein eines Lenksystems wird das Signal erfasst und das eigene überschrieben, was für präzise Anwendungen wie Pflanzenschutz erforderlich ist.
Darüber hinaus erfasst das Modul bei Einsatz von isobusfähigen Anbaugeräten sämtliche Isobus-Nachrichten, wodurch eine Aufzeichnung von Pflanzenschutz-, Dünger- oder Erntemengen ermöglicht wird.
Telemetrie-Modul (Exatrek) zur Befestigung in der Treckerkabine.
Virtuelle Betriebsanalyse wird erstellt
Nachdem eine Arbeit auf dem Feld beendet wurde, erstellt das System eine Aktivität mit den aufgezeichneten Daten. Dabei werden Stand-, Wende- und Arbeitszeiten erfasst und zueinander ins Verhältnis gesetzt. Die Kosten für Maschinenabschreibung und Dieselkosten sowie der Stundenlohn des Fahrers werden addiert und in Summe angegeben.
Für mehrere erfolgte Aktivitäten kann eine Auswertung nach verschiedenen Kriterien erfolgen. Beispielsweise kann der Anwender alle Arbeitsgänge einer Maschine mit denen einer anderen Maschine vergleichen. Dies ermöglicht eine präzise Auswertung der erfolgten Arbeiten, wodurch sich mögliche Einsparpotenziale und Verbesserungsmöglichkeiten identifizieren lassen. Das System zeigt eine Auswertung über alle erfolgten Arbeitsschritte eines Feldes an, wodurch eine Vergleichbarkeit der Flächen untereinander möglich wird. Aufwandmengen und Erträge können verglichen und gegebenenfalls den Standortverhältnissen angepasst werden.
Mit wenigen Klicks lassen sich Ertragskarten aus vorhandenen Ertragsmessungen erstellen, die dann wiederum für Applikationskarten im nächsten Jahr dienen. Eine Übertragung dieser Karten erfolgt dabei in beide Richtungen, entweder vom Traktor zur Plattform oder von der Plattform auf den Traktor. Eine Datenübertragung an das Terminal wird per mitgeliefertem USB-Kabel vereinfacht.
An festgelegten Orten im Betrieb kann automatisch ein Eingabefenster in der App aufgehen, sobald der Traktor sie durchfährt. Die Erfassung von Tank- und Wiegevorgängen wird dadurch digital dokumentiert, Tankbücher und Wiegescheine sind nicht mehr nötig.
Beim Einfüllen der Pflanzenschutzmittel in die Spritze ist eine Erfassung der Spritzmittel über die App möglich (QR-Code scannen oder per Hand eintragen). Eine automatische Erfassung der Aufwandmengen und Wirkstoffe in Kombination direkt während der Arbeit ist somit möglich. Dokumentationspflichten für Pflanzenschutz oder auch organischer Dünger können somit zukünftig direkt erfüllt werden (meist keine nähere Definition, nur zeitnahe Dokumentation verpflichtend). Alle Abläufe in der Außenwirtschaft können nahezu vollständig automatisiert erfasst werden.
Weitergabe der erfassten Daten
Automatisch erfasste Daten bieten den Betrieben eine enorme Erleichterung der Dokumentation. Doch diese Daten entfalten nur bei automatisierter Weitergabe ihren vollen Nutzen. In der Kartoffelbranche haben Handel und Verarbeitung oft jeweils eigene Systeme entwickelt, um die notwendigen Produktionsdaten von den Landwirtinnen und Landwirten zu erhalten. Diese Systeme unterscheiden sich jedoch erheblich, was die Kompatibilität zwischen ihnen nahezu unmöglich macht. Am Ende müssen die Landwirtinnen und Landwirte die relevanten Daten doch wieder manuell in Excel-Tabellen eingeben oder handschriftlich für jeden Abnehmer notieren, wodurch die angestrebte Arbeitserleichterung letztlich zunichtegemacht wird.
Um diesen Insel-Lösungen in der Kartoffelbranche entgegenzuwirken, zielt das Projekt darauf ab, eine einheitliche Lösung für alle Beteiligten entlang der Wertschöpfungskette zu entwickeln. Die automatisch erfassten Daten dienen der Erstellung von Klima- und Umweltzertifikaten, die auf einer gemeinsamen Plattform zugänglich sind. Dadurch wird nicht nur die Dokumentation vereinfacht, sondern auch die Zusammenarbeit entlang der gesamten Wertschöpfungskette gestärkt.
Die ersten Ergebnisse des Projekts zeigen, dass insbesondere für Landwirte ein Zertifikat zur Ausweisung des CO2-Fußabdrucks von großem Vorteil wäre. Darüber hinaus wird die Möglichkeit der Dokumentation von Abständen zu Nichtzielorganismen wie Knicks, Gewässern oder Saumbiotopen als sinnvoll und wünschenswert von der Praxis bewertet.
Für den Kartoffelhandel und die weiterverarbeitenden Unternehmen steht vor allem das Thema Nachhaltigkeit im Vordergrund. Aber auch der Wasserverbrauch und die Wassereffizienz spielen eine zentrale Rolle und dürfen nicht außer Acht gelassen werden. Durch das Portal können diese Aspekte umfassend abgebildet werden, was es den Betrieben ermöglicht, ihren Beitrag zu nachhaltiger Landwirtschaft und Ressourcenschonung nachzuweisen und kontinuierlich zu verbessern.
Das Projekt wird gefördert durch das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft, Projektträger ist die Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung.
Fazit
Das Projekt „DigiZert“ zeigt, wie Digitalisierung in der Landwirtschaft nicht nur zur Effizienzsteigerung, sondern auch zur Förderung von Nachhaltigkeit beiträgt. Durch die Implementierung moderner Telemetrie-Systeme und die Entwicklung eines einheitlichen Zertifizierungssystems entlang der Kartoffel-Wertschöpfungskette wird es möglich, Umwelt- und Klimaschutzmaßnahmen transparent und verlässlich zu dokumentieren. Die enge Zusammenarbeit mit den Akteuren der Branche gewährleistet, dass die entwickelten Lösungen praxisnah und umsetzbar sind. Damit leistet „DigiZert“ einen wertvollen Beitrag zur Digitalisierung der Landwirtschaft und zur Erreichung von Klimazielen.
Ein Berg in der Schweiz, ein Lungensanatorium, ein Besuch – aus diesen scheinbar belanglosen Begebenheiten schuf Schriftsteller Thomas Mann einen 1.000 Seiten umfassenden Weltbestseller. „Der Zauberg“ feiert in diesem Jahr den 100. Geburtstag. Aus diesem Anlass sind in Lübeck, der Geburtsstadt von Thomas Mann, gleich zwei eindrucksvolle Ausstellungen im Museumsquartier St. Annen zu sehen, ergänzt um ein umfangreiches Veranstaltungsprogramm.
Mit Betreten der Sanatoriumswelt wird es zeitlos.
Als Thomas Mann 1912 seine Frau Katia im Davoser Lungensanatorium besucht, inspiriert ihn das zu einem kleinen Essay, aus dem Jahre später der Roman „Der Zauberberg“ entsteht. 1924 erscheint das Werk und erlangt als „Magic Mountain“ Weltruhm. In dem Roman wird die Geschichte des jungen Hamburgers Hans Castorp erzählt, der für drei Wochen Urlaub in ein Schweizer Lungensanatorium fährt und am Ende sieben Jahre dort bleibt. Der Roman spielt am Vorabend des Ersten Weltkrieges „und wäre ohne die Weimarer Republik und die Zeitenwende von 1914 bis 1918, die Thomas Mann erlebt hat, nicht denkbar gewesen“, ist sich Dr. Caren Heuer, Direktorin des Buddenbrookhauses, sicher.
Sieben ist die magische, strukturgebende Zahl, sowohl in dem Roman als auch in der kulturgeschichtlichen Ausstellung „Thomas Manns Der Zauberberg. Fiebertraum und Höhenrausch“ des Buddenbrookhauses, die wegen der Umbauarbeiten im St. Annen-Museum zu sehen ist. Tod, Leben, Begehren, Liebe, Politik und die Fragen nach der Zeit und dem Sinn des Lebens sind die bestimmenden Themen in dem Buch, das selbst nach 100 Jahren nicht an Aktualität verloren hat. Eine Welt im Wandel, Kriege, Hass, Nationalismus weisen Parallelen auf, die die Ausstellung mit aufgreift. Die Exponate stellen auch immer wieder einen Bezug zur Gegenwart her.
Das erste Röntgengerät, seinerzeit eine medizinische Sensation
Die Besucher der Ausstellung begeben sich auf eine Reise durch sieben Ausstellungsstationen mit Beginn im Arbeitszimmer von Thomas Mann, wo die Geschichte entstand. Von da aus geht es mit der Romanfigur Hans Castorp auf Reise nach Davos ins Lungensanatorium Berghof, wo sich die tuberkulosekranke Elite Europas trifft. Von der Diagnose bis zur Therapie erfährt man den realen, aber auch literarisch-medizinischen Kontext der Tuberkulose.
Wie in einem Traum bewegen sich die Besucher durch die Gefühlswelten Hans Castorps. Vier Ausstellungsabschnitte sind seinem Innenleben gewidmet, es geht um Endlichkeit, Tod, Erotik und Begehren, gesellschaftliches Miteinander und Gewalt sowie die Sehnsucht nach einem Sinn. Die Ausstellung endet wie „Der Zauberberg“ mit Gewalt und Krieg. Das Publikum ist aufgefordert, interaktiv eine Antwort auf die Frage „Wird aus diesem Weltfest des Todes einmal die Liebe steigen?“ zu finden.
Die Zeit und das individuelle Erleben von Zeit spielen ebenfalls eine große Rolle in dem Roman und werden in der Kunsthalle St. Annen von der britischen Künsterlerin Heather Phillipson in ihrer Inszenierung „Extra Time“ aufgegriffen. Darin wird die ehemalige Kirche des St. Annen-Klosters zum Portal für Träume und Visionen einer alternativen Gegenwart und möglicher Zukünfte. Phillipson stellt Krähen, wie sie auch an zahlreichen Plätzen in Lübeck zu finden sind, als Hauptakteure in den Mittelpunkt der Installationen.
Krähen in einem Protestcamp – eine der Inszenierungen in der Ausstellung „Extra Time“ von Heather Phillipson
Inspiriert durch Stadtspaziergänge und entsprechend ihrer Arbeitsweise, für jeden Ausstellungsort eigene Ausstellungen zu entwickeln, hat sie die Bilder, Geräusche, Gerüche und Geschichten auf sich wirken und in ihre mitunter raumgreifenden Kompositionen einfließen lassen. Die Besucher wandeln über drei Etagen durch mit Orangen übersäte Fußballfelder, zwischen umgedeuteten mittelalterlichen Kruzifixen und Protestcamps. Krähen gelten als intelligent, mystisch und als Vorboten großer Umbrüche. In der Ausstellung kommen sie in Massen zusammen, schwärmen aus, beobachten, beraten, protestieren und träumen.
„,Der Zauberberg‘ ist ein Werk von unglaublicher sprachlicher Schönheit, von erzählerischer Raffinesse, er ist witzig, ironisch, aber auch traurig und von großer philosophischer Tiefe. Trotz der 100 Jahre hat er nichts an seiner Frische und Relevanz verloren. Das wollen wir hier zum Ausdruck bringen – mit dem Ziel, dass die Besuchenden Lust bekommen, den Roman zu lesen oder wieder zu lesen“, so Caren Heuer. Weitere Informationen unter derzauberberg.de
Proträt Thomas Manns von Max Liebermann Foto: Iris JaegerDer Bleistift – Thoman Mann mach das schlichte Schreibgerät zu einem Leitmotiv in seinem Roman. Foto: Iris JaegerSputumfläschchen mit dem Spitznamen „Blauer Heinrich“, um 1900 Foto: Iris JaegerDas gesellschaftliche Miteinander im Sanatorium ist eines der Themen im Zauberberg Foto: Iris JaegerStahlhelm Deutsches Reich mit Splitterschaden, 1916 – Mit glühendem Gesicht unter dem Helm kämpft Romanfigur Hans Castorp an der Westfront des Ersten Weltkrieges. Sein Überleben bleibt ungewiss. Foto: Iris JaegerDie hitzigen Debatten der intellektuellen Ratgeber von Hans Castorp, Settembrini und Naphta, gipfeln in ein Duell, bei dem Naphta sich selbst tötet, nachdem Settembrini sich weigert, auf ihn zu schießen. Foto: Iris JaegerKrähen stehen bei den Inszenierungen der Künstlerin Heather Phillipson in der Ausstellung „Extra Time“ im Mittelpunkt. Foto: Iris JaegerKrähen auf einer Knochenwippe Foto: Iris JaegerFliegende Krähen Foto: Iris JaegerSzene aus „Extra Time“ von Heather Philippson Foto: Iris JaegerFoto: Iris JaegerFoto: Iris Jaeger